Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG bei positiven oder negativen Nebeneinkünften von mehr als 800 DM (410 EUR; )
Leitsatz (NV)
Beträgt die positive oder die negative Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24a EStG, jeweils mehr als 800 DM (410 EUR), ist eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG von Amts wegen durchzuführen.
Normenkette
EStG § 46 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine pensionierte Lehrerin, die im Streitjahr 1999 aus ihrer früheren Tätigkeit Versorgungsbezüge bezog. Außerdem erzielte sie negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Die Einkommensteuererklärung der Klägerin für das Streitjahr ging beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) am 16. April 2002 ein. Das FA lehnte den Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer ab. Die Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 714 veröffentlichten Gründen keinen Erfolg.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil, die Nichtveranlagungsverfügung sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und das FA zu verpflichten, sie zur Einkommensteuer für 1999 zu veranlagen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Klage ist stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist die Klägerin zur Einkommensteuer für 1999 zu veranlagen.
Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, wird eine Veranlagung nur unter den in § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten Voraussetzungen durchgeführt. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1, 1. Alternative EStG vor. Nach dieser Vorschrift wird die Veranlagung durchgeführt, wenn die Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24a EStG, mehr als 800 DM beträgt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG dahin auszulegen, dass eine Amtsveranlagung nach dieser Vorschrift nicht nur dann durchzuführen ist, wenn die positive Summe der Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, den Betrag von 800 DM übersteigt, sondern auch, wenn die negative Summe der betreffenden Nebeneinkünfte diesen Betrag übersteigt (vgl. BFH-Urteil vom 21. September 2006 VI R 52/04, zur Veröffentlichung bestimmt).
Nach diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen für eine Veranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Streitfall erfüllt. Ausweislich der Einkommensteuererklärung erzielte die Klägerin negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von jedenfalls mehr als 800 DM.
Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO war nicht geboten. Denn die Entscheidung des Rechtsstreits hängt nicht von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in den Normenkontrollverfahren 2 BvL 55, 56/06 zur Verfassungsmäßigkeit der Ausschlussfrist in § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG ab.
Fundstellen