Leitsatz (amtlich)
1. Die Erhebung der Schaumweinsteuer verstößt nicht gegen Art. 2, 3 oder 14 GG.
2. Art. 78 GG ist bei Erlaß des Haushaltssicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1965 nicht verletzt worden.
Normenkette
GG Art. 2-3, 14, 78; HSG Art. 20 § 1; SchaumwStG §§ 1-2; SchaumwStDB § 1
Nachgehend
Tatbestand
Am 19. Oktober 1967 beantragte die Klägerin beim Zollamt (ZA) X die Abfertigung französischen Schaumweins zum freien Verkehr. Neben Zoll und Ausgleichsteuer erhob das ZA Schaumweinsteuer. Der Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, daß die Erhebung der Schaumweinsteuer gegen die Art. 2, 3 und 14 des Grundgesetzes (GG) verstoße, hatte keinen Erfolg.
Auch die Klage, mit der ferner gerügt wurde, daß das Gesetz zur Sicherung des Haushaltsausgleichs vom 20. Dezember 1965 (BGBl I, 2065, Bundeszollblatt 1965 S. 1146 – BZBl 1965, 1146 –) – HSG – keinen Hinweis auf die Zustimmung des Bundesrats gemäß Art. 78 GG enthalte, blieb erfolglos.
Mit der Revision wird beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und den Steuerbescheid vom 20. Oktober 1967 aufzuheben, soweit Schaumweinsteuer angefordert wurde, vorsorglich, das Verfahren auszusetzen und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Frage der Rechtswirksamkeit des Schaumweinsteuergesetzes (SchaumwStG) anzurufen.
Es wird erneut vorgetragen, daß das SchaumwStG gegen Art. 3 GG verstoße. Das Revisionsgericht werde weiter zu prüfen haben, ob nicht auch Verstöße gegen die Art. 2 und 14 GG gegeben seien. Außerdem bestünden Bedenken gegen die formelle Rechtswirksamkeit des HSG im Hinblick auf Art. 78 GG.
In der Vorentscheidung werde verkannt, daß der Schaumwein zu einem Volksgetränk geworden sei und damit die der ursprünglichen Sonderbesteuerung zugrunde liegende wirtschaftliche Betrachtung durch den Gesetzgeber seine Bedeutung verloren haben müsse. Gleichwohl vertrete das Finanzgericht (FG) die Auffassung, daß zwischen den Endprodukten Wein und Traubenschaumwein ein wesentlicher Unterschied in der Verkehrsauffassung bestünde. Diese Auffassung verstoße aber gegen Erfahrungsgrundsätze des Lebens. Die Grenzen gesetzgeberischen Ermessens seien bei der unterschiedlichen Behandlung von Sekt und Wein überschritten, weil für die getroffene Regelung jeder sachlich einleuchtende Grund fehle. Der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Sekt und Wein entspräche es, wenn der Gesetzgeber Superkraftstoff und Normalkraftstoff mit unterschiedlichen Verbrauchsteuern belegen würde. Wenn ein für den gleichen Verbraucherkreis gedachtes Produkt, das zu den gleichen Zwecken Verwendung finde, aus dem gleichen Rohstoff hergestellt werde und der gleichen oder jedenfalls einer außergewöhnlich ähnlichen Bearbeitung unterliege, steuerlich so verschieden behandelt würde wie im Streitfall, sei Art. 3 GG verletzt. Der Unterschied zwischen Wein und Schaumwein bestehe lediglich darin, daß letzterer Kohlensäure enthalte. Im übrigen enthalte auch Perlwein Kohlensäure. Die in der Vorentscheidung vertretene Auffassung, die gleichmäßige Besteuerung aller Sektqualitäten sei richtig und verfassungsgemäß geboten, sei unzutreffend. Eine unterschiedliche Preisgestaltung und eine unterschiedliche Qualität des Sektes habe zur Folge, daß bei gleicher Höhe der Verbrauchsteuern eine ausgesprochene Benachteiligung des in der Qualität niedrigeren, im Preise günstigeren Anbieters eintrete. Die Qualitäts- und Preisunterschiede seien durchaus meßbar und infolgedessen eine sachgerechte Anpassung notwendig.
Das SchaumwStG verletze auch Art. 2 Abs. 1 GG. Auch wenn eine begriffliche Festlegung der Verbrauchsteuern weder in der Gesetzgebung noch in der Rechtsprechung begründet worden sei, habe der Gesetzgeber nicht die Freiheit, Verbrauchsteuern geradezu beliebig zu ermöglichen und jedwede Wettbewerbsneutralität zu verletzten. Gerade nachdem Winzergenossenschaften und Großweinbauer zu gleichen industriellen Bearbeitungsmethoden des Weines gegriffen hätten wie die Schaumweinhersteller, bedeute es eine volle Verzerrung des Wettbewerbsbildes, wenn der gleiche Verbraucherkreis – Schaumwein sei ein Volksgetränk – beim Kauf des einen gegenüber dem anderen Produkt völlig unterschiedliche Steuerleistungen auf sich nehmen müsse. Im Endergebnis wirke sich das auch auf den Schaumweinhersteller aus. Bei einer Steuerbelastung des Schaumweins von etwa 50 % bei den unteren Preisklassen trete ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber den Weinherstellern ein, der eine echte freie Entfaltung nicht mehr erlaube.
Art. 14 GG sei durch übermäßige Belastung der Schaumweinhersteller verletzt, wie bereits in erster Instanz vorgetragen worden sei.
Die vorstehenden Gesichtspunkte träfen nicht nur auf den im Inland hergestellten, sondern auch auf den importierten Schaumwein zu, da es sich hier um Fragen des Vertriebs von Schaumwein handle. Im übrigen werde die Schaumweinherstellung in anderen europäischen Ländern, insbesondere in Frankreich, nicht anders vorgenommen als in der Bundesrepublik Deutschland, so daß sachliche Unterschiede nicht erkennbar seien.
Die Klägerin halte weiter ihre Ansicht aufrecht, daß das HSG der Zustimmung des Bundesrats bedurft hätte, wie dies im erstinstanzlichen Verfahren näher begründet worden sei.
Das Hauptzollamt (HZA) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es trägt vor, die von der Klägerin vertretene Ansicht, Wein und Schaumwein seien nach der Verkehrsauffassung gleichartige Getränke, werde durch das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) 2 StR 207/52 vom 13. Februar 1953 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1953 S. 312 – ZfZ 1953, 312 –) klar widerlegt. Der Begriff des Schaumweins sei so zu bestimmen, wie er herkömmlicherweise im Verkehr verstanden werde. Schaumwein sei danach kein Wein im Sinne des Weingesetzes (WeinG), sondern ein Erzeugnis der Weiterverarbeitung des Weines. Das Ziel dieser Weiterverarbeitung sei, dem Ursprungserzeugnis Wein ein Mehr an Kohlensäure zu verschaffen und darin festzuhalten. Nicht nur der im Flaschengärungs- oder Champagnerverfahren sowie im Faß- oder Tankgährungsverfahren, sondern auch der im Imprägnierungsverfahren hergestellte Sekt sei von jeher als Schaumwein im Sinne der Schaumweinsteuerbestimmungen und auch im Verkehr als solcher angesehen worden. Für den Begriff des Schaumweins im Sinne der Steuerbestimmungen sei entscheidend, ob Wein einem der drei üblichen Behandlungsverfahren unterzogen worden sei. Auch die WeinG vom 16. Juli 1069 und vom 14. Juli 1971 unterschieden deutlich zwischen Wein und Schaumwein.
Entscheidungsgründe
Die Revision kann keinen Erfolg haben.
Nach § 1 Abs. 1 SchaumwStG in der hier maßgebenden Fassung vom 26. Oktober 1958 (BGBl I, 764, BZBl 1958, 678) unterliegen Schaumwein und schaumweinähnliche Getränke der Schaumweinsteuer. Die Schaumweinsteuer beträgt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SchaumwStG seit dem Inkrafttreten des Art. 20 des HSG (1. Januar 1966) 1,50 DM für die ganze Flasche (0,751), im Streitfall 1,56 DM je Flasche, da die Flaschen 0,78 l Inhalt hatten (Abs. 2, a.a.O.). Wird Schaumwein in das Erhebungsgebiet eingeführt, so gelten u. a. für die Entstehung der Steuerschuld und den Zeitpunkt, der für ihre Bemessung maßgebend ist, für die Person des Steuerschuldners und die Fälligkeit die Vorschriften des ZG vom 14. Juni 1961 sinngemäß (§ 7 Abs. 1 SchaumwStG in der Fassung des Zweiten Verbrauchsteueränderungsgesetzes vom 16. August 1961 – BGBl I, 1323, BZBL 1961, 738 – Art. 1, Sechster Abschnitt).
Die Klägerin ist der Auffassung, daß das HSG der Zustimmung des Bundesrats bedurft hätte und deshalb nicht wirksam geworden sei (Art. 78 GG). Da durch das HSG auch zustimmungsbedürftige Gesetze geändert worden seien, seien auch die zustimmungsfreien – das SchaumwStG sei zustimmungsfrei – von der Zustimmungsbedürftigkeit erfaßt worden. Im HSG ist nur gesagt, daß die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrats gewahrt sind. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, daß der Bundesrat seine Zustimmung für erforderlich hielt, der Bundestag aber gegenteiliger Auffassung war. Wie die Klägerin selbst unter Hinweis auf den Bundesratsbericht über die 290. Sitzung vom 17. Dezember 1965 (264 D, 265 A) vorgetragen hat, hat der Bundesrat dem HSG gemäß Art. 84 Abs. 1, 87 Abs. 3 Satz 2 und Art. 105 Abs. 3 GG mit Mehrheit zugestimmt. Der erkennende Senat vermag demnach keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 78 GG zu erkennen, soweit durch Art. 20 § 1 des HSG die Schaumweinsteuersätze in § 2 SchaumwStG erhöht wurden. Er sieht sich in seiner Auffassung dadurch bestärkt, daß das BVerfG Art. 20 § 2 Abs. 1, 3 und 6 des HSG (Schaumweinnachsteuer) für mit dem GG vereinbar erklärt hat (vgl. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 27 S. 375 – BVerfGE 27, 375 –).
Die Klägerin meint, daß durch die Erhebung der Schaumweinsteuer ihr Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Sinne des Art. 2 (1) GG verletzt werde. Diese Vorschrift gilt auch für Handelsgesellschaften, soweit ihre wirtschaftliche Handlungsfreiheit in Frage steht (vgl. Hamann-Lenz, Das Grundgesetz, Kommentar, 3. Aufl., Anm. B 1 zu Art. 2 und die dort zitierte Rechtsprechung des BVerfG). Dieser Schutz wird aber nur innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet (BVerfGE 4, 7 [15]; 6, 32 [37 ff.]; 8, 274 [328]). Die Auferlegung einer Steuer berührt zwar die wirtschaftliche Freiheit des einzelnen, sie greift aber nicht in den durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Bereich ein, wenn dem Betroffenen angemessener Spielraum verbleibt, sich als verantwortlicher Unternehmer wirtschaftlich frei zu entfalten (BVerfGE 4, 7 [16]; 12, 341 [347]). Durch die Schaumweinsteuer greift die öffentliche Gewalt zwar in die wirtschaftliche Freiheit der Klägerin ein, auch wenn sie die Steuer nicht selbst trägt, sondern auf die Abnehmer abwälzt, weil die Steuer den Schaumwein verteuert und ohne die steuerliche Belastung ein größerer Absatz erzielt werden könnte. Der Senat tritt jedoch der Auffassung der Vorinstanz bei, daß die Erhebung der Schaumweinsteuer trotz dieser Beeinträchtigung im Wettbewerb mit anderen Getränken, insbesondere dem Wein, keinen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG darstellt, weil der Klägerin gleichwohl ein angemessener Spielraum für eine freie wirtschaftliche Entfaltung verbleibt. Trotz der steuerlichen Belastung ist der Schaumwein, der früher als Luxusgetränk galt, heute weitgehend zu einem Volksgetränk geworden, was insbesondere mit der Steigerung des Lebensstandards und der Herstellung billigerer Schaumweinsorten zusammenhängt. Die Klägerin hat im finanzgerichtlichen Verfahren selbst auf die Umsatzsteigerung an Schaumwein in den letzten Jahrzehnten hingewiesen. Das widerspricht aber ihrem Vorbringen, daß sie durch die Schaumweinbesteuerung in ihrer freien wirtschaftlichen Entfaltung in verfassungsmäßig nicht vertretbarer Weise beeinträchtigt werde. Im übrigen besteht kein subjektives verfassungskräftiges Recht eines Geschäftsmannes auf die Erhaltung des Geschäftsumfanges und die Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten in der freien Wettbewerbswirtschaft (BVerfGE 24, 236 [251]).
Der Senat folgt der Vorinstanz auch darin, daß in der Erhebung der Schaumweinsteuer kein Verstoß gegen Art. 3 GG gesehen werden kann, d. h., daß der Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung nicht verletzt ist, wenn lediglich der Schaumwein, nicht aber der gewöhnliche Wein versteuert wird.
Der Gleichheitssatz wird durch eine Sonderregelung verletzt, wenn sich ein vernünftiger aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstiger einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden läßt, wenn also für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als Willkür bezeichnet werden muß (vgl. BVerfGE 18, 38 [46], wo das als ständige Rechtsprechung bezeichnet ist). Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß eine Ungleichbehandlung gleicher Tatbestände nicht ersichtlich ist, wenn Schaumwein mit einer Steuer belegt wird, nicht aber Wein. Zutreffend heißt es in der Vorentscheidung, daß bei Wein und Traubenschaumwein zwar die Ausgangsstoffe die gleichen sind, zwischen den Endprodukten jedoch ein wesentlicher Unterschied besteht und daß auch heute nach der Verkehrsauffassung Schaumwein als etwas anderes angesehen wird als Wein aus frischen Trauben. Daß Schaumwein ein von Wein verschiedenes Erzeugnis ist, ergibt sich schon daraus, daß er auch aus Wein hergestellt sein kann (vgl. § 1 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen zum Schaumweinsteuergesetz – SchaumwStDB – vom 6. November 1958 und § 1 Abs. 2 SchaumwStG in der ab 5. Juni 1971 geltenden Fassung). Hinzuweisen ist auch darauf, daß sowohl das WeinG vom 25. Juli 1930 (RGBl I, 356) als auch das WeinG vom 16. Juli 1969 (BGBl I, 781) zwischen Wein und Schaumwein (Sekt) deutlich unterscheiden (vgl. u. a. §§ 15, 16, 17 WeinG vom 25. Juli 1930 und §§ 28, 29 und 30 WeinG vom 16. Juli 1969), ebenso das nunmehr geltende WeinG vom 14. Juli 1971 (BGBl I 1971, 893) – vgl. § 1 Absätze 1 und 2, § 25, §26 und § 75 Abs. 6 sowie die Begriffsbestimmungen im Anhang II der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 – VO (EWG) 816/70 – vom 28. April 1970 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABlEG – Nr. L 99 S. 1) und in Art. 2 der VO (EWG) 948/70 vom 26. Mai 1970 (ABlEG Nr. L 114 S. 6). Zutreffend verweist das HZA auch auf das Urteil des BGH vom 13. Februar 1953 (ZfZ 1953, 312), wo gesagt ist, daß Schaumwein kein Wein im Sinne des WeinG, sondern ein Erzeugnis der Weiterverarbeitung des Weines ist.
Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, daß auch bei Perlwein mit Kohlensäure gearbeitet werde und daß der Kohlensäuredruck von Perlwein an den vom Schaumwein heranreiche. Denn Perlwein war in dem hier maßgebenden Zeitpunkt, in welchem das WeinG 1930 Gültigkeit hatte, nach der Verkehrsauffassung als Wein im Sinne dieses WeinG zu beurteilen (vgl. Hieronimi, Kommentar zum Weingesetz, 2. Aufl., Anm. 3 b zu § 17). Im WeinG 1969 wird Perlwein in § 8 Abs. 1 Nr. 5 ausdrücklich als Wein im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet (vgl. auch Koch, Kommentar zum Weingesetz, Anm. 7 zu § 8). Das WeinG 1971 verweist für den Begriff „Perlwein” auf die Begriffsbestimmungen des vorerwähnten Anhangs II der VO (EWG) 816/70 und der VO (EWG) 948/70. Dort wird der Perlwein als Tafelwein bzw. Wein bezeichnet.
Im übrigen hat nach der Rechtsprechung des BVerfG der Gesetzgeber hinsichtlich der Erschließung von Steuerquellen eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Er kann sich in der Ausübung seines Steuererfindungsrechts z. B. von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen leiten lassen. Von besonderer Bedeutung ist demnach auch die Größe des Finanzbedarfs. Entschließt sich der Gesetzgeber, eine bestimmte Steuerquelle zu erschließen, andere Steuerquellen aber nicht auszuschöpfen, so ist der allgemeine Gleichheitssatz schon dann nicht verletzt, wenn einer der vorgenannten Gründe die verschiedene Behandlung hinreichend motiviert (vgl. BVerfGE 13, 181 [202]). Schon aus dem Namen des HSG ergibt sich, daß es finanzpolitische Erwägungen waren, die Schaumweinsteuer nicht nur beizubehalten, sondern sogar zu erhöhen. Nach der vorbezeichneten Entscheidung konnte also der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen das GG den Schaumwein mit einer Steuer belegen, von einer Steuer auf Wein jedoch absehen. Wenn, wie die Klägerin meint, die historischen Grundlagen, die seinerzeit die Erhebung der Sektsteuer ausgelöst haben, heute gegenstandslos sind, kann sie damit aus den gleichen Gründen nicht durchdringen. Das Weinsteuergesetz vom 26. Juli 1918 (RGBl 831) wurde mit Wirkung vom 1. April 1926 durch das Gesetz über Steuermilderungen zur Erleichterung der Wirtschaftslage vom 31. März 1926 (RGBl I, 185) außer Kraft gesetzt. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, daß dies geschehen ist, um die Notlage der werktätigen Winzer in den Weinanbaugebieten zu lindern. Wenn der Gesetzgeber die Weinsteuer – sollte die Notlage heute nicht mehr bestehen – nicht wieder eingeführt hat, können aus den vorstehenden Gründen verfassungsrechtliche Bedenken wegen Art. 3 GG dagegen nicht erhoben werden. Gegen die Wiedereinführung der Weinsteuer könnten auch Gründe der Praktikabilität, nämlich Schwierigkeiten bei der Erhebung und steuerlichen Überwachung im Hinblick auf die Vielzahl der Winzer und Betriebe maßgebend gewesen sein.
Der Senat tritt der Ansicht des FG bei, daß keine Verletzung des Gleichheitssatzes darin gesehen werden kann, daß das SchaumwStG keine Staffelung der Steuer nach der Qualität des Schaumweines vorsieht, wie das z. B. im Biersteuergesetz oder Tabaksteuergesetz der Fall ist. Die Entscheidung über die Notwendigkeit einer Staffelung der Steuer ist Sache des Gesetzgebers. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß er willkürlich verfahren wäre, weil er die Steuer für Schaumwein nicht gestaffelt hat.
In dieser Hinsicht ist es von Bedeutung, daß die im Jahre 1909 eingeführte Staffelsteuer zur Folge hatte, daß fast nur noch billiger Schaumwein vom Verbraucher verlangt wurde und die Erzeugung von Qualitätsschaumwein stark zurückging, weshalb man bei der Schaffung eines neuen SchaumwStG im Jahre 1918 die Staffelsteuer wieder fallen ließ (vgl. Buchmann, Das Schaumweinsteuergesetz, S. 16). Angesichts dieser Erfahrung erscheint es, wenn man auch bei späteren Gesetzen von einer Staffelung der Schaumweinsteuer absah, nicht als Willkür.
Zutreffend führt das FG auch aus, daß das SchaumwStG auch nicht gegen Art. 14 GG verstößt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG läßt die Auferlegung von Geldleistungspflichten die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG grundsätzlich unberührt. Von einer Verletzung des Art. 14 GG könnte nur die Rede sein, wenn eine übermäßige Belastung durch eine Steuer vorläge und außerdem eine grundlegende Beeinträchtigung des Vermögens gegeben wäre (BVerfGE 14, 221 [241] 19, 253 [267, 268]). Die Klägerin hält es selbst für fraglich, ob man bei der Schaumweinsteuer von einer Erdrosselungssteuer sprechen kann. Sie hat selbst ausgeführt, daß trotz der Erhebung der Schaumweinsteuer sich der Schaumweinumsatz in der Bundesrepublik Deutschland ständig erhöht hat. Wettbewerbsnachteile, die den Schaumweinherstellern und -händlern durch den nichtbesteuerten Wein erwachsen, werden durch Art. 14 GG nicht geschützt. Wenn diese Personen in der Nutzung weiterer Erwerbschancen durch den Vertrieb von Wein gehindert werden, liegt darin keine Entziehung verfassungsrechtlich geschützten Eigentums (vgl. BVerfGE 11, 182 [203]; 17, 232 [248], und die oben erwähnte Entscheidung in BVerfGE 24, 251).
Fundstellen
Haufe-Index 514721 |
BFHE 1972, 554 |