Leitsatz (amtlich)

Ein Erlaß von HGA-Leistungen gemäß § 132 LAG kommt dann nicht in Betracht, wenn das belastete Grundstück verpachtet ist und von dem Pächter nicht zu einem begünstigten Zweck, sondern landwirtschaftlich genutzt wird. Eine Nutzbarmachung für den begünstigten Zweck durch Zwischenschaltung einer anderen Person (§ 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA) liegt auch dann nicht vor, wenn die Pachtgelder ausschließlich für den begünstigten Zweck verwendet werden.

 

Normenkette

LAG § 132; 17. AbgabenDV-LA § 19 Abs. 4

 

Tatbestand

Revisionskläger und Abgabeschuldner ist ein Hospital. Es ist Eigentümer von Grundstücken, die mit HGA belastet sind. Die HGA-Schuld wurde durch rechtskräftigen Bescheid festgesetzt. Am 29. August 1959 beantragte das Hospital Erlaß der HGA-Leistungen nach § 132 LAG, und zwar für die Erlaßzeiträume 1952 und 1953 bis 1955. Das FA lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 3. März 1960 mit der Begründung ab, daß die belasteten Grundstücke nicht unmittelbar dem Hospital dienten, sondern verpachtet seien. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ebenso erfolglos wie die Berufung.

Die Vorentscheidung geht davon aus, daß nach § 132 LAG sowohl persönliche als auch sachliche Voraussetzungen erfüllt sein müßten. Zwar erfülle das Hospital die persönlichen Voraussetzungen, die sachlichen Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 Nr. 2 LAG lägen jedoch nicht vor. Das belastete Grundstück werde nicht unmittelbar für mildtätige Zwecke oder unmittelbar für Zwecke einer Kranken- oder Bewahrungsanstalt genutzt, die in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung diene. Das Grundstück sei vielmehr verpachtet und werde von dem Pächter landwirtschaftlich genutzt. Daß die Pachteinnahmen für Zwecke des Hospitals verwendet würden, stelle keine unmittelbare Nutzung des Grundstücks dar. Die Auffassung des Hospitals, der Begriff "unmittelbar" beziehe sich nur auf § 132 Abs. 1 Nr. 2 erster Halbsatz LAG, sei falsch. Das ergebe sich auch aus § 19 der 17. AbgabenDV-LA; aus § 19 Abs. 3 dieser Vorschrift folge, daß Grundstücke "unmittelbar für die begünstigten Zwecke benutzt werden" müßten, ohne daß dabei ein Unterschied zwischen den in Abs. 2 Satz 1 erwähnten mildtätigen Zwecken und den in Abs. 2 Satz 2 erwähnten Zwecken einer Krankenanstalt gemacht werde, die in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung diene. Die Voraussetzungen seien hier die gleichen, wie sie für die Grundsteuerbefreiung nach § 6 GrStG vorgesehen seien. Zwar seien nach § 19 Abs. 4 der 17. Abgaben-DV-LA die sachlichen Voraussetzungen auch dann als erfüllt anzusehen, wenn bei der Verwaltung oder Nutzbarmachung des Grundstücks für die begünstigten Zwecke "eine andere Person oder Stelle" als der Eigentümer eingeschaltet werde. Das sei aber hier nicht der Fall, weil der Pächter das Grundstück landwirtschaftlich nutze.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde, die nach der am 1. Januar 1966 in Kraft getretenen FGO als Revision zu behandeln ist.

Der Abgabepflichtige trug zur Begründung seines Rechtsmittels vor: Der Hypothekengläubiger habe dem Hospital 1937 einen Betrag von ... RM zur Verfügung gestellt, weil die nationalsozialistische Regierung die Guthaben des Hospitals gesperrt hätte, so daß ihm für seine mildtätigen Zwecke keine Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Das Geld sei auch für diese Zwecke verwandt worden. Eine Belastung der dem Hospital gehörenden Anstaltsgebäude sei nicht erfolgt, weil man nach Sperrung der Guthaben eine Konfiszierung des Grundbesitzes befürchtet habe. Auf Wunsch des Geldgebers sei deshalb die Absicherung des für mildtätige Zwecke gegebenen und verbrauchten Geldes auf dem landwirtschaftlichen Besitz des Hospitals erfolgt. Auch das landwirtschaftlich genutzte Grundstück diene unmittelbar mildtätigen Zwecken. Die belasteten Grundstücke seien nämlich dem Hospital für seine mildtätigen Zwecke mit der Auflage geschenkt worden, daß sie nicht veräußert werden dürften. Demgemäß könnten sie nur durch Verpachtung genutzt werden, wobei die Pacht wiederum nur für mildtätige Zwecke der Anstalt Verwendung finden dürfe. Damit sei der Gesetzeszweck, das Pfandobjekt unmittelbar den mildtätigen Zwecken der Anstalt nutzbar zu machen, erfüllt.

Das FA vertritt demgegenüber die Auffassung, daß eine unmittelbare Benutzung des belasteten Grundstücks für die begünstigten Zwecke nicht vorliege. Es stützt sich sowohl auf die angefochtene Entscheidung als auch auf die gleichlautende Formulierung der Begünstigungsvorschriften im GrStG (§ 4 Nr. 8 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 GrStG).

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß § 132 LAG zwischen persönlichen und sachlichen Voraussetzungen unterscheidet. Daß die persönlichen Voraussetzungen für einen Erlaß nach § 132 LAG im Streitfall vorliegen, ist unstreitig. Hinsichtlich der sachlichen Voraussetzungen ist in § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA bestimmt, daß diese Voraussetzungen auch dann erfüllt sein können, wenn bei der Verwaltung oder Nutzbarmachung des Grundstücks für die begünstigten Zwecke eine andere Person oder Stelle als der Eigentümer eingeschaltet ist. Diese Vorschrift über die unmittelbare Benutzung eines Grundstücks für den begünstigten Zweck ist nicht identisch mit den Voraussetzungen, die nach § 11 Abs. 2 Satz 2 der Gemeinnützigkeitsverordnung (GemV) oder nach § 4 Nr. 6 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 GrStG verlangt werden. Wie der erkennende Senat im Urteil III 267/62 vom 30. September 1966 (BFH 87, 397, BStBl III 1967, 146) ausgeführt hat, war der Gesetzgeber bestrebt, unter Wahrung der Eigenart der HGA eine Milderung für diejenigen Härtefälle herbeizuführen, in denen eine uneingeschränkte Heranziehung der kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen zur HGA in Frage stand. Diesem Willen hat der Verordnungsgeber durch die großzügigere Fassung in § 19 Abs. 4 der 17. AbgabenDV-LA Rechnung getragen. Der erkennende Senat hat aber in dieser Entscheidung auch zugleich zum Ausdruck gebracht, daß das mit HGA belastete Grundstück für die gleichen Zwecke durch Zwischenschaltung einer anderen Person oder Stelle genutzt werden könne. Das traf in dem damals entschiedenen Fall zu, weil die Revisionsklägerin das Grundstück zur Verwirklichung des begünstigten Zweckes dem Verband für Innere Mission zur Verfügung gestellt hatte. Im Streitfall liegt aber eine solche Benutzung für einen begünstigten Zweck durch den Pächter nicht vor. Die Benutzung für landwirtschaftliche Zwecke ist auch nach dem GrStG und dem GemV keine Benutzung für einen begünstigten gemeinnützigen, kirchlichen oder mildtätigen Zweck.

Da sich die Vorentscheidung im Ergebnis als zutreffend erweist, konnte die Revision keinen Erfolg haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68423

BStBl II 1969, 205

BFHE 1969, 414

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