Entscheidungsstichwort (Thema)
Renovierung nach Anschaffung und Vorkostenabzug; Bindung an Auskunft einer Sachbearbeiterin
Leitsatz (NV)
Wird die Wohnung nach der Anschaffung für acht Monate vermietet und erst nach Auszug des Mieters renoviert und im Anschluß daran zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sind die Renovierungskosten mangels unmittelbaren Zusammenhangs mit der Anschaffung nicht als Vorkosten nach §10e Abs. 6 EStG abziehbar. Auf die Gründe für die Vermietung kommt es nicht an.
Eine bindende Auskunft oder Zusage kann nur der für die spätere Veranlagung zuständige Beamte oder der Vorsteher des Finanzamts erteilen.
Normenkette
AO 1977 §§ 118, 204; EStG § 10e Abs. 6
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 24. August 1987 erwarben sie ein Einfamilienhaus, das ihnen vertragsgemäß in der ersten Hälfte des Monats Oktober 1987 übergeben wurde.
Da der Mietvertrag über die Wohnung, welche die Kläger zum Zeitpunkt der Anschaffung des Einfamilienhauses bewohnten, für 24 Monate abgeschlossen worden war und noch bis zum 31. August 1988 lief, vermieteten sie das Einfamilienhaus vom 15. Oktober 1987 bis zum 15. Juni 1988. Nach Auszug des Mieters renovierten sie das Gebäude und bauten das Dachgeschoß aus. Seit 1. September 1988 nutzen die Kläger das Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1988 machten sie die gesamten Aufwendungen in Höhe von 56 485 DM nach §10e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Vorkosten geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) lehnte den Abzug mangels unmittelbaren Zusammenhangs der Aufwendungen mit der Anschaffung ab.
Während des finanzgerichtlichen Verfahrens verständigten sich die Beteiligten in einem Erörterungstermin dahin, daß die Gesamtaufwendungen in Höhe von 30 000 DM Erhaltungsaufwendungen und im übrigen Herstellungskosten für den Dachausbau sind. Außerdem erklärte die Klägerin, sie hätte vor der Vermietung bei der "Veranlagungsstelle" vorgesprochen und die Auskunft erhalten, die Vermietung hindere den Vorkostenabzug nicht.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und zog antragsgemäß 30 000 DM als Vorkosten ab. Es nahm trotz der Vermietung der Wohnung vor der Eigennutzung noch einen unmittelbaren Zusammenhang der Erhaltungsaufwendungen mit der Anschaffung an und ließ daher offen, ob die Klägerin von der "zuständigen Sachbearbeiterin" tatsächlich die Auskunft erhalten habe, die beabsichtigte Vermietung des Gebäudes sei unschädlich.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des §10e Abs. 6 EStG.
Es ist der Auffassung, infolge der Vermietung vor der Eigennutzung hingen die Erhaltungsaufwendungen nicht mehr unmittelbar mit der Anschaffung zusammen. Der Vorkostenabzug könne auch nicht nach Treu und Glauben aufgrund einer verbindlichen Zusage gewährt werden. Hierzu sei im Streitfall nur der Sachgebietsleiter oder der Vorsteher des FA befugt gewesen. Nach dem Vortrag der Klägerin habe aber die zuständige Sachbearbeiterin die Auskunft erteilt.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Sache haben sie sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Zu Unrecht hat das FG die Renovierungsaufwendungen zum Abzug als Vorkosten zugelassen.
1. Der Abzug von Aufwendungen als Vorkosten nach §10e Abs. 6 EStG setzt unter anderem voraus, daß die Aufwendungen des Steuerpflichtigen unmittelbar mit der Anschaffung oder Herstellung der Wohnung zusammenhängen.
a) Durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist inzwischen geklärt, daß Renovierungsaufwendungen nur dann unmittelbar mit der Anschaffung zusammenhängen, wenn der Erwerber die Wohnung im Anschluß an den Erwerb instandsetzt und zu eigenen Wohnzwecken nutzt, nicht dagegen, wenn er
-- die Wohnung nach der Anschaffung zunächst vermietet (BFH-Urteile vom 21. Juni 1994 IX R 62/91, BFH/NV 1995, 108; vom 7. November 1995 IX R 81/93, BFH/NV 1996, 533; vom 27. Juni 1995 IX R 48/93, BFHE 178, 155, BStBl II 1996, 151),
-- die Wohnung wegen eines darauf lastenden Wohnungsrechtes zunächst nicht zu eigenen Wohnzwecken nutzen kann (BFH- Beschluß vom 1. Februar 1996 X B 84/95, BFH/NV 1996, 472) oder
-- in einen nicht kurzfristig kündbaren Mietvertrag eintritt (BFH-Entscheidungen vom 13. Dezember 1995 X R 98/92, BFH/NV 1996, 401; vom 29. Dezember 1997 X B 129/97, BFH/NV 1998, 699, und vom 11. Februar 1998 X R 150/94, erscheint in BFH/NV).
Durch die Vermietung der Wohnung nach der Anschaffung oder die Weiterführung eines im Zeitpunkt der Anschaffung bestehenden Mietvertrags wird der unmittelbare Zusammenhang der nach Kündigung und Auszug des Mieters entstandenen Erhaltungsaufwendungen mit der Anschaffung gelöst (BFH-Urteil vom 11. Februar 1998 X R 150/94, BFH/NV 1998, 956).
b) Die Kläger haben die Wohnung nicht im Anschluß an den Erwerb instandgesetzt und bezogen, sondern sie zunächst für 8 Monate vermietet. Durch die Vermietung ist der unmittelbare Zusammenhang der nach Auszug der Mieter entstandenen Renovierungskosten mit der Anschaffung unterbrochen worden. Unerheblich ist, aus welchen Gründen die Wohnung vermietet wurde.
2. Die Renovierungsaufwendungen können auch nicht aufgrund der von der Klägerin im Erörterungstermin behaupteten Auskunft der "Veranlagungsstelle" nach den Grundsätzen von Treu und Glauben als Vorkosten berücksichtigt werden.
Eine das FA bindende Zusage oder Auskunft kann zwar grundsätzlich auch mündlich gegeben werden. Da bei mündlichen Auskünften aber die Annahme naheliegt, es sei nur eine unverbindliche Meinungsäußerung erstrebt und gegeben worden, müssen die Umstände, die eine Bindung des FA begründen sollen, bestimmt und vollständig dargelegt und zweifelsfrei nachgewiesen werden. Unklarheiten im Sachverhalt gehen zu Lasten dessen, der sich auf die Verbindlichkeit einer Auskunft beruft (z.B. BFH- Urteil vom 13. Dezember 1989 X R 208/87, BFHE 159, 114, BStBl II 1990, 274, m.w.N.).
Laut Protokoll über den Erörterungstermin im finanzgerichtlichen Verfahren hat die Klägerin lediglich erklärt, sie habe vor der Vermietung des Gebäudes bei der "Veranlagungsstelle" des FA vorgesprochen und dort die Auskunft erhalten, die beabsichtigte Vermietung des Gebäudes sei unschädlich. Schriftsätzlich haben sich die durch einen Steuerberater vertretenen Kläger weder im finanzgerichtlichen noch im Verfahren vor dem BFH auf eine bindende Auskunft berufen. Auch im Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG ist hierzu nichts vermerkt.
Voraussetzung für eine Bindung des FA ist unter anderem, daß der -- im Zeitpunkt der Auskunft -- für die spätere Entscheidung im Veranlagungsverfahren zuständige Beamte oder der Vorsteher die Auskunft erteilt hat (z.B. BFH-Urteile in BFHE 159, 114, BStBl II 1990, 274, und vom 14. Juli 1992 IX R 116/88, BFH/NV 1993, 99, jeweils m.w.N.). Nach den Erlassen des zuständigen Landesfinanzministeriums war aufgrund der Höhe der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Sachgebietsleiter der zuständigen Veranlagungsstelle das abschließende Zeichnungsrecht für die Durchführung der Veranlagung und auch für die Erteilung von bindenden Auskünften vorbehalten gewesen. Im Streitfall war daher "zuständiger Beamter" i.S. der BFH- Rechtsprechung der Sachgebietsleiter. Die Kläger haben aber nicht dargelegt, daß der Sachgebietsleiter ihre Fragen beantwortet hat. Vielmehr hat das FG in den Entscheidungsgründen und auch das FA in seiner Revisionsbegründung ausgeführt, die Klägerin habe die Auskunft von der zuständigen Sachbearbeiterin erhalten. Es fehlt im Streitfall somit eine wesentliche Voraussetzung für die Bindung an die erteilte Auskunft.
Fundstellen
Haufe-Index 67546 |
BFH/NV 1998, 1221 |