Leitsatz (amtlich)
Zahlungen zur Befreiung eines Grundstücks von einer dinglichen Belastung sind Anschaffungskosten des Grundstücks und damit keine Werbungskosten.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte im März 1966 einem Kraftfahrzeugschlosser ein Erbbaurecht an seinem Grundstück bestellt. Der Erbbauberechtigte belastete es in der Folgezeit mit einer Grundschuld über 80 000 DM, die dem Erbbauzinsanspruch des Klägers im Rang vorging. Die Gläubigerin -- eine Sparkasse -- leitete im Jahre 1968 das Zwangsversteigerungsverfahren ein. Daraufhin vereinbarte der Kläger mit dem Erbbauberechtigten die Aufhebung des Erbbaurechts und verpflichtete sich, die im Erbbaugrundbuch eingetragene Grundschuld zu tilgen. Das Erbbaurecht wurde gelöscht. Der Kläger bestellte für die Gläubigerin -- die Sparkasse -- eine Grundschuld an seinem Grundstück. Die Sparkasse gewährte ihm in Höhe des noch offenstehenden Betrages ein Darlehen.
Im Jahre 1971 zahlte der Kläger 10 180,84 DM Zinsen und 1 819,18 DM Tilgung. Er machte die Summe der Beträge in der Einkommensteuererklärung 1971 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) lehnte die Anerkennung des Tilgungsbetrags als Werbungskosten ab.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat Revision eingelegt und trägt vor:
Als die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts drohte, habe er befürchtet, daß der Versteigerungserlös nicht ausreichen würde, um seinen im Range hinter der Erbbaugrundscnuld eingetragenen Anspruch auf den Erbbauzins zu befriedigen. Da der Anspruch auf Erbbauzins in diesem Falle nicht in das geringste Gebot gefallen wäre, hätte der Erwerber das Erbbaurecht bis zum Ablauf des Erbbaurechts, d. h. bis zum Jahre 2065, erbzinsfrei erworben. Um den Anspruch auf Erbbauzins nicht auf diese Weise zu verlieren, habe er sich verpflichtet, die Schulden des Erbbauberechtigten zu übernehmen. Die als Folge dieser Schuldübernahme entstandenen Aufwendungen hätten allein der Sicherung der Einkünfte gedient; denn nach Löschung des Erbbaurechts habe er ein neues Erbbaurecht bestellt, das ihm wiederum Zinseinkünfte sichere. Wenn man Erbbauzinsen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ansehe, müsse man auch die Aufwendungen als Werbungskosten anerkennen, ohne die die Einkunftsquelle auf Jahre hinaus verlorengegangen wäre. Das FA habe zu Unrecht den Sachverhalt mit dem der Tilgung einer Darlehensforderung gleichgesetzt, die bei der Finanzierung eines Grundstücks entsteht. Bei Finanzierungsdarlehen werde durch die Zahlung der Tilgungsbeträge der Gegenwert für einen vorhandenen, mit dem Darlehen bezahlten Vermögenswert entrichtet; im vorliegenden Falle habe er aber keinen Gegenwert erhalten, weil er eine fremde Schuld bezahlt habe.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer von einer um 1 820 DM geminderten Bemessungsgrundlage festzusetzen.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Der Betrag von 1 820 DM, den der Kläger zur Tilgung des Darlehens der Sparkasse gezahlt hat, gehört nicht zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --).
1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Aufwendungen müssen mit den Einnahmen der Einkunftsart zusammenhängen; sie dürfen keine Anschaffungskosten (oder Herstellungskosten) eines Vermögensgegenstandes sein, mit dessen Hilfe erst der Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht wird, es sei denn, daß nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG Absetzungen von den Anschaffungsoder Herstellungskosten als Werbungskosten abgezogen werden können.
a) Die Anschaffungskosten (oder Herstellungskosten) eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eingesetzten Vermögensgegenstandes hängen zwar mit den Einkünften zusammen; sie sind jedoch nicht Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG (zur Abgrenzung von Einkünften und Vermögensveränderungen unter dem Gesichtspunkt von Absetzungen für Abnutzung -- AfA -- vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. März 1974 VIII R 210/72, BFHE 112, 165, BStBl II 1975, 6, und vom 26. August 1975 VIII R 195/71, BFHE 117, 228, BStBl II 1976, 182). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 19. Januar 1982 VIII R 102/78, BFHE 135, 434, BStBl II 1982, 533, und z. B. zuvor Urteile vom 27. Juni 1978 VIII R 12/72, BFHE 125, 528, BStBl II 1979, 38; vom 6. März 1979 VIII R 110/74, BFHE 127, 51, 510, BStBl II 1979, 551, sowie Beschluß des Großen Senats vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620, dort unter I. 1.a) S. 623 linke Spalte).
Der Gesetzgeber hat im EStG zwischen den Gewinneinkünften und den Überschußeinkünften unterschieden.
Im Gegensatz zu den Gewinneinkünften (§ 2 Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 EStG) bleiben bei den Überschußeinkünften (§ 2 Abs. 3 Nrn. 4 bis 7 EStG) Wertveränderungen von Vermögensgegenständen, die zur Einkünfteerzielung eingesetzt werden, bei der Einkünfteermittlung -- von Ausnahmen abgesehen (vgl. § 22 Nr. 2, § 23 EStG) -- außer Betracht. Dementsprechend haben der Erwerb und die Veräußerung von Vermögensgegenständen, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, grundsätzlich keine einkommensteuerrechtlichen Folgen. Sie führen nicht zu Einkünften und dürfen sich auch nicht auf die Höhe des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten auswirken (zur Abgrenzung des Entgelts, das den Verlust an Vermögen betrifft, vom Zins für die erbbaurechtliche Überlassung des Grund und Bodens vgl. BFHE 135, 434, BStBl II 1982, 533). Entsprechendes gilt für die Bestellung und Löschung eines Erbbaurechts. Einkommensteuerrechtlich sind Veränderungen des Wertes des Erbbaurechts oder des Wertes des aufstehenden Gebäudes weder Erträge noch Ertragsminderungen; es handelt sich bei den Wertveränderungen weder um Einnahmen (§ 8 EStG) noch um Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Der Kläger hat die Schuld des ursprünglichen Erbbauberechtigten gegenüber der Sparkasse übernommen, um das dem Erbbauberechtigten eingeräumte Erbbaurecht löschen zu lassen und damit das Grundstück von dieser dinglichen Belastung zu befreien. Die Übernahme der Schuld gegenüber der Sparkasse stellt demgemäß beim Kläger einen Aufwand auf das Grundstück dar; es handelt sich insoweit für den Kläger um nachträgliche Anschaffungskosten. Damit scheidet ein Abzug des auf diese Schuld geleisteten Tilgungsbetrags als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG aus.
b) Der Grundsatz, daß das der Erzielung von Überschußeinkünften dienende Vermögen und seine Wertveränderungen sich nicht auf die Höhe der Einkünfte auswirken darf, wird dadurch durchbrochen, daß die AfA auf den zur Erzielung von Einkünften eingesetzten Vermögensgegenstand kraft § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG zum Abzug zugelassen werden. Um einen solchen Sachverhalt handelt es sich hier aber nicht.
2. Auch unter anderen Gesichtspunkten kommt entgegen der Auffassung des Klägers ein Abzug des Tilgungsbetrags nicht in Betracht.
a) Werbungskosten sind auch Schuldzinsen, soweit sie mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) -- hier den Einnahmen der Zahlungen des späteren Erbbauberechtigten -- in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Zinsen sind Entgelt an den Gläubiger für die Überlassung des Kapitals. Beträge, die zur Tilgung einer Schuld gezahlt werden, sind begrifflich keine Schuldzinsen.
b) Die zur Tilgung des Darlehens der Sparkasse gezahlten Beträge sind -- wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt -- auch keine vorab entstandenen Werbungskosten, also Aufwendungen, die mit den Erbbauzinsen zusammenhängen, die aufgrund des nach der Löschung des ursprünglichen Erbbaurechts neu eingeräumten späteren Erbbaurechts zu leisten sind. Denn es handelt sich, wie bereits ausgeführt wurde, um nachträgliche Anschaffungskosten auf das Grundstück.
3. Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf die Urteile des BFH vom 25. Juli 1972 VIII R 56/68 (BFHE 106, 532, BStBl II 1972, 880) und vom 25. Februar 1975 VIII R 115/70 (BFHE 115, 563, BStBl II 1975, 730). Diese Entscheidungen betreffen nicht Zahlungen, die dazu dienten, das Grundstück von einer dinglichen Belastung zu befreien.
Fundstellen
Haufe-Index 74615 |
BStBl II 1983, 410 |
BFHE 1983, 44 |