Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesonderte Feststellung erstreckt sich auf ein volles Wirtschaftsjahr bei Ausscheiden eines BGB-Gesellschafters; Einspruchsverfahren des ausgeschiedenen Gesellschafters
Leitsatz (amtlich)
1. Die gesonderte Feststellung der Einkünfte erstreckt sich grundsätzlich auf ein volles Wirtschaftsjahr. Das gilt auch für den Fall, daß ein Gesellschafter aus einer mehrgliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausscheidet und das gewerbliche Unternehmen von den verbliebenen Gesellschaftern in der Rechtsform einer atypisch stillen Gesellschaft fortgeführt wird.
2. Das von dem ausgeschiedenen Gesellschafter geführte Einspruchsverfahren erstreckt sich nicht auf solche Geschäftsvorfälle, die eindeutig nur den an der atypisch stillen Gesellschaft Beteiligten zuzurechnen sind.
Orientierungssatz
1. Der bloße Wechsel der Rechtsform einer durchgängig bestehenden Mitunternehmerschaft führt nicht zu einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe oder Betriebsgründung. Das gilt auch dann, wenn einzelne Mitunternehmer im Rahmen der Umwandlung ausscheiden und die Mitunternehmerschaft von den verbleibenden Beteiligten fortgesetzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 12.8.1981; Literatur).
2. Das FA ist bei der Entscheidung über den Einspruch nicht an die vom Einspruchsführer gestellten Anträge gebunden (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.1985 II R 90/83; Literatur) und kann ihm (dem FA) in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterlaufene Fehler berichtigen. Das kann auch dazu führen, daß eine im Einspruchsverfahren getroffene Entscheidung zu Lasten eines zum Verfahren Hinzugezogenen ergeht. Dem steht nicht entgegen, daß das Verböserungsrecht ausdrücklich nur gegenüber dem Einspruchsführer und nicht auch gegenüber dem Hinzugezogenen geregelt ist. Die dem FA eingeräumte Überprüfungsberechtigung und damit dessen Entscheidungsbefugnis findet ihre Grenze in dem angefochtenen Verwaltungsakt als dem formellen Gegenstand des Einspruchs (Literatur).
3. Das FA darf einen zulässigen Einspruch nicht zum Anlaß nehmen, in dem Einspruchsverfahren eine Entscheidung über Sachverhalte zu fällen, bezüglich derer der Einspruchsführer nicht rechtsbehelfsbefugt gewesen wäre.
4. Wird der aus einer Personengesellschaft ausscheidende Gesellschafter mit einem Sachwert abgefunden, den er in sein Privatvermögen übernimmt, entsteht für die verbleibenden Gesellschafter dadurch ein laufender Gewinn (vgl. BFH-Urteil vom 24.5.1973 IV R 64/70; Literatur).
5. Obwohl für die Revisionsschrift ein Briefkopf mit der Bezeichnung "... Steuerberatungsgesellschaft ... KG" verwendet wurde und der Unterschrift des Steuerberaters diese Bezeichnung vorangestellt ist, ist die Revision zulässig, wenn der Steuerberater im Rubrum der Revisionsschrift ausdrücklich als Prozeßbevollmächtigter der Kläger bezeichnet worden ist und er auch selbst die Revisionsschrift unter maschinenschriftlicher Beifügung seines Namens und seiner Berufsbezeichnung unterschrieben hat (vgl. BFH-Urteil vom 13.3.1986 IV R 118/84).
Normenkette
AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, §§ 350, 367 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2a; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 16; AO 1977 § 360 Abs. 3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt ein Speditionsgeschäft, an dem die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) als atypisch stille Gesellschafterin beteiligt ist.
Inhaber des Unternehmens waren bis zum Jahre 1972 der Kläger und seine Ehefrau E als Gesellschafter bürgerlichen Rechts mit einem Anteil von je 50 v.H. Am 23.März 1972 verstarb Frau E. Sie wurde von ihren Töchtern, der Klägerin und der Beigeladenen, beerbt. Der Kläger führte den Betrieb zunächst mit den Erbinnen weiter.
Am 21.Dezember 1973 schlossen die Gesellschafter einen notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag. Darin wurde bestimmt, daß die Speditionsfirma mit allen Aktiven und Passiven auf den Kläger übergehen und von ihm als Alleininhaber weitergeführt werden sollte. Die Beigeladene sollte gegen Erhalt dreier zum Betriebsvermögen gehöriger Grundstücke ausscheiden. Durch Ergänzungsvertrag wurde zusätzlich vereinbart, daß die Klägerin nunmehr als atypisch stille Gesellschafterin an dem Unternehmen beteiligt sein sollte.
Mit geändertem Gewinnfeststellungsbescheid vom 21.Februar 1979, der am 25.Juni 1979 an die Beigeladene abgesandt wurde, stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) antragsgemäß die im Streitjahr erzielten laufenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 258 003 DM und einen Veräußerungsgewinn der Beigeladenen in Höhe von 296 461 DM fest. Dagegen legte die Beigeladene fristgerecht Einspruch ein, mit dem sie u.a. geltend machte, daß der laufende Gewinn zu hoch angesetzt worden sei.
Das FA zog die Kläger gemäß § 360 Abs.3 der Abgabenordnung (AO 1977) zum Einspruchsverfahren hinzu und wies die Beteiligten darauf hin, daß durch die Grundstücksübertragungen auf die Beigeladene stille Reserven aufgedeckt worden seien und daher der laufende Gewinn entsprechend zu erhöhen und den Klägern anteilig zuzurechnen sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.Februar 1981 änderte das FA den Gewinnfeststellungsbescheid, indem es den laufenden Gewinn auf 432 367 DM heraufsetzte. Dabei ermittelte es den auf die Kläger verteilten laufenden Gewinn aus den Grundstücksübertragungen mit 174 364,65 DM.
Die dagegen gerichtete Klage hatte im wesentlichen keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, das FA sei gemäß § 367 Abs.2 AO 1977 berechtigt gewesen, den Gewinnfeststellungsbescheid im Einspruchsverfahren in vollem Umfang erneut zu überprüfen und zum Nachteil der Kläger zu ändern. Ein Verböserungsverbot ergebe sich insbesondere nicht aus § 367 Abs.2 Satz 2 AO 1977. Daß nur zum Nachteil des Einspruchsführers --nicht aber sonstiger Beteiligter-- geändert werden könne, lasse sich der Bestimmung nicht entnehmen.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe § 367 Abs.2 Satz 2 AO 1977 unzutreffend angewendet. Das in dem Gesetz verwendete Wort "auch" bedeute nicht, daß eine gegenüber anderen Beteiligten nachteilige Entscheidung ergehen könne. Wenn der Gesetzgeber eine Verböserung auch gegenüber den Hinzugezogenen gewollt hätte, hätte er etwa formuliert: "Der Verwaltungsakt kann auch zum Nachteil der Beteiligten geändert werden." In der Rechtsnorm werde aber ausdrücklich nur von dem gesprochen, der den Einspruch eingelegt habe. Dies spreche für ihre Auffassung, weil der Gesetzgeber gerade zwischen dem Einspruchsführer und dem Hinzugezogenen als Beteiligtem unterscheide. Zu berücksichtigen sei zudem, daß eine Verböserung zu Lasten von nicht einspruchsführenden Beteiligten deren Vertrauen in die Rechtssicherheit verletze. Das vom FG gefundene Ergebnis könne auch deshalb nicht richtig sein, weil sie im Gegensatz zu einem Einspruchsführer einer für sie nachteiligen Entscheidung nicht hätten entgehen können.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG in vollem Umfang und die Einspruchsentscheidung vom 23.Februar 1981 insoweit aufzuheben, als sie die Höhe des laufenden Gewinns betrifft.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es bezieht sich im wesentlichen auf die Begründung der Vorentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Abänderung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung.
I.
Die Revisionen sind zulässig.
Nach Art.1 Nr.1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) muß sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Revision (Art.1 Nr.1 Satz 2 BFHEntlG). Danach sind Steuerberatungsgesellschaften von der Vertretungsbefugnis ausgeschlossen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluß vom 12.November 1976 III R 14-15/76, BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121; verfassungsrechtlich bestätigt durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7.August 1978 2 BvR 26/77, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1978, 420; vom 25.Juni 1985 VIII R 82/84, BFH/NV 1986, 38, m.w.N.).
Im Streitfall sind die Revisionen durch den zur Vertretung vor dem BFH befugten Steuerberater S eingelegt worden. Er hat sich als persönlich Bevollmächtigter und nicht als Organ der Steuerberatungsgesellschaft Dipl.-Kfm. S & Partner KG gehandelt. Für die Revisionsschrift ist zwar Briefpapier verwendet worden, das im Briefkopf die vorgedruckte Bezeichnung "steuerberatungsgesellschaft dipl.-kfm. s & partner KG" trägt. Außerdem ist der Unterschrift des Steuerberaters S maschinenschriftlich der Name der Steuerberatungsgesellschaft vorangestellt worden. Gleichwohl kann nicht davon ausgegangen werden, die Revision sei von der Steuerberatungsgesellschaft eingelegt worden. Das ergibt sich insbesondere daraus, daß der Steuerberater S im Rubrum der Revisionsschrift ausdrücklich als Prozeßbevollmächtigter der Kläger bezeichnet worden ist und er auch selbst die Revisionsschrift unter maschinenschriftlicher Beifügung seines Namens und seiner Berufsbezeichnung unterschrieben hat. Angesichts dieser von ihm selbst in der Revisionsschrift gemachten Angabe kann die Voranstellung des Namens der Steuerberatungsgesellschaft vor seiner Unterschrift nur als Irrtum betrachtet und die Verwendung ihres Briefbogens als unbeachtlich angesehen werden (vgl. BFH-Urteil vom 13.März 1986 IV R 118/84, BFH/NV 1986, 466). Hinzu kommt, daß der innerhalb der Revisionsfrist eingegangene Telebrief vom 19.Januar 1984, mit dem die Revisionsschrift vom 17.Januar 1984 ergänzt wurde, eindeutig den Steuerberater S als persönlich Bevollmächtigten der Kläger ausweist. Der Steuerberater S ist darin im Briefkopf genannt und ausdrücklich als Bevollmächtigter bezeichnet und hat diesen Schriftsatz auch nur mit seinem Namen unterzeichnet.
II.
Das Urteil des FG ist, soweit es die Klägerin betrifft, im Ergebnis mit der Maßgabe richtig, daß die Klage als unzulässig abzuweisen ist.
Die Klägerin ist nicht klagebefugt.
Nach dem Beschluß des erkennenden Senats vom 24.November 1988 VIII B 90/87 (BFHE 155, 32, BStBl II 1989, 145) ist § 48 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf atypisch stille Gesellschaften in dem Sinne entsprechend anzuwenden, daß an die Stelle der Klagebefugnis der Gesellschaft die des Inhabers des Handelsgeschäfts tritt. Der atypisch stille Gesellschafter ist demzufolge im Regelfall nur klagebefugt, soweit die Höhe seines Gewinnanteils streitig ist oder soweit es sich um eine Frage handelt, die ihn persönlich angeht (§ 48 Abs.1 Nrn.1 und 2 FGO).
Danach stand der Klägerin ein Klagerecht nicht zu. Im Klageverfahren ging es allein um die Höhe des laufenden Gewinns der "atypisch stillen Gesellschaft". Diese Frage gerichtlich klären zu lassen, war nur der Kläger als Inhaber des Handelsgeschäfts berechtigt.
III.
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Das FG hat seine Klage zu Unrecht abgewiesen.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das FA für das gesamte Streitjahr nur einen Gewinnfeststellungsbescheid erlassen hat. Daß die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) am 21.Dezember 1973 unter Ausscheiden der Beigeladenen in eine atypisch stille Gesellschaft mit dem Kläger als Geschäftsinhaber und der Klägerin als atypisch stiller Gesellschafterin umgewandelt wurde, gebot nicht, die Einkünfte der GbR und die der Beteiligten an der atypisch stillen Gesellschaft unabhängig voneinander einheitlich und gesondert festzustellen.
Der BFH hat in den Urteilen vom 14.September 1978 IV R 49/74 (BFHE 126, 262, BStBl II 1979, 159) und vom 24.November 1988 IV R 252/84 (BFHE 155, 255, BStBl II 1989, 312) entschieden, daß sich die gesonderte Feststellung der Einkünfte (§ 180 Abs.1 Nr.2 a AO 1977) grundsätzlich auch dann auf ein volles Wirtschaftsjahr erstreckt, wenn ein Gesellschafter während des Wirtschaftsjahres aus einer mehrgliedrigen Personengesellschaft ausscheidet. Die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres (§ 1 Nr.1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung --EStDV-- 1971, § 8b EStDV) ist in einem solchen Fall nicht zwingend; denn es handelt sich dabei weder um die Aufgabe oder Veräußerung des bisherigen noch um die Gründung eines neuen Betriebes. Die bisherige Personengesellschaft besteht auch nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters unter den übrigen Gesellschaftern weiter. Die Identität bleibt erhalten. Das gilt nicht nur für die Personenhandelsgesellschaften wie OHG und KG, sondern auch für die GbR. Dem Sinn und Zweck des einheitlichen und gesonderten Feststellungsverfahrens widerspricht auch nicht, daß der Ausgeschiedene nur in einem Teil des Jahres zusammen mit anderen gemeinschaftlich Einkünfte erzielt hat. Ebenso braucht der Umstand, daß der Wert des von dem Ausgeschiedenen veräußerten Anteils nach § 4 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder § 5 EStG (§ 16 Abs.2 Satz 2 EStG) für einen außerhalb des Jahresabschlusses liegenden Zeitpunkt ermittelt werden muß, nicht notwendig zu einem abgekürzten Feststellungszeitraum zu führen. Der im BFH-Urteil vom 16.September 1970 I R 64/68 (BFHE 100, 81, BStBl II 1970, 838) vertretenen Auffassung, nach der das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer im übrigen fortgeführten Gesellschaft stets zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres führen soll, folgt der Senat nicht. Einer Anrufung des Großen Senats wegen Abweichung von dieser Entscheidung (§ 11 Abs.3 FGO) bedurfte es nicht, weil die Zuständigkeit auf den erkennenden Senat übergegangen ist.
In Fortführung der Rechtsprechung des IV.Senats bestehen keine Bedenken, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in einem das ganze Jahr umfassenden Bescheid gesondert festzustellen, wenn im Laufe des Wirtschaftsjahres eine Personengesellschaft --wie hier die GbR-- in eine atypisch stille Gesellschaft umgewandelt wird. Zwar ist die atypisch stille Gesellschaft aus zivilrechtlicher Sicht nicht mit der bisherigen Personengesellschaft identisch. Sie ist eine reine Innengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen und betreibt als solche --anders als die Personenhandelsgesellschaft-- kein gewerbliches Unternehmen. Tätig ist nicht die atypisch stille Gesellschaft, sondern nur der Inhaber des Handelsgeschäfts, der regelmäßig der Rechtsträger des dem Handelsgewerbe dienenden Betriebsvermögens ist (vgl. BFH-Urteil vom 12.November 1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311; Döllerer, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1985, 295 und Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 1987/88, 289; Lademann/Söffing/Brockhoff, Einkommensteuergesetz, § 15 Rdnr.257).
Gleichwohl ergibt sich nicht die Notwendigkeit zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres und damit zur Durchführung eines Feststellungsverfahrens für den Zeitraum bis zur Umwandlung. Aus der für die Beurteilung maßgeblichen einkommensteuerrechtlichen Sicht ist die bisher in der Rechtsform einer GbR bestehende Mitunternehmerschaft lediglich in anderer Rechtsform, nämlich einer atypisch stillen Gesellschaft, fortgeführt worden. Der bloße Wechsel der Rechtsform einer durchgängig bestehenden Mitunternehmerschaft führt aber nicht zu einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe oder Betriebsgründung (vgl. BFH-Urteil vom 12.August 1981 I R 65/77, nicht veröffentlicht --NV--; Lademann/Söffing/Brockhoff, a.a.O., § 16 Rdnr.31; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 8.Aufl., § 15 Anm.40 und § 16 Anm.76 am Ende; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Band 1 Einf. UmwG Rdnr.5.3; --el.-- Der Betrieb --DB-- 1962, 12). Das gilt auch dann, wenn einzelne Mitunternehmer im Rahmen der Umwandlung ausscheiden und die Mitunternehmerschaft von den verbliebenen Beteiligten fortgesetzt wird. Insofern kann von einer einkommensteuerrechtlich "formwechselnden" Umwandlung gesprochen werden (vgl. Schmidt, a.a.O.; Widmann/Mayer, a.a.O.). Dem liegt zugrunde, daß die Mitunternehmerschaften einkommensteuerrechtlich (§ 15 Abs.1 Nr.2 und § 16 Abs.1 Nr.2 EStG) weitgehend gleichzubehandeln sind, und zwar unabhängig davon, ob Gesamthandsvermögen vorhanden ist oder nicht. Dagegen spricht nicht, daß nach dem Urteil des erkennenden Senats in BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311 die atypisch stille Gesellschaft keine zumindest partielle "Steuerrechtsfähigkeit" besitzt und nicht "Gewinnermittlungssubjekt" ist. Entscheidend ist die einkommensteuerrechtliche Gleichbehandlung auf der Ebene der Mitunternehmer. Die Durchführung einer Gewinnfeststellung auf den Umwandlungszeitpunkt ist auch nicht im Hinblick auf die Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30 AO 1977) geboten (vgl. Urteil in BFHE 155, 255, BStBl II 1989, 312). Anhaltspunkte für das Vorliegen von Geheimhaltungsinteressen haben sich nicht ergeben.
2. Unzutreffend ist die Auffassung des FG, das FA habe im Einspruchsverfahren die in dem angegriffenen Bescheid festgestellte Höhe des laufenden Gewinns zum Nachteil der Kläger um den Gewinn aus der Übertragung der Grundstücke erhöhen dürfen. Das FG hat die Grenzen des Verböserungsrechts verkannt.
a) Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, ist verpflichtet, die Sache in vollem Umfang erneut zu überprüfen (§ 367 Abs.2 Satz 1 AO 1977). Daraus folgt, daß sie an die von dem Einspruchsführer gestellten Anträge nicht gebunden ist (vgl. BFH-Urteil vom 27.November 1985 II R 90/83, BFHE 145, 122, BStBl II 1986, 243; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 367 AO 1977 Rdnr.4; Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Rdnr.2016) und ihr in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterlaufene Fehler berichtigen kann. Das kann auch dazu führen, daß eine im Einspruchsverfahren getroffene Entscheidung zu Lasten eines zum Verfahren Hinzugezogenen ergeht. Dem steht nicht entgegen, daß das Verböserungsrecht ausdrücklich nur gegenüber dem Einspruchsführer (§ 367 Abs.2 Satz 2 AO 1977) und nicht auch gegenüber dem Hinzugezogenen geregelt ist. Daß eine Entscheidung auch zum Nachteil Hinzugezogener ausfallen kann, folgt aus dem Wesen des einheitlichen Feststellungsverfahrens, nämlich einheitlich für mehrere Beteiligte verbindliche Regelungen zu treffen. Deshalb kann auch in einem sich anschließenden Rechtsbehelfsverfahren nur eine einheitliche Entscheidung gegenüber allen Streitbeteiligten getroffen werden, mag sie sich auch im Einzelfall zum Nachteil eines Beteiligten auswirken. Anderenfalls würde sich die einheitliche Gewinnfeststellung in eine Vielzahl selbständiger Einzelfeststellungen auflösen. Demgemäß sind die an dem streitigen Rechtsverhältnis Beteiligten gemäß § 360 Abs.3 AO 1977 beizuladen mit der Folge, daß sie die Rechtsstellung eines am Verfahren Beteiligten erlangen und die bestandskräftige Entscheidung auch im Verhältnis zu ihnen bindend ist (§ 366 Satz 1, § 124 Abs.1 AO 1977; BFH-Urteile vom 18.Dezember 1970 III R 5/69, BFHE 101, 470, BStBl II 1971, 404; vom 9.November 1972 IV R 138/68, NV; Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, a.a.O., Rdnr.2214).
b) Allerdings findet die dem FA eingeräumte Überprüfungsberechtigung und damit dessen Entscheidungsbefugnis ihre Grenze in dem angefochtenen Verwaltungsakt als dem formellen Gegenstand des Einspruchs (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 367 AO 1977 Tz.5; Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, a.a.O., Rdnr.3705). Nur in diesem Rahmen darf das FA prüfen, ob der steuerrechtlich erhebliche Sachverhalt richtig und vollständig ermittelt worden ist und die nach dem verwirklichten Steuertatbestand entstandene Steuer richtig festgesetzt worden ist.
aa) Wird mit dem Einspruch eine einzelne in einem Feststellungsbescheid festgestellte Besteuerungsgrundlage angegriffen, folgt daraus, daß das FA grundsätzlich die Richtigkeit des Feststellungsbescheids in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in vollem Umfang einer erneuten Überprüfung unterziehen darf. Der Streitfall weist jedoch folgende Besonderheit auf: Hätte das FA nicht einen das gesamte Streitjahr umfassenden Gewinnfeststellungsbescheid erlassen, sondern zwei Feststellungsverfahren --eines für die GbR und eines für die atypisch stille Gesellschaft-- durchgeführt, hätte die Anfechtung des in dem die GbR betreffenden Bescheid festgestellten laufenden Gewinns das FA nicht berechtigt, den den Beteiligten der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnenden Gewinn aus der Veräußerung der Geschäftsgrundstücke gewinnerhöhend anzusetzen. Eine Verböserung in diesem Sinne wäre nicht möglich gewesen, weil es sich um unterschiedliche Prüfungsgegenstände gehandelt hätte. Dadurch, daß das FA aus Praktikabilitätsgründen befugt war, einen das gesamte Kalenderjahr umfassenden Feststellungsbescheid zu erlassen (vgl. Lademann/Söffing/Brockhoff, a.a.O., § 15 Rdnr.521 am Ende), darf sich die Rechtsposition der Kläger nicht verschlechtern. Dieses Ergebnis findet seine Rechtfertigung auch in der --wie noch zu zeigen sein wird-- beschränkten Einspruchsbefugnis der Beigeladenen. Prüfungsgegenstand kann die angefochtene Besteuerungsgrundlage nur insoweit sein, als die Einspruchsbefugnis des Rechtsbehelfsführers reicht. Fehlt dem Einspruchsführer die Rechtsbehelfsbefugnis (§§ 350, 352 AO 1977), dann muß das FA den Einspruch als unzulässig verwerfen und darf nicht in der Sache entscheiden. Das FA darf in eine Sachprüfung erst eintreten, wenn alle Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen. Daraus folgt auch, daß das FA einen zulässigen Einspruch nicht zum Anlaß nehmen darf, in dem Einspruchsverfahren eine Entscheidung über Sachverhalte zu fällen, bezüglich derer der Einspruchsführer nicht rechtsbehelfsbefugt gewesen wäre. Insofern korrespondieren Rechtsbehelfsbefugnis und Überprüfungsrecht des FA.
bb) Prüfungsgegenstand in dem von der Beigeladenen geführten Rechtsbehelfsverfahren war die Höhe des in dem angegriffenen Bescheid einheitlich und gesondert festgestellten laufenden Gewinns nur insoweit, als sie an dessen Erzielung gemeinschaftlich beteiligt war. Die von dem FA in der Einspruchsentscheidung vorgenommene Erhöhung des laufenden Gewinns beruhte jedoch auf einem Geschäftsvorfall, der allein den in der Rechtsform der atypisch stillen Gesellschaft verbliebenen Mitunternehmern zuzurechnen war.
(1) Die Beigeladene war zwar grundsätzlich berechtigt, die Höhe des festgestellten laufenden Gewinns anzufechten, obwohl es dabei nicht um ihre Gewinnbeteiligung, die Gewinnverteilung oder eine sie sonst persönlich angehende Frage ging. Als einer bei Zustellung des Gewinnfeststellungsbescheids ausgeschiedenen Gesellschafterin war ihre Rechtsbehelfsbefugnis nicht durch § 352 Abs.1 Nr.3 AO 1977 eingeschränkt (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile vom 4.Mai 1972 IV 251/64, BFHE 105, 449, BStBl II 1972, 672; vom 23.Mai 1973 I R 121/71, BFHE 110, 1, BStBl II 1973, 746; vom 17.Oktober 1985 IV R 34/84, BFH/NV 1987, 374). Jedoch hat die Befreiung von der in § 352 Abs.1 Nr.3 AO 1977 enthaltenen Begrenzung der Einspruchsbefugnis nicht zur Folge, daß der ausgeschiedene Gesellschafter einen Gewinnfeststellungsbescheid, der sowohl die Gewinne der Gemeinschaft vor als auch nach seinem Ausscheiden erfaßt, uneingeschränkt anfechten kann. Ein Anfechtungsrecht steht ihm nur insoweit zu, als er gemäß § 350 AO 1977 beschwert ist. Daran fehlt es hinsichtlich der Gewinne aus solchen Geschäftsvorfällen, die ihm infolge seines Ausscheidens eindeutig nicht zugerechnet werden können. Demnach war der in dem angefochtenen Bescheid festgestellte laufende Gewinn nur insoweit Prüfungsgegenstand, als es um den Gewinn bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Beigeladenen ging. Das bedeutet, daß das FA Sachverhalte, die sich zwar auf den laufenden Gewinn der verbliebenen Gemeinschafter, nicht aber auf die ausgeschiedene Beigeladene, auswirken konnten, nicht zum Anlaß nehmen durfte, den Feststellungsbescheid zum Nachteil der Kläger zu ändern.
(2) Die von dem FA im Rahmen der Sachwertabfindung angenommene Veräußerung der drei betrieblichen Grundstücke an die Beigeladene war laufender Gewinn, der ausschließlich den Klägern als Beteiligten der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnen war. Daher durfte das FA den laufenden Gewinn in der Einspruchsentscheidung auch nicht um 174 364,65 DM erhöhen und anteilig auf die Kläger verteilen. Es hat damit gegen das Verböserungsverbot verstoßen.
Nach den rechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen der Vorinstanz geht es um das steuerrechtliche Problem des Ausscheidens von Mitunternehmern gegen Sachwertabfindung mit Überführung der übertragenen Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen. Die Überführung der Grundstücke in das Privatvermögen der Beigeladenen ließ für die verbleibenden Kläger einen laufenden Gewinn entstehen (vgl. BFH-Urteil vom 24.Mai 1973 IV R 64/70, BFHE 109, 438, BStBl II 1973, 655; Lademann/Söffing/Brockhoff, a.a.O., § 15 Rdnrn.512 f.; Schmidt, a.a.O., § 16 Anm.95; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, § 16 EStG Rdnr.193). Daß dieser Gewinn nicht der ausgeschiedenen Beigeladenen, sondern allein den Klägern zuzurechnen ist, wird deutlich, wenn man sich den zur Gewinnrealisierung führenden Vorgang anhand seiner rechtlichen Bestandteile vergegenwärtigt. Mit dem Ausscheiden erwarb der als Inhaber des Handelsgeschäfts verbliebene Kläger zunächst die Anteile der Ausgeschiedenen an allen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens einschließlich der an den übereigneten Grundstücken. Das führte zu einer Teilaufstockung der Wirtschaftsgüter in seiner Steuerbilanz in Höhe der der Beigeladenen im Rahmen der Abfindung zugerechneten stillen Reserven (Vorgang 1), weil dem Erwerb der Anteile eine entsprechende Abfindungsschuld gegenüberstand. Zur Tilgung der Abfindungsschuld veräußerte der verbliebene Kläger die betrieblichen Grundstücke, wodurch ein laufender Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Wert der Abfindungsschuld und dem aufgestockten Buchwert der übertragenen Grundstücke entstand (Vorgang 2). An diesem laufenden Gewinn waren allein der Kläger und aufgrund der atypisch stillen Beteiligung auch die Klägerin beteiligt.
Fand die Gewinnrealisierung durch Übertragung der Grundstücke folglich erst nach dem Ausscheiden der Beigeladenen statt und war der Gewinn allein den Klägern zuzurechnen, durfte das FA diesen Vorgang nicht im Rahmen des von der Beigeladenen gegen die Höhe des laufenden Gewinns geführten Einspruchsverfahrens berücksichtigen. Das gegen den Kläger ergangene Urteil ist somit in vollem Umfange und die Einspruchsentscheidung insoweit aufzuheben, als der in dem angefochtenen Bescheid festgestellte Gewinn erhöht wurde.
IV.
Der laufende Gewinn betrug laut Einspruchsentscheidung 432 367,65 DM. Nach Abzug der streitigen 174 364,65 DM, die den Klägern in der Einspruchsentscheidung je zur Hälfte zugerechnet worden waren, beträgt der laufende Gewinn 258 003 DM; davon entfallen auf den Kläger 129 002 DM, die Klägerin 66 292 DM und die Beigeladene 62 709 DM. Der Veräußerungsgewinn ist entsprechend dem FG-Urteil in Höhe von 241 728 DM allein der Beigeladenen zuzurechnen.
Fundstellen
Haufe-Index 62538 |
BStBl II 1990, 561 |
BFHE 159, 410 |
BFHE 1990, 410 |
BB 1990, 1544 |
BB 1990, 1544-1547 (LT) |
DB 1990, 1118-1120 (LT) |
HFR 1990, 475 (LT) |
StE 1990, 174 (K) |