Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Hat sich die Geltendmachung der Beiträge als Sonderausgaben auf die Besteuerung nicht ausgewirkt (oder kann sie sich nicht auswirken), so ist der Prämienberechtigte durch die Geltendmachung nicht gehindert, innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist Antrag auf Gewährung von Wohnungsbauprämie zu stellen.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Ziff. 3; WoPG § 8/1
Tatbestand
In dem Streitfall geht es um die Frage, ob der Bf. für das Jahr 1958 eine Wohnungsbauprämie beanspruchen kann. Der Bf. hat die von ihm im Jahre 1958 an eine Bausparkasse geleisteten Beiträge in Höhe von 932,84 DM in seiner Einkommensteuererklärung vom 2. Januar 1959 als Sonderausgaben geltend gemacht und ist am 19. Februar 1959 zu einer Einkommensteuer von 0 DM veranlagt worden. Hierbei hat sich die Berücksichtigung der 932,84 DM nicht ausgewirkt. Auch wenn diese nicht berücksichtigt worden wären, hätte die Einkommensteuer auf 0 DM festgesetzt werden müssen. Am 25. Februar 1959 stellte der Bf. den Antrag, ihm wegen seiner im Jahre 1958 geleisteten Beiträge von insgesamt 1.175,42 DM Wohnungsbauprämie zu gewähren. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, weil der Bf. sich bereits durch die Geltendmachung der Beiträge als Sonderausgaben festgelegt habe und demnach Wohnungsbauprämie nicht mehr beanspruchen könne. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.
Mit seiner Rb. wehrt sich der Bf. gegen die Ablehnung seines Antrags auf Gewährung von Wohnungsbauprämie. Er habe, so macht er geltend, bisher immer sowohl den Sonderausgabenabzug als auch die Gewährung von Wohnungsbauprämien beantragt. Das Finanzamt habe sich dann jeweils mit ihm über die beiden Anträge auseinandergesetzt. Er habe sich zwar für den einen oder den anderen entscheiden müssen. Ihm sei aber niemals gesagt worden, daß er von vornherein nur den einen oder den anderen habe stellen können.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Mit den Vorinstanzen ist zwar davon auszugehen, daß für ein und dasselbe Jahr nur entweder die Geltendmachung als Sonderausgaben oder die Beantragung von Wohnungsbauprämie zulässig ist und daß das eine das andere ausschließt. Wie der erkennende Senat in seinem auch von dem Finanzgericht angeführten Urteil VI 216/57 U vom 19. September 1958 (BStBl 1959 III S. 24, Slg. Bd. 68 S. 67) entschieden hat, ist ein Lohnsteuerpflichtiger, wenn er wegen der als Sonderausgaben zu berücksichtigenden (an eine Bausparkasse geleisteten) Beiträge die Eintragung eines steuerfreien Betrags in seine Lohnsteuerkarte beantragt hat, an diesen Antrag gebunden und zur Stellung des Antrags auf Gewährung von Wohnungsbauprämie nicht mehr in der Lage. Gleichwohl haben aber im Streitfalle die Vorinstanzen dem Bf. die Möglichkeit, Wohnungsbauprämie zu beantragen, zu Unrecht versagt.
Wenn das Finanzgericht es abgelehnt hat, allein aus der Tatsache, daß das Finanzamt dem Bf. in den früheren Jahren entgegengekommen ist, eine Bindung des Finanzamts in dem Sinne herzuleiten, daß es sich nun auch für das Streitjahr auf eine Erörterung beider Anträge hätte einlassen müssen, so mag diese Ablehnung insofern bedenklich erscheinen, als bei dem früheren Verhalten des Finanzamts die Möglichkeit einer, wenn auch unbewußten Irreführung des Bf. nicht von der Hand zu weisen ist. Doch kann das dahingestellt bleiben. Nach der Auffassung des Senats ist hier der Bf. an die Geltendmachung der Beiträge als Sonderausgaben schon deswegen nicht gebunden, weil diese sich - im Gegensatz zu dem Fall, der dem obenerwähnten Urteil zugrunde liegt - auf die Besteuerung überhaupt nicht ausgewirkt hat. Wenn auch nach § 8 des Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Wohnbausparer 1955 der Prämienberechtigte nur jeweils wählen kann, ob er die Aufwendungen als Sonderausgaben geltend machen oder eine Prämie beanspruchen will, und durch die einmal getroffene Wahl gebunden ist, diese also nicht ändern kann, so kann diese Bindung doch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, dem Prämienberechtigten jedenfalls eine der beiden Begünstigungen zu gewähren, dann nicht als eingetreten gelten, wenn der von dem Prämienberechtigten zunächst eingeschlagene Weg der Geltendmachung der Beiträge als Sonderausgaben ohne jede Auswirkung auf die Besteuerung geblieben ist (oder bleiben muß). In einem Fall dieser Art ist der Prämienberechtigte also durch die Geltendmachung der Beiträge als Sonderausgaben ausnahmsweise nicht gehindert, innerhalb der dafür vorgesehenen Frist den Antrag auf Gewährung von Wohnungsbauprämien zu stellen.
Das angefochtene Urteil war demnach aufzuheben. Die Sache war, weil nur noch die Berechnung der Prämie offensteht, unter Aufhebung auch der Einspruchsentscheidung an das Finanzamt zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409845 |
BStBl III 1960, 482 |
BFHE 1961, 623 |
BFHE 71, 623 |