Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuern Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Das Brennrecht einer Obstbrennerei (ß 27 BrMonG) ist keine Gewerbeberechtigung im Sinne des § 58 BewG a. F.
Dieses Brennrecht stellt jedoch ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens im Sinne des § 54 BewG dar, unabhängig davon, wann es erworben ist, und unabhängig davon, ob es sich um ein ursprüngliches oder um ein abgeleitetes Recht handelt.
BewG § 54, § 58 in der Fassung vor dem ändG-BewG vom 10. August 1963 (a. F.); AO § 214 a. F.;
Normenkette
BrMonG § 27; BewG §§ 54, 95, 58, 109/1; AO § 214
Tatbestand
Die Bfin. betreibt eine Verschlußbrennerei. Sie stellt Weinbrand und andere Obstbranntweine, Edelbranntweine, Liköre und sonstige Spirituosen her.
Streitig ist die Bewertung des Obstbrennrechts. Bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1958 wurde das Obstbrennrecht angesetzt. Dieser Wert wurde nach der Verwaltungsanordnung der Oberfinanzdirektion Stuttgart als Hauptort für die Bewertung der Brennrechte für gewerbliche Obstbrennereien vom 7. Juli 1958 (Bekanntmachung des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 15. August 1958 - BStBl 1958 II S. 128 -) ermittelt. Danach ist für die Hauptfeststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1957 sowie für die Nachfeststellungen und Wertfortschreibungen, die nach diesem Zeitpunkt, aber vor dem nächsten Hauptfeststellungszeitpunkt liegen, der Wert je Hektoliter Obstbrennrecht unverändert wie auf den 1. Januar 1953 auf 30 DM festzusetzen. Das Brennrecht leitet sich aus dem Durchschnittsbrand des Jahres 1909 her. Es ist ein ursprüngliches (originäres, durch das Monopol verliehenes) Obstbrennrecht. Die Bfin. legte gegen den Ansatz des Brennrechts bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1958 Berufung ein, nachdem sie auch bereits in den Vorjahren Rechtsmittel gegen die Hinzurechnung des Brennrechts eingelegt, aber dann zurückgenommen hatte, ohne damit jedoch die Zurechnung des Brennrechts beim Einheitswert des Betriebsvermögens anzuerkennen. Sie bezog sich auf das Gutachten des Bundesfinanzhofs II z D 2/51 S vom 12. Oktober 1951 (BStBl 1951 III S. 217, Slg. Bd. 55 S. 536) und auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 50/52 S vom 8. Januar 1954 (BStBl 1954 III S. 70, Slg. Bd. 58 S. 410) und führte im einzelnen aus:
Das Brennrecht sei nicht Vorbedingung für den Betrieb einer Brennerei, die Branntweinerzeugung sei vielmehr unbeschränkt. Die Herstellung von ablieferungspflichtigem Branntwein sei jedoch nur innerhalb des Brennrechts rentabel, weil vom übernahmegeld "überbrandabzüge" erhoben würden. Beim ablieferungsfreien Branntwein sei für die im überbrand erzeugte Menge der regelmäßige Verkaufspreis als Branntweinaufschlag zu zahlen. Der wertsteigernde Faktor des Obstbrennrechts könne sich nur im Geschäftswert ausdrücken, wenn ein Erwerber der Brennerei etwas dafür bezahlt habe.
Die Brennrechte seien eine Einrichtung des Branntweinmonopols und könnten durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) unterhöhlt werden. Dabei könnten die Monopole der Partnerstaaten durch eine europäische Alkoholmarktordnung abgelöst werden, die wohl kaum Brennrechte für ablieferungsfreien Obstbranntwein vorsehen dürfte.
Da jede Obstverschlußbrennerei einen Anspruch auf Zuteilung eines Brennrechts von 60 hl Weingeist habe, liege ein wertsteigernder Faktor höchstens nur in der Differenz zwischen 60 hl und dem tatsächlichen Kontingent. Nachdem in Berlin-West die Beschränkung von Neuverleihungen auf 60 hl aufgehoben worden sei, sei auch dieser wertsteigernde Vorteil hinfällig geworden. Da das Gesamtbrennrecht für Obstverschlußbrennereien zu klein sei, würden die meisten Obstverschlußbrennereien im überbrand brennen. Nicht die Höhe des Brennrechts, sondern andere Faktoren seien für den Geschäftserfolg maßgebend. Je größer die Kapazität und Erzeugung einer Obstverschlußbrennerei seien, desto bedeutungsloser werde der prozentuale Steuervorteil durch ein etwas größeres Brennrecht. Für eine Berücksichtigung des Brennrechts als wertsteigernden Faktor im Sinne des oben genannten Gutachtens des Bundesfinanzhofs sei kein Raum; denn die Betriebsgrundstücke seien mit dem Einheitswert und die übrigen betrieblichen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert, der nicht höher als die gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten sein dürfte, anzusetzen.
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, das Brennrecht sei eine mit der Brennerei verbundene Vergünstigung. Der Kontingentfuß im Sinne des § 236 Abs. 1 AO gewähre dem Berechtigten für jedes Liter Branntwein einen bestimmten Geldbetrag. Für diesen Vorteil als Teil des Betriebsvermögens im Sinne des § 54 BewG werde ein Erwerber der Brennerei einen angemessenen Preis zahlen. Der Kontingentfuß sei daher gemäß § 66 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 BewG mit dem Teilwert anzusetzen. Der Vorteil betrage für ein Liter erzeugten Branntwein 0,24 DM bis zur Erzeugung im Rahmen des Kontingentfußes und für die darüber hinausgehende Erzeugung 0,40 DM je Liter. Nach dem Vorbringen der Bfin. betrage bei den Obstbrennereien die Erzeugung das Mehrfache des Kontingents (so auch bei der Bfin.). Schon bei einer Mehrerzeugung in Höhe von 60 % des Kontingents würde sich ein Vorteil von 0,30 DM je Liter ergeben. Der Umstand, daß jede Brennerei einen Anspruch auf die Vergünstigung bis zu 60 hl im Jahr habe, beeinträchtige diesen Wert nicht, ebensowenig die für die Brennereien in Berlin-West gewährten Vergünstigungen. Solange der Kontingentfuß derart ausgenutzt werden könne, daß wenigstens das Doppelte des Kontingents abgesetzt werde, sei eine Bewertung mit 0,30 DM je Liter nicht höher als der Teilwert.
Mit der Rb. wiederholt die Bfin. ihr bisheriges Vorbringen gegen den Ansatz eines Werts für das Brennrecht. Sie führt im einzelnen aus, der Branntweinaufschlag sei keine Rechnung für Unkosten, sondern eine Verbrauchsteuer. Das Brennrecht sei weitgehend an das Grundstück gebunden und gewähre nicht dem Berechtigten für jedes Liter Branntwein einen bestimmten Geldbetrag.
Der Vorsteher des Finanzamts weist demgegenüber darauf hin, daß dem Brennrecht ein besonderer Wert beizumessen sei. Die Beziehung zum Grundstück sei nicht so eng, daß der wirtschaftliche Vorteil des Brennrechts als zum Grundstück gehörend angesehen werden müsse. Nach dem vom Hauptzollamt bestätigten Vorbringen der Bfin. habe in der Bundesrepublik jede Brennerei Anspruch auf Zuteilung eines Brennrechts von 60 hl Weingeist. Die Bfin. habe aber ein originäres Obstbrennrecht vom Vielfachen dessen, was jeder Brennerei üblicherweise als Kontingentfuß zukommen könne. Daher würde ein Erwerber des ganzen Betriebes ein besonderes Entgelt zahlen. Alle Brennrechte, gleich, inwieweit sie sich untereinander unterscheiden, verschafften ihrem Inhaber Vermögensvorteile und seien als bewertungsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut beim Einheitswert des Betriebsvermögens anzusehen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Der Senat hat zur Bewertung der Brennrechte bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens in dem Urteil III 259/61 S vom 5. März 1965 (BStBl 1965 III S. 276) Stellung genommen. Auf dieses Urteil wird Bezug genommen. Es handelt sich zwar dort um das Brennrecht einer gewerblichen Kornbrennerei im Sinne des § 28 des Branntweinmonopolgesetzes (BrMonG) vom 8. April 1922, während hier die Bewertung des Brennrechts einer (gewerblichen) Obstbrennerei (Obstbrennrecht) in Frage steht. Als Obstbrennereien gelten nach § 27 BrMonG die Brennereien, die ausschließlich Obst, Beeren, Wein, Weinhefe, Most, Wurzeln oder Rückstände davon verarbeiten.
Das Brennrecht ist nicht das Recht zum Brennen und nicht Vorbedingung für den Betrieb einer Brennerei, d. h. zur Herstellung von Branntwein bzw. von Weingeist. Dazu wird nach dem BrMonG kein Brennrecht benötigt (vgl. das oben genannte Gutachten des Bundesfinanzhofs vom 12. Oktober 1951). Das Gesetz selbst enthält in den §§ 30 ff. BrMonG keine Begriffsbestimmung des Brennrechts (vgl. hierzu Hoppe-Heinricht, Kommentar zum Gesetz über das Branntweinmonopol, § 31 Anm. 1 und 2). Das Brennrecht ist eine Vergünstigung, und zwar, soweit es sich um ablieferungspflichtigen Branntwein handelt, eine monopolrechtliche, soweit es sich um Branntweinaufschlag handelt, eine steuerrechtliche. Für die Bewertung des Betriebsvermögens macht es keinen Unterschied, ob es sich bei dem Brennrecht um eine gewerbliche Brennerei oder um eine Obstbrennerei eines Gewerbebetriebs handelt. Bei beiden Brennereiklassen ist das Brennrecht bewertungsrechtlich insoweit seinem Wesen nach gleich. Daher finden die Ausführungen des oben genannten Urteils III 259/61 S auch auf den vorliegenden Fall einer Obstbrennerei Anwendung.
Das Brennrecht der Bfin. gehörte am 1. Januar 1958 nicht zu den Gewerbeberechtigungen im Sinne des § 58 BewG (in der am Stichtag gültigen Fassung vor dem Gesetz zur änderung des Bewertungsgesetzes vom 10. August 1963, BGBl 1963 I S. 676). Es handelte sich um keine Berechtigung, deren Ausübung allein schon ein Gewerbe begründen würde, weil eben das Brennrecht nicht das Recht zum Brennen als Inhalt hat (so auch Urteil des Bundesfinanzhofs III 50/52 S vom 8. Januar 1954, a. a. O.).
Dagegen stellt das Brennrecht ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut im Sinne des § 54 BewG dar, und zwar auch dann, wenn es vor dem 1. Januar 1924 erworben ist. Es spielt auch keine Rolle, ob es sich um ein originäres oder derivatives Brennrecht handelt. Der Senat hat im Gegensatz zu dem Gutachten des Bundesfinanzhofs II z D 2/51 S (a. a. O.) in dem oben genannten Urteil III 259/61 S die Gegenstandseigenschaft des Brennrechts bejaht. Er hat wegen der im Bewertungsrecht notwendigen Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter die Auffassung abgelehnt, daß das Brennrecht weder ein öffentliches noch ein privates Vermögensrecht sei, sondern nur als immanente Eigenschaft der Brennerei einen allgemein wertsteigernden Faktor bilde. Nachdem der Senat in dem oben genannten Urteil vom 8. Januar 1954 die Frage offengelassen hatte, ob das Brennrecht als besonderes Wirtschaftsgut gemäß § 54 BewG anzusehen sei, hat er in dem Urteil III 259/61 S vom 5. März 1965 für die Brennrechte einer gewerblichen Brennerei die Bewertbarkeit unter Bezugnahme auf die frühere Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, auf die Literatur und auf Abschn. 28 Abs. 3 VStR 1953 sowie auf Abschn. 53 Abs. 1 VStR 1960 und 1963 bejaht. Diese Auffassung wird auch für die (gewerbliche) Obstbrennerei vertreten.
Da die Schwierigkeit einer betragsmäßigen Bewertung nicht zur grundsätzlich völligen Freistellung führen darf, ohne das BewG und auch den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes (GG) zu verletzen, hat auch keine bewertungsrechtliche Freistellung der Brennrechte aus der Zeit vor dem 1. Januar 1924 zu erfolgen. Andernfalls würden Brennereien mit und ohne Brennrecht bzw. mit verschieden hohem Brennrecht unzulässigerweise gleich bewertet werden. Sofern aus dem Urteil des Reichsfinanzhofs III A 84/28 vom 28. Februar 1930 (RStBl 1930 S. 287) und aus Abschn. 28 Abs. 1 VStR 1953 etwas anderes herausgelesen werden sollte, hat der Senat diese andere Auffassung bereits ausdrücklich abgelehnt.
Die Ausführungen, die die Bfin. über die Möglichkeit einer künftigen Umgestaltung des deutschen Branntweinmonopols in der EWG macht, sind Vermutungen, die die Zukunft betreffen und nach dem das Bewertungsrecht beherrschenden Stichtagsprinzip keine Berücksichtigung finden können. Desgleichen hat das Finanzgericht zutreffend die in Berlin-West gewährten Vergünstigungen außer Betracht gelassen. Durch diese Sonderregelung verliert nicht das der Bfin. zustehende Brennrecht seinen bisherigen vermögensrechtlichen Charakter.
Was die Höhe der Bewertung angeht, so handelt es sich um eine Schätzung auf tatsächlichem Gebiet. Im Rahmen dieser Schätzung liegt auch die Bewertung der ersten 60 hl Weingeist, auf die in der Bundesrepublik jede Brennerei Anspruch haben soll. Da die Bfin. das Vielfache als originäres Obstbrennrecht hat, erscheint die allgemeine Schätzung der Oberfinanzdirektion Stuttgart als Hauptort für die Bewertung der Brennrechte für gewerbliche Obstbrennereien mit 30 DM je Hektoliter nicht unangemessen hoch; es kann dahingestellt bleiben, ob im Einzelfall bei einem Brennrecht von insgesamt nur 60 hl eine andere Beurteilung Platz zu greifen hätte. Außerdem kommt hier die Einzelbewertung des Finanzgerichts für das Brennrecht der Bfin. ebenfalls zu einem ansatzfähigen gleichhohen Teilwert. Auch diese Berechnung stellt weder einen Rechtsirrtum oder Verfahrensmangel noch einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten oder gegen die Denkgesetze dar. Der Bundesfinanzhof ist bei der beschränkten Natur der Rb. an diese Feststellung gebunden, ohne daß er zu prüfen hat, ob das Finanzgericht zu diesen Feststellungen kommen mußte; es genügt, daß es zu ihnen kommen konnte (vgl. Hinweis auf §§ 288, 296 AO). Die Bfin. macht auch, abgesehen von den bereits erörterten und abgelehnten Punkten, keine einzelnen, substantiierten Einwendungen gegen die Höhe der Bewertung mit 30 DM je Hektoliter. Aus ihrem Hinweis, je größer die Kapazität und Erzeugung einer Obstverschlußbrennerei seien, desto bedeutungsloser werde der prozentuale Steuervorteil durch ein etwas größeres Brennrecht, ist vielmehr zu folgern, daß auch sie die Bewertung der im Brennrecht enthaltenen Vergünstigung als ein Schätzungsergebnis auf tatsächlicher Ebene ansieht.
Fundstellen
Haufe-Index 411595 |
BStBl III 1965, 344 |
BFHE 1965, 267 |
BFHE 82, 267 |