Entscheidungsstichwort (Thema)
Prämien für Krankentagegeldversicherung keine Betriebsausgaben einer Anwaltssozietät
Leitsatz (NV)
Eine Anwaltssozietät kann die Prämie für die von ihren Mitgliedern abgeschlossenen Krankentagegeldversicherungen auch dann nicht als Betriebsausgaben abziehen, wenn die Versicherungsleistungen unmittelbar in das Betriebsvermögen der Sozietät fließen und zweckgebunden zur Bezahlung einer Ersatzkraft verwendet werden sollen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Mitglieder einer Rechtsanwaltssozietät. Die Sozietät ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Aufgrund einer Absprache schlossen die Kläger zu 1. bis 4. jeweils einzeln ab Dezember 1983 und der erst später in die Sozietät eingetretene Kläger zu 5. ab Dezember 1987 Krankentagegeldversicherungen über ein ab dem 29. Tag zu zahlendes Tagegeld in Höhe von jeweils 300 DM ab. Die Kläger vereinbarten, daß die Versicherungsleistungen unmittelbar in das Betriebsvermögen der Sozietät fließen und zweckgebunden zur Bezahlung einer Ersatzkraft für den erkrankten Sozius verwendet werden sollten. Die Sozietät zog die Versicherungsbeiträge in ihren Gewinnermittlungen als Betriebsausgaben ab. Versicherungsleistungen sind bisher nicht angefallen. Nach einer Außenprüfung behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Beitragszahlungen als Privatentnahmen der Kläger. Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage blieb erfolglos.
Hiergegen richtet sich die vom Finanzgericht (FG) zugelassene Revision der Kläger.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Ob Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen eines Unternehmens gehören und die geleisteten Prämien bei ihm Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs. 4 EStG bilden, beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nach der Art des versicherten Risikos. Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebsbedingtes Risiko, führt sie zu Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen; ist dagegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, können die Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG berücksichtigt werden, während die Einnahmen nicht steuerbar sind.
2. Von diesen Grundsätzen ist auch hinsichtlich einer Krankentagegeldversicherung auszugehen. Eine solche Versicherung bezweckt wirtschaftlich - ungeachtet der Grundsätze, die für die Ermittlung der Versicherungsleistung gelten - den Ausgleich krankheitsbedingter Aufwendungen und Einnahmeausfälle. Das diesbezügliche Risiko ist nur dann durch den Beruf veranlaßt, wenn es seine Ursache in einer im Beruf erworbenen Krankheit, insbesondere einer typischen Berufskrankheit hat. Im übrigen ist das Risiko krankheitsbedingter Vermögenseinbußen der privaten Lebensführung zuzurechnen (BFH-Urteil vom 7. Oktober 1982 IV R 32/80, BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101). Demgemäß hat der erkennende Senat entschieden, daß die von einem Einzelunternehmer (Immobilienmakler) aufgewandten Beiträge für eine Krankentagegeldversicherung selbst dann nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn die Versicherung zur Aufrechterhaltung des Betriebs im Falle der Erkrankung des Betriebsinhabers abgeschlossen worden ist (Urteil vom 22. Mai 1969 IV R 144/68, BFHE 95, 447, BStBl II 1969, 489). Gleiches muß für einen Freiberufler gelten, dessen Praxis, ebenso wie das Unternehmen eines Immobilienmaklers, von seinem persönlichen Arbeitseinsatz abhängt (Senats-Urteil in BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101).
3. Mit dem Argument der Kläger, die Krankentagegeldversicherung eines Freiberuflers sei der Betriebsunterbrechungsversicherung bei einem Industrieunternehmen vergleichbar, hat sich der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101 auseinandergesetzt. Während erstere ein in der Person des Betriebsinhabers liegendes Risiko absichert, soll letztere ein Risiko decken, das im betrieblichen Bereich liegt wie Einbruch, Brand oder Ausfall von Maschinen. Der Einwand der Kläger, dem Einsatz von Arbeitskräften, sachlichen Betriebsmitteln und Maschinen beim Industriebetrieb entspreche der persönliche Arbeitseinsatz beim Freiberufler, greift nicht durch. Mit diesem Argument ließen sich auch Aufwendungen, die beispielsweise der notwendigen Erholung eines Freiberuflers dienen, den Betriebsausgaben zuordnen. Dem steht jedoch das sog. Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entgegen (Senats-Urteil in BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101; a.A. Schwarz in Deutsches Steuerrecht - DStR - 1993, 1166). Es greift auch bei der Krankentagegeldversicherung von Steuerpflichtigen ein, die Einkünfte durch ihren persönlichen Arbeitseinsatz erzielen. Denn bei ihnen sind Risiken, die in ihrer Person, insbesondere in ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit liegen, stets zugleich solche, die sich auf ihre Fähigkeit, Einkünfte zu erzielen, auswirken. Das gilt nicht nur für Gewerbetreibende (Senats-Urteil in BFHE 95, 447, BStBl II 1969, 489) und Freiberufler (Senats-Urteil in BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101), sondern auch für Nichtselbständige (BFH-Urteil vom 13. April 1976 VI R 87/73, BFHE 119, 149, BStBl II 1976, 599 zur Versicherung eines Flugkapitäns für den Fall des Verlustes einer Fluglizenz).
Es ist unerheblich, ob die im Krankheitsfall anfallenden Versicherungsleistungen zur Einstellung einer Ersatzkraft oder unmittelbar für die Lebenshaltung des Betriebsinhabers verwendet werden. Selbst wenn bereits durch den Versicherungsvertrag bestimmt ist, daß Empfänger der Versicherungsleistungen nicht der Steuerpflichtige selbst sein soll, vermag das an der privaten Veranlassung der Prämienzahlungen nichts zu ändern, wenn das versicherte Risiko dem privaten Lebensbereich zuzuordnen ist (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1985 IX R 56/82, BFHE 145, 52, BStBl II 1986, 143; vgl. auch BFH-Urteil vom 11. Mai 1989 IV R 56/87, BFHE 157, 152, BStBl II 1989, 657 letzter Absatz).
4. Entgegen der Auffassung der Kläger können die aus Krankentagegeldversicherungen resultierenden Ansprüche und Verbindlichkeiten auch nicht als sog. gewillkürtes Betriebsvermögen angesehen werden. Ein Wirtschaftsgut, das in nicht unerheblichem Umfang auch der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen dient, gehört infolge des Aufteilungs- und Abzugsverbots des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zum notwendigen Privatvermögen (Senatsurteil vom 20. November 1980 IV R 8/78, BFHE 132, 262, BStBl II 1981, 201; ebenso im Ergebnis für Lebensversicherungen BFH-Urteile in BFHE 157, 152, BStBl II 1989, 657, und vom 10. April 1990 VIII R 63/86, BFHE 161, 140, BStBl II 1990, 1017).
5. Ein anderes Ergebnis läßt sich nicht daraus herleiten, daß im Streitfall das Unternehmen (Anwaltspraxis) von mehreren Personen in Form einer Personengesellschaft geführt wird und daß die Versicherungsleistungen dieser zufließen sollen. Daß etwaige Versicherungsleistungen dem Gesellschafts- vermögen zugute kommen, bedeutet nicht notwendig, daß die Prämienzahlungen betrieblich veranlaßt sind. Da das Vermögen einer Personengesellschaft gesamthänderisch gebundenes Vermögen der Gesellschafter ist, gelten die Grundsätze über die Abgrenzung von Betriebs- und Privatvermögen auch für das Gesamthandsvermögen (BFH-Urteil in BFHE 157, 152, BStBl II 1989, 657 unter 2.; vgl. ferner BFH-Urteile in BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101; in BFHE 161, 140, BStBl II 1990, 1017; vom 6. Februar 1992 IV R 30/91, BFHE 167, 366, BStBl II 1992, 653). Die von der Sozietät entrichteten Versicherungsprämien werden in diesem Fall als Entnahmen behandelt, während die von der Sozietät als Bezugsberechtigter erlangten Versicherungsleistungen Einlagen der Sozien darstellen (BFH-Urteil in BFHE 167, 366, BStBl II 1992, 653).
Fundstellen
Haufe-Index 419421 |
BFH/NV 1994, 306 |