Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Sonstiges Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Bezieht ein Steuerpflichtiger neben Einkünften, von denen der Steuerabzug vom Arbeitslohn vorgenommen worden ist, weitere Einkünfte, die mehr als 600 DM betragen, so sind diese Einkünfte bei der Veranlagung in voller Höhe einkommensteuerpflichtig, nicht lediglich der 600 DM übersteigende Betrag.
Lastenausgleichsabgaben (Soforthilfeabgabe, Vermögensabgabe) und die Ermittlung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus.
Normenkette
EStG § 46 Abs. 1 Ziff. 2; EinfHausVO 2; SHG § 26/1; LAG § 34/1
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist kaufmännischer Angestellter und hat im Jahre 1949 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 6.582 DM bezogen. Das Finanzamt hat ihn zur Einkommensteuer veranlagt, weil er 616 DM Mieteinkünfte gehabt habe (§ 46 Abs. 1 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes EStG). Es handelt sich um den Nutzungswert der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus des Bf., das nach dem 31. Dezember 1924 bezugsfertig geworden ist, und dessen letzter Einheitswert 17.600 DM beträgt. Das Finanzamt hat nach § 2 Abs. 1 Ziff. 2 der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom 26. Januar 1937 (Reichsgesetzblatt I S. 99, Reichssteuerblatt S. 161) den Mietwert auf 3,5 v. H. aus 17.600 DM = 616 DM festgesetzt. Es ergab sich hiernach ein Gesamtbetrag der Einkünfte von 7.198 DM und nach Abzug der Sonderausgaben von 404 DM ein Einkommen von 6.794 DM. Zu versteuern waren, da dem Bf. eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG mit 615 DM zusteht, 6.179 DM (Steuerklasse II, Einkommensteuer 1.188 DM). Nach Abzug der einbehaltenen Lohnsteuer mit 949 DM hatte der Bf. noch eine Einkommensteuer von 239 DM zu entrichten. Er machte dagegen geltend, es sei unbillig, ihn wegen überschreitung der Grenze der nichtsteuerabzugspflichtigen Einkünfte um nur 16 DM zu einer Steuer von 239 DM heranzuziehen. Im übrigen müßten von dem Grundbetrag des § 2 Abs. 1 Ziff. 2 der Verordnung vom 26. Januar 1937 wegen Erhöhung der Grundsteuer 70,40 DM, wegen Einführung der Trümmerbeseitigungsabgabe 13,90 DM sowie die Mindestverzinsung der Lastenausgleichsabgabe (1 % aus dem halben Einheitswert von 8.800 88 DM) gekürzt werden, so daß ein Nettomietwert von 433,70 DM verbleibe. Diese Belastungen seien im Jahre 1937 nicht in Rechnung gestellt worden und müßten deshalb vom Grundbetrag der Verordnung abgezogen werden.
Einspruch und Berufung waren ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung wie folgt: Nach § 2 Abs. 2 der Verordnung vom 26. Januar 1937 seien vom Grundbetrag lediglich die Schuldzinsen abzusetzen, die mit der Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken wirtschaftlich zusammenhingen. Zu den Schuldzinsen im Sinne dieser Bestimmung gehörten die vom Bf. geltend gemachten Steuern und Abgaben nicht. Auch die Tatsache, daß die Grenze des § 46 Abs. 1 Ziff. 2 EStG nur geringfügig überschritten werde, entbinde die Steuerbehörde nicht, das Gesetz anzuwenden, das die volle Besteuerung der Mieteinkünfte verlange.
In der Rechtsbeschwerde (Rb.) wiederholt der Steuerpflichtige (Stpfl.) im wesentlichen das Vorbringen bei den Vorbehörden. Er ist insbesondere der Auffassung, daß in der Soforthilfeabgabe Zinsbeträge enthalten seien, die von dem Grundbetrag der Verordnung abgezogen werden müßten. Des weiteren verbiete das verfassungsmäßige Recht der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, daß das geringfügige überschreiten der Grenze von 600 DM zu der Steuer von 239 DM führe. Gleichzeitig beantragt er, gegebenenfalls das Verfahren auszusetzen, und ihm die Möglichkeit zu bieten, diese Fragen zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu bringen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. muß ohne Erfolg bleiben.
Das Finanzgericht hat die Berufung mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Die Frage, ob in der Soforthilfeabgabe Zinsbeträge enthalten sind, ist für das gegenwärtige Verfahren ohne Bedeutung. Nach § 26 Abs. 1 des Soforthilfegesetzes (SHG) vom 8. August 1949 ist bei der Ermittlung des Einkommens die Soforthilfeabgabe (allgemeine Abgabe und Sonderabgabe) nicht abzugsfähig. Eine Kürzung des Grundbetrages für den Nutzungswert der Wohnung nach der Verordnung vom 26. Januar 1937 könnte nur für Beträge in Frage kommen, die Werbungskosten bei den Mieteinkünften darstellen. Das ist bei der Soforthilfeabgabe auf Grund der besonderen gesetzlichen Bestimmung des § 26 SHG nicht der Fall. Der Antrag des Bf. muß somit bereits auf Grund dieser Vorschrift als unbegründet zurückgewiesen werden.
Der Hinweis des Bf., daß "in den Lastenausgleichsabgaben" Zinsen enthalten seien, zielt offensichtlich auf § 34 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) ab, in dem festgelegt ist, daß die (nach Anrechnung der Soforthilfeabgabe) verbleibende Vermögensabgabeschuld in vierteljährlichen, eine Tilgung und Verzinsung dieser verbleibenden Abgabeschuld darstellenden Beträge zu entrichten ist. Der Bf. übersieht hierbei aber folgendes:
Diese Vierteljahrsbeträge sind erst ab 1. April 1952 zu entrichten (§ 36 Abs. 2 LAG). Für den Zeitraum 1. April 1949 bis 31. März 1952 werden die bis dahin geleisteten (bzw. noch zu leistenden - § 48 LAG in Verbindung mit §§ 1, 4 der 3. Abgaben- Durchführungsverordnung zum Lastenausgleich -) Soforthilfeabgabe- Beträge voll auf die Vermögensabgabe-Kapitalschuld (§ 31 LAG) angerechnet (§ 32 LAG). Die Soforthilfeabgabe-Beträge werden also voll als Kapitalschuldtilgung behandelt; sie enthalten mithin kein Zinselement.
Aber auch der Umstand, daß die ab 1. April 1952 zu leistenden Vierteljahrsbeträge nach § 211 Abs. 1 Nr. 1 LAG mit einem Durchschnittszinsanteil (beim Bf. vermutlich 1/4) abzugsfähig sind, könnte das Ergebnis nicht ändern (ganz abgesehen davon, daß im vorliegenden Fall noch das Kalenderjahr 1949 umstritten ist). Denn der Gesetzgeber hat entsprechend dem Wesen der Vermögensabgabe als einer Personensteuer den abzugsfähigen Anteil für die Zwecke der Einkommensteuer ausdrücklich als Sonderausgabe gekennzeichnet. Dieser Abzug beeinflußt also nicht die Einkünfte als solche, sondern, wie alle Sonderausgaben, nur das Einkommen, d. h. die aus der Addition aller Einkünfte und nach Subtraktion der Sonderausgaben sich ergebende Endsumme. § 46 Abs. 1 Ziff. 2 EStG stellt aber darauf ab, daß die Einkünfte, von denen ein Lohnsteuerabzug nicht vorgenommen ist, mehr als 600 DM betragen. An dieser vom Lastenausgleichsgesetzgeber bewußt angeordneten Betrachtungsweise als Sonderausgabe ändert auch der Umstand nichts, daß das fragliche Grundstück (vermutlich) der einzige der Vermögensabgabe unterliegende Vermögensgegenstand ist.
Desgleichen kann die Rb. nicht auf Art. 3 des Grundgesetzes gestützt werden. Die Mieteinkünfte sind nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes grundsätzlich einkommensteuerpflichtig. Wenn der Gesetzgeber aus Vereinfachungsgründen davon absieht, bei bestimmten Kleinbeträgen die Veranlagung durchzuführen, so kann das nicht zur Folge haben, daß bei den zu veranlagenden Stpfl. diese Beträge gleichfalls steuerfrei bleiben.
Es besteht keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen, um dem Bf. die Möglichkeit zu bieten, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Wenn der Bf. der Auffassung ist, in seinen Rechten verletzt zu sein, so bleibt es ihm unbenommen, im Rahmen der Bestimmungen des § 90 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht dieses Gericht gegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofs anzurufen.
In der Rechtsbeschwerdeschrift vom 27. August 1952 schlägt der Stpfl. einen Vergleich vor und erklärt sich bereit, von dem errechneten sonstigen Einkommen jährlich 16 DM als Einkommensteuer zu bezahlen, wenn die Staatskasse die Kosten des Verfahrens übernehme. Im Ergebnis stellt dieses Vorbringen den Antrag auf Steuererlaß nach § 131 der Reichsabgabenordnung dar. Für ihn sind die Steuergerichte nicht zuständig, wobei es dahingestellt bleiben mag, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
Fundstellen
Haufe-Index 407695 |
BStBl III 1953, 223 |
BFHE 1954, 580 |
BFHE 57, 580 |