Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Betriebsaufgabe bei Beendigung der Eigenbewirtschaftung, Entnahme eines Teils der landwirtschaftlichen Nutzflächen und Verpachtung des Restbetriebes
Leitsatz (NV)
- Eine Betriebsaufgabe ist nicht bereits deshalb anzunehmen, weil die Betriebsinhaber voraussichtlich nicht imstande sein werden, die Eigenbewirtschaftung des verpachteten landwirtschaftlichen Betriebes nach Ablauf der Pachtzeit wieder aufzunehmen.
- Die Abgabe einer ausdrücklichen Aufgabeerklärung ist grundsätzlich selbst dann erforderlich, wenn die Betriebsinhaber eine Landabgaberente und eine Altersrente beantragen und auch beziehen.
- Der Betrieb wird nicht zerschlagen, wenn die Betriebsinhaber einen Teil der landwirtschaftlichen Nutzflächen auf ihre Kinder übertragen und den Restbetrieb ‐ wenn auch in verkleinertem Umfang ‐ als sog. Verpachtungsbetrieb fortführen.
Normenkette
EStG §§ 14, 16
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (EFG 1999, 696) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Geschwister, die an zwei Erbengemeinschaften nach ihren Eltern beteiligt waren. Die in den Jahren 1911 (Vater) und 1910 (Mutter) geborenen Eltern der Kläger betrieben ursprünglich auf 6,77 ha eine Land- und Forstwirtschaft. Im Jahr 1972 statteten sie ihre Kinder mit einzelnen Grundstücken (insgesamt 3,32 ha) aus (§ 2057a des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―). Den verbliebenen Restbetrieb (3,45 ha) verpachteten sie ―nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) einschließlich der Hofstelle― anschließend (Vertrag vom 12. Oktober 1972) an den Kläger zu 2. Von der landwirtschaftlichen Alterskasse erhielten sie eine Landabgaberente. Mit Vertrag vom 1. Mai 1975 übertrugen sie an den Kläger zu 2. (noch einmal) 1,86 ha ihrer landwirtschaftlichen Nutzflächen; zu den nun noch verbliebenen Flächen von 1,59 ha gehörten auch 0,41 ha Weinbaufläche. Der Vater bezog seit 1976, und zwar ab Vollendung des 65. Lebensjahres, Altersgeld. Im Jahr 1982 verstarb die Mutter. Sie wurde von dem Vater und den Klägern zu je 1/4 beerbt. Am 15. März 1989 verstarb auch der Vater. Er wurde von den Klägern beerbt.
Im Dezember 1994 wurde die von den Klägern gebildete Erbengemeinschaft durch Zwangsversteigerung auseinander gesetzt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) nahm eine Zwangsaufgabe des Betriebs an; der Aufgabegewinn wurde mit 886 135 DM ermittelt. Er wurde entsprechend den Erbquoten der Kläger festgestellt. Der Einspruch blieb erfolglos.
Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 696 veröffentlichten Urteil u.a. aus, der Betrieb sei erst durch die Zwangsversteigerung zerschlagen worden.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von §§ 14 und 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Sie beantragen, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung sowie den Feststellungsbescheid 1994 des FA ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die Eltern der Kläger ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht aufgegeben hatten und dieser erst durch die Zwangsversteigerung zerschlagen wurde. Dementsprechend hat das FA zutreffend den angefallenen Veräußerungsgewinn mit dem Feststellungsbescheid 1994 festgestellt.
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann ein Land- und Forstwirt, der seinen bisher selbstbewirtschafteten Betrieb verpachtet, wählen, ob er die Betriebsverpachtung als Betriebsaufgabe i.S. des § 14 EStG behandeln oder sein Betriebsvermögen während der Zeit der Verpachtung als sog. ruhenden Betrieb fortführen will (Senatsurteile vom 18. März 1964 IV 114/61 S, BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303; vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; vom 18. März 1999 IV R 65/98, BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398). Diese Möglichkeit besteht auch, wenn nicht der gesamte Betrieb, sondern nur dessen wesentliche Betriebsgrundlagen verpachtet werden; und selbst dann, wenn die Hofstelle nicht mitverpachtet wird (vgl. Senatsurteil in BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398). Gibt der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit der Verpachtung seines Betriebs keine Aufgabeerklärung ab, so führt er den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ―wenn auch in anderer Form― fort. Geht der verpachtete Betrieb im Wege der Erbfolge über, treten die Erben in die Rechtsstellung des Verpächters ein (Senatsurteile vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392; vom 28. November 1991 IV R 58/91, BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, jeweils m.w.N.). Die land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke verlieren ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen grundsätzlich sogar dann nicht, wenn der Betrieb stark verkleinert wird (Senatsurteil in BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398, m.w.N.). Denn letztlich kommt es auf die subjektiven Absichten des Steuerpflichtigen an, ob er den Betrieb endgültig einstellen will. Erscheint nach den gegebenen Verhältnissen die Wiederaufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit möglich, kann eine Betriebsaufgabe nur bei einer unmissverständlichen Erklärung des Verpächters gegenüber dem FA angenommen werden (Senatsurteile vom 23. Februar 1989 IV R 63/87, BFH/NV 1990, 219, und in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521). Der bisherige Betriebsinhaber muss die unterbrochene land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit nicht selbst wiederaufnehmen; es genügt, dass diese Absicht von einem Rechtsnachfolger verwirklicht werden soll (Senatsurteil in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260).
2. Entsprechend diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht angenommen, dass die Eltern der Kläger ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Jahr 1972 nicht aufgaben, obwohl sie nur 3,45 ha einschließlich der Hofstelle (s. hierzu näher unten, Nr. 6) verpachteten und insgesamt 3,32 ha (und damit fast die Hälfte der bisher eigenbewirtschafteten Flächen) auf die Kläger übertrugen. Zutreffend stellte das FG dabei nicht darauf ab, dass die Eltern schon aufgrund ihres Alters nicht imstande waren, die Eigenbewirtschaftung nach Ablauf der Pachtzeit wiederaufzunehmen. Zu Recht erachtete es das FG als ausreichend, dass die unterbrochene land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit auf der Grundlage des verbliebenen Betriebsvermögens durch einen Rechtsnachfolger fortgeführt werden konnte. Das war schon deshalb wahrscheinlich, weil Pächter des verbliebenen Betriebes der Kläger zu 2. war.
3. Die Abgabe einer ausdrücklichen Aufgabeerklärung gegenüber dem FA war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Eltern der Kläger gleichzeitig mit der Verpachtung ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebes eine Landabgaberente beantragt und erhalten hatten. Wie § 41 Abs. 1 i.V.m. § 42 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) i.d.F. des Gesetzes vom 29. Juli 1969 (BGBl I 1969, 1017 ff.) zeigt, war die Gewährung der Landabgaberente nicht ausgeschlossen, wenn der landwirtschaftliche Unternehmer sein Unternehmen nur verpachtete. Auch aus der Beantragung einer Altersrente lässt sich nicht folgern, dass der Antragsteller mit der Einstellung der eigenen betrieblichen Tätigkeit subjektiv die Vorstellung verbindet, dass er als notwendige Folge einer Betriebsaufgabe i.S. von § 14 EStG nun selbst die realisierten stillen Reserven versteuern muss (vgl. Senatsurteile in BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398; vom 27. November 1997 IV R 86/96, BFH/NV 1998, 834, und vom 23. November 1995 IV R 36/94, BFH/NV 1996, 398).
Sogar in dem hier nicht gegebenen Fall, dass die Eltern ihre landwirtschaftlichen Flächen bereits vor der Einführung der Bodengewinnbesteuerung verpachtet hätten, wäre wegen der möglicherweise in der Hofstelle angewachsenen stillen Reserven eine ausdrückliche Aufgabeerklärung erforderlich gewesen (Senatsbeschluss vom 7. Mai 1998 IV B 31/97, BFH/NV 1998, 1345).
4. Aus dem Senatsurteil vom 1. Februar 1990 IV R 8/89 (BFHE 159, 471, BStBl II 1990, 428) folgt nichts anderes. Dort verneinte der Senat eine unentgeltliche Betriebsübertragung i.S. von § 7 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), weil der Steuerpflichtige seinen landwirtschaftlichen Betrieb zwar unentgeltlich auf seinen Sohn übertrug, aber 18 % der bisher bewirtschafteten Flächen, den besonders wertvollen Teil, zurückbehielt und ihn ―im Wesentlichen― dem Sohn zur unentgeltlichen Bewirtschaftung überließ. Damit ist der Streitfall jedoch nicht vergleichbar. Die Eltern der Kläger gaben ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gerade nicht ab, sondern führten ihn selbst als sog. Verpachtungsbetrieb auf rd. 50 % der bisher bewirtschafteten Fläche fort. Ebenso wie im Fall des Senatsurteils vom 9. Mai 1996 IV R 77/95 (BFHE 180, 391, BStBl II 1996, 476) übertrugen die Eltern im Streitfall einen Teil ihrer Nutzflächen auf die Kläger als Ausstattung und führten den Restbetrieb ―in verkleinertem Umfang― fort. Der Ansicht der Oberfinanzdirektion Koblenz (vgl. Verfügung vom 16. Oktober 1996 S -2230 A- St 342) ist daher nicht zu folgen, dass es darauf ankomme, ob die entnommenen Grundstücke zuvor wesentliche Betriebsgrundlagen waren, wenn Entnahmen und Verpachtung als einheitliche Maßnahme anzusehen seien. Diese Entnahmen sind nicht anders zu behandeln, als wenn weichende Erben abgefunden worden wären.
5. Dass die Eltern der Kläger im Jahr 1975 weitere landwirtschaftliche Grundstücke von insgesamt 1,86 ha, also erneut rd. die Hälfte der restlichen Nutzflächen, auf den Pächter ihres Betriebes, den Kläger zu 2., übertrugen, führte ebenfalls nicht zur Aufgabe des Betriebes. Mit Urteil vom 24. September 1998 IV R 1/98 (BFHE 187, 42, BStBl II 1999, 55) hat der Senat erkannt, dass der Verpächter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes wie ein aktiv wirtschaftender Landwirt die Zusammensetzung seines Betriebsvermögens ändern kann. Er kann es ―wie dort entschieden― durch Zukäufe erweitern oder ―durch Verkäufe oder Entnahmen― verringern und damit einen möglichen Gewinn realisieren.
6. Gegen die Feststellung des FG, dass die Eltern der Kläger ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einschließlich der Hofstelle an den Kläger zu 2. verpachtet hatten, haben die Kläger zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht. Sie haben insbesondere nicht dargelegt, warum sie nicht bereits vor dem FG geltend gemacht haben, die Hofstelle sei nicht Gegenstand des Pachtvertrages mit dem Kläger zu 2. gewesen. Im Übrigen wäre ein ruhender Betrieb auch dann anzunehmen, wenn die Hofstelle nicht mitverpachtet worden wäre (vgl. Senatsurteil in BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398).
Fundstellen
Haufe-Index 515014 |
BFH/NV 2001, 433 |
HFR 2001, 439 |