Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine private Mitveranlassung bei Teilnahme an einer Pflichtveranstaltung
Leitsatz (NV)
Aufwendungen eines Geographiestudenten für eine Auslandsexkursion sind ausschließlich beruflich veranlasst, wenn diese nach der Studienordnung obligatorischer Teil des (Ergänzungs-)studiums ist.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Klägerin war im Streitjahr 1998 als Lehrerin für Sport und Erdkunde in der Sekundarstufe I an einer Gesamtschule tätig. Seit Oktober 1996 studierte sie an der … Universität Geographie (Aufbaustudium), um damit die Befähigung zum Lehramt für die Sekundarstufe II zu erlangen. In der Zeit vom 10. bis 30. September 1998 nahm die Klägerin im Rahmen ihres Studiums an einer vom geographischen Institut der Universität veranstalteten Hauptexkursion nach Mexiko teil. Das Reiseprogramm sah die Besichtigung archäologischer Sehenswürdigkeiten, Stadtzentren, Naturschönheiten, Rundfahrten und auch Stadtrundfahrten vor. Ein Nachmittag, ein Vormittag sowie ein weiterer ganzer Tag stand den Teilnehmern zur freien Verfügung. Zur Vorbereitung der Exkursion erarbeitete die Klägerin ein Referat. Während der Reise hatten die Teilnehmer ―so auch die Klägerin― jeweils ein Tagesprotokoll und einen schriftlichen Streckenbericht zu verschiedenen Themen zu erstellen. In der Einkommensteuererklärung von 1998 machte die Klägerin Aufwendungen für die Exkursion in Höhe von insgesamt … DM als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) ließ diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens bezifferte die Klägerin die Aufwendungen mit nur noch … DM. Das FA wies den Einspruch zurück. Mit ihrer Klage verfolgten die Klägerin und ihr Ehemann, der Kläger, ihr Begehren weiter. Sie begehrten nunmehr die Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von … DM. Zur Begründung trugen sie vor, die Exkursion habe ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken gedient und sei für die Erreichung des Studienabschlusses unabdingbar gewesen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zur Begründung führte es aus, das Aufbaustudium der Klägerin sei als Fortbildung zu beurteilen. Die für die Auslandsexkursion entstandenen Aufwendungen stellten Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) dar. Da nach den Lehrplänen für das Geographiestudium zur Erlangung der Befähigung zum Lehramt der Sekundarstufe II die Teilnahme an einer wissenschaftlich geleiteten Auslandsreise erforderlich sei, seien die Besuche zahlreicher touristisch attraktiver Orte als Ausbildungsinhalte anzusehen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FA führt zur Begründung aus, das FG habe die §§ 9 Abs. 1, 12 Nr. 1 EStG unzutreffend ausgelegt. Auslandsreisen, die nach der Lebenserfahrung sowohl dem beruflichen als auch dem Bereich der privaten Lebensführung angehören, führten nur dann zu abziehbaren Werbungskosten, wenn die Reisen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse unternommen würden, wenn also die Verfolgung privater Interessen, wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen sei. Die in Rede stehende Reise sei wie eine zu allgemeinen Informationszwecken durchgeführte Auslandsgruppenreise zu beurteilen.
Das FA beantragt, die vorinstanzliche Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung tragen sie vor, die Teilnahme an der Exkursion nach Mexiko sei erforderlich gewesen, um den gewünschten Studienabschluss zu erhalten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet, sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat die Aufwendungen der Klägerin für die Pflichtexkursion nach Mexiko zu Recht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beurteilt. Die Aufwendungen der Klägerin stellen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Fortbildungs- und damit Werbungskosten dar (vgl. z.B. Urteile vom 18. April 1996 VI R 89/93, BFHE 180, 353, BStBl II 1996, 449; vom 3. Juli 2002 VI R 93/00, BFH/NV 2002, 1444). Das berufsbegleitende Ergänzungsstudium diente dazu, die Lehrbefugnis der bereits als Lehrerin tätigen Klägerin auf das Unterrichtsfach Geographie für die Sekundarstufe II zu erweitern. Die Auslandsexkursion war nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ausschließlich beruflich veranlasst. Die Exkursion war nach der Studienordnung obligatorischer Teil des Ergänzungsstudiums und die Teilnahme hieran für den erfolgreichen Studienabschluss erforderlich (vgl. auch BFH-Urteile vom 7. Februar 1992 VI R 93/90, BFHE 167, 115, BStBl II 1992, 531, und vom 24. August 2001 VI R 40/94, BFH/NV 2002, 182, unter II. 2. b bb der Gründe). Dass das FG eine unerhebliche private Mitveranlassung insoweit angenommen hat, als zwei Tage der 19-tägigen Exkursion den Teilnehmern und somit auch der Klägerin zur freien Verfügung standen, ist nicht zu beanstanden.
Fundstellen
Haufe-Index 887191 |
BFH/NV 2003, 468 |
HFR 2003, 456 |