Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuern
Leitsatz (amtlich)
ß 58 Abs. 3 VwO ist dadurch, daß die Branntweinersatzsteuer nach dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 7. Januar 1942 (RZBl S. 10) nicht mehr erhoben wird, nicht gegenstandslos geworden.
VwO § 58 Abs. 3.
Normenkette
VwO § 58 Abs. 3
Tatbestand
Durch Verfügung des Hauptzollamts vom 15. Juni 1953 wurde der Beschwerdeführerin (Bfin.) die Genehmigung nach § 58 Abs. 2 und 3 der Branntweinverwertungsordnung (VwO) erteilt, Branntweinersatzstoffe zur Verwendung als Zusätze bei der Trinkbranntweinherstellung in ihr Branntweineigenlager aufzunehmen mit der Mitteilung, daß in Höhe der in diesen enthaltenen eingelagerten Weingeistmenge abzüglich von 1 % Branntwein ohne Entrichtung der Branntweinsteuer abgefertigt werde (vgl. § 58 Abs. 3 VwO). Entsprechend dieser Genehmigung wurde auf Antrag der Bfin. am 27. Juli 1953 sogenannter Mehrfruchtdessertwein mit einer Weingeistmenge von 878,1 l eingelagert. Dafür wurden 869,3 l Weingeist durch Absetzung von den aus dem Lager abgefertigten Branntweinmengen steuerfrei gelassen. Mit Steuerbescheid vom 27. Dezember 1954 forderte das Hauptzollamt für den steuerfrei abgelassenen Branntwein die Branntweinsteuer an, weil es auf Grund seiner nachträglichen Feststellungen davon ausging, daß entgegen der ursprünglichen Annahme nicht ein Mehrfruchtdessertwein, sondern ein branntweinaufschlagbares Erzeugnis in das Lager aufgenommen worden sei. Die Vorentscheidung hat die Branntweinsteuerforderung bestätigt.
Mit ihrer Rechtsbeschwerde (Rb.) begehrt die Bfin. auf Grund des ß 58 Abs. 3 VwO Freistellung von der Branntweinsteuer.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Da nach den Ausführungen unter 1. (hier nicht abgedruckt) kein Branntwein im Sinne des Branntweinmonopolgesetzes (BrMonG), sondern ein weingeisthaltiger Zusatzstoff gemäß § 58 Abs. 2 VwO mit Genehmigung des Hauptzollamts in das Branntweineigenlager aufgenommen wurde, hat die Bfin. einen Rechtsanspruch auf steuerfreie Abfertigung im Rahmen des im § 58 Abs. 3 VwO geregelten sogenannten Austauschverkehrs. Diese Regelung ist nicht gegenstandslos geworden, seitdem die Branntweinersatzsteuer nach dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 7. Januar 1942 - V 7.000 - 202 II (Reichszollblatt - RZBl - S. 10) nicht mehr erhoben wird, und zwar aus folgenden Gründen:
Die Bestimmungen des § 58 Abs. 3 VwO wurden gleichzeitig mit der Branntweinersatzsteuerordnung, die Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 15. April 1930 (Reichsgesetzblatt - RGBl - I S. 138, RZBl S. 229) enthält, durch die Verordnung über vorübergehende Änderung der Ausführungsbestimmungen zum Branntweinmonopolgesetz vom 23. April 1930 (Reichsministerialblatt S. 304, RZBl S. 275) auf Grund des damals noch gültigen § 76 der Grundbestimmungen zum Gesetz über das Branntweinmonopol erlassen. Sie sehen abweichend von § 64 Abs. 4 VwO die Abfertigung von Branntwein ohne Entrichtung der Hektolitereinnahme - heute der Branntweinsteuer - aus einem Branntweineigenlager dann vor, wenn Zusatzstoffe des § 58 Abs. 2 VwO, soweit sie Branntweinersatzstoffe im Sinne des § 2 der Branntweinersatzsteuerordnung sind, mit Genehmigung des Hauptzollamts in das Lager zur Verwendung bei der Trinkbranntweinherstellung aufgenommen werden. Dieser damit geschaffene sogenannte steuerfreie Austauschverkehr hatte aber mit der gleichzeitigen Einführung der Branntweinersatzsteuer für weingeisthaltige Stoffe, die nicht Branntwein im Sinne des BrMonG sind, bei deren Übergang in einen Trinkbranntwein-Herstellungsbetrieb (vgl. § 159 a BrMonG) unmittelbar nichts zu tun. Vor Ergehen der Verordnung vom 23. April 1930 bestand, worauf die Bfin. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat und was durch die Ausführungen von Weidner-Seydel in ihrem Kommentar zum Branntweinmonopolgesetz (Anm. 6 zu § 58 VwO) und von Kraft, in "Die Branntweinwirtschaft" 1952 S. 180/183 belegt ist, die Verwaltungsübung, bei der Auslagerung von Branntweinerzeugnissen aus einem Branntweineigenlager, zu deren Herstellung weingeisthaltige Zusatzstoffe gemäß § 58 Abs. 2 VwO verwendet wurden, die Hektolitereinnahme von dem gesamten in den Branntweinerzeugnissen enthaltenen Weingeist zu erheben, mithin auch von dem Weingeist, der aus den weingeisthaltigen Zusatzstoffen stammte. Für die Erhebung der Hektolitereinnahme hinsichtlich des aus den eingelagerten Zusatzstoffen stammenden Weingeistes bestand jedoch keine gesetzliche Grundlage. Offensichtlich hat der Gesetzgeber dieses unzulässige Verfahren durch die Neueinfügung des § 58 Abs. 3 VwO beseitigt. Wenn dies mit der Einführung der Branntweinersatzsteuer geschehen ist und in § 58 Abs. 3 VwO unter Bezugnahme auf § 2 der Branntweinersatzsteuerordnung von Branntweinersatzstoffen die Rede ist, so liegt hier nach Auffassung des Senats nur ein äußerer zeitlicher Zusammenhang vor. Die Erwähnung der Branntweinersatzstoffe unter Bezugnahme auf § 2 der Branntweinersatzsteuerordnung hat keine materielle Wirkung in dem Sinne, daß mit Wegfall der Branntweinersatzsteuer auch der Austauschverkehr nach § 58 Abs. 3 VwO wegfiel. Die Erwähnung des ß 2 der Branntweinersatzsteuerordnung hat seitdem nur insofern Bedeutung, als der Kreis der Zusatzstoffe, für die ein Austauschverkehr in Betracht kommt, näher umschrieben ist. Es bleibt zu beachten, daß das Branntweinsteueraufkommen durch die Zulässigkeit des Austauschverkehrs mit weingeisthaltigen Zusatzstoffen in keiner Weise geschmälert wird, da für die ausgelagerte Weingeistmenge ebensoviel Weingeist eingelagert worden ist. Wollte man diesen Austauschverkehr nicht als zulässig ansehen, müßte der in den weingeisthaltigen Zusatzstoffen eingelagerte Weingeist während ihrer Verarbeitung weitgehend überwacht werden, um beim Ausgang aus dem Lager nicht mitversteuert zu werden. Es dürfte aber in der Praxis kaum zu beseitigende Schwierigkeiten bereiten, bei den auszulagernden Spirituosen anteilig die in ihnen enthaltene Weingeistmenge der eingelagerten Zusatzstoffe festzustellen. Diese Schwierigkeiten werden am einfachsten durch das Austauschverfahren behoben, bei dem der Weingeist der eingelagerten Zusatzstoffe wie Branntwein behandelt wird. Aus diesen Gründen ist offenbar auch davon abgesehen worden, anläßlich der Anordnung der künftigen Nichterhebung der Branntweinersatzsteuer gleichzeitig § 58 Abs. 3 VwO als gegenstandslos zu erklären. Zutreffend hat daher die Bundesmonopolverwaltung in ihrem Rundschreiben vom 12. Mai 1952V 7155 - 2247/52 - II/Km die Ansicht vertreten, daß § 58 Abs. 3 VwO auch nach Ergehen des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 7. Januar 1942, der die vorübergehende Nichterhebung der Branntweinersatzsteuer anordnete, anwendbar ist. Demgemäß waren die von der Bfin. am 27. Juli 1953 im Austauschwege aus dem Branntweineigenlager ausgelagerten 869,3 l Weingeist steuerfrei abzulassen.
Fundstellen
Haufe-Index 409237 |
BStBl III 1959, 43 |
BFHE 1959, 110 |
BFHE 68, 110 |