Leitsatz (amtlich)
Bei gewerblicher Bodenbewirtschaftung - hier bei dem Betrieb eines Steinbruchunternehmens - sind Absetzungen für Substanzverringerung nur zulässig, wenn tatsächliche oder fiktive Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut im Sinne des Einkommensteuerrechts gegeben sind.
Normenkette
EStG 1969 § 7 Abs. 6, § 15 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - erzielt gewerbliche Einkünfte durch Überlassung von Steinvorkommen an eine Betriebs-GmbH. Die Klägerin entstand dadurch, daß M seine Tochter mit Vertrag vom 1. Juli 1967 in das von ihm bisher als Einzelunternehmer betriebene Schotterwerk aufnahm. In den Jahren 1964 bis 1967 erwarb M, der auch eine Landwirtschaft unterhält, von anderen Landwirten durch Kauf und Tausch Grundstücke mit einer Gesamtfläche von ...ha, die an den Steinbruch angrenzen. Er bezahlte bis zu 1 DM je Quadratmeter. Einen Hinweis auf Steinvorkommen enthielten die Kauf- und Tauschverträge nicht. Nach seinen Angaben wußte M. bei Vertragsabschluß nicht, daß unter der Erdkrume des erworbenen Geländes verwertbare Bodenschätze lagern. Die Grundstücke wurden in den Bilanzen des Einzelunternehmens, nach dem 1. Juli 1967 in den Bilanzen der Klägerin ausgewiesen. M nutzte die erworbenen Flächen im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs. Am 20. Januar 1970 gab das Landratsamt die Ausbeutung der in den Grundstücken enthaltenen Steinvorkommen frei. Seither verwertet die Klägerin diesen Bodenschatz.
Während einer Betriebsprüfung im Jahre 1973 beantragte die Klägerin, die genannten Grundstücke gewinnneutral zum 31. Dezember 1969 auszubuchen, da es sich um landwirtschaftlich genutzte Flächen handele. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte diesem Antrag. Außerdem begehrte die Klägerin, das vom Landratsamt zur Verwertung freigegebene Steinvorkommen als Einlage des Gesellschafters M zum Teilwert von ... DM in die Bilanz einzustellen und hiervon jährlich ... DM für Substanzverringerung abzusetzen (§ 7 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Das FA lehnte diesen Antrag bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Jahre 1970 und 1971 ab. Einspruch und Klage der Klägerin hatten keinen Erfolg.
Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie rügt Verletzung der Aufklärungspflicht und des materiellen Rechts und führt aus, das FG sei nicht darauf eingegangen, daß die Grundstücke zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen ihres Gesellschafters M gehört hätten. Das unter der Erdoberfläche lagernde Schottervorkommen habe daher nicht notwendiges Betriebsvermögen sein können. Grundstück und darunter lagerndes Steinvorkommen seien jeweils verschiedene Wirtschaftsgüter. Das Überlassen des Steinvorkommens an die Klägerin zum Zwecke der Ausbeutung sei eine Einlage, die mit dem Teilwert zu bewerten sei. Zwischen Erwerb und Einlage habe ein Zeitraum von mehr als drei Jahren gelegen. Der Zeitpunkt der Einlage liege nach der im Jahre 1970 erteilten Ausbeutegenehmigung des Landratsamtes.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Zuführung des Schottervorkommens 1970 als Einlage des Gesellschafters M mit einem Teilwert von ... DM und eine jährliche Absetzung für Substanzverringerung in Höhe von 20 v. H. der Einlage anzuerkennen und die einheitlichen Gewinnfeststellungen entsprechend zu berichtigen.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Die Absetzungen für Substanzverringerung bemessen sich nach § 7 Abs. 6 EStG i. V. m. Abs. 1 dieser Vorschrift nach den tatsächlichen, u. U. nach den fiktiven Anschaffungskosten. Das FG hat im Streitfall zutreffend die begehrten Absetzungen für Substanzverringerung versagt.
1. Wie sich aus § 7 Abs. 1 und 6 EStG ergibt, muß sich der Anschaffungsaufwand auf ein Wirtschaftsgut beziehen. Ein unter der Erdoberfläche lagerndes Steinvorkommen kann nicht ohne weiteres als Wirtschaftsgut angesehen werden. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Februar 1978 VIII R 176/73 (BFHE 124, 450, BStBl II 1978, 343) soll nach dem Zweck der genannten Vorschriften nicht ein Wertverlust, der beim Abbau von Bodenschätzen am Grundstück entsteht, ausgeglichen werden; es soll vielmehr der Aufwand für den Erwerb eines Wirtschaftsguts auf den Zeitraum seiner Nutzung verteilt werden.
In der genannten Entscheidung ist unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung weiterhin ausgeführt, daß ein Bodenschatz nicht schon durch sein bloßes Vorhandensein als ein selbständiges - vom Grund und Boden zu unterscheidendes - Wirtschaftsgut zu betrachten ist. Bürgerlich-rechtlich bildet im Streitfall der Bodenschatz mit dem Grund und Boden eine Einheit. Solange der Eigentümer den zum Grund und Boden gehörenden Bodenschatz, für den bisher keine Aufwendungen gemacht wurden, nicht selbst nutzt oder durch einen anderen nutzen läßt, ist dieser einer selbständigen Bewertung nicht zugänglich und damit ertragsteuerrechtlich ohne Bedeutung. Als Wirtschaftsgut greifbar und damit zum Wirschaftsgut im einkommensteuerrechtlichen Sinne wird der Bodenschatz erst dann, wenn der Eigentümer über ihn verfügt. Das ist der Fall, wenn der Bodenschatz zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebracht wird, d. h. wenn z. B. mit seiner Aufschließung begonnen wird oder mit ihr zu rechnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juni 1977 IV R 17/73, BFHE 123, 140, BStBl II 1977, 825). Als Wirtschaftsgut greifbar wird der Bodenschatz aber auch dann, wenn ein Abbauunternehmer ein den Bodenschatz enthaltendes Grundstück erwirbt und einen entsprechenden Preis nicht nur für das Grundstück, sondern auch für den unter der Erdoberfläche lagernden Bodenschatz zahlt.
2. Nach dem unstreitigen Sachverhalt hat M bei dem hier in Rede stehenden Grundstückserwerb nichts für die unter der Erdoberfläche lagernden Steinvorkommen gezahlt. Mit dem bloßen Erwerb der Grundstücke sind somit die Bodenschätze als Wirtschaftsgut noch nicht in Erscheinung getreten, nicht greifbar geworden. Solange über das Steinvorkommen in diesen Grundstücken nicht in erkennbarer Weise verfügt worden ist, hat dieser Zustand fortgedauert. Ein selbständiges Wirtschaftsgut "Steinvorkommen" war weder im Privatvermögen des M noch in dessen gewerblichem Betriebsvermögen noch in dessen landwirtschaftlichem Betriebsvermögen in Erscheinung getreten; ein diesen Vermögensbereichen zuzuordnendes Wirtschaftsgut war nicht vorhanden. In der BFH-Entscheidung VIII R 176/73 ist ausgeführt, daß auch im privaten Bereich ein Bodenschatz erst zu einem Wirtschaftsgut wird, wenn mit dem Abbau des Vorkommens zu rechnen ist. Die Konkretisierung eines Wirtschaftsguts "Steinvorkommen" kann auch nicht dadurch eingetreten sein, daß M seinen bisher als Einzelunternehmen geführten Steinbruchbetrieb später zu Buchwerten in die von ihm und seiner Tochter gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht hat.
Bei dem gegebenen Sachverhalt - schon vorhandener Steinbruchbetrieb eines Einzelunternehmers; sodann Betrieb einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - hat sich die Konkretisierung der Steinvorkommen in den hinzugekauften Grundstücken zu einem selbständigen Wirtschaftsgut ausschließlich im gewerblichen Bereich vollzogen. Die Verwirklichung der Ausbeutungsabsicht, z. B. die Stellung von Anträgen bei den zuständigen Behörden zur Freigabe der Ausbeutung oder der Beginn der Aufschließung, waren betriebliche Handlungen. Sie dienten der Fortsetzung oder der Vergrößerung des bisher schon vorhandenen Gewerbebetriebs. Das Steinvorkommen ist somit - hier schließt sich der erkennende Senat der Auffassung des FG an - originär im Bereich eines Gewerbebetriebs zu einem selbständigen Wirtschaftsgut geworden. Die originäre Entstehung dieses Wirtschaftsguts kann im Streitfall noch während der Zeit, während welcher das Steinbruchunternehmen als Einzelunternehmen geführt worden ist, aber auch während des Bestehens der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetreten sein. Dem muß die vermögensmäßige Zurechnung entsprechen. Das zu einem Wirtschaftsgut gewordene Steinvorkommen gehörte notwendigerweise je nach dem Zeitpunkt der Konkretisierung zu dem gewerblichen Betriebsvermögen des M und ist später zu Buchwerten in das Betriebsvermögen der Gesellschaft eingebracht worden, oder es ist im Rahmen der Gesellschaft Sonderbetriebsvermögen des M geworden; bei Konkretisierung nach Gründung der Gesellschaft ist das Steinvorkommen Betriebsvermögen der Gesellschaft oder Sonderbetriebsvermögen des M geworden.
Bei dieser Sachlage kommt eine Konkretisierung des Steinvorkommens zu einem selbständigen Wirtschaftsgut in einer anderen Vermögenssphäre, sei es im privaten Bereich oder im Bereich des landwirtschaftlichen Betriebs des M, nicht in Betracht. Das als Wirtschaftsgut zutage getretene Steinvorkommen war weder dem privaten Bereich noch dem landwirtschaftlichen Betrieb des M zu dienen bestimmt. Da es allein im gewerblichen Bereich durch darauf gerichtete Handlungen originär entstanden ist, scheidet entgegen der Auffassung der Revision eine Einlage aus dem privaten Vermögen oder eine Entnahme aus dem landwirtschaftlichen Betrieb und eine dementsprechende Einlage in den gewerblichen Betrieb aus. Demzufolge können auch keine fiktiven Anschaffungskosten für das Steinvorkommen angesetzt werden, auf die gegebenenfalls Absetzungen für Substanzverringerung vorgenommen werden können. Eine Einlage des Steinvorkommens aus einer anderen Vermögenssphäre würde, wie schon ausgeführt, voraussetzen, daß ein selbständiges Wirtschaftsgut "Steinvorkommen" schon dort - im Bereich außerhalb des Gewerbebetriebs - entstanden und vorhanden gewesen wäre. Das ist aber nicht der Fall. Die Rüge der Klägerin, das FG hätte näher aufklären oder würdigen müssen, daß die das Steinvorkommen enthaltenden Grundstücke seinerzeit für den landwirtschaftlichen Betrieb angeschafft und sodann landwirtschaftlich genutzt worden seien, geht daher ins Leere.
Fundstellen
Haufe-Index 73204 |
BStBl II 1979, 624 |
BFHE 1979, 226 |