Leitsatz (amtlich)
Wurden bei einem von einer Teilzahlungsbank gewährten Kredit die als Zinsen anzusehenden Kreditgebühren nach einem gleichbleibenden Vomhundertsatz der Kreditsumme errechnet, mit der Anzahl der Monate der Laufzeit des Darlehens vervielfacht und dann – mit der Kreditsumme zu einem Betrag zusammengefaßt – in gleichmäßig zu tilgende Raten aufgeteilt, so konnten in der Regel beim Kreditnehmer Zinsen nur insoweit nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971 als Sonderausgaben berücksichtigt werden, als sie in den jeweiligen Raten nach der Zinsstaffelmethode enthalten waren.
Normenkette
EStG 1971 § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ließ im Streitjahr 1973 den Kauf eines Kraftfahrzeugs (Kfz) durch eine Teilzahlungsbank vorfinanzieren. Nach dem Darlehensvertrag hatte der Kläger für das zur Finanzierung des Kaufpreises (6 060 DM) gewährte Darlehen eine Kreditgebühr von 1 851,33 DM und eine Bearbeitungsgebühr von 121,20 DM zu entrichten. Die Kreditgebühr errechnete sich aus einem monatlich gleichbleibenden Vomhundertsatz (0,65 v. H.) der Kreditsumme von 6 060 DM, der mit der Anzahl der Monate der Laufzeit des Darlehens vervielfacht worden war. Die Gebühren waren zusammen mit dem Kredit zu einem als „Gesamtkreditbetrag” bezeichneten Betrag von 8 032,53 DM zusammengefaßt worden, der in jeweils zum 1. jeden Monats fälligen 47 Raten – beginnend ab 1. Mai 1973 mit einer Rate von 212,53 DM, ab 1. Juni 1973 bis 1. März 1977 mit weiteren Raten von jeweils 170 DM – zu tilgen war. Eine Aufteilung der Raten in einen Zins- und Tilgungsanteil war im Vertrag nicht vorgenommen worden. Der Kläger machte in seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich für 1973 die vollen Gebühren mit 1 973 DM als Sonderausgaben geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt – FA –) ließ als Schuldzinsen nur einen Betrag von 335 DM, der einer gleichmäßigen anteiligen Aufteilung der Gebühren auf die im Streitjahr gezahlten acht Raten entsprach, zum Abzug zu.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus: Der Kläger sei im Streitjahr nur in der vom FA berechneten Höhe mit Schuldzinsen belastet worden. Es komme nicht darauf an, ob die Bank einen Kreditnehmer sofort mit dem vollen Gesamtkreditbetrag aus seinem Darlehenskonto belaste. Es sei auch nicht entscheidend, daß im Vertrag keine Aufteilung der Raten in einen Zins- und Tilgungsanteil vorgesehen sei und bei vorzeitiger Tilgung kein Zinserstattungsanspruch bestehe. Nach der Vertragsgestaltung stelle die Hinzurechnung der Gebühren nur eine Vorausberechnung dar und habe zusammen mit der unterbliebenen Aufteilung der Raten nur der Vereinfachung für die Beteiligten gedient. Die Abbuchung von Kredit- und Bearbeitungsgebühren bei einem von der Bank als Gläubigerin geführten Darlehenskonto sei bei einem Kreditnehmer nur dann als Abfluß einer Ausgabe i. S. des § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusehen, wenn die Zinsen wirklich das Vermögen des Kreditnehmers minderten. Das Vermögen des Klägers sei durch die Gebühren im Zeitpunkt der Buchung aber nicht belastet worden. Die sofortige Abziehbarkeit könne auch nicht aus den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen für die steuerliche Beurteilung eines Damnums hergeleitet werden. Ein Damnum sei nicht vereinbart worden, weil der Kläger nach dem Vertrag keine zusätzliche Leistung neben der fortlaufenden Verzinsung des Kredites erbringen müsse. Auch wenn der sofortige Abzug eines Damnums im Zeitpunkt der Belastung auf dem Darlehenskonto durch den Gläubiger überwiegend aus Vereinfachungsgründen zugelassen werde, könne dieser Gesichtspunkt in anderen nicht vergleichbaren Fällen nicht herangezogen werden.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger unrichtige Anwendung des § 11 Abs. 2 EStG. Er ist weiterhin der Auffassung, daß ein Abfluß von Ausgaben bereits dann gegeben sei, wenn ein Betrag einem Darlehenskonto eines Kreditnehmers belastet werde, der nicht überschuldet sei. Für die Auslegung des § 11 Abs. 2 EStG seien weder vermögensteuerliche Grundsätze noch Bilanzierungsvorschriften geeignet.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und weitere Sonderausgaben in Höhe von 1 638 DM zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist z. T. begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über den Lohnsteuer-Jahresausgleich (JAV) i. V. m. § 20 a Abs. 1 und 2 Nr. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) 1971 und § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971 ist nicht der volle Betrag der Gebühren, sondern nur ein nach der Zinsstaffelmethode zu berechnender Anteil der Gebühren aus den im Streitjahr tatsächlich entrichteten Raten als Schuldzinsen abziehbar.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971 sind Schuldzinsen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, als Sonderausgaben abziehbar. Schuldzinsen sind nach der ständigen Rechtsprechung einmalige oder laufende Leistungen, die ein Schuldner an den Gläubiger für die Überlassung eines bestimmten Kapitals zur Nutzung zu entrichten hat (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 6. Juli 1973 VI R 379/70, BFHE 110, 336, BStBl II 1973, 868, und vom 18. Oktober 1974 VI R 175/72, BFHE 114, 205, BStBl II 1975, 502). Im Urteil vom 31. Mai 1967 I 208/63 (BFHE 89, 191, BStBl III 1967, 607) hat sich der BFH der im Zivilrecht herrschenden Auffassung angeschlossen (vgl. Urteil des Oberlandesgerichts – OLG – Köln vom 23. September 1966 – 4 U 254/65, Neue Juristische Wochenschrift 1966 S. 2217 – NJW 1966, 2217 –, und zuletzt Beschluß des OLG Hamm vom 22. Januar 1973 – 11 W 62/72, NJW 1973, 1002), daß Kreditgebühren als Gegenleistung für die Überlassung des Darlehenskapitals und damit als Zinsen anzusehen seien. Er hat dabei darauf abgestellt, daß die Kreditgebühren als Preis für die Überlassung des Kapitals auf eine bestimmte Laufzeit zu betrachten seien.
Nach § 11 Abs. 2 Salz 1 EStG sind Sonderausgaben innerhalb des Kalenderjahres abgeflossen, in dem sie vom Steuerpflichtigen geleistet worden sind. Dabei ist der Begriff „Leistung” in § 11 Abs. 2 EStG wie der Begriff „Zufließen” in § 11 Abs. 1 EStG wirtschaftlich auszulegen (vgl. Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 11 EStG Anm. 5). Entscheidend dafür, in welchem Veranlagungszeitraum Einnahmen anzusetzen und Ausgaben abzusetzen sind, ist deshalb der Zufluß bzw. der Abfluß, also die Erlangung bzw. der Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein Wirtschaftsgut. Für den Zeitpunkt der „Leistung” i. S. des § 11 Abs. 2 EStG ist die Leistungshandlung entscheidend. Sie ist erbracht, wenn der Steuerpflichtige von sich aus alles Erforderliche getan hat, um den Leistungserfolg herbeizuführen (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 1968 VI R 81/67, BFHE 94, 140, BStBl II 1969, 76). Diese Leistung hat der Kläger im Streitfall jeweils mit der Entrichtung der vereinbarten Raten an die Bank vollzogen. Damit ist der in den Raten jeweils enthaltene Zinsanteil aus seinem Vermögen abgeflossen.
Die Belastung der Kredit- und Bearbeitungsgebühr auf dem bei der Teilzahlungsbank geführten Konto des Klägers hat auf den „Abfluß” der Gebühren beim Kläger keinen Einfluß. Denn sie beruht nicht auf einer Leistungshandlung des Klägers. Der Kreditvertrag, wie er im Streitfall abgeschlossen wurde, dient im Teilzahlungskreditgeschäft der sog. Kundenfinanzierung. Danach hat die Bank dem Käufer einer Ware den gesamten Kaufpreis oder einen erheblichen Teil davon zur Verfügung zu stellen oder unmittelbar für Rechnung des Käufers an den Verkäufer zu leisten, während der Käufer den ihm von der Bank eingeräumten Kredit zuzüglich der Bearbeitungs- und Kreditgebühren durch Ratenzahlungen zu entrichten hat. Dieses Rechtsverhältnis ist nach § 607 Abs. 2 BGB ein Vereinbarungsdarlehen, aus dem gegenseitige Rechte und Pflichten erwachsen (vgl. BFH-Urteil I 208/63). Bei Abschluß des Vertrages entsteht die Zinsschuld in voller Höhe für die gesamte Laufzeit des Kredites. Denn sie ist im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in dieser Höhe festgelegt, mit dem Darlehen zu einer Gesamtschuld zusammengefaßt und im Rahmen dieser Gesamtschuld in Ratenzahlungen aufgeteilt worden. Von der Teilzahlungsbank werden die Gebühren bei der Hingabe des Darlehens als Forderung der Bank gegen den Kreditnehmer zugunsten des Ertrages gebucht. In seiner Entscheidung I 208/63 hat der BFH auf seiten der Bank bereits in dieser Buchung aus aktienrechtlichen Bilanzierungsgründen eine Vereinnahmung der Gebühren im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses angenommen, die dann allerdings passiv abzugrenzen sind.
Demgegenüber können Sonderausgaben in Geld nach § 11 EStG nur durch Zahlungsvorgänge bewirkt werden. Ein solcher Zahlungsvorgang liegt hier nicht in der Zurechnung der Kreditgebühren zu dem vorfinanzierten Kreditbetrag. Zwar können eine Bank als Gläubigerin und ein Kreditnehmer als Schuldner nach § 607 Abs. 2 BGB vereinbaren, daß geschuldete Zinsbeträge sofort fällig und als Darlehen geschuldet werden sollen. Im Streitfall lassen die Vereinbarungen der Beteiligten aber nicht den Schluß zu, daß ein den Gebühren entsprechendes Kapital durch Gutschrift dem Kläger überlassen und gleichzeitig durch Lastschrift die Gebühr für das Darlehen getilgt sein sollte. Eine solche Vereinbarung würde bedeuten, daß dem Kläger ein unverzinsliches Darlehen in Höhe des Gesamtkreditbetrages gewährt worden wäre. Hierfür sind im Streitfall keine Anhaltspunkte ersichtlich. Aus dem gleichen Grunde scheidet auch die Annahme einer Abrede über ein Damnum aus. Denn nach dem Beschluß des Großen Senats vom 6. Dezember 1965 GrS 2/64 S (BFHE 84, 399, BStBl III 1966, 144) setzt eine Damnumsvereinbarung voraus, daß der Darlehensnehmer den Darlehensbetrag einschließlich des Damnums zu verzinsen und zu tilgen hat. Der Senat pflichtet deshalb der Vorinstanz bei, daß im Streitfall in der Zurechnung der Kreditgebühr keine Vereinbarung über eine Vorauszahlung der Zinsen gesehen werden kann. Darüber hinaus ist aus der Hinzurechnung der Kreditgebühr und der Aufteilung des gesamten Kreditbetrages auf 47 Raten zu schließen, daß die Kreditgebühr nicht sofort, sondern ratenweise zu zahlen ist.
An dieser Beurteilung ändert auch der Einwand des Klägers nichts, bei einer vorzeitigen Tilgung bestehe kein Anspruch auf Zinserstattung. Denn eine Vereinbarung wie die vorliegende bewirkt nicht, daß der Kläger bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verpflichtet ist, im voraus Zinsen zu leisten. Deshalb liegen beim Kläger nur in Höhe der im Streitjahr gezahlten Tilgungsraten Ausgaben i. S. des § 11 Abs. 2 EStG vor.
Fehlt, wie im Streitfall, eine Vereinbarung über die Aufteilung von Raten in einen Zins- und Tilgungsanteil, kann dementsprechend der tatsächliche Zinsanteil in den gezahlten Raten nur mit der Zinsstaffelmethode festgestellt werden. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des BFH im Urteil I 208/63. Der BFH hat dort die Teilzahlungsbank verpflichtet, die im voraus vereinnahmten Kreditgebühren nach der Zinsstaffelmethode (kapitalanteilig) passiv abzugrenzen, weil sich das dem Darlehensnehmer zur Verfügung stehende Kapital durch die Tilgungsraten von Monat zu Monat verringert und sich die Höhe des Zinses nach der jeweils überlassenen Darlehenssumme und nicht nach dem monatlich festgesetzten Kreditgebührenbetrag richtet. Diese Grundsätze sind auch auf seiten des Kreditnehmers zur Ermittlung der jeweiligen Höhe der Schuldzinsen heranzuziehen.
Zu den Schuldzinsen rechnen auch die mit der Kreditgewährung verbundenen, gesondert ausgewiesenen und einmalig zu leistenden Nebenkosten, wie hier die Bearbeitungsgebühr. Sie ist bei der Bank dazu bestimmt, die Verwaltungskosten, die unmittelbar mit der Gewährung des Kredites verbunden sind, abzudecken. Dies ändert jedoch am Zinscharakter dieser Gebühr nichts (vgl. BFH-Urteil I 208/63). Im Hinblick darauf, daß die Gebühr gesondert ausgewiesen und nicht zu verzinsen ist, und die erste Rate in der Höhe von den anderen Raten abweicht, kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Bearbeitungsgebühr als Kosten i. S. des § 367 BGB zuerst zu tilgen war. Nach dieser Vorschrift ist, wenn neben einer Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten sind, die Leistung des Schuldners mangels abweichender Vereinbarung zunächst auf die Kosten anzurechnen.
Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da die vom FA vorgenommene gleichmäßige Verteilung der Kredit- und Bearbeitungsgebühren auf die einzelnen Raten (zeitanteilige Aufteilung) nicht zur richtigen Ermittlung der tatsächlich im Streitjahr geleisteten Zinsen führt.
Die nicht spruchreife Sache ist an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, damit es die Höhe der im Streitjahr entrichteten Zinsen durch Anwendung eines aus der Höhe der Kreditgebühr zu errechnenden Zinssatzes auf den im jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt der Raten noch dem Kreditnehmer zur Verfügung stehenden Kreditbetrag (Zinsstaffelmethode; kapitalanteilige Aufteilung) errechnet und Feststellungen dazu trifft, ob die Bearbeitungsgebühr sofort mit der ersten Rate entrichtet werden sollte.
Fundstellen
Haufe-Index 510639 |
BFHE 1979, 539 |