Leitsatz (amtlich)
1. Zum Begriff Betriebsschuld.
2. Nehmen Eheleute, die Alleingesellschafter einer KG sind, über betriebliche Bankkonten der KG einen Kredit zum Bau eines eigengenutzten Einfamilienhauses auf, so sind die dadurch entstandenen Bankschulden Privatschulden. Die Zinsen für solche Schulden sind keine Betriebsausgaben der KG.
Normenkette
EStG 1961 § 6 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Gesellschafter der steuerpflichtigen KG, deren Gewinn für das Jahr 1961 in Streit ist, sind die Eheleute R. Die Eheleute hatten im Februar 1959 einen Bauplatz gekauft, auf dem sie in den Jahren 1959/1960 für sich ein Einfamilienhaus bauten; sie bezogen das Haus Anfang Juli 1960. Von den Baukosten bezahlten sie 56 839 DM über Kreditkonten der KG bei der Kreissparkasse; in den Büchern der KG wurde der Betrag dem Privatkonto der Eheleute belastet.
Die Erhöhung des Schuldstandes der KG bei der Kreissparkasse vom 30. Juni 1960 (Bilanzstichtag der KG) zum 30. Juni 1961 um etwa 46 800 DM führte das Finanzamt (FA) auf die Zahlungen für den Wohnungsbau zurück. Die Privatentnahmen, die in den Wirtschaftsjahren 1958/1959 und 1959/1960 = 21 400 DM und 18 000 DM betragen hatten, stiegen im Wirtschaftsjahr 1960/1961 auf über 71 000 DM. Aus diesen Zahlen, so meinte das FA, ergebe sich, daß im Wirtschaftsjahr 1960/1961 die Schulden bei der Kreissparkasse mindestens in Höhe von 40 000 DM mit dem Hausbau zusammenhingen. Die darauf entfallenden Kreditzinsen von 8 v. H. = 3 200 DM rechnete das FA dem Geschäftsergebnis der KG hinzu.
Mit der Berufung machte die KG geltend, die Mehrentnahmen im Wirtschaftsjahr 1960/1961 seien mit Zustimmung ihrer Gesellschafter geschehen. Zudem bestehe kein Zusammenhang zwischen dem Hausbau und der Erhöhung der Kreditschulden bei der Kreissparkasse. Schon seit den Jahren 1956/1957 seien auf dem Privatkonto Reserven für den Neubau angesammelt worden. Man dürfe nicht nur den Schuldenstand bei der Kreissparkasse zugrunde legen, sondern müßte in die Beurteilung alle verzinslichen Verbindlichkeiten einbeziehen. Diese hätten sich vom 1. Juli 1957 zum 1. Juli 1961 um über 21 000 DM gesenkt. Die KG verwies ferner auf die Entwicklung ihrer Gesamtverbindlichkeiten und ihrer Investitionen in den folgenden Wirtschaftsjahren.
Das FG wies die Berufung zurück und führte aus, Kredite zur Finanzierung eines privaten Wohnhauses seien Privatschulden und damit notwendiges Privatvermögen. Die darauf entfallenden Zinsen seien Werbungskosten bei den hier nach der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom 26. Januar 1937 (Einfamilienhaus-VO) zu ermittelnden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision hat keinen Erfolg.
Entscheidend ist, ob dadurch, daß ein Teil der Kosten für den Bau des Einfamilienhauses zu Lasten der Kreditkonten der KG bezahlt wurde, Geschäftsschulden der KG oder Privatschulden der Gesellschafter entstanden sind. Die an die Sparkasse zu vergütenden Zinsen sind keine Betriebsausgaben, soweit sie auf Privatschulden der Gesellschafter entfallen. Es braucht in diesem Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG (§ 215 AO) nicht untersucht zu werden, ob diese Zinsen als Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesetzt werden können; denn über diese Frage ist bei der Einkommensteuerveranlagung der Gesellschafter zu entscheiden. Jedenfalls dürfen die Zinsen, soweit sie auf Privatverbindlichkeiten der Gesellschafter entfallen, die Gewinne der KG bzw. die Gewinnanteile ihrer Gesellschafter (§ 15 Nr. 2 EStG) nicht schmälern.
Schulden gehören zum Betriebsvermögen, wenn sie mit dem Betrieb in Zusammenhang stehen. Ein Darlehen, das zur Tilgung betrieblicher Steuerschulden aufgenommen wird, ist eine Betriebsschuld; ebenso sind mit einem Betriebsgrundstück wirtschaftlich zusammenhängende Schulden, die beim Erwerb des Grundstücks übernommen oder mit deren Gegenwert Aufwendungen in das Grundstück bezahlt werden, notwendig passives Betriebsvermögen. Siehe die Entscheidungen des BFH III 8/55 U vom 11. Februar 1955 (BFH 60, 311, BStBl III 1955, 119); III 328, 330/56 U vom 22. November 1957 (BFH 66, 616, BStBl III 1958, 237); VI 217/64 U vom 7. Mai 1965 (BFH 82, 548, BStBl III 1965, 445).
Die Frage, ob eine Schuld zum Betriebsvermögen gehört, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Der Ansatz von Verbindlichkeiten ist insoweit der Verfügung des Unternehmers entzogen, als die Verbindlichkeiten nicht allein durch einen Willensakt des Unternehmers die Eigenschaft als Betriebs- oder Privatschuld wechseln können (Entscheidung des Senats VI 12/65 vom 22. Juli 1966, BFH 86, 482, BStBl III 1966, 542). Gewillkürtes Betriebsvermögen gibt es bei Schulden nicht, und zwar in gleicher Weise nicht bei Einzelunternehmern (§ 15 Nr. 1 EStG) wie bei Mitunternehmern (§ 15 Nr. 2 EStG).
Die Gesellschafter der KG haben hier das Grundstück privat gekauft; das darauf erbaute Einfamilienhaus bewohnen sie selbst. Der Boden und das Gebäude haben nie zum Betriebsvermögen der KG gehört oder ihren Zwecken gedient. Die über die Kreditkonten der KG bei der Kreissparkasse aufgenommenen Gelder waren, soweit sie für den Hausbau aufgenommen wurden, keine Betriebsschulden, sondern waren von vornherein notwendige Privatschulden der Gesellschafter. Der buchmäßige Ausweis der 56 839 DM als Betriebsschuld war unrichtig; ebenso daß die zum Hausbau verwandten Mittel als "Entnahmen" aus dem Betriebsvermögen dargestellt wurden. Die Beträge durften vielmehr das Betriebsvermögen der KG gar nicht berühren. In der Entscheidung VI 51/63 vom 24. Juli 1964 (HFR 1965, 12) hat der Senat ausgeführt, ein Darlehen zur Anschaffung eines betrieblichen Gegenstandes sei eine Betriebsschuld; eine solche Darlehnsschuld könne nicht als Privatschuld und die Darlehnsvaluta als "Einlage" in den Betrieb behandelt werden. Dieser Grundsatz gilt auch für den umgekehrten Fall: Eine Kreditaufnahme für den Bau eines Wohnhauses begründet notwendig eine Privatschuld des Unternehmers. Es ist nicht möglich, den Kredit als Betriebsschuld und die Valuta als "Entnahme" aus dem Betrieb zu behandeln.
Die Feststellung, ob zwischen der Aufnahme eines betrieblichen Bankkredits und der Verwendung der dadurch gewonnenen flüssigen Mittel für private Zwecke des Unternehmers ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wird oft nicht ohne Schwierigkeiten möglich sein. Es geht hier indessen um eine tatsächliche Feststellung, die das FG zu treffen hat und an die der BFH gebunden ist, wenn sie ohne Verfahrensverstöße zustande gekommen und mit den Gesetzen der Logik nicht unvereinbar ist. Im Streitfall konnte das FG aus dem engen zeitlichen Zusammenhang von Kredit und Bau sowie der Tatsache, daß auch der Höhe nach die Baukosten und die Krediterhöhung offenbar zusammenhängen, ohne Rechtsverstoß zu seiner Feststellung kommen, zumal nur die beiden Eheleute Gesellschafter der KG waren und damit gegensätzliche Interessen, die bei Fremdgesellschaften oft die Vermischung von Betriebsgeschäften und Privatgeschäften hindern, hier insoweit nicht bestanden.
Ohne Bedeutung ist, daß die Gesellschafter der KG die Inanspruchnahme des Betriebskredits für Privatzwecke sich gegenseitig genehmigt haben. Entscheidend bleibt, daß objektiv die Kosten des Hausbaues über Geschäftskonten der KG gezahlt worden sind und daß die damit verbundene Schuldenerhöhung den privaten Zwecken der Gesellschafter gedient hat.
Fundstellen
Haufe-Index 412854 |
BStBl II 1968, 177 |
BFHE 1968, 37 |