Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
überlassung von Standplätzen an die Beschicker der Wochen- und Krammärkte als gewerblicher Betrieb der Gemeinde.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Ziff. 6; KStDV § 1/1, § 4 Abs. 1
Tatbestand
Die Vorinstanzen haben in der überlassung von Standplätzen auf städtischen Plätzen an die Beschicker der Wochen- und Krammärkte einen körperschaftsteuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art im Sinne von § 1 Abs. 1 Ziff. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV) gesehen.
Im Kalenderjahr 1954 hat die Beschwerdeführerin (Bfin.) aus ihren Markteinrichtungen eine Einnahme an Standgeldern von 40 566 DM und einen zur Körperschaftsteuer herangezogenen Gewinn von 10 691 DM erzielt.
Die Bfin. bestreitet die Körperschaftsteuerpflicht. Die Marktveranstaltung sei keine besonders abgrenzbare Einrichtung, sondern nur ein Teil des hoheitlichen Aufgabengebietes des Ordnungs- und Vollzugsamtes. Bei einem durchschnittlichen Jahresumsatz von 30 000 DM bedürfe der Betrieb auch keiner besonderen organisatorischen Zusammenfassung. Mit der Einrichtung der Märkte erfülle die Stadt eine öffentliche Aufgabe, bei der wirtschaftliche Gesichtspunkte von untergeordneter Bedeutung seien. Die Marktveranstaltungen dienten nach Art ihrer Entwicklung zum überwiegenden Teile hoheitlichen Aufgaben (Aufgaben sicherheits-, gesundheits- und verkehrspolizeilicher Art).
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, der sich der Senat anschließt, hat in Marktveranstaltungen der hier vorliegenden Art keine hoheitliche Aufgabe der Gemeinden gesehen (Entscheidungen des Reichsfinanzhofs I 305/ 38 vom 22. November 1938, Reichssteuerblatt - RStBl - 1939 S. 477, und I 77/41 vom 20. Januar 1942, Slg. Bd. 51 S. 166, RStBl 1942 S. 405). Solche Marktveranstaltungen dienen nicht überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt (§ 4 Abs. 1 KStDV). Für die Abgrenzung zur Hoheitsverwaltung ist entscheidend der sachliche Inhalt der entfalteten Tätigkeit. Dem sachlichen Inhalte nach liegt eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehre vor, die sich darin ausdrückt, daß die Bfin. den Marktbesuchern Gelegenheit bietet, unter Wettbewerbsbedingungen mit den Marktbeschickern Rechtsgeschäfte zu tätigen. Die dabei für die Bfin. als Hoheitsträger anfallenden Aufgaben sicherheits-, gesundheits- und verkehrspolizeilicher Art mögen zwar bei Marktveranstaltungen nach außen mehr in Erscheinung treten als bei der sonstigen überwachung des Wirtschaftslebens. Die hoheitliche Betätigung geschieht aber nur aus Anlaß und infolge der Marktveranstaltung und ändert daher ihren Charakter nicht.
Daß Marktstandgelder in Form öffentlich-rechtlicher Gebühren erhoben werden, ordnet die Marktveranstaltung nicht in den öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich ein, da die privatwirtschaftliche Seite überwiegt; denn in den Standgeldern muß ein der Leistung entsprechendes angemessenes Entgelt gesehen werden (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 299/36 vom 16. November 1937, RStBl 1938 S. 15).
Das Finanzgericht hat im übrigen mit Recht angenommen, daß die Marktveranstaltungen alle Voraussetzungen eines Betriebes gewerblicher Art im Sinne von § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG 1953, § 1 Abs. 2 KStDV 1953 erfüllen. Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, daß sich die Marktveranstaltung aus der Gesamtbetätigung der Körperschaft wirtschaftlich heraushebt und von einigem Gewicht ist. Hierbei ist jedoch den organisatorischen Maßnahmen der Gemeinde nicht das von der Bfin. beanspruchte Gewicht beizulegen. Es ist bereits in der Entscheidung des Senats I 317/55 U vom 20. März 1956 (Slg. Bd. 62 S. 448, Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 166) darauf hingewiesen, daß den Umfang der persönlichen Steuerpflicht bei den einzelnen wirtschaftlichen Betätigungen das Gesetz bestimmt und nicht die öffentliche Körperschaft. Es kann daher nicht allein von dem Umfang der organisatorischen Vorkehrungen der Gemeinde abhängen, ob die Steuerpflicht eintritt oder nicht. Wie das Finanzgericht mit Recht ausführt, genügt bereits eine gewisse Selbständigkeit, die in der Planung und Organisation der Stadt hervortritt. In der Einrichtung des Amtes des Marktmeisters, der für die Erledigung der im Außendienst auftretenden Aufgaben eingesetzt ist, und der unter anderem auch die Standgelder einzieht, und in der Zusammenfassung der Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan der Stadt unter dem Unterabschnitt 721 "Märkte" kann eine genügende Hervorhebung der wirtschaftlichen Selbständigkeit und Einheit des Marktbetriebes gefunden werden. Dem Finanzgericht muß auch darin beigetreten werden, daß die Einnahmen ausreichen, um einer Privatperson eine bescheidene Existenz zu ermöglichen.
Die Körperschaftsteuerpflicht ist daher gegeben. Die Rechtsbeschwerde muß als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 408708 |
BStBl III 1957, 146 |
BFHE 1957, 391 |
BFHE 64, 391 |
BB 1957, 428 |