Entscheidungsstichwort (Thema)
(Kraftfahrzeugsteuer für Wohnmobil)
Leitsatz (amtlich)
Ein Wohnmobil mit zulässigem Gesamtgewicht bis 2,8 t, das außer dem Führersitz Plätze für nicht mehr als acht Personen hat, ist kraftfahrzeugsteuerrechtlich als "Personenkraftwagen" zu beurteilen und unterliegt der Kraftfahrzeugbesteuerung nach dem Hubraum, soweit es durch Hubkolbenmotor angetrieben wird (Ergänzung der Rechtsprechung).
Normenkette
KraftStG 1979 § 8 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 2 S. 1; StVZO § 23 Abs. 1 S. 6, § 15d Abs. 1 Nr. 1; PBefG § 4 Abs. 4 Nr. 1
Tatbestand
I. Für den Kläger und Revisionskläger ist ein von dem beklagten und revisionsbeklagten Finanzamt als Personenkraftwagen (PKW) angesehenes Wohnmobil --zulässiges Gesamtgewicht 2 800 kg, sechs Sitzplätze (einschließlich Führerplatz und Notsitze)-- zum Verkehr zugelassen, dessen Halten der Hubraumbesteuerung unterworfen wurde.
Die Klage, mit der der Kläger eine Herabsetzung der Kraftfahrzeugsteuer unter Anwendung der für ihn günstigeren Gewichtsbesteuerung (für "andere" Fahrzeuge) begehrte, wurde abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) entschied mit Bezug auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.Juni 1983 II R 64/82 (BFHE 138, 493, BStBl II 1983, 747), das Fahrzeug des Klägers sei aufgrund seines 2,8 t nicht überschreitenden Gesamtgewichts --auch mit sechs Sitzplätzen-- als PKW zu beurteilen. Auf die Möglichkeit einer Umrüstung (Erhöhung des Gesamtgewichts auf über 2,8 t) komme es nicht an, auch nicht auf geringere Gewichtsgrenzen für kraftfahrzeugsteuerbegünstigte PKW.
Mit der Revision macht der Kläger im wesentlichen geltend, die Entscheidung in BFHE 138, 493 sei nicht einschlägig, weil sich diese nur auf ein umgebautes Kombi-Fahrzeug mit 2,3 t Gesamtgewicht und fünf Sitzplätzen beziehe. Im Streitfall handele es sich zulassungsrechtlich um ein "sonstiges" Kfz mit Gasanlage für Heizung und Küche, ohne Sicherheitsgurte für die rückwärtigen vier Notsitze, das kein PKW sei. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß die vom BFH angenommene Gesetzeslücke infolge der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderungen nicht mehr bestehe.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat richtig entschieden, daß das Halten des Wohnmobils des Klägers der Kraftfahrzeugbesteuerung nach dem Hubraum unterliegt, weil das Fahrzeug als PKW (§ 8 Nr.1, § 9 Abs.1 Nr.2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes --KraftStG-- 1979) anzusehen ist.
Eine eigenständige Bestimmung des Begriffs "Personenkraftwagen", wie sie früher § 10 Abs.2 KraftStG 1972 enthielt, fehlt im geltenden Kraftfahrzeugsteuerrecht. Da es sich um einen Begriff des Verkehrsrechts handelt, sind insoweit die verkehrsrechtlichen Vorschriften maßgebend (§ 2 Abs.2 Satz 1 KraftStG 1979). Aus § 15d Abs.1 Nr.1 der Straßenverkehrs-Zulassungs- Ordnung (StVZO) läßt sich entnehmen, daß PKW nach Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit nicht mehr als acht Fahrgastplätzen sind (vgl. auch § 4 Abs.4 Nr.1 des Personenbeförderungsgesetzes), aus § 23 Abs.1 Satz 6 StVZO (Bezeichnung im Antrag auf Zulassung), daß als PKW auch Kraftfahrzeuge mit zulässigem Gesamtgewicht von nicht mehr als 2,8 t anzusehen sind, wenn sie nach Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, wahlweise vorwiegend der Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern zu dienen, und sie außer dem Führersitz Plätze für nicht mehr als acht Personen aufweisen (Kombinationskraftwagen; vgl. auch § 72 Abs.2 --zu § 23 Abs.1 letzter Satz-- StVZO). Eine ausdrückliche Verkehrsvorschrift über die Einstufung von Wohnmobilen --Fahrzeuge, die nach Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, Personen zu befördern und ihnen das vorübergehende Wohnen zu ermöglichen-- besteht indessen nicht. Der früher für Kraftfahrzeugsteuersachen zuständige II.Senat hat insoweit eine Gesetzeslücke angenommen und, diese analog § 23 Abs.1 letzter Satz (*= Satz 6) StVZO schließend, entschieden, daß als PKW i.S. von § 8 Nr.1 KraftStG 1979 auch ein Straßenkraftfahrzeug zu beurteilen ist, dessen zulässiges Gesamtgewicht 2,8 t nicht überschreitet und das nach Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt ist, "bis zu fünf Personen" zu befördern und ihnen das vorübergehende Wohnen im Fahrzeug zu ermöglichen (BFHE 138, 493, 497, BStBl II 1983, 747; vgl. auch Berr, Wohnmobile und Wohnanhänger, 1985, Rdnr.605 ff.).
An dieser Rechtsprechung, der der erkennende Senat schon früher beiläufig zugestimmt hat (Urteil vom 5.Februar 1985 VII R 181/82, BFHE 142, 515, 517, BStBl II 1985, 230), ist --mit einer Klarstellung hinsichtlich der Zahl der Plätze-- festzuhalten. Für die Beurteilung, ob Wohnmobile PKW sind, ist an die Verkehrsvorschrift anzuknüpfen, aus der sich die Einstufung von Mehrzweck-Fahrzeugen (Kombinationsfahrzeuge) ergibt, d.h. an § 23 Abs.1 Satz 6 StVZO und die darin bestimmten Abgrenzungen für Gewicht und Anzahl der Plätze. Die in dieser Vorschrift bezeichneten Grenzwerte sind aus den Gründen des Urteils in BFHE 138, 493 analog auch für die Einstufung von Wohnmobilen maßgebend. Zu beachten ist somit nicht nur die Gewichtsgrenze, sondern auch die in der Rechtsvorschrift vorgesehene Begrenzung hinsichtlich der Platzzahl (Senat in BFHE 142, 515, 517, BStBl II 1985, 230; Klein/Olbertz, Kraftfahrzeugsteuergesetz, 2.Aufl. 1987, § 2 Anm.1, § 8 Anm.1; Mößlang, Die Kraftfahrzeugsteuer, Neue Wirtschafts- Briefe Fach 8b S.281; Heinz in Bischoff/Heinz/Kopp, Verkehrsteuern, 3.Aufl. 1992, S.248; Möllinger, Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau 1987, 117 f.; ebenso bereits, jedoch nur im Hinblick auf die Platzzahl, Egly/Mößlang, Kraftfahrzeugsteuer, 3.Aufl. 1981, Abschn.43 *= S.288). Ein Wohnmobil mit bis 2,8 t zulässigem Gesamtgewicht und bis zu acht Fahrgastplätzen ist danach als PKW in Beziehung auf die Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer anzusehen (§ 8 Nr.1 KraftStG 1979; vgl. auch Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 31.Aufl. 1991, § 23 StVZO Anm.18). Die Rechtslage hat sich insoweit nicht geändert.
Entgegen der Ansicht der Revision ist dem Urteil in BFHE 138, 493, BStBl II 1983, 747 nichts Gegenteiliges --geringere Platzzahl-- zu entnehmen. Zwar mag auffallen, daß der II.Senat einerseits die abstrakte Gewichtsgrenze von 2,8 t nennt (obwohl das Fahrzeug im damaligen Streitfall nur ein zulässiges Gesamtgewicht von 2,3 t hatte), andererseits aber die konkrete Zahl der Plätze (für fünf Personen). Dabei kann es sich indessen nur um ein fallbezogenes Merkmal handeln, denn auch der II.Senat ist von § 23 Abs.1 Satz 6 StVZO und der dort bereits damals bestimmten Obergrenze hinsichtlich der Zahl der Fahrgastplätze ausgegangen. Für eine anderweitige Begrenzung gab und gibt es keine Rechtsgrundlage. Eine höhere Zahl von Plätzen (mehr als fünf; etwa ab sieben; vgl. Möllinger, a.a.O.) kann zwar zum Überschreiten der Gewichtsgrenze führen; für sich gesehen bleiben aber bis zu acht Fahrgastplätze verkehrsrechtliches Merkmal eines PKW. In diesem Sinne wäre im übrigen selbst dann zu entscheiden, wenn damit von dem Urteil in BFHE 138, 493, BStBl II 1983, 747 abgewichen würde. Einer Anrufung des Großen Senats bedürfte es nicht, nachdem die Zuständigkeit in Kraftfahrzeugsteuersachen auf den erkennenden Senat übergegangen ist.
Den Feststellungen der Vorinstanz ist zu entnehmen, daß das Wohnmobil des Klägers durch Hubkolbenmotor angetrieben wird. Ausdrücklich festgestellt ist, daß das zulässige Gesamtgewicht von 2,8 t und die Höchstzahl der Fahrgastplätze (für acht Personen) nicht überschritten werden. Damit unterliegt das Halten des Fahrzeugs der Hubraumbesteuerung.
Auf die von der Revision herangezogenen Beurteilungskriterien kommt es demgegenüber nicht an. Im übrigen würde auch eine --fahrzeugtypische-- Ausstattung des Fahrzeugs mit einer Anlage zum Heizen und Kochen nichts an seiner Beschaffenheit als PKW ändern (vgl. auch Egly/Mößlang, a.a.O.). Wie das Fahrzeug in den Fahrzeugpapieren bezeichnet ist, ist ohne Bedeutung. Auch in dem in BFHE 138, 493, BStBl II 1983, 747 entschiedenen Falle handelte es sich um ein "sonstiges" Kraftfahrzeug.
Fundstellen
Haufe-Index 64413 |
BFH/NV 1993, 22 |
BStBl II 1993, 250 |
BFHE 169, 468 |
BFHE 1993, 468 |
BB 1993, 426 (L) |
DStR 1993, 396 (KT) |
HFR 1993, 196 (LT) |
StE 1993, 103 (K) |