Leitsatz (amtlich)
§ 76 Abs. 3 Satz 3 UStDB 1951 in der Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl 1957 I S. 6, BStBl 1957 I S. 131) ist eine Vorschrift des materiellen Rechts; ihre Berücksichtigung setzt einen Antrag nicht voraus.
Normenkette
UStDB 1951 § 76 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Streitig ist der Ausfuhrnachweis für die Ausfuhr von Bier. Es handelt sich um Lieferungen im Zeitraum vom 30. Oktober 1953 bis 15. Juli 1955, für die Ausfuhrvergütung nach § 16 Abs. 2 UStG beantragt und bewilligt worden war. Bei einer Vergütungsprüfung im November 1956 ergab sich, daß für die Bierausfuhren, soweit das Bier durch eine ausländische Speditionsfirma im Auftrage der ausländischen Abnehmerin bei der Bfin. abgeholt worden war, die Bestätigungen der deutschen Grenzzollstelle fehlten. Das Finanzamt forderte daraufhin die Ausfuhrvergütung zurück.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsmittel der Bfin. blieben erfolglos. Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Das Finanzgericht hat zutreffend angenommen, daß sich der zurückgeforderte Vergütungsbetrag auf Abhollieferungen bezieht, für die der Ausfuhr- und Buchnachweis den Anforderungen des § 7 Abs. 1 Ziffern 2 und 3 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (AusfFördG) entsprechen muß. Zutreffend sind auch die Ausführungen des Finanzgerichts, daß in den streitigen Fällen diesen Voraussetzungen nicht genügt ist, insbesondere entsprechen sie der Rechtsprechung des erkennenden Senats in den Urteilen V 24/53 U vom 25. September 1953 (BStBl 1953 III S. 332, Slg. Bd. 58 S. 108) und V 43/58 U vom 29. Januar 1959 (BStBl 1959 III S. 121, Slg. Bd. 68 S. 310). Die Rb. bezweifelt die Auffassung der Vorinstanz auch nicht mehr, beruft sich jedoch nunmehr auf § 76 Abs. 3 Satz 3 UStDB 1951, wonach von der Rückforderung insoweit abzusehen ist, als der Antragsteller in seinen Vergütungsanträgen für die geprüften Vergütungszeiträume Vergütungsansprüche nicht geltend gemacht hat, die er wegen Ablaufs der Ausschlußfrist nicht mehr geltend machen kann.
In Tz. 11 des Prüfungsberichts vom November 1956 ist vermerkt, daß die Bfin. für die bezogene Handelsware Ausfuhrhändlervergütung beantragen kann, soweit die Antragsfrist noch nicht abgelaufen ist.
§ 76 Abs. 3 Sätze 2 und 3 UStDB 1951 ist durch die Achte Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl 1957 I S. 6, BStBl 1957 I S. 131) eingeführt worden. § 76 Abs. 3 Sätze 2 und 3 a. a. O. sind auf die am 31. März 1957 noch nicht rechtskräftig festgestellten Rückforderungsansprüche anzuwenden (vgl. § 2 Abs. 3 Ziff. 4 der genannten Verordnung). Auch das Finanzamt bezweifelt nicht, daß die Voraussetzungen des § 76 Abs. 3 Satz 3 UStDB 1951 bereits im Einspruchsverfahren hätten geprüft werden können, und unterstellt weiterhin, daß die Voraussetzungen für die in der Rechtsbeschwerdebegründung als vergütungsfähig angegebenen Vorgänge vorgelegen hätten; es ist jedoch der Ansicht, daß für das Finanzamt kein Anlaß bestanden habe, in eine Prüfung der Verrechnungsmöglichkeit einzutreten, weil die Bfin. ein Aufrechnungsrecht nicht geltend gemacht habe.
§ 76 Abs. 3 Satz 3 a. a. O. ist eine Vorschrift des materiellen Rechts. Ein Antrag ist nicht vorgesehen. Das Finanzamt im Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 6. November 1957) und das Finanzgericht im Berufungsverfahren hätten somit diese Vorschrift von Amts wegen anwenden müssen, da der Akteninhalt das Bestehen von nicht geltend gemachten Ansprüchen auf Ausfuhrhändlervergütung nach § 16 Abs. 1 UStG erkennen ließ.
Die Vorentscheidung ist deshalb wegen Verletzung materiellen Rechts aufzuheben. Die Sache wird an das Finanzgericht zurückverwiesen, das nunmehr die Höhe der bisher nicht geltend gemachten Vergütungsansprüche festzustellen und sodann den Rückforderungsanspruch entsprechend zu beschränken haben wird.
Fundstellen
BStBl III 1961, 394 |
BFHE 1962, 352 |