Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht, Abgabenordnung Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der I. Senat schließt sich der Entscheidung des III. Senats III 279/58 S vom 10. November 1961 (BStBl 1962 III S. 145) zur Rechtsmittelbefugnis der Gemeinden gegen Grundsteuermeßbescheide auf Grund des Art. 19 Abs. 4 GG für die Gewerbesteuer an.
Hat das Finanzamt den Gewerbesteuermeßbetrag aus Billigkeitsgründen nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AO ohne Zustimmung der Gemeinde niedriger festgesetzt, so ist es auf Verlangen der Gemeinde unabhängig von der Rechtskraft des Bescheides verpflichtet, diesen Bescheid durch einen neuen, die Billigkeitsmaßnahmen nicht berücksichtigenden Bescheid zu ersetzen.
Die Gemeinde kann ihren der Verpflichtung des Finanzamts (Ziff. 2) entsprechenden Anspruch nicht in einem Verfahren vor den Finanzgerichten durchsetzen.
AO § 36 Abs. 2, § 100 Abs. 3, § 131 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 212 a, § 212 b; StAnpG § 4 Abs. 2; GG
Normenkette
AO § 36 Abs. 2, § 100 Abs. 3, § 131 Abs. 1 S. 1, §§ 212a, 212b; StAnpG § 4 Abs. 2; GG Art. 19 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob der beschwerdeführenden Stadtgemeinde (Bfin.) gegen die nach § 94 Abs. 1 Ziff. 2 AO geänderten Gewerbesteuermeßbescheide für 1954 ein Rechtsmittel nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) zusteht und ob dieses Rechtsmittel, wenn es zulässig ist, zur Aufhebung dieser Bescheide führt.
Bei den vorläufigen und rechtskräftig gewordenen Meßbetragsfestsetzungen 1951 bis 1955 der im Bezirk der Bfin. betriebenen Kommanditgesellschaft und GmbH (die Steuerpflichtigen) nahmen weder die Steuerpflichtigen noch das Finanzamt ein Organverhältnis zwischen diesen beiden Gesellschaften (Betriebsspaltung) an. Erst bei einer im Jahre 1957 durchgeführten Betriebsprüfung wurde die Frage der Organschaft im Rahmen der Betriebsspaltung aufgeworfen, die für die Höhe der Gewerbesteuer wegen Dauerschulden und Dauerschuldzinsen von erheblicher Bedeutung war. Im Laufe der Betriebsprüfung erklärte das Finanzamt, daß es ein Organverhältnis, das mangels einer Ergebnisabführungsvereinbarung nur für die Gewerbesteuer Bedeutung hatte, bei den Berichtigungsfestsetzungen anerkennen werde, und bestätigte diese Erklärung in der Schlußbesprechung über die Betriebsprüfung vom 4. April 1957 (im folgenden Erklärung vom 4. April 1957). Bevor die dieser Erklärung entsprechenden Gewerbesteuermeßbescheide ergingen, wurde das Urteil des Bundesfinanzhofs I 119/56 U vom 25. Juni 1957 (BStBl 1957 III S. 303, Slg. Bd. 65 S. 181) bekannt, nach dem das Organverhältnis nicht hätte anerkannt werden dürfen. Die Bfin. erfuhr die Anerkennung des Organverhältnisses in der Erklärung vom 4. April 1957 erst durch einen Stundungsantrag der Steuerpflichtigen für fällig werdende Gewerbesteuervorauszahlungen und schaltete sich nunmehr in die durch das Urteil des Bundesfinanzhofs I 119/56 U ausgelösten Erörterungen darüber ein, ob das Finanzamt an der Erklärung vom 4. April 1957 festhalten müsse oder trotz der Erklärung das Organverhältnis abzulehnen sei. Auf den Bericht des Finanzamts entschied die Oberfinanzdirektion am 19. Februar 1958, daß eine Bindung des Finanzamts nicht anerkannt werde und daß sich die Steuerpflichtigen auf die von den obersten Finanzbehörden der Länder im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen am 12./13. Februar 1958 beschlossene übergangsregelung, nach der das Urteil des Bundesfinanzhofs I 119/56 U für vor dem 1. Januar 1959 endende Wirtschaftsjahre noch nicht angewendet werden solle, soweit ein Organverhältnis bisher anerkannt worden sei, nicht berufen könnten, weil bei den früheren Veranlagungen Organschaft weder behauptet noch der Besteuerung zugrunde gelegt worden sei. Darauf führte das Finanzamt die endgültigen Meßbetragsfestsetzungen 1954 am 28. Februar 1958 (Datum der den Steuerpflichtigen zugegangenen Meßbescheide 3. März 1958) in der Weise durch, daß es das Organverhältnis nicht anerkannte. Es entsprach damit auch dem Verlangen der Bfin. in der Eingabe vom 23. Oktober 1957.
In die Verhandlungen, die durch die von den Steuerpflichtigen gegen die Gewerbesteuermeßbescheide 1954 mit Zustimmung des Vorstehers des Finanzamts eingelegten Sprungberufungen ausgelöst wurden, schaltete sich schließlich der am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligte Finanzminister des Landes ein, dem die Bfin. ihre Auffassung im Schreiben vom 9. Mai 1958 eingehend darlegte. In diesem Schreiben vertrat sie die Ansicht, daß ein Organverhältnis nicht vorliege und daß die Finanzverwaltung an die Erklärung vom 4. April 1957 nicht gebunden sei.
Der Finanzminister wies das Finanzamt an, die von den Steuerpflichtigen angefochtenen Bescheide zu ändern (ß 94 Abs. 1 Ziff. 2 AO) und dabei das Organverhältnis anzuerkennen. Er begründete seine Anweisung in seinem an die Bfin. gerichteten Schreiben vom 24. Juli 1958 im wesentlichen wie folgt: Zur Zeit der Schlußbesprechung habe das Finanzamt auf Grund des Urteils des Reichsfinanzhofs I 290/40 vom 1. April 1941 (RStBl 1942 S. 947) und des Urteils des Bundesfinanzhofs V 104/54 S vom 26. Mai 1955 (BStBl 1955 III S. 234, Slg. Bd. 61 S. 95) ein Organverhältnis zwischen den Steuerpflichtigen anerkennen dürfen. Das Urteil des Bundesfinanzhofs I 119/56 U habe das Finanzamt jedenfalls dann nicht mehr zu einer änderung der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts veranlassen können, wenn die unter Anerkennung der Organschaft berichtigten Gewerbesteuermeßbescheide vor dem Bekanntwerden dieses Urteils ergangen wären. Die Steuerpflichtigen müßten nach Treu und Glauben so gestellt werden, als ob ihnen die berichtigten Bescheide bald nach der Schlußbesprechung zugestellt worden wären. Das spätere Abgehen des Finanzamts von der den Steuerpflichtigen gegenüber noch bei der übersendung des Betriebsprüfungsberichtes am 27. August 1957 vertretenen, ohne jeden Vorbehalt mitgeteilten Rechtsauffassung stelle bei dieser Sachlage einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 541/55 U vom 22. August 1957, BStBl 1957 III S. 366, Slg. Bd. 65 S. 354). Die Steuerpflichtigen könnten sich auch auf die von den obersten Finanzbehörden der Länder beschlossene übergangsregelung vom 12./13. Februar 1958 berufen, nach der in Fällen, in denen ein Organverhältnis bei einer Betriebsprüfung bisher anerkannt worden sei, das Urteil des Bundesfinanzhofs I 119/56 U noch nicht anzuwenden sei. Daß die früheren Veranlagungen bereits auf einer Anerkennung des Organverhältnisses beruht hätten, sei für die Anwendung der übergangsregelung nicht erforderlich. Im übrigen müßten auch die von den Steuerpflichtigen mit der Anerkennung der Organschaft erstrebten Steuervorteile als wirtschaftlich berechtigt anerkannt werden.
Der Anweisung des Finanzministers entsprechend änderte das Finanzamt mit Zustimmung der Steuerpflichtigen die Gewerbesteuermeßbescheide 1954 am 7. Oktober 1958 in der Weise, daß es nunmehr das Organverhältnis anerkannte. Die Bfin. legte gegen die geänderten Gewerbesteuermeßbescheide 1954, besonders gegen den auf 0 DM geänderten Bescheid der GmbH, Einsprüche ein und verlangte, daß das Organverhältnis nicht anerkannt werde und die geänderten Bescheide insoweit aufgehoben würden. Diese Einsprüche wurden als unzulässig verworfen, weil der Bfin. kein Rechtsmittel zustehe. Die Berufungen der Bfin. wurden nach Beteiligung der Steuerpflichtigen am Verfahren aus dem gleichen Grunde zurückgewiesen.
Die Bfin. legte Rb. ein. Am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligten sich außer den Steuerpflichtigen auch der Bundesminister der Finanzen und der Finanzminister des Landes. Der Bundesminister der Finanzen vertrat unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Prof. Dr. Klein die Auffassung der Vorinstanzen, daß die Bfin. ihre Klagebefugnis nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG herleiten könne. Er machte die gleichen Ausführungen, wie sie im Urteil des Bundesfinanzhofs III 279/58 S vom 10. November 1961 (BStBl 1962 III S. 145) dargestellt sind. Der Finanzminister des Landes schloß sich im wesentlichen der Auffassung des Bundesministers der Finanzen an und erläuterte ergänzend seine Anweisung an das Finanzamt in der mündlichen Verhandlung dahin, daß sich zwar die Verbindlichkeit der Erklärung vom 4. April 1957 nicht aus der bis zu seiner Anweisung vorliegenden Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs habe herleiten lassen, daß er aber bei der in Fluß befindlichen Rechtsprechung zur Verbindlichkeit von Zusagen des Finanzamts damit habe rechnen müssen, daß die Finanzgerichte die Verbindlichkeit der Erklärung vom 4. April 1957 annehmen würden; das entscheidende Gewicht habe er aber auf die übergangsregelung der Länder gelegt. Die Bfin. bezog sich auf ein Gutachten des Prof. Dr. Spitaler, dessen wesentliche Gedankengänge ebenfalls im Urteil des Bundesfinanzhofs III 279/58 S wiedergegeben sind. Die Bfin. ist der Auffassung, daß die im Schreiben vom 24. Juli 1958 begründete Anweisung des Finanzministers einen Willkürakt im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs III 279/58 S darstelle. Das Organverhältnis hätte schon nach der vor dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 119/56 U vorliegenden Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs nicht anerkannt werden dürfen. Das Finanzamt sei auch nach Treu und Glauben an seine Erklärungen schon deshalb nicht gebunden, weil die Steuerpflichtigen die Erklärung nicht zur Grundlage geschäftlicher Maßnahmen gemacht haben könnten. Die übergangsregelung sei nicht anwendbar, weil die früheren rechtskräftigen, vorläufigen Meßbetragsfestsetzungen ohne Berücksichtigung eines Organverhältnisses durchgeführt worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Bfin. ist nicht begründet.
Der III. Senat des Bundesfinanzhofs vertrat in der Grundsatzentscheidung III 279/58 S für die vom Finanzamt erlassenen Grundsteuermeßbescheide die Auffassung, daß die Gemeinde, wenn dem Finanzamt die Verwaltung der Grundsteuer bis zur Festsetzung des Meßbetrags übertragen worden sei, dem Finanzamt im Regelfall nicht als gewaltunterworfen gegenüberstehe und deshalb auch nach Art. 19 Abs. 4 GG kein Rechtsmittel gegen den Grundsteuermeßbescheid des Finanzamts einlegen könne. Die Begründung des Urteils trifft auch für die Gewerbesteuer zu, wenn, wie es hier der Fall ist, die Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags dem Finanzamt und die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer der Gemeinde obliegen. Nach ihm hängt die Zulässigkeit des Rechtsweges für die von der Bfin. erhobene Klage davon ab, ob ausnahmsweise eine die Klage nach Art. 19 Abs. 4 GG begründende Gewaltunterworfenheit der Bfin. deshalb angenommen werden kann, weil die angefochtenen änderungsbescheide ohne eine irgendwie vertretbare gesetzliche Grundlage ergingen und deshalb als ein außerhalb der Rechtsordnung stehender Willkürakt angesehen werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß nach den Grundsätzen des bezeichneten Urteils der Gemeinde ein Rechtsmittel in aller Regel nur bei einer ins Gewicht fallenden Interessenkollision zusteht. (Siehe S. 5 des Urteils.) Die Entscheidung des III. Senates läßt es zweifelhaft erscheinen, ob sie auch bei Willkür außerhalb der Interessenkollision ein Rechtsmittel der Gemeinde geben will. Die Frage kann aber dahingestellt bleiben, weil davon ausgegangen werden kann, daß Willkürakte der Finanzbehörden so selten sind, daß sie außerhalb einer Interessenkollision kaum vorkommen. Zum Nachweis einer Interessenkollision genügt es nicht, daß die Abzugsfähigkeit der verminderten Gewerbesteuer notwendig zu einer Erhöhung der zum größten Teil dem Land zufließenden Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer führt. Die Rb. der Bfin. kann also schon deshalb keinen Erfolg haben, weil keine Interessenkollision gegeben war und weil, selbst wenn man auch außerhalb einer Interessenkollision im Fall der Willkür eine Gewaltunterworfenheit der Gemeinde im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG für möglich halten wollte, ein solcher Willkürakt der Verwaltung hier nicht vorlag. Bevor der Senat das Schreiben des Finanzministers vom 24. Juli 1958 an die Bfin. in der Richtung prüft, ob die darin begründete Anweisung an das Finanzamt auf Rechts- oder Billigkeitsgründen beruhte und ob die von dem Finanzminister gegebene Begründung so außerhalb der Rechtsordnung stand, daß sie als Willkürakt zu bezeichnen ist, müssen der streitige Inhalt und die streitige Bedeutung des Mitwirkungsrechts der Gemeinde bei Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge und die Zuständigkeit des Finanzministers, in dieses Verfahren einzugreifen, erörtert werden.
Die Festsetzung der Steuermeßbeträge bei der Gewerbesteuer und die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens obliegen dem Finanzamt und der Oberfinanzdirektion (ß 18 Ziff. 1, § 212 a, § 212 b AO). Aus § 19 Abs. 1 AO kann nicht der Schluß gezogen werden, daß insoweit die oberste Sachleitung nicht der obersten Landesbehörde zustehe. Denn aus § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Finanzverwaltung vom 6. September 1950 (BGBl 1950 S. 448) ergibt sich, daß die oberste Leitung der Landesfinanzbehörden, soweit sie nicht für den Bund tätig sind, ohne jede Einschränkung bei der obersten Landesbehörde liegt. Man kann deshalb dem Landesfinanzminister das Recht nicht absprechen, im Rahmen eines gegen einen Gewerbesteuermeßbescheid schwebenden Rechtsmittelverfahrens die streitige Rechtslage, sei es auf den Bericht des Finanzamts oder auf Vorstellung des Steuerpflichtigen hin, zu prüfen und das Finanzamt anzuweisen, im Rechtsmittelverfahren eine bestimmte Auffassung zu vertreten. Halten die Landesfinanzbehörden die Auffassung des Steuerpflichtigen zum Nachteil und im Gegensatz zur Gemeinde für zutreffend, so sind sie als Treuhänder fremder Belange bei der Gewerbesteuer zu einer besonders sorgfältigen Prüfung der Frage verpflichtet, ob entgegen der Rechtsauffassung der Gemeinde entschieden und (wie im vorliegenden Fall) der angefochtene Gewerbesteuermeßbescheid dem Antrag des Steuerpflichtigen entsprechend geändert werden soll (ß 94 Abs. 1 Ziff. 2 AO) oder ob nicht mit Rücksicht auf die Bedeutung der Streitfrage die Entscheidung den Rechtsmittelbehörden überlassen werden muß. Bei der Abwägung der Interessen des Steuerpflichtigen, ohne zwingenden Grund in kein Rechtsmittelverfahren verwickelt zu werden, und der Interessen der Gemeinde, die richtige Gewerbesteuer erheben zu können, ist es jedenfalls bei lediglich die Gewerbesteuer betreffenden Rechtsfragen von größerer allgemeiner oder wirtschaftlicher Bedeutung in der Regel geboten, eine gerichtliche Entscheidung dadurch zu ermöglichen, daß bei Erlaß des Gewerbesteuermeßbescheides dem Wunsch und der Rechtsauffassung der Gemeinde entsprochen wird, wenn für ihre Rechtsauffassung beachtliche Gesichtspunkte sprechen. Wenn indessen die Finanzbehörde diesen einer gerechten Abwägung der beiderseitigen Interessen entsprechenden Grundsätzen nicht Rechnung trägt und eine nur die Gewerbesteuer berührende Rechtsfrage von großer Tragweite und Bedeutung im Gegensatz zu den Vorstellungen der Gemeinde bei zweifelhafter Rechtslage in der Form zugunsten des Steuerpflichtigen entscheidet, daß es zu einer gerichtlichen Klärung nicht kommen kann, so läßt sich auch bei Interessenkollision daraus in der Regel keine Klagebefugnis der Gemeinde nach Art. 19 Abs. 4 GG herleiten. Denn wenn auch ein solches Verfahren der Landesfinanzbehörden im allgemeinen nicht zweckmäßig und nicht gerechtfertigt erscheint, so ist damit noch nicht gesagt, daß sich die Landesfinanzbehörden von offenbar falschen, subjektiven und unsachlichen Gesichtspunkten zum Nachteil der Gemeinde leiten lassen und in diesem Sinne willkürlich entscheiden.
Bei der Gewerbesteuer haben die Gemeinden als Ersatz für die ihnen grundsätzlich fehlende Rechtsmittelbefugnis das in § 36 Abs. 2 und § 100 Abs. 3 AO geregelte Mitwirkungsrecht, das von den Finanzbehörden im Rahmen der verwaltungstechnischen Möglichkeiten beachtet werden muß. Es ist der Bfin. darin zuzustimmen, daß das Finanzamt die Vorschrift des § 36 Abs. 2 AO dann nicht beachtete, wenn es der Erklärung vom 4. April 1957 eine rechtliche Bedeutung beimißt. Daß es sich bei der Frage, ob das für die Vergangenheit von den Steuerpflichtigen nicht behauptete, nur die Gewerbesteuer berührende Organverhältnis im Rahmen der Betriebsprüfung für die Vergangenheit anerkannt werden solle, um einen Fall von großer Bedeutung im Sinne des § 36 Abs. 2 AO handelt, kann schon mit Rücksicht auf die Höhe der davon abhängigen Gewerbesteuer nicht zweifelhaft sein. Das wird auch weder von dem Finanzamt noch von den Steuerpflichtigen bestritten. Die Bedeutung dieser Frage für die Gemeinde war um so größer, als die Anerkennung der Organschaft nur Auswirkungen bei der Gewerbesteuer zu Lasten der Bfin. und zugunsten des Bundes und des Landes hatte. Es war deshalb eine um so größere Beachtung der Interessen der Bfin. und eine um so sorgfältigere Prüfung der Rechtslage geboten. Die Anhörung der Bfin. durfte nicht etwa deshalb unterbleiben, weil sie bisher auf eine Teilnahme an Betriebsprüfungen keinen Wert legte. In dem Verzicht der Bfin. auf die Geltendmachung des in § 36 Abs. 4 AO gewährten Rechts auf Teilnahme an Betriebsprüfungen liegt keine Befreiung des Finanzamts von der ihm nach § 36 Abs. 2 AO obliegenden Pflicht zu Anhörung der Gemeinde. Eine Verletzung der Vorschrift des § 100 Abs. 3 AO liegt allerdings nicht vor. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Finanzamt und der Bfin. ergaben sich erst im Rahmen der Verhandlungen der Steuerpflichtigen mit der Finanzverwaltung darüber, ob die dem Wunsch der Bfin. entsprechenden endgültigen Gewerbesteuermeßbescheide nach § 94 Abs. 1 Ziff. 2 AO geändert werden sollten. In diesem Stadium des Verfahrens, in das die Oberfinanzdirektion und der Finanzminister eingeschaltet waren, war für einen vorläufigen Meßbescheid kein Raum mehr. Denn die Vorläufigkeit des Bescheids hat nur dann einen Sinn, wenn nicht bereits eine Entscheidung der vorgesetzten Dienststellen zur streitigen Rechtsfrage vorliegt. Eine Verletzung der der Gemeinde in § 36 Abs. 2 und § 100 Abs. 3 AO gewährten Mitwirkungsrechte kann keine Klagebefugnis der Gemeinde begründen. Das ergibt sich schon daraus, daß § 36 Abs. 2 AO, auf den § 100 Abs. 3 AO verweist, nur eine Sollvorschrift ist. Diese Vorschrift kann deshalb keine so weitgehende rechtliche Bedeutung haben.
Der Senat sieht aus den folgenden Gründen in der im Schreiben vom 24. Juli 1958 begründeten Anweisung an das Finanzamt eine Billigkeitsmaßnahme. Die in diesem Schreiben gemachten Rechtsausführungen stehen, soweit sie für die Begründung der Anweisung an das Finanzamt Bedeutung haben können, in einem solchen Widerspruch zu der damals bekannten Rechtsprechung und Rechtslage, daß der Senat nicht annehmen kann, daß der Finanzminister die Anweisung auch dann erteilt hätte, wenn Billigkeitserwägungen nicht in Betracht gekommen wären. Mit dieser Würdigung steht auch die Erklärung des Vertreters des Finanzministers in der mündlichen Verhandlung in Einklang, daß für ihn die Anwendung der übergangsregelung von entscheidender Bedeutung gewesen sei. Es ist zwar richtig, daß das Finanzamt bei der Schlußbesprechung in weitherziger Auslegung der im Urteil des Reichsfinanzhofs I 290/40 für ausreichend gehaltenen geschäftsleitenden Verrichtung des Organträgers auch bei einer Betriebsspaltung ein Organverhältnis für möglich halten und sich dafür zudem auf das zur Umsatzsteuer ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs V 104/54 S berufen konnte (vgl. jedoch auch die Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs III 4/45 S vom 7. Mai 1947, Steuer und Wirtschaft 1947 Teil II Nr. 24, Slg. Bd. 54 S. 208, wo für eine Betriebsspaltung das Organverhältnis verneint wurde). Daß diese rechtliche, damals mögliche Beurteilung aber für die Anweisung an das Finanzamt ohne Bedeutung war, ergibt sich daraus, daß die Rechtslage vorher durch das Urteil des Bundesfinanzhofs I 119/56 U geklärt worden war. In dieser Richtung kann sich der Finanzminister nicht in einem Rechtsirrtum befunden haben.
Man kann sich also nur fragen, ob aus dem Schreiben vom 24. Juli 1958 tatsächlich entnommen werden kann, daß der Finanzminister damals der Auffassung war, seine Anweisung werde, von allen Billigkeitserwägungen abgesehen, von der Rechtsauffassung getragen, die Steuerpflichtigen könnten das Finanzamt aus Rechtsgründen an seiner Erklärung vom 4. April 1957 auch nach Erlaß des Urteils des Bundesfinanzhofs I 119/56 U festhalten. Dies nimmt der Senat nicht an. Das Schreiben vom 24. Juli 1958 bietet keinen Anhalt dafür, daß der Finanzminister in der Erklärung des Finanzamts vom 4. April 1957 eine nach der damaligen Rechtsprechung bindende Zusage sah. Das räumte der Vertreter des Finanzministeriums in der mündlichen Verhandlung auch dadurch ein, daß er erklärte, er habe mit der Begründung einer solchen Verpflichtung durch eine Fortentwicklung der Rechtsprechung rechnen müssen. Das von dem Finanzminister angeführte Urteil des Bundesfinanzhofs IV 541/55 U brachte bereits eindeutig die Bedeutung der von der späteren Rechtsprechung für die Verbindlichkeit einer Zusage in den Vordergrund gestellten Beeinträchtigung der auf Grund der Zusage von den Steuerpflichtigen getroffenen geschäftlichen Maßnahmen zum Ausdruck. Es kann dem Finanzminister nicht entgangen sein, daß die Steuerpflichtigen nicht einmal behaupteten, daß sie auf Grund der Erklärung des Finanzamts vom 4. April 1957 in der maßgeblichen Zeit, nämlich vom 4. April 1957 ab, bedeutsame geschäftliche Dispositionen getroffen hätten, die ohne diese Zusage unterblieben wären. Davon, daß die künftige Rechtsprechung aus einer vom Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung oder bei übersendung des Betriebsprüfungsberichts geäußerten Rechtsauffassung allein eine rechtliche Bindung in der Richtung herleiten könnte, daß das Finanzamt bei Erlaß des sich aus der Betriebsprüfung ergebenden Berichtigungsbescheides an diese äußerung seiner Rechtsauffassung gebunden sei, konnte der Finanzminister nicht ausgehen und ging wohl auch nicht davon aus. Die Ausführungen des Finanzministers und sein Hinweis auf die Grundsätze von Treu und Glauben können deshalb nur dahin verstanden werden, daß er zwar keine damals bestehende rechtliche Bindung annahm, daß er aber die Erklärung des Finanzamts vom 4. April 1957 als eine im Rahmen von Billigkeitsüberlegungen zu berücksichtigende Tatsache ansah. Jedenfalls spricht die damals gegebene und dem Finanzminister bekannte Sach- und Rechtslage dafür, daß der Finanzminister unter Berücksichtigung der bedeutsamen Interessen der Bfin. und der Tatsache, daß er als Treuhänder nur über eine dem Land nicht zustehende Steuer entschied, die Anweisung allein aus Rechtsgründen nicht erteilt hätte und daß die Anweisung so entscheidend auf der übergangsregelung und auf sonstigen Billigkeitserwägungen beruhte, daß den Rechtsausführungen des Finanzministers keine die Anweisung für sich allein tragende Bedeutung beigemessen werden kann.
Die Frage ist gegebenenfalls in dem unten vorgesehenen Verfahren endgültig zu entscheiden.
Das Finanzamt ging in übereinstimmung mit den vorgesetzten Dienststellen bei Erlaß der angefochtenen änderungsbescheide davon aus, daß es im Rahmen dieser änderungen auch Billigkeitsmaßnahmen nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AO gewähren dürfe. Die von den Obersten Finanzbehörden der Länder mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen getroffene übergangsregelung, nach der in Fällen, in denen ein Organverhältnis bisher anerkannt wurde, das Urteil des Bundesfinanzhofs I 119/56 U für vor dem 1. Januar 1959 endende Wirtschaftsjahre nicht angewendet werden solle, stellt eine Billigkeitsmaßnahme nach § 131 Abs. 1 Satz 2 (2. Alternative) AO dar. Es kann dahingestellt bleiben, ob das bezeichnete Urteil des Bundesfinanzhofs tatsächlich eine gegenüber der bisherigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs für die Steuerpflichtigen ungünstigere Rechtsentwicklung und Rechtsauslegung einleitete. Denn selbst wenn man das annimmt, haben die Steuerpflichtigen in der Regel keinen Rechtsanspruch darauf, daß bei nicht rechtskräftigen Veranlagungen noch die frühere Rechtsprechung angewendet wird. Das gilt im vorliegenden Fall schon deshalb, weil den Erklärungen der Steuerpflichtigen entsprechend in den früheren vorläufigen Meßbetragsfestsetzungen ein Organverhältnis nicht angenommen worden war und eine Rückwirkung einer verbösernden Rechtsprechung nicht vorliegt. Selbst wenn man mit dem Finanzminister davon ausgeht, daß die übergangsregelung auch im vorliegenden Fall angewendet und auf § 131 AO gestützt werden könne, so war das Finanzamt nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 101/60 S vom 9. Januar 1962 (BStBl 1962 III S. 238) ohne ausdrückliche Zustimmung der Bfin. nicht befugt, aus Billigkeitsgründen einzelne Besteuerungsgrundlagen (keine Organschaft), die die Steuer erhöhten, bei der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AO nicht zu berücksichtigen. Wegen der Begründung dieser Auslegung der bezeichneten Vorschrift wird auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 101/60 S verwiesen. Da die den Landesfinanzbehörden mangelnde Zuständigkeit für Billigkeitsmaßnahmen im Rahmen des § 131 Abs. 1 Satz 2 AO nicht durch ihren guten Glauben an ihre Zuständigkeit ersetzt werden kann, macht es für die rechtliche Beurteilung keinen Unterschied, ob die Billigkeitsmaßnahme nach der bezeichneten Vorschrift im Verfahren der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags vor oder nach dem Bekanntwerden des Urteils des Bundesfinanzhofs I 101/60 S getroffen wurde. Es handelt sich in jedem Falle um eine für die Gemeinde unverbindliche Verwaltungsmaßnahme einer unzuständigen Behörde.
Eine im Rahmen der Festsetzung des Meßbetrags vom Finanzamt durchgeführte Billigkeitsmaßnahme nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AO kann rechtlich nicht grundsätzlich anders gewürdigt werden als der Erlaß der der Herabsetzung des Meßbetrags entsprechenden Gewerbesteuer nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AO. Denn für den Steuerpflichtigen und für die Gemeinde macht es wirtschaftlich keinen Unterschied, ob die Gemeinde einen bestimmten Gewerbesteuerbetrag erläßt oder ob das Finanzamt den Meßbetrag aus Billigkeitsgründen entsprechend niedriger festsetzt. Da in beiden Fällen das wirtschaftliche Ergebnis für die Beteiligten das gleiche ist, muß im Rahmen des Möglichen eine gleiche steuerliche Behandlung und Beurteilung der Vorgänge erstrebt werden, soweit sich nicht aus der Verlagerung von Billigkeitsmaßnahmen ins Festsetzungsverfahren zwingend etwas anderes ergibt.
Würde das Finanzamt einen der Ermäßigung des Meßbetrags entsprechenden Teil der Gewerbesteuer nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AO aus Billigkeitsgründen erlassen, so kann dieser Erlaß für die Gemeinde nicht verbindlich sein. Die Gemeinde könnte die Gewerbesteuer nach dem ungekürzten Meßbescheid festsetzen. Das Bestreben, der wirtschaftlich gleichen Bedeutung der Billigkeitsmaßnahmen nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AO und nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AO Rechnung zu tragen, führt dazu, in dem eine Billigkeitsmaßnahme nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AO berücksichtigenden Meßbescheid die Vereinigung zweier selbständiger Verwaltungsakte des Finanzamts zu sehen. Da dem Finanzamt die Zuständigkeit zu einer Billigkeitsmaßnahme nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AO fehlt, ist der Meßbescheid mit einem wesentlichen Mangel behaftet. Entscheidend ist die Frage, welche Bedeutung diesem Mangel zukommt. Man könnte daran denken, den Bescheid unabhängig von seiner Rechtskraft insoweit für unwirksam zu halten, als er eine ohne Zustimmung der Gemeinde ausgesprochene Billigkeitsmaßnahme enthält. Die Folge wäre dann, daß die Gemeinde bei der Festsetzung der Gewerbesteuer von einem die Billigkeitsmaßnahme nicht berücksichtigenden Meßbescheid ausgehen dürfte und es dem Steuerpflichtigen überlassen bliebe, gegen diesen Gewerbesteuerbescheid Rechtsmittel einzulegen. Damit würde man eine sehr weitgehende übereinstimmung der rechtlichen Auswirkungen von Billigkeitsmaßnahmen nach § 131 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AO erreichen. Dieser Weg scheint dem Senat indessen deshalb nicht gangbar zu sein, weil der Gesetzgeber in § 131 Abs. 1 Satz 2 AO Billigkeitserwägungen zu Elementen des Festsetzungsverfahrens beim Finanzamt machte und daraus der Schluß gezogen werden muß, daß die Gemeinde, wenn sie den ihr zugegangenen Meßbescheid nicht anfechten darf, den Bescheid, so wie er ergangen ist, der Erhebung der Gewerbesteuer zugrunde zu legen hat. Eine selbständige änderungsbefugnis der Gemeinde käme einem Rechtsmittel der Gemeinde gleich.
Der Senat hält es nicht für zutreffend, den ganzen Bescheid wegen des Mangels für nichtig zu erklären oder den Mangel nach Ablauf der nur für den Steuerpflichtigen bedeutsamen Rechtsmittelfrist (die Gemeinde hat gegen den Bescheid kein Rechtsmittel) als durch die Rechtskraft geheilt anzusehen. Er ist der Ansicht, daß im Gewerbesteuermeßbescheid zwei Verwaltungsakte vereinigt worden sind, für die sachlich verschiedene Verwaltungen zuständig sind. Schon die Rechtssicherheit erfordert es hinsichtlich der Rechtskraftwirkung, die beiden (vereinigten) Verwaltungsakte getrennt zu beurteilen. Der mangelhafte Verwaltungsakt, der sich auf § 131 AO stützt, kann deshalb die Rechtskraftwirkung des anderen Verwaltungsaktes nicht beeinflussen. Die Nichtigkeit des ganzen Bescheides, gegen den Rechtsmittel einzulegen der Steuerpflichtige möglicherweise keine Veranlassung hat, und den die Gemeinde vor den Finanzgerichten nicht anfechten kann, würde im übrigen die Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinde im Ergebnis unmöglich machen. Auch der Auffassung, die Rechtskraft des den Erklärungen und Anträgen des Steuerpflichtigen entsprechenden fehlerhaften Meßbescheides heile den Mangel in vollem Umfang, kann nicht zugestimmt werden. Der Senat nimmt eine Unzuständigkeit der Finanzverwaltung zum Erlaß von Gewerbesteuer in dem oben bezeichneten Rahmen an und ist der Ansicht, daß dieser Mangel nicht der Rechtskraftwirkung des Gewerbesteuermeßbescheids unterliegt. Die gegenteilige Auffassung trägt auch den berechtigten Belangen der Gemeinde nicht Rechnung, weil sie der Gemeinde jede Möglichkeit nimmt, außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens vor den Finanzgerichten im Verwaltungswege die Fehlerhaftigkeit geltend zu machen und dabei ihre Auffassung zu vertreten, daß das Finanzamt mit dem Meßbescheid eine Billigkeitsmaßnahme verbunden habe, für die es nicht zuständig sei. Der Senat glaubt den Belangen der Beteiligten dadurch am besten gerecht zu werden, daß er das Finanzamt für verpflichtet hält, auf Verlangen der Gemeinde den Meßbescheid, der eine Billigkeitsmaßnahme nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AO ohne Zustimmung der Gemeinde berücksichtigt, unabhängig von seiner Rechtskraft dahin zu ändern, daß die Billigkeitsmaßnahme außer Betracht bleibt. Der Senat geht dabei davon aus, daß die Wirksamkeit des die Billigkeitsmaßnahme berücksichtigenden Teils des Meßbescheids von der Voraussetzung abhängig gemacht ist, daß die Gemeinde zu diesem Teil ihre Zustimmung erteilt. Verweigert die Gemeinde ihre Zustimmung, so ist eine Voraussetzung für den Billigkeitserlaß weggefallen, und es liegen die Voraussetzungen für die entsprechende änderung des Bescheids nach § 4 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes vor. Im Interesse der Rechtssicherheit muß aber eine stillschweigende Genehmigung der Gemeinde angenommen werden, wenn sie nicht innerhalb der allgemeinen für Rechtsmittel geltenden Frist von einem Monat seit Erhalt des Meßbescheids ihre Zustimmung zu der Billigkeitsmaßnahme verweigert. Dabei ist es ihre Sache, rechtzeitig vor Ablauf dieser Frist durch Rückfrage beim Finanzamt festzustellen, ob Billigkeitsmaßnahmen im Rahmen des Festsetzungsverfahrens getroffen wurden.
Hat das Finanzamt ohne Zustimmung der Gemeinde eine Billigkeitsmaßnahme nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AO mit dem Meßbescheid verbunden, so kann die Gemeinde ihren Berichtigungsanspruch grundsätzlich nicht im Rechtsmittelverfahren vor dem Finanzgericht verfolgen. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Gemeinde diesen Anspruch dann durchsetzen könnte, wenn die Weigerung des Finanzamts als Willkürmaßnahme im Rahmen einer Interessenkollision anzusehen wäre. Denn diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Entspricht das Finanzamt dem Berichtigungsantrag der Gemeinde und legt der Steuerpflichtige gegen den Berichtigungsbescheid Rechtsmittel ein, so ist die Gemeinde an diesem Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt.
Im vorliegenden Fall geht der Senat davon aus, daß weder die Gemeinde einen Berichtigungsanspruch in dem bezeichneten Sinn geltend gemacht noch daß die Finanzverwaltung über diesen Antrag bereits entschieden hat. Da die Gemeinde im Verfahren der Feststellung des Gewerbesteuermeßbetrages kein Rechtsmittel einlegen konnte, muß ihre Rb. als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 410488 |
BStBl III 1962, 497 |
BFHE 1963, 632 |
BFHE 75, 632 |