Leitsatz (amtlich)
Ist Organträger eine OHG oder KG und sind ein oder mehrere Gesellschafter beschränkt einkommensteuerpflichtig, so ist die in diesem Falle nach § 7 a Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 KStG a. F. (= § 14 Nr. 3 Satz 3 KStG 1977) erforderliche finanzielle Eingliederung "im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst" nur dann gegeben, wenn die Anteile an der Organgesellschaft zum Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) der OHG oder KG gehören oder zumindest wirtschaftliches Eigentum der OHG oder KG gegeben ist.
Normenkette
KStG a.F. § 7a Abs. 1 Nr. 1 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, ist als geschäftsleitende Holding tätig. Gesellschafter sind M als persönlich haftender Gesellschafter mit einer Beteiligung von 55 v. H. und dessen Ehefrau (im folgenden Frau M) als Kommanditistin mit einer Beteiligung von 45 v. H. In den Streitjahren 1970 bis 1972 hatten die Eheleute M ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz; sie waren in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nur beschränkt einkommensteuerpflichtig.
Die Eheleute M waren Gesellschafter der X-GmbH und der Y-GmbH. M hatte jweils 55 v. H., Frau M jeweils 45 v. H. der Geschäftsanteile inne.
Zwischen der Klägerin und den beiden GmbH bestanden seit 1960 bzw. 1963 Organverträge; diese sahen jeweils vor, daß die GmbH ihren Gewinn an die Klägerin abführt und daß die Klägerin einen etwaigen Verlust der GmbH übernimmt.
Die Geschäftsanteile an den beiden GmbH waren in den Bilanzen der Klägerin als (Sonder-) Betriebsvermögen ausgewiesen.
Durch privatschriftliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin einerseits und der X-GmbH bzw. Y-GmbH andererseits vom 5. März 1970 wurden die Organverträge im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. November 1966 I 280/63 (BFHE 87, 253, BStBl III 1967, 118), die dazu ergangene Übergangsregelung der Finanzverwaltung und den neu in das Körperschaftsteuergesetz (KStG) a. F. eingefügten § 7 a mit Zustimmung der Gesellschafter der vertragschließenden Firmen dahin geändert und ergänzt, daß die zum 31. Dezember 1969 ausgesprochene Kündigung in beiderseitigem Einvernehmen aufgehoben und der bisherige Organvertrag auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird. Des weiteren heißt es in den Verträgen u.a.:
"Sofern und soweit etwaige steuerliche Mindestanforderungen an die Gültigkeit dieses Organ- und Gewinnabführungsvertrages nicht erfüllt sein sollten, verpflichten sich die Vertragschließenden, die etwaigen Erfordernisse nachzuholen. Sie sind sich darüber einig, daß diese schon mit Abschluß dieses Vertrags als vereinbart gelten."
In einer als Beschluß einer Gesellschafterversammlung bezeichneten, von M unterzeichneten privatschriftlichen Vereinbarung vom 12. März 1970 ist dazu ergänzend festgestellt:
"Nach Auffassung der Gesellschafter und von Herrn ... ist mit der Anerkennung der Organverträge durch das FA auch weiterhin zu rechnen, weil die Geschäftsanteile der beiden Organfirmen...bei der OG aktiviert sind und hierfür den Gesellschaftern auch der Gegenwert gutgeschrieben worden ist.
Trotz des gemachten Vorbehalts haben die Gesellschafter aufgrund gemachter Erfahrungen Bedenken, weil noch keine genauen Entscheidungen der Finanzbehörden vorliegen. Sollte daher die nächste Betriebsprüfung zu Beanstandungen führen, so gilt schon heute als fest vereinbart, daß die Geschäftsanteile von dem Tag an als veräußert gelten und in das echte Betriebsvermögen übergegangen sind, welcher für die weitere und künftige steuerliche Anerkennung der Organschaften zwingend erforderlich ist...
Ergibt die Betriebsprüfung, daß dies nicht erforderlich ist, so verbleibt es bei der seitherigen Handhabung wonach die Anteile bei der OG als betriebsnotwendiges Vermögen weiterhin behandelt werden, in der Person der Gesellschafter jedoch keine Änderung beantragt wird."
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20. Dezember 1972 übertrugen die Eheleute M ihren Geschäftsanteil an der X-GmbH und der Y-GmbH ohne Gegenleistung auf die Klägerin.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) hatte bis 1969 die Organverhältnisse mit Ergebnisabführung anerkannt. Im Rahmen der Gewinnfeststellungen für die Klägerin für die Streitjahre 1970 bis 1972 lehnte es das FA ab, Organverhältnisse der X-GmbH und der Y-GmbH zur Klägerin anzuerkennen und die Verluste der beiden GmbH der Klägerin zuzurechnen. Da die Gesellschafter der Klägerin nur beschränkt einkommensteuerpflichtig seien, erfordere gemäß § 7 a Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 KStG a. F. die finanzielle Eingliederung, daß die Geschäftsanteile der beiden GmbH Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) der Klägerin seien; hieran fehle es. Demgemäß stellte das FA Gewinne der Klägerin fest, und zwar von 118 996 DM für 1970, 171 790 DM für 1971 und 578 799 DM für 1972.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, daß die Verluste der X-GmbH und der Y-GmbH der Klägerin in den Jahren 1970 bis 1972 nicht zugerechnet werden könnten, weil die Organgesellschaften nicht, wie gemäß § 7 a Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 KStG a. F. (= § 14 Nr. 3 Satz 3 KStG 1977) erforderlich, im Verhältnis zur Klägerin selbst finanziell eingegliedert gewesen seien. Die Klägerin sei weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich Eigentümerin der Geschäftsanteile der beiden GmbH gewesen. Die Vereinbarungen vom März 1970 könnten zu keiner anderen Beurteilung führen, weil es zu einer wirksamen Übertragung der Geschäftsanteile bzw. der Begründung einer Verpflichtung zu einer solchen Übertragung notariell beurkundeter Verträge bedurft hätte (§ 15 Abs. 3 und 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung -- GmbHG --).
Mit der Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Gewinnfeststellungsbescheide 1970 bis 1972 dahin zu ändern, daß die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb für 1970 auf ./. 50 441 DM, für 1971 auf ./. 370 096 DM und für 1972 auf 67 473 DM festgestellt werden. Die Klägerin rügt Verletzung materiellen Rechts. Sie hält die steuerrechtliche Anerkennung der Organverhältnisse der beiden GmbH zur Klägerin für geboten.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Gemäß § 7 a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 i. V. m. Abs. 5 KStG i. d. F. vom 13. Oktober 1969 -- KStG 1968 -- (BGBl I 1969, 1869, BStBl I 1969, 633) ist das (positive oder negative) Einkommen einer Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) dem Organträger zuzurechnen, sofern der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen und unmittelbar in einem Maße beteiligt ist, daß ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung) und die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist.
Organträger kann u. a. eine unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person oder eine Personengesellschaft i. S. von § 15 (Abs. 1) Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland sein (§ 7 a Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 KStG a. F. =§ 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1977). Ist der Organträger eine Personengesellschaft i. S. von § 15 (Abs. 1) Nr. 2 EStG und sind ein oder mehrere Gesellschafter dieser Personengesellschaft beschränkt einkommensteuerpflichtig, so müssen gemäß § 7 a Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 KStG a. F. (=§ 14 Nr. 3 Satz 3, evtl. i. V. m. § 17 KStG 1977) "die Voraussetzungen der Ziffern 1 und 2 im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst erfüllt sein".
Im Streitfall begehrt die Klägerin, eine KG, daß ihr als Organträger die Verluste der X-GmbH und der Y-GmbH zugerechnet werden. Die Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren 1970 bis 1972 nur beschränkt einkommensteuerpflichtig. Demgemäß ist tatbestandliche Voraussetzung der beantragten Einkommenszurechnung, daß nicht nur die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung (§ 7 a Abs. 1 Nr. 2 KStG a.F.), sondern auch die finanzielle Eingliederung (§ 7 a Abs. 1 Nr. 1 KStG a.F.) im Verhältnis zur Klägerin "selbst" gegeben war.
2. Im steuerrechtlichen Schrifttum wird, wie die Vorentscheidung im einzelnen dargelegt hat, überwiegend die Auffassung vertreten, daß die finanzielle Eingliederung i. S. von § 7 a Abs. 1 Nr. 1 KStG a. F. (Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft in einem Maße, daß ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen zusteht) nur dann im Verhältnis zu einer OHG oder KG als Organträger "selbst" erfüllt ist, wenn die Anteile an der Organgesellschaft zum Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) der OHG oder KG gehören oder zumindest wirtschaftliches Eigentum (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) der OHG oder KG an den Anteilen gegeben ist; danach reicht es bei Beteiligung beschränkt einkommensteuerpflichtiger Gesellschafter einer Personengesellschaft für die finanzielle Eingliederung "im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst" nicht aus, daß die Anteile an der Organgesellschaft im Eigentum der Gesellschafter der Personengesellschaft stehen und in der Gesamtbilanz der Personengesellschaft als Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter ausgewiesen sind (s. insbesondere Niemann, Die Organschaft zu einer Personengesellschaft und die Organschaft zu mehreren Unternehmen, 1977, S. 37 bis 40; Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 286; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 14 KStG 1977 Rz. 173; Hübl, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A -- DStZ/A -- 1969, 290, 291 linke Spalte; Schmidt/Steppert, Die Organschaft, 3. Aufl., S. 70 bis 71 sowie S. 180 bis 181; nicht eindeutig Felix/Streck, KStG, Körperschaftsteuergesetz 1977, § 14 Anm. 41).
Hiervon geht auch die Finanzverwaltung aus (Abschn. 52 Abs. 1 Satz 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien -- KStR -- 1977; Tz. 8 der Anlage zum Schreiben. des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen -- BMWF -- vom 30. Dezember 1971, BStBl I 1972, 2).
Die Vorentscheidung ist dieser Rechtsansicht gefolgt. Auch der Senat schließt sich ihr an.
a) Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig. Wenn das Gesetz fordert, daß sowohl die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung (Nr. 2) als auch die finanzielle Eingliederung (Nr. 1) "im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst" gegeben sein muß, so kann dies nach dem Sprachgebrauch des § 7 a KStG a. F., insbesondere im Hinblick darauf, daß das Gesetz die Personengesellschaft und nicht etwa ihre Gesellschafter ausdrücklich als Organträger bezeichnet (§ 7 a Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 KStG a. F.) nur bedeuten, daß die Personengesellschaft als solche ein gewerbliches Unternehmen betreiben muß, in das die Organgesellschaft wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert sein kann und daß die Beteiligung an der Organgesellschaft, die gemäß § 7 a Abs. 1 Nr. 1 KStG a. F. die finanzielle Eingliederung vermittelt, eine solche der Personengesellschaft "selbst" sein muß; nach allgemeinem steuerrechtlichen Sprachgebrauch ist sie dies aber nur dann, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft zivilrechtlich zum Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) der Personengesellschaft gehört oder ihr zumindest nach den besonderen steuerrechtlichen Zurechnungsnormen wie Gesamthandsvermögen als wirtschaftliche Eigentümerin zuzurechnen ist.Der Senat kann der Revision nicht darin folgen, daß der Gesetzeswortlaut ("im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst") auch einen Sachverhalt abdecke, demzufolge die Personengesellschaft selbst zwar weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich Anteilseignerin ist, die Gesellschafter der Personengesellschaft dieser aber "ihre aus dem Anteilsbesitz herrührende Machtstellung . . . zur Verfügung gestellt" haben. Denn da das Gesetz unmißverständlich sagt, daß eine "Machtstellung" des Organträgers über die Organgesellschaft nur dann "finanzielle Eingliederung" im Sinne der organschaftlichen Zurechnungsvoraussetzungen ist, wenn sie aus einer "Beteiligung" herrührt, kann das Erfordernis einer finanziellen Eingliederung im Verhältnis zum Organträger selbst eben nur eine Machtstellung aufgrund einer Beteiligung des Organträgers selbst zum Inhalt haben. Auch Döllerer (Betriebs-Berater -- BB -- 1975, 1073/1075), auf den die Revision offenbar unausgesprochen Bezug nehmen will, geht davon aus, daß dann, wenn einzelne Gesellschafter "ihre rechtliche und tatsächliche Stellung der Personengesellschaft überlassen" haben, die Eingliederungsvoraussetzungen "im Verhältnis zu einzelnen Gesellschaftern der Personengesellschaft" und nicht etwa zur Personengesellschaft selbst erfüllt sind.
Demgemäß ist, was die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung anlangt, schlechthin unstreitig, daß eine sogenannte Mehrmütter-Organschaft, bei der sich mehrere Gewerbetreibende zum Zwecke einheitlicher Willensbildung gegenüber einer Organgesellschaft zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen haben, die ihrerseits nicht selbst eigengewerblich tätig ist, und bei der demgemäß eine Eingliederung nur im Verhältnis zu den gewerblichen Unternehmen der Gesellschafter gegeben sein kann (vgl. Abschn. 52 Abs. 6 KStR 1977), im Anwendungsbereich des § 7 a Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 KStG a. F. (=§ 14 Nr. 3 Satz 3 KStG 1977) ausgeschlossen ist, weil es u. a. an der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung "im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst" fehlt. Für die finanzielle Eingliederung kann dann nichts anderes gelten.
b) Der Senat kann offenlassen, ob auch Entstehungsgeschichte und Zweck der gesetzlichen Regelung zwingend nur dieses Gesetzesverständnis erlauben. Denn jedenfalls können Entstehungsgeschichte und Zweck des Gesetzes nicht rechtfertigen, dieses entgegen seinem eindeutigen Wortlaut dahin auszulegen, daß eine finanzielle Eingliederung im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst auch gegeben ist, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft den Gesellschaftern der Personengesellschaft gehört, diese aber der Personengesellschaft ihre "Machtstellung" (jederzeit widerruflich) zur Ausübung überlassen haben.
Wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, sollte die Regelung in § 7 a Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 KStG a. F. (im Regierungsentwurf noch § 7 a Nr. 2 Satz 3) sicherstellen, "daß die Voraussetzungen der Organschaft auch dann nachprüfbar sind, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft (Organträger) nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind" (BT-Drucks. V/3017 S. 8). Die Revision meint hierzu, Schwierigkeiten bezüglich der Nachprüfbarkeit der Organschaftsvoraussetzungen seien auch dann nicht gegeben, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft den Gesellschaftern der Personengesellschaft gehöre, in der Steuerbilanz als Sonderbetriebsvermögen ausgewiesen sei und zwischen der Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern ein Vertrag über die "Zurverfügungstellung der gesellschaftlichen Herrschaftsmacht" abgeschlossen sei, der sich bei den Unterlagen der deutschen Personengesellschaft befinden müsse. Der Revision ist zuzugeben, daß dies im Einzelfalle zutreffen kann. Die Revision verkennt mit ihrem Einwand aber, daß das Gesetz gerade nicht auf die Nachprüfbarkeit im Einzelfalle abstellt, sondern bei Beteiligung beschränkt Steuerpflichtiger an der Personengesellschaft die organschaftliche Einkommenszurechnung von generellen, im Wege typisierender Betrachtung gewonnenen Anforderungen abhängig macht, und dies auf Gründen beruht, die jedenfalls nicht sachfremd sind. Denn es ist offensichtlich, daß zur Frage, ob und ggf. welche Vereinbarungen im einzelnen zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern hinsichtlich der Anteile an der Organgesellschaft getroffen sind, jedenfalls eher und zuverlässiger Klarheit zu gewinnen ist, wenn alle Beteiligten im Inland ansässig sind. Hinzu kommt, daß unabhängig von den Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen über den Zweck des § 7 a Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 KStG a. F., so wie sich diese Vorstellungen in den Gesetzesmaterialien niedergeschlagen haben, weitere Sachgründe dafür sprechen, die organschaftliche Einkommenszurechnung der Personengesellschaft mit beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern an die Voraussetzung zu knüpfen, daß die Anteile an der Organgesellschaft zum Gesellschaftsvermögen des Organträgers gehören und nicht lediglich Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter sind. Einer dieser Gründe ist etwa, daß ein bei der Veräußerung der Organbeteiligung entstehender Steueranspruch ohne weiteres durch Zugriff auf den Veräußerungserlös realisiert werden kann, wenn die Anteile an der Organgesellschaft und demgemäß auch der Veräußerungserlös zum Gesellschaftsvermögen einer inländischen Personengesellschaft gehören (R. Thiel, Steuerkongreßreport 1971, 179, 183; Niemann. a. a. O., S. 40). Noch gewichtiger erscheint dem Senat aber, daß Besteuerungskonflikte zwischen dem Wohnsitzstaat der Gesellschafter der Personengesellschaft und der Bundesrepublik hinsichtlich der Anteile an der Organgesellschaft und deren Erträge weit eher vermieden werden können, wenn die Anteile Gesellschaftsvermögen der in der Bundesrepublik ansässigen Personengesellschaft sind, als wenn sie nur Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter sind.
3. Im Streitfall gehörten die Anteile an der X-GmbH und an der Y-GmbH am jeweiligen Beginn der Streitjahre 1970 bis 1972 zivilrechtlich nicht zum Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) der Klägerin. Auch die Revision stellt dies nicht mehr in Frage.
4. Zu Unrecht meint die Revision, die Klägerin sei jedoch am jeweiligen Beginn der Streitjahre wirtschaftliche Eigentümerin der Geschäftsanteile gewesen.
Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, daß er den rechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO 1977). Die Revision macht geltend, daß in den Organverträgen von 1960 bzw. 1963, auf die in den für die Streitjahre maßgebenden Organverträgen vom 5. März 1970 Bezug genommen sei, bestimmt sei, daß die beiden einzigen Gesellschafter der X-GmbH und der Y-GmbH "sämtliche Rechte und Pflichten aus allen Geschäftsanteilen" an die Klägerin "übertragen" hätten, und daß dies wirtschaftliches Eigentum der Klägerin an den Geschäftsanteilen begründe. Dem kann der Senat nicht folgen. Abgesehen davon, daß die Organverträge keine Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Gesellschaftern der beiden GmbH, sondern zwischen der Klägerin und diesen GmbH zum Inhalt haben, fehlt es an der für wirtschaftliches Eigentum erforderlichen Verdrängung der rechtlichen Eigentümer auf Dauer. Es ist weder festgestellt noch vorgetragen, daß und aus welchen Gründen die Eheleute M rechtlich gehindert waren, sich von der -- unterstellt vereinbarten -- "Zurverfügungstellung" ihrer "gesellschafterlichen Machtstellung" an die Klägerin wieder zu lösen und insbesondere die Geschäftsanteile an Dritte zu veräußern.
Auch ein Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin als Treugeberin und den Eheleuten M als Treuhänder ist im angefochtenen Urteil nicht festgestellt. Zulässige und begründete Verfahrensrügen sind insoweit nicht erhoben.
5. Schließlich können auch die "Vereinbarungen" vom 5. März und 12. März 1970 nicht rechtfertigen, die Klägerin so zu behandeln, als ob sie am Beginn der jeweiligen Streitjahre 1970 bis 1972 rechtliche oder wirtschaftliche Eigentümerin der Geschäftsanteile an den beiden GmbH gewesen wäre.
Die Vorentscheidung hat insoweit ausgeführt, die schriftlichen Vereinbarungen vom März 1970 führten zu keiner wirksamen Übertragung der Anteile an die Klägerin, da es dazu eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages bedurft hätte (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Der notariellen Form hätte auch die Verpflichtung zur Abtretung bedurft (§ 15 Abs. 4 GmbHG). Die Folge einer fehlerhaften Beurkundung sei die Nichtigkeit der Verpflichtung zur Abtretung gewesen (§ 125 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --). Der im Dezember 1972 abgeschlossene formgültige Abtretungsvertrag habe zwar einen formnichtigen schuldrechtlichen Vertrag geheilt, aber erst vom Zeitpunkt der formgerechten Abtretung an. Im übrigen reiche ein nur schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung der Anteile zur Begründung der finanziellen Eingliederung nicht aus (BFH-Urteil vom 25. September 1968 I 52/64, BFHE 93, 444, BStBl II 1969, 18, 24). Außerdem könne eine vertraglich vereinbarte Rückwirkung der Übertragung von Anteilen des Organs an den Organträger steuerrechtlich nicht anerkannt werden. Tatsächlich fehlende Verhältnisse könnten für die Vergangenheit nicht rückwirkend als vorhanden anerkannt werden (BFH-Urteil vom 18. Juni 1969 I R 110/68, BFHE 96, 54, BStBl II 1969, 569).
Die Revision meint demgegenüber unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 27. Oktober 1967 VI R 127/66 (BFHE 90, 478, BStBl II 1968, 142), trotz des Formmangels seien die Geschäftsanteile aufgrund der Vereinbarungen vom März 1970 der Klägerin zuzurechnen, weil die Beteiligten den Vertrag als gültig angesehen hätten, faktisch vertragsentsprechend gehandelt worden sei und die Beteiligten die Mängel des Vertrags später geheilt hätten. Dem kann der Senat nicht beipflichten. Zum einen ist in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt, daß sich die Beteiligten des Formmangels nicht bewußt waren, also den Vertrag als gültig angesehen hätten. Zulässige und begründete Verfahrensrügen sind insoweit nicht erhoben. Die allgemeine Lebenserfahrung spricht dagegen, daß der geschäftserfahrene M nicht wußte, daß die Übertragung von GmbH-Anteilen der notariellen Beurkundung bedarf; demgemäß ist in der Vereinbarung vom 12. März 1970 auch ausdrücklich von einer späteren Durchführung der Übertragung "in notarieller Form" die Rede. Zum anderen unterscheidet sich der Streitfall vom Sachverhalt der von der Revision zitierten BFH-Entscheidung insofern wesentlich, als es an einer Übertragung des "Eigenbesitzes" fehlt. Die Nr. 4 des Organschaftsvertrags vom 5. März 1970 enthält lediglich eine Verpflichtung der Beteiligten, im Bedarfsfall die "Mindestanforderungen" an die Gültigkeit des Organvertrags nachzuholen, d. h. evtl. künftig die Geschäftsanteile auf die Klägerin zu übertragen. In der als Gesellschafterbeschluß bezeichneten Vereinbarung vom 12. März 1970 wird ausdrücklich von der zukünftigen Stellungnahme der Finanzverwaltung abhängig gemacht, ob die Anteile künftig, dann jedoch mit Rückwirkung in notarieller Form, auf die Klägerin übertragen werden. In einer Vereinbarung, in der offenbleibt, ob es künftig überhaupt zu einer rechtlichen Anteilsübertragung auf die Klägerin kommen wird, kann keine Übertragung des Eigenbesitzes (§ 872 BGB) auf die Klägerin gesehen werden.
Es kann deshalb auf sich beruhen, welche rechtliche Bedeutung dem vom FA in der Revisionserwiderung hervorgehobenen Umstand beizumessen ist, daß die Vereinbarungen vom 5. und 12. März 1970 jeweils nur von M, nicht hingegen auch von Frau M unterzeichnet sind.
Fundstellen
Haufe-Index 74730 |
BStBl II 1983, 690 |
BFHE 1983, 433 |