Leitsatz (amtlich)
Abschlußgebühren für einen Bausparvertrag können Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sein, wenn der Abschluß des Bausparvertrages in keinem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Verwirklichung eines Bauvorhabens steht und wenn auf Dauer gesehen ein Überschuß aus Zinsgutschriften erwartet werden kann.
Orientierungssatz
Der bei zusammenveranlagten Ehegatten erhöhte Werbungskosten-Pauschbetrag für Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 200 DM kann nicht in der Weise aufgeteilt werden, daß der eine Ehegatte die nachgewiesenen Werbungskosten und der andere Ehegatte den halben Pauschbetrag abzieht (vgl. BFH-Urteil vom 17.1.1969 VI R 224/67).
Normenkette
EStG 1977 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 8; EStG § 9a Nr. 2; EStG 1977 § 9 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wird mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Er schloß im Streitjahr 1978 einen Bausparvertrag ab. Er leistete dafür eine Abschlußgebühr von 4 000 DM. Er hatte keine konkrete Bauabsicht.
In seiner Einkommensteuererklärung 1978 machte der Kläger die Abschlußgebühr als Sonderausgabe und als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte die Gebühr lediglich im Rahmen der Höchstbetragsregelung des § 10 Abs.3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgabe. Er setzte folgende Einkünfte aus Kapitalvermögen fest:
Kläger Ehefrau des Klägers
Einnahmen 2 398 DM 328 DM
Werbungskosten-Pauschbetrag
./. 176 DM ./. 24 DM
Sparer-Freibetrag ./. 300 DM ./. 300 DM
―――― ―――
Einkünfte 1 922 DM 4 DM.
Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage bezüglich des Ansatzes der Abschlußgebühr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen mit im wesentlichen folgender Begründung statt:
Zinsen aus Bausparverträgen gehörten, wenn nicht alleiniger Zweck des Vertragsabschlusses das Erlangen des Bauspardarlehens und die Verwendung der Kreditmittel zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei, zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen. Die Zahlung der Abschlußgebühr sei Voraussetzung zur Erzielung dieser Einnahmen und durch diese Einkunftsart veranlaßt. Gegen die daraus folgende Qualifizierung der Abschlußgebühr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen spreche nicht, daß die Abschlußgebühr daneben der Vermögenssphäre des Bausparers zuzuordnen sei. Sie diene der Schaffung einer Geldanlagemöglichkeit und vielleicht der Erlangung eines günstigen Kredits. Unerheblich sei die mit dem Abschluß des Bausparvertrages möglicherweise verfolgte Absicht, Prämien oder eine Einkommensteuerersparnis zu erhalten.
Das FG ermittelte die Einkünfte aus Kapitalvermögen wie folgt:
Kläger Ehefrau des Klägers
Einnahmen 2 398 DM 328 DM
Werbungskosten ./. 4 000 DM ―-
―――― ―――
Einkünfte ./. 1 602 DM 328 DM.
Im übrigen wies das FG die Klage ab.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das angefochtene Urteil verletze die Vorschriften der §§ 9, 10, 12 EStG. Die Abschlußgebühr sei nicht nahezu ausschließlich durch die Einkunftsart Kapitalvermögen, sondern auch durch die Vermögensbildung, d.h. durch private Gründe des Klägers veranlaßt. Die Abschlußgebühren könnten entweder Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder Sonderausgaben, nicht aber Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sein.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet.
1. Das FG hat die Abschlußgebühr des Bausparvertrages von 4 000 DM zu Recht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen anerkannt.
a) Die Zinsen aus dem Bausparvertrag sind Einnahmen aus Kapitalvermögen, denn die Bauspareinlagen sind Guthaben bei Kreditinstituten (§ 1 Abs.1 des Bausparkassengesetzes) und daher Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs.1 Nr.8 EStG 1977 (§ 20 Abs.1 Nr.7 EStG 1987).
Bei einem Bausparvertrag wird das Sparen in der Regel lediglich Durchgangsstadium auf dem Weg zur Erlangung eines Bauspardarlehens und zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein. Der Zinssatz für Bauspareinlagen liegt durchweg unter dem Kapitalmarktzins. Selbst bei Einrechnung der Steuervergünstigungen lassen sich regelmäßig attraktivere Kapitalanlagen finden. Das schließt jedoch nicht aus, daß in Einzelfällen für den Abschluß eines Bausparvertrages der Sparzweck bestimmend ist (so bereits Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 8.Februar 1983 VIII R 163/81, BFHE 138, 202, BStBl II 1983, 355, m.w.N.).
Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat nach § 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist, hatte der Kläger keine konkrete Bauabsicht. Zweck des Vertragsabschlusses war somit nicht die Erlangung eines Baudarlehens und die Verwendung der Kreditmittel zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. dazu Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 7.August 1985 1 BvR 707/85, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1987, 34; BFH in BFHE 138, 202, BStBl II 1983, 355). Bei dem Kläger stand vielmehr die Erwartung einer ―wenn auch bescheidenen― Rendite aus seinem Bausparguthaben im Vordergrund, so daß Einnahmen und Ausgaben, die mit dem Bausparguthaben im Zusammenhang stehen, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören.
b) Die Abschlußgebühr für den Bausparvertrag gehört zu den Werbungskosten.
Nach § 9 Abs.1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der Begriff hat für alle Überschußeinkünfte (§ 2 Abs.1 Nrn.4 bis 7, Abs.2 Nr.2 EStG) gleichermaßen Gültigkeit.
Werbungskosten sind nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 27.Juni 1989 VIII R 30/88, BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934, m.w.N.; vom 15.Dezember 1987 VIII R 281/83, BFHE 154, 456, BStBl II 1989, 16, m.w.N.) alle Aufwendungen, die durch Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlaßt sind. Diese Voraussetzungen sind bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gegeben, wenn objektiv ein Zusammenhang der Aufwendungen mit der Überlassung von Kapital zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden.
Schuldzinsen und andere Kreditkosten sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, soweit sie mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1, § 20 EStG). Werbungskosten bei dieser Einkunftsart sind danach die Kosten für Kredite, deren Valuta zum Erwerb oder zur Schaffung einer Kapitalanlage i.S. des § 20 EStG verwandt wird. Die Abschlußgebühr für einen Bausparvertrag kann sonstiger Kreditaufwand sein (BFH-Urteil in BFHE 138, 202, BStBl II 1983, 355, m.w.N.). Aus ihr bestreitet die Bausparkasse die Werbe- und Abschlußkosten (BFH-Urteil vom 9.Juli 1986 I R 218/82, BFHE 147, 412, BStBl II 1987, 14, m.w.N.).
Die Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 154, 456, BStBl II 1989, 16; vom 8.Oktober 1985 VIII R 234/84, BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596, m.w.N.) stellt für den Werbungskostenabzug von Kreditkosten darauf ab, ob auf Dauer gesehen ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden kann. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, ist davon auszugehen, daß der Kreditaufwand nicht in der Absicht geleistet worden ist, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, sondern in der Absicht, Wertsteigerungen der Vermögensanlage zu erzielen. Der Abziehbarkeit der Aufwendungen als Werbungskosten steht nicht entgegen, daß beim Erwerb der Kapitalanlage auch die Hoffnung auf Wertsteigerung eine Rolle spielt. Solange die Erwartung eines Wertzuwachses im Vermögensbereich für die Anschaffung einer Ertrag bringenden Kapitalanlage nur mitursächlich ist, reicht das Vorliegen dieses Beweggrundes im allgemeinen nicht aus, den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart i.S. des § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG aufzuheben.
Nach diesen Grundsätzen gehört im Streitfall die Abschlußgebühr des Bausparvertrages von 4 000 DM zu den Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen (anderer Ansicht v.Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr.A 89, B 750). Bei dem Kläger stand die Erwartung einer ―wenn auch bescheidenen― Rendite aus seinem Bausparguthaben im Vordergrund. Langfristig ist ein Überschuß aus Zinsgutschriften zu erwarten (vgl. BFH-Urteil vom 21.Juli 1981 VIII R 128/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37).
2. Das FG hat den erhöhten Werbungskosten-Pauschbetrag nach § 9a Nr.2 EStG zu Recht versagt. Es ist nicht möglich, den einheitlichen Pauschbetrag von 200 DM in der Weise aufzuteilen, daß der Kläger die nachgewiesenen Werbungskosten und seine Ehefrau den halben Pauschbetrag abzieht (BFH-Urteil vom 17.Januar 1969 VI R 224/67, BFHE 95, 222, BStBl II 1969, 376).
3. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 26.Februar 1985 VIII R 125/83, BFHE 143, 269, BStBl II 1985, 547), die erst nach dem angefochtenen Urteil erging, im Streitfall der Ehefrau des Klägers der gemeinsame Sparer-Freibetrag (§ 20 Abs.4 EStG) in Höhe ihrer positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen von 328 DM zu gewähren. Der Senat ist aber nicht in der Lage, ihr den gemeinsamen Freibetrag zuzusprechen. Der Kläger muß sich entgegenhalten lassen, daß er die Vorentscheidung insoweit rechtskräftig werden ließ.
Fundstellen
Haufe-Index 63179 |
BStBl II 1990, 975 |
BFHE 161, 513 |
BFHE 1991, 513 |
BB 1991, 395 |
BB 1991, 395-396 (LT) |
DB 1990, 2303-2304 (LT) |
DStR 1990, 709 (KT) |
HFR 1991, 20 (LT) |
StE 1990, 374 (K) |