Leitsatz (amtlich)
Für das eigengenutzte Wohnhaus eines Landwirts (einschließlich Schwimmbad) wird eine Investitionszulage in der Form der Beschäftigungszulage nicht gewährt, auch wenn das Wohnhaus zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört.
Orientierungssatz
Die nach § 4b Abs. 1 InvZulG 1975 "begünstigten Investitionen" werden in § 4b Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1975 u.a. als die Herstellung von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens beschrieben. Mit dieser Formulierung ist jedoch nicht in jeder Beziehung eine Gleichstellung von Investitionen mit dem steuerlichen Begriff des Anlagevermögens gemeint (Ausführungen zum Sinn und Zweck des § 4b InvZulG 1975).
Normenkette
InvZulG 1975 § 4b Abs. 1; EStG § 13 Abs. 2 Nr. 2; InvZulG 1975 § 4b Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist buchführender Gärtnermeister. Er bewirtschaftet seinen Betrieb mit seiner Ehefrau, seinem Sohn und dessen Ehefrau. Er errichtete im Jahre 1973 auf seinem Betriebsgrundstück ein Schwimmbecken, welches im Wirtschaftsjahr 1975/76 mit einer Halle überdacht wurde. Die Herstellungskosten der Schwimmhalle betrugen 58 429,39 DM. Das Schwimmbad wird auch von den Betriebsangehörigen --in den Jahren 1975 und 1976 waren es ein bis zwei Gehilfen und zwei Frauen als Aushilfskräfte-- genutzt. Bei der steuerlichen Gewinnermittlung und bei der Einheitsbewertung behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Schwimmbecken und Halle als landwirtschaftliches Betriebsvermögen.
Mit Antrag vom 4.Februar 1977 beantragte der Kläger eine Investitionszulage gemäß § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1975 in Höhe von 4 382,20 DM für die Herstellungskosten der Schwimmhalle. Das FA lehnte den Antrag ab, weil die Schwimmhalle nicht zum Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, sondern zum Privatvermögen gehöre. Später vertrat es die Auffassung, daß das Schwimmbad zwar landwirtschaftliches Betriebsvermögen, die private Nutzung aber nicht unbedeutend sei.
Sowohl der Einspruch als auch die Klage hatten keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) richtet sich die vorliegende Revision.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG vom 8.November 1983, den Bescheid des FA vom 11.März 1977 sowie die Einspruchsentscheidung vom 9.August 1977 aufzuheben und eine Investitionszulage in Höhe von 4 382,20 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Nach § 4b Abs.1 InvZulG 1975 erhalten Steuerpflichtige eine Investitionszulage für "begünstigte Investitionen", die sie in einem inländischen Betrieb (Betriebstätte) vornehmen. Die "begünstigten Investitionen" werden in § 4b Abs.2 Satz 1 InvZulG 1975 u.a. als die Herstellung von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens beschrieben. Der Senat ist der Meinung, daß mit dieser Formulierung jedoch nicht in jeder Beziehung eine Gleichstellung von Investitionen mit dem steuerlichen Begriff des Anlagevermögens gemeint ist. Ein reduziertes Verständnis des Gesetzeswortlauts auf seinen wohlverstandenen Sinngehalt ergibt sich vielmehr aus dem mit der Einführung des § 4b InvZulG 1975 verfolgten gesetzespolitischen Sinn und Zweck (so bereits das Urteil des Senats vom 2.Februar 1979 III R 50-51/78, BFHE 127, 297, BStBl II 1979, 387). Mit dieser Vorschrift sollte einer im Jahre 1974 sich abzeichnenden Abschwächung der Wirtschaftstätigkeit und einer rückläufigen Beschäftigung entgegengewirkt werden. Durch die Gewährung einer Investitionszulage sollte die Investitionstätigkeit der Wirtschaft angeregt werden. Dabei versprach sich der Gesetzgeber einen Wiederaufschwung der allgemeinen Wirtschaftstätigkeit nicht von einer Ankurbelung des privaten Verbrauchs, sondern von betrieblichen Investitionen wegen deren Schlüsselstellung im wirtschaftlichen Kreislauf (so die Gesetzesbegründung in BTDrucks 7/2979 S.7 und der Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks 7/3010 S.3 f.). Dabei war mit dem Anknüpfen an Investitionen im eigenen inländischen Betrieb erkennbar an Impulse in zwei Richtungen gedacht. Einmal sollten durch die Vergabe von Aufträgen an fremde Unternehmen die dortigen Kapazitäten besser ausgelastet und zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Zum anderen sollte durch die Investitionen eine vermehrte Wirtschaftstätigkeit im eigenen Betrieb in Gang kommen und zu Mehrbeschäftigung führen. Daß man sich eine Anregung der Wirtschaftstätigkeit nicht nur durch eine Auftragsvergabe an Dritte versprach, sondern auch die mit einer Investition verbundene Impulse im eigenen Betrieb im Auge hatte, erhellt daraus, daß nach der gesetzlichen Regelung auch ins Ausland vergebene Aufträge begünstigt waren (nicht hingegen in ausländischen Betriebstätten vorgenommene Investitionen).
2. Solche Impulse im eigenen Betrieb vermögen jedoch Wirtschaftsgüter nicht zu geben, die herkömmlicherweise steuerlich zum Privatvermögen gehören, die also der Steuerpflichtige nicht im Rahmen seiner Wirtschaftstätigkeit einsetzt, sondern mit denen er in erster Linie sein privates Leben gestaltet. Von ihnen geht im eigenen Betrieb nicht eine vermehrte Wirtschaftstätigkeit aus und sie führen auch nicht zur Einstellung weiterer Arbeitskräfte.
3. Der Gesetzgeber hat diesen Gesichtspunkt später in § 4b InvZulG 1982 näher verdeutlicht. Mit Rücksicht auf die zu § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) ergangenen Urteile des Senats vom 4.November 1977 III R 145/74 (BFHE 124, 470, BStBl II 1978, 353) und vom 7.März 1980 III R 82/78 (BFHE 131, 417, BStBl II 1981, 43) --vgl. die Einzelbegründung zum Beschäftigungsförderungsgesetz vom 3.Juni 1982 in BTDrucks 9/1488 S.16-- sind nunmehr Wirtschaftsgüter nur begünstigt, wenn sie ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden (§ 4b Abs.2 Satz 7 InvZulG). Gebäude, die Wohnzwecken dienen, sind nach § 4b Abs.2 Nr.3 InvZulG von der Zulage gänzlich ausgeschlossen, und zwar auch dann, wenn sie steuerlich zum Anlagevermögen gehören.
4. Ein solches herkömmlich der privaten Lebensgestaltung dienendes Wirtschaftsgut ist das vom Kläger geschaffene Schwimmbad einschließlich der Halle. Nach den den Senat nach § 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden Feststellungen des FG wurde das Schwimmbad nicht nur betrieblich, sondern vom Kläger und von seinen Familienmitgliedern überwiegend auch privat genutzt.
5. Bei der Beurteilung der hier streitigen Rechtsfrage können auch die Besonderheiten der landwirtschaftlichen Gewinnermittlung nicht außer Betracht bleiben. Danach gehört die Wohnung des Landwirts (einschließlich der damit in Verbindung stehenden Einrichtungen in aller Regel --bis zum Veranlagungszeitraum 1986-- zum notwendigen landwirtschaftlichen Betriebsvermögen (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 13 EStG Anm.140 und 141 unter Bezugnahme auf § 21 Anm.21; Schmidt/Seeger, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 7.Aufl., § 13 Anm.55; vgl. auch Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 8.Aufl., § 33 BewG Anm.22 f.; - für die Zeit ab Veranlagungszeitraum 1987 vgl. Schmidt/Seeger, a.a.O., § 13 Anm.56). Ob hier ein solcher Regelfall vorliegt, konnte das FG bei seiner Entscheidung offenlassen. Auch der Senat braucht darauf nicht näher einzugehen, da auf diesen Gesichtspunkt nur ergänzend hingewiesen werden soll. Der Senat ist jedenfalls der Meinung, daß eine so singuläre Regelung, wie sie § 13 Abs.2 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Land- und Forstwirtschaft darstellt und die für den Bereich der Einkommensteuer durchaus sinnvoll sein kann, nicht schematisch auf einen anderen Regelungsbereich übertragen werden kann, wo andere Ziele und Zwecke verfolgt werden.
6. Die Entscheidung des Senats liegt im übrigen auf der Linie des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 27.November 1964 VI 55/63 S (BFHE 81, 598, BStBl III 1965, 214). In dieser Entscheidung hat der BFH die vorzeitige Rückzahlung einer Bausparsumme bei einem Landwirt für unschädlich angesehen, wenn das Guthaben für Zwecke der Wohnung (nicht der Betriebsgebäude) verwendet wird. Er hat es als unbeachtlich angesehen, daß das Wohnhaus nach § 13 Abs.2 Nr.2 EStG beim Landwirt zu seinem notwendigen Betriebsvermögen gehört; denn diese Regelung gelte nur der Vereinfachung der Besteuerung. Man wollte mit dieser Begründung dem Landwirt die Möglichkeit geben, an den steuerlichen Vorteilen des Bausparens teilzunehmen (Sonderausgaben und Wohnungsbauprämien). Mit der gleichen Begründung muß dann aber auch einem Landwirt die Investitionszulage versagt werden, wenn er ein Wohnhaus für eigene Wohnzwecke errichtet. Dieses Wohnhaus kann zwar Betriebsvermögen sein, wird dann aber unter dem Gesichtspunkt der Investitionszulage wie Privatvermögen behandelt. Für private Wohnhäuser gibt es aber keine Zulage nach § 4b InvZulG.
Fundstellen
Haufe-Index 62288 |
BFH/NV 1988, 1 |
BStBl II 1988, 903 |
BFHE 154, 301 |
BFHE 1989, 301 |
BB 1988, 2024-2024 (KT) |
DB 1988, 2491 (T) |
DStR 1988, 716 (ST) |
HFR 1988, 638 (LT) |