Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird im Rückerstattungsverfahren eines gewerblichen Betriebes - unbeschadet der Vorschriften des Rückerstattungsgesetzes - durch Beschlüsse oder Vergleiche festgelegt, daß die noch unter Treuhänderschaft erzielten Gewinne von einem Stichtag ab, der vor dem Abschluß des Rückerstattungsverfahrens liegt, dem Rückerstattungsberechtigten zufließen, und ist die Veranlagung für den mit dem Stichtag beginnenden Zeitraum noch nicht durchgeführt, ist die Rückbeziehung auch steuerlich anzuerkennen und die Veranlagung dem Rückerstattungsberechtigten gegenüber vorzunehmen.
Gesetz Nr. 59 der amerikanischen Militärregierung in der Fassung des 6. änderungsgesetzes (Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission Nr. 25 vom 30. Juni 1950 S. 467) - Rückerstattungsgesetz
Normenkette
AmerikREG 91/2; StAnpG § 11/2
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) ist eine KG. Sie hat im Jahre 1938 im Wege der Arisierung das Unternehmen der Firma ... GmbH erworben. Nach dem Zusammenbruch stand das Unternehmen unter treuhänderischer Verwaltung. Durch Beschluß der Wiedergutmachungskammer bei dem Landgericht ... vom 18. Dezember 1950 wurde festgestellt, daß das übernommene Vermögen an die frühere Eigentümerin, die Firma ... GmbH, zurückzuerstatten sei. Dieser Beschluß hat seine Ergänzung gefunden durch einen Vergleich, der vor der Wiedergutmachungskammer am 18. Mai 1951 protokolliert wurde. Nach den getroffenen Vereinbarungen ist die Abrechnung auf den 20. Juni 1948 erfolgt. Im § 9 des Vergleichs ist vorgesehen, daß die Gewinne seit dem 21. Juni 1948 von der GmbH versteuert werden sollten. Es heißt dort:
Steuerforderungen aus dieser Zeit an die ... KG gehen zu Lasten der GmbH, soweit die Steuerpflicht auf der Inhaberschaft der zu erstattenden Vermögenswerte beruht. Die GmbH verpflichtet sich, die ... KG und deren Gesellschafter von solchen Forderungen freizuhalten und den zuständigen Finanzämtern entsprechende Erklärungen zu überreichen.
Für den Veranlagungszeitraum 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1948 und für das Kalenderjahr 1949 hat der Treuhänder der Bfin. die Steuererklärungen abgegeben. Es sind einheitliche Gewinnfeststellungen für den Rumpfabschnitt 1948 mit ... DM und für 1949 mit ... DM erfolgt. Der ursprünglich vorläufige Bescheid ist durch Bescheid vom 7. September 1951 für endgültig erklärt worden.
Gegen den vorläufigen Feststellungsbescheid hat der Rechtsanwalt ... zunächst namens der ... GmbH Einspruch eingelegt, ihn am 7. September zurückgezogen und sodann mit Schreiben vom 16. September 1951 sich als Vertreter der Bfin. gemeldet und für diese gegen den endgültigen Bescheid vom 7. September 1951 das Rechtsmittel eingelegt. Die Bfin. selbst hat mit Schreiben vom 15. September 1951 ebenfalls Einspruch eingelegt, ihn mit Schriftsatz vom 3. Oktober 1951 begründet und gebeten, den Einspruch als Sprungberufung zu behandeln.
Das Finanzgericht hat durch Urteil vom 31. Januar 1952 der Berufung stattgegeben und die einheitlichen Gewinnfeststellungen gegenüber der Bfin. ersatzlos aufgehoben. Das Finanzgericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß der Gewinn des Unternehmens in II/1948 und 1949 nicht der Bfin., sondern der GmbH zugeflossen sei und daher von dieser versteuert werden müsse.
Gegen diese Entscheidung hat die Bfin. Rechtsbeschwerde (Rb.) eingelegt und wesentliche Verfahrensmängel gerügt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Verfahrensmängel sind nicht ersichtlich. Die Entscheidung stützt sich auf den Beschluß der Wiedergutmachungskammer sowie den zur Ergänzung dieses Beschlusses abgeschlossenen Vergleich. Sie entspricht im übrigen der Auffassung, die die Steuerpflichtige in ihrem Schreiben vom 15. September 1951 selbst vertreten hat. Es heißt dort:
"Demnach steht durch diesen Vertrag fest, daß die ... KG seit 21. Juni 1948 selbst keine Gewinne mehr erzielt hat, sondern diese ausnahmslos bis zum Vertragsabschluß an die ... GmbH fallen. Es kann daher auch seit dem 21. 6. 1948 für die ... KG keine steuerliche Gewinnfeststellung erfolgen." Weiter wird darauf hingewiesen, daß wegen der zivilrechtlichen Folgen auf strikte Erfüllung des Vertrages Wert gelegt werden müsse, daß dieses aber durch anderweitige steuerliche Handhabung unmöglich gemacht werden würde.
Die Rüge, die die Bgin. wegen der Berücksichtigung des Auftretens des Rechtsanwalts ... durch das Finanzgericht erhebt, ist nicht gerechtfertigt. Rechtsanwalt ... hat den Einspruch namens der Bfin. am 16. September 1951 auf Grund der ihm noch von dem Treuhänder erteilten Vollmacht eingelegt. Sein Tätigwerden ist jedoch dadurch gegenstandslos geworden, daß die Bfin. selbst gegen den endgültigen Bescheid Einspruch erhoben hat. Wenn die Bfin. beanstandet, daß im Urteil des Finanzgerichts Rechtsanwalt ... als erschienen bezeichnet sei, so trifft dies nicht zu. Er ist lediglich im Rubrum des Urteils als Vertreter auch der Bfin. aufgeführt. Mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden. Ein Antrag war auch nicht gestellt worden.
In sachlicher Beziehung kann der Senat zu keinem anderen Ergebnis als das Finanzgericht gelangen.
Art. 15 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 59 der Militärregierung für die amerikanische Zone in der Fassung des änderungsgesetzes (Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission Nr. 25 vom 30. Juni 1950 S. 467) legt den im Rückerstattungsverfahren ergehenden Entscheidungen und Vergleichen die Wirkung bei, daß der Verlust des Vermögensgegenstandes als nicht eingetreten gilt. Für die zurückliegende Zeit, d. h. für die Zeit vor der Rückerstattung sieht Art. 91 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 2 des Rückerstattungsgesetzes vor, daß Steuern aus Anlaß der Rückerstattung nicht erhoben werden, daß es bei den durchgeführten Veranlagungen sein Bewenden haben, eine Wiederaufrollung der steuerlichen Verhältnisse der Vergangenheit nicht erfolgen, der Ausgleich zu Lasten des Rückerstattungsberechtigten vielmehr unter den Partnern des Rückerstattungsverfahrens vorgenommen werden soll. Im vorliegenden Falle handelt es sich um einheitliche Gewinnfeststellungen, die erst nach Regelung der Rückerstattung und Aufhebung der Treuhänderschaft erfolgt sind. Es würde weder den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen noch wirtschaftlich vertretbar sein, wenn diese Gewinnfeststellungen noch gegenüber dem nach den Bestimmungen des Rückerstattungsgesetzes während des Veranlagungszeitraumes lediglich formalen Eigentümer durchgeführt würden. Zur Zeit der Vornahme der einheitlichen Gewinnfeststellungen stand endgültig fest, daß die seit dem 21. Juni 1948 erzielten Gewinne nicht mehr der Bfin., sondern der rückerstattungsberechtigten GmbH zufließen und die Steuern auf diese Gewinne auch von der GmbH getragen werden sollten. Danach war der durch das Treuhandverhältnis geschaffene Schwebezustand beendet und die Gewinnfeststellung so durchzuführen, wie sie der wirklichen Sachlage entsprach. Was in der Entscheidung III 174/51 S vom 11. Juli 1952 (Bundessteuerblatt III S. 238), die in einer Erbschaftsteuersache ergangen ist, hinsichtlich des Vermögens ausgeführt wird, hat um so mehr bei den Steuern vom Ertrage zu gelten, als diese grundsätzlich den belasten sollen, dem der Ertrag zugeflossen ist. Dies ist unstreitig nicht die Bfin.
Inwieweit diese Auffassung zu dem Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 2/50 vom 22. August 1950 (Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen S. 549) in Widerspruch stehen soll, ist nicht ersichtlich.
Die rückerstattungsberechtigte GmbH kann sich gegenüber ihrer Heranziehung zur Körperschaftsteuer für die Veranlagungszeiträume II/1948 und 1949 nicht auf Art. 91 des Gesetzes Nr. 59 berufen. Die Heranziehung zur Steuer auf den Jahresgewinn erfolgt nicht "aus Anlaß" der Rückerstattung. Wenn Art. 91 Abs. 2 auch die Wiederaufrollung bereits erledigter Verfahren verbietet, so schließt dies nicht aus, daß die Veranlagung für einen Zeitraum, der zwar dem Abschluß des Rückerstattungsverfahrens vorausgeht, gegenüber dem Rückerstattungsberechtigten erfolgt, wenn im Zeitpunkt der Veranlagung feststeht, daß ihm der Gewinn des Veranlagungszeitraumes endgültig verbleibt.
Da die angefochtene Entscheidung weder zu verfahrensrechtlichen Beanstandungen Anlaß gibt noch einen Rechtsirrtum erkennen läßt, muß der Rb. der Erfolg versagt bleiben.
Sie war daher mit der Kostenfolge aus § 307 der Reichsabgabenordnung zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 407494 |
BStBl III 1952, 283 |
BFHE 1953, 738 |
BFHE 56, 738 |