Leitsatz (amtlich)

Zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von Kaufgeschäften, bei denen das zum Verkauf anstehende Holz durch vom Käufer angeworbene Arbeitskräfte eingeschlagen wird, insbesondere zur Frage der Zurechnung von Bearbeitungsmaßnahmen.

 

Normenkette

UStG 1934 § 7 Abs. 3; UStG 1951 § 7 Abs. 3; UStDB 1938 § 12; UStDB 1951 § 12; UStDB 1938 § 14; UStDB 1951 § 14

 

Tatbestand

Streitig ist die Zurechnung von Bearbeitungsmaßnahmen und damit die Zubilligung der Großhandelsvergünstigung nach § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für einen Tatbestand, in dem das zum Verkauf anstehende Holz durch vom Holzhändler (Beschwerdeführerin -- Bfin. --) angeworbene Arbeitskräfte eingeschlagen worden ist.

Die Vorinstanzen haben in der Gestellung der Arbeitskräfte durch die Bfin. eine unmittelbare Beeinflussung des Arbeitsvorganges und eine maßgebliche Mitwirkung hieran erblickt und die Großhandelsvergünstigung des § 7 Abs. 3 UStG versagt.

 

Entscheidungsgründe

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) hat Erfolg.

Die Auffassung der Vorinstanz ist entscheidend damit begründet, daß die Bfin. die Leitung, Überwachung und Organisation des Holzeinschlages übernommen habe. Diese tatsächliche Würdigung entspricht jedoch nicht dem Akteninhalt; es ist insbesondere nicht ersichtlich, auf Grund welcher tatsächlichen Feststellungen das Finanzgericht zu dieser Beurteilung des Sachverhalts gelangt ist. Das Finanzamt weist allerdings in seiner Stellungnahme zur Rb. darauf hin, das Finanzgericht habe sich in seinem Urteil auf diese Feststellung beschränken können, weil darüber kein Streit bestanden habe; die Bfin. habe in ihrer Berufungsbegründung selbst eingeräumt, daß sie den Einschlag des Holzes durch ihre Arbeitskräfte ausführen lasse. Dabei verkennt jedoch das Finanzamt, daß die Bfin. damit noch keineswegs zugegeben hat, ihr habe Leitung, Organisation und Überwachung des Holzeinschlages obgelegen. Das Finanzgericht hätte vielmehr bei dem Vorbringen der Bfin. allen Anlaß gehabt, über diese rechtlich entscheidenden Merkmale einer maßgeblichen Mitwirkung Ermittlungen anzustellen. Schon aus diesem Grunde muß die Vorentscheidung aufgehoben werden.

Die Sache ist teilweise spruchreif. Im Rechtsbeschwerdeverfahren hat die Bfin. unwidersprochen vorgetragen, daß sich die Holzkäufe in beiden streitigen Veranlagungszeiträumen entsprechend den Bedingungen für den Holzverkauf durch die Forstämter der Landwirtschaftskammer X. abgewickelt hätten. Danach ist aber ersichtlich, daß die Organisation und Leitung des Holzeinschlages dem Waldbesitzer, bzw. dem Beauftragten des Forstamts oblag. Der Hiebort und das zum Einschlag vorgesehene Holz wurden durch den Verkäufer oder das Forstamt angewiesen und bezeichnet. Auch die Aufmessung geschieht durch einen Beauftragten des Forstamts. Der Käufer hat auch bei der Abfuhr den Anweisungen des Verkäufers Folge zu leisten. Die Tätigkeit der Bfin. beschränkte sich demnach auf die Gestellung von Arbeitskräften, wobei auch noch hinsichtlich ihrer Auswahl auf die Wünsche der Waldbesitzer Bedacht genommen werden mußte. Unstreitig verbleibt das anfallende Brennholz in der Regel dem Waldbesitzer. Kennzeichnend ist auch, daß im wirtschaftlichen Ergebnis der Waldbesitzer die Einschlagskosten (Hauerlöhne) zu tragen hat. Der Umstand, daß die Verordnung über den marktmäßigen Absatz von Holz vor und nach dem Einschlag vom 30. April 1938 (Reichsgesetzblatt 1938 I S. 458) die Veräußerung stehenden Holzes nur in der Weise gestattet, daß Gegenstand des Rechtsgeschäfts die nach dem Einschlag anfallende und vorschriftsmäßig aufzuarbeitende Holzmenge ist, würde zwar der Auffassung des Finanzamts nicht widerstreiten, wenn tatsächlich abweichend von dieser heute noch gültigen Verordnung verfahren worden wäre. Dafür bietet der Akteninhalt jedoch keinen Anhaltspunkt. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, daß sich die Vertragspartner an die bestehenden forstwirtschaftlichen Bestimmungen gehalten haben. Schon mangels Konkretisierung des Kaufgegenstandes vor dem Einschlag ist anzunehmen, daß ein wirksamer Kaufvertrag erst nach dem Einschlag geschlossen und die Verfügungsmacht gleichzeitig mit der Verschaffung des Eigentums, wie es auch sonst der Regelfall ist, auf die Bfin. übergegangen ist.

Eine frühere Verschaffung der Verfügungsmacht käme nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 107/55 U vom 13. Dezember 1955, Bundessteuerblatt -- BStBl -- 1956 III S. 218, Slg. Bd. 63 S. 59) nur in Betracht, wenn die Bfin. im Zuge eines einheitlich als Lieferung zu beurteilenden Vorgangs durch die Beistellung von Arbeitskräften den Arbeitsvorgang des Einschlages wirklich unmittelbar und in maßgebender Weise in ihrem Sinne beeinflußt hätte. Dies ist aber nach den obigen Ausführungen zu verneinen. Das Finanzamt irrt insbesondere, wenn es annimmt, daß die Interessenlage der Beteiligten hierfür ohne Bedeutung sei. Sie ist vielmehr ein wesentliches Beweisanzeichen für die Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse. Darum handelt es sich aber im Streitfalle, und nicht, wie das Finanzamt meint, um die Entscheidung einer Rechtsfrage. Die Rechtsfrage ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr streitig, nur haben Finanzamt und Vorinstanz die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs, die im Streitfalle gar nicht berührt wird, auf einen fingierten Tatbestand angewendet, nämlich auf einen Kauf des Holzes auf dem Stamm; ein solcher Kauf hat aber gar nicht stattgefunden.

Die durch das Einschlagen und Schälen des Holzes bewirkte Änderung der Marktgängigkeit der Ware liegt demnach vor der Verschaffung der Verfügungsmacht, deren Zeitpunkt maßgeblich bleibt, weil eine Mitwirkung des Großhändlers im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs V 2/50 U vom 20. April 1953 (BStBl 1953 III S. 180, Slg. Bd. 57 S. 463) nicht stattgefunden hat. Nur eine solche maßgebliche Mitwirkung, nicht eine durch die Interessenlage wesentlich der Waldbesitzer bedingte bloße Hilfeleistung läßt aber den Großhändler den Rahmen seiner Verteilerfunktion überschreiten.

Liegt demnach eine der Bfin. zuzurechnende Bearbeitung nicht vor, so bestand für sie auch keine Aufzeichnungspflicht nach § 14 Abs. 4 Ziff. 3 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz 1951, so daß die Voraussetzungen des im übrigen nicht streitigen Buchnachweises gegeben sind. Der Bfin. war der ermäßigte Steuersatz des § 7 Abs. 3 UStG zuzubilligen.

 

Fundstellen

BStBl III 1958, 434

BFHE 1959, 423

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