Leitsatz (amtlich)
Erfüllt ein Unternehmen grundsätzlich die Voraussetzungen der Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, so wird durch den gelegentlichen Verkauf eines Grundstücks die Ausschließlichkeit seiner Tätigkeit als eines Grundstücks(verwaltungs)unternehmens nicht in Frage gestellt.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) zu Recht die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für sich in Anspruch nimmt.
Die Steuerpflichtige ist nach ihrer Gewerbesteuererklärung für den Erhebungszeitraum 1963 sowie nach den Feststellungen des FG eine Grundstücksverwaltungs- und -verwertungsgesellschaft, die seit ihrer Gründung im Jahre 1954 eigenen Grundbesitz verwaltet. Außerdem besitzt sie eigenes Kapitalvermögen. Im streitigen Erhebungszeitraum hatte die Steuerpflichtige neben Einnahmen an Mietzinsen, Betreuungshonoraren und Bankzinsen Buchgewinne aus dem Verkauf eines Kraftfahrzeugs (Kfz.) und eines Grundstücks zu verzeichnen. Der Revisionsbeklagte (das FA) kürzte die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG (nur) um 3 v. H. des Einheitswerts des zu ihrem Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes, weil die Steuerpflichtige schädliche Geschäfte ausgeführt habe (Betreuungshonorare), die zur Versagung der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG führten, und weil die Zinserträge und der Ertrag aus der Veräußerung des Grundstücks von vornherein nicht begünstigt seien, außer diesen Erträgen aber kein kürzungsfähiger Ertrag vorliege.
Einspruch und Klage der Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus, nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG werde die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um denjenigen Teil des Gewerbeertrages gekürzt, der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfalle. Der Zweck dieser Kürzung sei es, Unternehmen wie das der Steuerpflichtigen von der Doppelbelastung mit Grund- und Gewerbesteuer zu befreien. Da aber bei der Verwertung von Grundbesitz keine Grundsteuer anfalle, vermöge das FG dem Urteil des RFH I 51/42 vom 30. Juni 1942 (RStBl 1942, 988) nicht zu folgen, nach dem eine gelegentliche Veräußerung von Grundbesitz aus besonderen Gründen die Anwendung dieser Kürzungsvorschrift nicht schon von vornherein ausschließe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Steuerpflichtigen mit dem Antrag, den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag 1963 unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung allein nach den Zinserträgen auf 1 430 DM festzusetzen. Da ein gelegentlicher Verkauf eines Grundstücks nach dem RFH-Urteil I 51/42 (a. a. O.) in den Rahmen der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes falle, bleibe die Ausschließlichkeit gewahrt.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Das FG ist - im Gegensatz zum FA in der Einspruchsentscheidung - davon ausgegangen, daß die Steuerpflichtige - wie in den Vorjahren - auch für den streitigen Erhebungszeitraum trotz des Verkaufs eines Grundstücks als eine Gundstücks(verwaltungs)gesellschaft anzusehen ist. Damit hat es die Ausschließlichkeit, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist, bejaht.
Daß - entgegen der Auffassung des FA - der Vereinnahmung von Betreuungshonoraren keine zur Verneinung der Ausschließlichkeit führende steuerschädliche Tätigkeit zugrunde liegt, wenn das Unternehmen die von ihm betreuten Wohnungsbauten selbst errichtet hat, hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil I R 21/67 vom 30. Juli 1969 (BFH 96, 362, BStBl II 1969, 629) ausgesprochen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Entscheidung Bezug.
Im Gegensatz zu der - weitergehenden - Auffassung der Steuerpflichtigen (nach der die Ausschließlichkeit entfallen soll, wenn ein gelegentlicher Verkauf eines Grundstücks nicht in den Rahmen der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes fällt) hat der erkennende Senat mit Urteil I R 21/70 vom 24. September 1970 (BFH 100, 210, BStBl II 1970, 871) dahin erkannt, daß bei Anerkennung der Ausschließlichkeit, d. h. des Charakters des Unternehmens als eines Grundstücks(verwaltungs)unternehmens im Sinne der genannten Vorschrift für den streitigen Erhebungszeitraum, Gewinne aus der gelegentlichen Veräußerung eines Grundstücks nicht zu den nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu kürzenden Beträgen gehören. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Entscheidung Bezug, mit der der Rahmen desjenigen Teils des Gewerbeertrags, der nach dieser Vorschrift die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen mindert, in etwa abschließend abgegrenzt worden ist.
2. Da den Akten nicht zu entnehmen ist, in welchem Verhältnis die 482 221 DM Aufwendungen auf die 522 976 DM Einnahmen entfallen, geht die Sache unter Aufhebung der Vorentscheidung zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Fundstellen
Haufe-Index 69414 |
BStBl II 1971, 338 |
BFHE 1971, 396 |