Leitsatz (amtlich)
1. In der Teilungsversteigerung eines Grundstücks zur Aufhebung der Gemeinschaft i. S. von § 180 ZVG werden durch den Zuschlag an einen Miteigentümer steuerrechtlich gesehen von ihm lediglich die ihm noch nicht gehörenden Miteigentumsanteile hinzuerworben.
2. Die Anschaffungskosten für die hinzuerworbenen Anteile errechnen sich aus der Differenz zwischen dem Bargebot und dem an den Ersteher wieder auszukehrenden Erlösüberschuß. Werden Grundpfandrechte übernommen, so gehört auch der nichtvalutierende Teil der übernommenen Grundpfandrechte zu den Anschaffungskosten.
Normenkette
BGB §§ 416, 426, 1143, 1163, 1177, 1191; ZVG §§ 10, 49, 53, 90, 109, 180; EStG § 9 Abs. 1 Nr. 7, §§ 6, 7 Abs. 4
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind nunmehr zu je 1/2 Eigentümer eines nach Kriegszerstörung wiederaufgebauten Mietwohngrundstücks. Dieses Grundstück gehörte zuvor der Grundstücksgemeinschaft M, an der die Kläger zu 5/8 beteiligt waren. In der Teilungsversteigerung zur Aufhebung dieser Gemeinschaft erhielten die Kläger am 4. Oktober 1967 mit 960 000 DM als Meistbietende den Zuschlag. Streitig ist in dem die Jahre 1967 (4. Oktober 1967 bis 31. Dezember 1967) und 1968 betreffenden Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die Höhe der für die AfA maßgeblichen Anschaffungskosten.
Die Kläger errechneten die AfA mit 2,5 v. H. von 1 846 765,11 DM. Die Anschaffungskosten ermittelten sie, da sie von einem auch einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden originären Erwerb des gesamten Grundstücks ausgingen, wie folgt:
Meistgebot in der Zwangsversteigerung 960 000,- DM
übernommene Belastungen
lt. Grundbucheintragungen
(Nennwert) 853 912,21 DM
Grunderwerbsteuer 28 241,30 DM
Gerichtskosten 4 611,60 DM
1 846 765,11 DM
Demzufolge machten sie für 1967 zeitanteilig (2/12) eine AfA von 7 694,86 DM und für 1968 eine AfA von 46 144,12 DM geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA), der den Klägern zunächst gefolgt war, beurteilte demgegenüber in dem aus anderem Grund anhängigen Einspruchsverfahren den Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung lediglich als Anschaffung der restlichen 3/8 Miteigentumsanteile. Er ermittelte daher, nachdem er die Kläger auf die Möglichkeit der Verböserung hingewiesen hatte, die AfA-Bemessungsgrundlage unter Kürzung der Anschaffungskosten um den Grund- und Bodenanteil und der im Zeitpunkt des Zuschlags schon getilgten und nicht mehr valutierenden, aber nach den Versteigerungsbedingungen bestehengebliebenen Belastungen wie folgt:
Meistgebot in der Zwangsversteigerung 960 000 DM
Valuta der übernommenen Belastungen 653 791 DM
1 613 791 DM
hiervon 3/8 605 172 DM
./. Grund- und Bodenanteil 98 505 DM
506 667 DM
+ 5/8 der bisherigen
AfA-Bemessungsgrundlage
im Zeitpunkt des Zuschlags 237 717 DM
+ Gerichtskosten abzüglich Grund- und
Bodenanteil 3 852 DM
+ Grunderwerbsteuer abzüglich Grund- und
Bodenanteil 23 535 DM
gesamte Anschaffungs- und Herstellungskosten 771 771 DM
Hiervon hat das FA den Klägern für 1967 eine anteilige AfA von 3 216 DM und für 1968 eine AfA in Höhe von 20 762 DM zugebilligt. Die AfA in 1968 setzt sich zusammen aus 7 b-AfA in Höhe von 8 477 DM und Normal-AfA in Höhe von 12 285 DM (2 v. H. von 614 261 DM).
Die gegen die Einspruchsentscheidungen erhobenen und vom FG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen, mit denen die Kläger den Ansatz der AfA entsprechend ihrer Berechnung begehrten, blieben im wesentlichen erfolglos. Das FG ermäßigte lediglich wegen eines Fehlers des FA bei der AfA-Berechnung für das Jahr 1967 die einheitlich festzustellenden Einkünfte von 5 562 DM um 244 DM auf 5 318 DM. Im übrigen bestätigte es in seiner in den EFG 1975, 75, veröffentlichten Entscheidung die Rechtsauffassung des FA, daß der Zuschlag in der Zwangsversteigerung nur zu einem Hinzuerwerb der restlichen 3/8 Bruchteilseigentum geführt habe und ermittelte daher die der AfA zugrunde liegenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten in gleicher Weise wie das FA.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts. Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens machen sie im wesentlichen geltend: Der zivilrechtlich originäre Erwerb des gesamten Grundstücks müsse wegen der Formstrenge des Zwangsversteigerungsrechts auch steuerrechtlich zum vollen Ansatz des Meistgebots und der übernommenen Belastungen bei den Anschaffungskosten führen. Sie hätten nach den Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes den gesamten Betrag des Meistbargebots einschließlich des auf sie entfallenden Anteils aufbringen und hinterlegen müssen. Das FG habe sich nicht mit der Frage befaßt, welche steuerlichen Folgen daraus zu ziehen seien, daß sich die frühere Grundstücksgemeinschaft am Erlös fortsetze und wegen Meinungsverschiedenheiten unter den Gemeinschaftern bis heute noch nicht auseinandergesetzt sei.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung ihrem Klageantrag stattzugeben und die von ihnen ermittelte AfA bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zugrunde zu legen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Das FG hat den originären Erwerb in der Zwangsversteigerung zwar steuerrechtlich zutreffend lediglich als Erwerb der restlichen 3/8 Miteigentumsanteile gewertet. Es hat jedoch die Höhe der Anschaffungskosten nicht richtig ermittelt.
Die AfA richten sich grundsätzlich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes (§ 9 Abs. 1 Nr. 7, § 6, § 7 EStG). Das FG hat bei der Subsumtion dieser steuerrechtlichen Begriffe den Zuschlag in der Zwangsversteigerung zu Recht einem freihändigen Verkauf gleichgestellt und diesen ohne Rechtsverstoß nur insoweit als Anschaffungsvorgang behandelt, als die Kläger nicht schon Miteigentümer waren. Hinsichtlich der den Klägern bereits bisher zuzurechnenden 5/8 Miteigentumsanteile war wegen der steuerrechtlich gebotenen Gleichbehandlung von Bruchteilseigentum und Alleineigentum ein weiterer Eigentumserwerb nicht mehr möglich. An der AfA-Bemessungsgrundlage für die 5/8 Miteigentumsanteile hat sich daher durch den Zuschlag nichts geändert. Sie besteht, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, in gleicher Höhe fort. Diese aus dem Einkommensteuerrecht folgende Auslegung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten deckt sich entgegen der Revision im übrigen auch mit der einhellig für das Zivilrecht vertretenen Auffassung, nach der es sich bei Teilungsversteigerung nicht um eine echte Zwangsversteigerung handelt und daher der "originäre" Erwerb in der Teilungsversteigerung einem freihändigen Verkauf gleichsteht (vgl. Dassler-Schiffhauer, Kommentar zum Zwangsversteigerungsgesetz, 10. Aufl., § 180 Anm. 7 a; Steiner-Riedel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 8. Aufl., § 180 ZVG Anm. 2; Wilhelmi-Vogel-Zeller, Zwangsversteigerungsgesetz, 9. Aufl., § 180 Anm. 1; Urteil des BGH vom 23. April 1954 V ZR 145/52, BGHZ 13, 133, NJW 1954, 1035, mit weiteren Nachweisen).
Nach der Rechtsprechung des BFH sind Anschaffungskosten alle Aufwendungen, die gemacht werden, um ein Wirtschaftsgut aus der fremden in die eigene Verfügungsgewalt zu überführen (vgl. zuletzt Urteil vom 3. August 1976 VIII R 101/71, BFHE 119, 574, BStBl II 1977, 65). Bei einem durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworbenen Grundstück gehören zu den Anschaffungskosten der vom Ersteher im Verteilungstermin bar zu bezahlende Betrag (Bargebot), die bestehenbleibenden Belastungen sowie die vom Ersteher zu entrichtende Grunderwerbsteuer (vgl. § 15 Nr. 4 GrEStG 1940, RGBl I 1940, 585) und die von ihm zu tragenden Gerichtskosten. Für den Streitfall ist zu beachten, daß nicht em fremder Dritter, sondern die Kläger als Miteigentümer der Gemeinschaft das Grundstück ersteigert haben. Das FG hat zwar entgegen der Ansicht der Revision den sich hieraus ergebenden Besonderheiten weitgehend Rechnung getragen, aber dennoch die Anschaffungskosten nicht fehlerfrei ermittelt.
Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Kläger für den Erwerb der restlichen 3/8 Miteigentumsanteile nicht den von ihnen entrichteten Barbetrag von 960 000 DM aufgewandt haben, sondern nur einen bestimmten Anteil hiervon. Wegen der sich aus dem Surrogationsprinzip ergebenden Fortsetzung der bisherigen Grundstücksgemeinschaft am Erlösüberschuß (vgl. u. a. Steiner-Riedel, a. a. O., § 180 ZVG Anm. 16; Zeller, a. a. O., § 180 Anm. 80) sind den Klägern 5/8 des Erlösüberschusses zuzurechnen, weil aus dem den früheren Eigentümern am Grundstück zustehenden Versteigerungserlös gemäß den §§ 180 Abs. 1, 109, 10 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) vorab die Verfahrenskosten und etwaige nicht bestehengebliebene Rechte zu befriedigen waren. Lediglich der hiernach verbleibende Überschuß ist zu 5/8 an die Kläger auszukehren. Die tatsächlichen Anschaffungskosten belaufen sich daher nicht, wie das FG irrtümlich angenommen hat, auf 3/8 von 960 000 DM. Sie sind in Wirklichkeit höher. Sie errechnen sich aus der Differenz von 960 000 DM und dem an die Kläger zurückfließenden Erlösüberschuß. Diesen hat das FG noch zu ermitteln.
Dem FG ist weiterhin nach dem von ihm zugrunde gelegten und von der Revision nicht angegriffenen Sachverhalt zwar darin zu folgen, daß die Kläger gemäß § 53 ZVG, § 416 BGB die auf dem Grundstück ruhenden Belastungen lediglich in Höhe von 3/8 der nach den Versteigerungsbedingungen stehengebliebenen Rechte übernommen haben. Nur in dieser Höhe können ihnen Anschaffungskosten entstanden sein. Denn zu 5/8 waren sie bereits vor dem Zuschlag im Innenverhältnis der Gemeinschafter entsprechend ihren Miteigentumsanteilen aus den Grundpfandrechten verpflichtet. Dem FG kann jedoch nicht darin beigetreten werden, wenn es die Anschaffungskosten um den nicht valutierenden Teil der übernommenen Grundstücksbelastungen kürzt, ohne zu prüfen, ob aus diesen die Kläger oder aber ihrem früheren Miteigentumsanteil am Grundstück entsprechend die übrigen Gemeinschafter der Grundstücksgemeinschaft M berechtigt sind. Letzteres ist mit Auswirkung auf die Höhe der Anschaffungskosten der Fall, wenn sämtliche Gemeinschafter im Innenverhältnis entsprechend ihren Miteigentumsanteilen nicht nur dingliche, sondern auch persönliche Schuldner der Grundpfandgläubiger waren und die Schulden von ihnen anteilig mitgetilgt worden sind, wie folgende Betrachtung zeigt:
Waren die Miteigentümer aus (Gesamt-)Hypotheken verpflichtet, so sind durch die Tilgung der persönlichen Schulden gemäß den §§ 1163, 1177 BGB allen Miteigentümern gemeinschaftlich zustehende (Gesamt-)Eigentümergrundschulden entstanden, die mit dem Zuschlag nicht erloschen sind, sondern sich durch die Zuweisung des ganzen Grundstücks an die Kläger anteilig (3/8) in Fremdrechte der übrigen Miteigentümer verwandelt haben (vgl. BGH-Urteil vom 12. April 1961 V ZR 91/59, Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, § 1132 Nr. 1 BGB, und § 91 Nr. 2 ZVG, NJW 1961, 1352; Zeller, a. a. O., § 52 Anm. 7, mit weiteren Nachweisen). Waren die Forderungen der Pfandgläubiger durch Grundschulden abgesichert, so sind, sofern die Gemeinschafter auch die Grundschulden gezahlt haben, analog § 1143 BGB Eigentümergrundschulden entstanden (vgl. BGH-Urteil vom 14. Juli 1967 V ZR 125/64, MDR 1968, 35; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 36. Aufl., Anm. 3 g zu § 1191), die sich mit dem Zuschlag gleichfalls anteilig in Fremdrechte verwandelten. Bei Leistung auf die persönliche Forderung haben die Miteigentümer gegen die Grundpfandgläubiger bruchteilsmäßig schuldrechtliche Rückgewährsansprüche erworben (Palandt, a. a. O., Anm. 2 d und 3 b, g zu § 1191; Stöber, Forderungspfändung, 4. Aufl., 615 ff.), deren Realisierung zur Übertragung der Grundschulden auf die Gemeinschafter führt. In allen drei Fällen stellen die den übrigen Gemeinschaftern zustehenden nicht valutierenden Rechte für die Kläger, da sie in Höhe von 3/8 nicht selbst berechtigt sind, eine im Zusammenhang mit dem Erwerb übernommene Belastung dar, die sie gemäß § 1191 BGB den übrigen Gemeinschaftern gegenüber zur Zahlung einer Geldsumme aus dem Grundstück verpflichtet. Derartige nur dingliche Verpflichtungen sind steuerlich ebenso zu behandeln wie die von den Klägern gemäß § 53 ZVG übernommenen "valutierenden" Belastungen. Denn im Hinblick auf den nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszulegenden Begriff der Anschaffungskosten macht es keinen Unterschied, ob die Kläger für den von ihnen aus dem Grundstück zu bezahlenden Geldbetrag nur mit dem Grundstück oder auch persönlich haften.
Die nicht spruchreife Sache ist aus den vorerwähnten Gründen aufzuheben und an das FG zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen zur Höhe des den Klägern aus der Versteigerung zustehenden Erlösüberschusses getroffen werden können. Weiterhin hat das FG zu ermitteln, in welchem Umfang außer den Klägern auch die übrigen Gemeinschafter aus den bestehengebliebenen nichtvalutierenden Belastungen berechtigt sind. Sollte der nicht mehr valutierende Teil der Belastungen von den Klägern abweichend von ihren 5/8 Miteigentumsanteilen getilgt worden sein, erhöhen bzw. ermäßigen sich gemäß § 426 BGB die Eigentümerrechte der Kläger entsprechend mit der Folge, daß sich auch die Anschaffungskosten der Kläger im gleichen Maße verändern.
Fundstellen
Haufe-Index 72423 |
BStBl II 1977, 714 |
BFHE 1978, 458 |