Entscheidungsstichwort (Thema)
Dauernder Ausschluß vom Abfindungsbrennen, Charakter des Abfindungsbrennens, Abfindungsbrennen als Besitzstandsregelung, Berufsfreiheit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung des § 116b Abs. 1 i.V.m. § 116a Abs. 1 Nr. 9 und § 116b Abs. 2 BO ist jedenfalls insoweit nicht verfassungswidrig, als sie den dauernden Verlust der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, d.h. ohne die Möglichkeit der Wiederzulassung der Brennerei zum Abfindungsbrennen, an die rechtskräftige Verurteilung des Brennereibesitzers wegen einer von ihm in der Brennerei begangenen vollendeten Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten knüpft.
2. Die Ausnahmeform des Abfindungsbrennens läßt sich gegenüber der Regelform des Verschlußbrennens als Konglomerat von steuertechnischen, steuerverfahrensrechtlichen und materiellen monopolrechtlichen und steuerrechtlichen Vergünstigungen charakterisieren. Daraus folgt aber nicht etwa ein eigenständiges Berufsbild des Abfindungsbrenners.
3. Bei der Einrichtung des Abfindungsbrennens handelt es sich um eine Besitzstandsregelung. Bei Eingriffen in diese Regelung hat der Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einen noch größeren Gestaltungsspielraum als bei Berufsausübungsregelungen schlechthin.
Orientierungssatz
Die in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit ist ein liberales Freiheitsrecht und Abwehrrecht; jeder hat das Recht auf freie Berufswahl und freie Berufsausübung, ohne jedoch zugleich ein den Staat verpflichtendes Recht zu haben, im jeweils gewählten Beruf auch wirklich Arbeit, Wirkungsbereich und Verdienstmöglichkeiten zu finden. Eine Berufsausübungsregelung kann wegen ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen einer Regelung nahekommen, die die Berufswahl betrifft. Ein Verstoß gegen das Recht auf freie Berufswahl kommt in solchen Fällen aber nur dann in Betracht, wenn infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen "die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung oder ... zur Grundlage ihrer unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen" (vgl. BFH-Rechtsprechung und BVerfG-Rechtsprechung).
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; BranntwMonG §§ 52, 54, 57, 175 Abs. 7, § 178 S. 1; BrennO § 116a Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2, § 116b Abs. 1-2
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 23.11.1993; Aktenzeichen 11 K 43/90 Z) |
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Besitzer einer Obstabfindungsbrennerei mit einer begünstigten Erzeugungsgrenze von 300 Liter Alkohol. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts wurde der Kläger wegen eines Vergehens der fortgesetzten Monopolhinterziehung in Tateinheit mit vier Vergehen der Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß der Kläger in der Zeit von Frühjahr 1976 bis Januar 1983 ungenehmigte Brennverfahren durchgeführt und dabei 1 147 Liter Alkohol illegal erzeugt hatte. Diesen Branntwein habe der Kläger zumindest in vier Fällen unter unrichtigem Namen verkauft und dabei die Verkaufsbelege unter Verwendung falscher Namen eigenhändig unterschrieben. Auf diese Weise habe der Kläger Branntweinsteuer in Höhe von mindestens 22 200 DM hinterzogen. Bei der Bemessung der verhängten Freiheitsstrafe berücksichtigte das Gericht u.a. die Länge des Tatzeitraums, die Höhe der hinterzogenen Monopolabgaben sowie die abschreckende Wirkung einer hohen Freiheitsstrafe.
Mit Verfügung vom ... 1985 teilte der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) dem Kläger mit, daß dessen Obstabfindungsbrennerei infolge der rechtskräftigen Verurteilung gemäß § 116a Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 2 i.V.m. § 116b Abs. 1 der Brennereiordnung (BO) die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, mit Wirkung vom ... 1976 auf Dauer verloren habe. Zum gleichen Zeitpunkt sei auch der Kläger persönlich nach § 117 Abs. 1 und 2 BO von der Abfindungsvergünstigung auf Dauer ausgeschlossen. Beschwerde und Klage des Klägers gegen diese Verfügung blieben im Jahre 1986 ohne Erfolg.
Mit Schreiben vom ... 1990 beantragte der Kläger, seine Brennerei aus Rechtsgründen wieder mit ihren früheren Rechten zur Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, zuzulassen. Dieser Antrag wurde vom HZA abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Klägers hatte keinen Erfolg.
Auf die Klage des Klägers hin hob das Finanzgericht (FG) die Verwaltungsentscheidungen auf und verurteilte das HZA, über den Antrag des Klägers auf Wiederzulassung der Brennerei mit ihren früheren Rechten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden; die weitergehende Klage auf Wiederzulassung zum Abfindungsbrennen mit den alten Rechten wurde abgewiesen. Wegen Einzelheiten der Begründung wird auf das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 341 abgedruckte Urteil der Vorinstanz verwiesen.
Mit seiner Revision rügt das HZA die Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der Auffassung des FG verstoße § 116b Abs. 1 BO nicht gegen das Übermaßverbot. Nicht berührt von dem Regelungsbereich der Vorschrift werde die Freiheit der Berufswahl, denn der ausgeschlossene Abfindungsbrenner werde nicht daran gehindert, die Regelform des Berufs als Verschlußbrenner zu ergreifen. Das Brennen unter Abfindung stelle gegenüber dem Brennen unter Verschluß lediglich eine lukrativere steuerliche Verfahrensbegünstigung für bestimmte Kleinbetriebe in Süddeutschland dar.
Als Berufsausübungsregelung verstoße § 116b Abs. 1 BO nicht gegen die Verfassung. Die Vorschrift sei nämlich, wie das Abfindungsbrennen als Traditionsrecht überhaupt, als Besitzstandsregelung historisch zu interpretieren. Solchen Regelungen sei immanent, daß sie als Vergünstigungen im Laufe der Zeit eingeschränkt oder allmählich aufgezehrt würden oder ganz verloren gingen und selbst bei späterer Änderung der Verhältnisse nicht wieder auflebten.
Jedenfalls sei es aber angesichts des mit der Regelung verfolgten Zwecks, im berechtigten Interesse der Allgemeinheit der Gefahr des Mißbrauchs der Abfindung zu begegnen, und aus Gründen einer Gleichbehandlung der konkurrierenden Verschlußbrenner nicht unverhältnismäßig, in Fällen, in denen ein Mißbrauch bereits stattgefunden habe, die Vergünstigung auf Zeit oder auf Dauer zu entziehen, den verlorenen oder verwirkten Besitzstand unter den gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen also nicht wieder einzuräumen. Dabei liege es im Ermessen des Verordnungsgebers, der nach § 57 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonG) die Möglichkeit habe, das Abfindungsbrennen zuzulassen, ganz zu versagen oder einzuschränken, auch die Grenze zu bestimmen, ab der eine Entziehung der Abfindungsvergünstigung auf Dauer eintreten solle.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit das FG der Klage stattgegeben hat, und auch insoweit zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Regelung des § 116b Abs. 1 i.V.m. § 116a Abs. 1 Nr. 9 und § 116b Abs. 2 Satz 1 BO ist nach Auffassung des Senats jedenfalls insoweit nicht verfassungswidrig, als sie den dauernden Verlust der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, d.h. ohne die Möglichkeit der Wiederzulassung der Brennerei zum Abfindungsbrennen, an die rechtskräftige Verurteilung des Brennereibesitzers wegen einer von ihm in der Brennerei begangenen vollendeten Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten knüpft.
1. Gemäß § 116a Abs. 1 Nr. 9 BO verliert eine Brennerei, in der eine vollendete oder versuchte Steuerhinterziehung begangen worden ist, die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, wenn die Steuerstraftat durch ein rechtskräftiges Straferkenntnis festgestellt ist. Der Verlust tritt gemäß § 116a Abs. 2 BO in dem Zeitpunkt ein, in dem die Steuerstraftat begangen worden ist. Er wirkt nach § 116b Abs. 1 BO u.a. auf Dauer, wenn der Brennereibesitzer wegen dieser Steuerstraftat mit einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten bestraft worden ist. Demgemäß hat die Obstabfindungsbrennerei des Klägers die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, mit Wirkung vom ... 1976 auf Dauer verloren.
2. Zutreffend hat die Vorinstanz erkannt, daß der Anspruch des Klägers auf Wiederzulassung seiner Brennerei zum Abfindungsbrennen in der gesetzlichen Regelung der §§ 116a und 116b BO keine Grundlage findet und daß insbesondere eine dahingehende Auslegung dieser Vorschriften nicht in Betracht kommt, weil der Verordnungsgeber bei Überschreitung des Strafrahmens von zwei Monaten Freiheitsstrafe, wobei es auf eine Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung nicht ankommt, bewußt die Möglichkeit einer späteren Wiederzulassung der Brennerei ausschließen wollte. Der geltend gemachte Anspruch könnte sich --auch darin ist dem FG zu folgen-- nur dann ergeben, wenn der Ausschluß der Brennerei vom Abfindungsbrennen auf Dauer durch den Verordnungsgeber verfassungswidrig wäre, worüber die Fachgerichtsbarkeit selbst zu befinden hat (vgl. Art. 100 des Grundgesetzes --GG--), und die dann entstehende Regelungslücke etwa durch eine analoge Anwendung des § 116b Abs. 2 Satz 1 BO (Möglichkeit der Wiederzulassung ohne Rücksicht auf die Dauer der Freiheitsstrafe) zu schließen wäre. Das ist indessen nicht der Fall. Die Ausschlußregelung des § 116b Abs. 1 BO begegnet in ihrer Anwendung auf den Streitfall nach Auffassung des Senats keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Der Senat folgt der Vorentscheidung, soweit diese in den vorkonstitutionellen Vorschriften der §§ 57 und 178 Satz 1 BranntwMonG eine gültige und wirksame Ermächtigungsgrundlage für § 116b Abs. 1 BO gesehen hat, soweit sie den Kläger als Inhaber der Brennerei als Grundrechtsträger auch für den hier vorliegenden Fall angesehen hat, daß lediglich der Verlust der Abfindungsvergünstigung der Brennerei zur Überprüfung steht, soweit sie den durch § 116b Abs. 1 BO geregelten Ausschluß der Wiederzulassung der Brennerei zum Brennen unter Abfindung nicht als Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG beurteilt hat und soweit sie Art. 2 Abs. 1 GG als im Streitfall subsidiäres, weil hinter Art. 12 GG zurücktretendes, Grundrecht des Klägers angesehen hat. Da die Beteiligten im Revisionsverfahren diesbezüglich auch keine Einwände vorgebracht haben, verweist der Senat insoweit auf die Ausführungen der Vorinstanz.
b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann der Senat allerdings nicht erkennen, daß § 116b Abs. 1 BO in seiner im Streitfall maßgeblichen Anwendung gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) verstößt.
aa) Die in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit ist ein liberales Freiheits- oder Abwehrrecht; jeder hat das Recht auf freie Berufswahl und freie Berufsausübung, ohne jedoch zugleich ein den Staat verpflichtendes Recht zu haben, im jeweils gewählten Beruf auch wirklich Arbeit, Wirkungsbereich und Verdienstmöglichkeiten zu finden (Senatsurteil vom 26. April 1988 VII R 52/86, BFHE 153, 179, 181 m.w.N.). Das Grundrecht der Berufsfreiheit kommt im vorliegenden Fall allenfalls hinsichtlich der Freiheit der Berufsausübung, nicht aber auch hinsichtlich der Freiheit der Berufswahl in Betracht. Durch den nach § 116b Abs. 1 BO angeordneten dauernden Verlust der Vergünstigung seiner Brennerei, unter Abfindung zu brennen, wird der Kläger nicht daran gehindert, seine neben seinem Beruf als Landwirt ausgeübte Tätigkeit als Inhaber einer Obstbrennerei auch weiterhin auszuüben. Ausgeschlossen ist er lediglich von der Betätigung als Obstbrennereibesitzer unter vereinfachten und steuerlich begünstigten Voraussetzungen.
Eine Obstbrennerei (§ 24 Nr. 2, § 27 BranntwMonG) wird nach dem gesetzlichen Leitbild aus Gründen der steuer- und monopolrechtlichen Überwachung in der Regelform der Verschlußbrennerei betrieben; als Ausnahmeform ist die Zulassung zum Brennen unter Abfindung vorgesehen (§ 52 i.V.m. § 57 BranntwMonG). In der Regelform ist hiernach der Brennereibesitzer verpflichtet, die Brennerei auf seine Kosten entsprechend den Anordnungen in den Ausführungsbestimmungen verschlußsicher einzurichten und zu erhalten (§ 54 BranntwMonG; §§ 71 ff. BO). Der Verschlußzwang soll insbesondere die genaue amtliche Ermittlung der in der Brennerei hergestellten Alkoholmenge als Grundlage einer zutreffenden Besteuerung gewährleisten.
Demgegenüber wird in der Ausnahmeform der Abfindungsbrennerei unter Verzicht auf Verschlüsse die der Besteuerung zugrunde zu legende Alkoholmenge amtlich im voraus abgeschätzt. Grundlage dieser Vorausschätzung sind die vom Brenner mit einer Abfindungsanmeldung anzumeldende Rohstoffmenge und Rohstoffart sowie der für jeden Rohstoff aufgrund von Erfahrungssätzen amtlich festgesetzte Ausbeutesatz (§§ 114, 115, 122 ff. BO; vgl. Treu, Das Wesen des Abfindungsbrennens, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1993, 379). Da die tatsächliche Ausbeute in der Regel höher liegt als die amtlich festgesetzte Durchschnittsausbeute, verbleibt dem Brenner gegenüber dem aufgrund der Abfindungsanmeldung ergehenden Steuerbescheid eine gewisse "steuerfreie Überausbeute", die zusammen mit dem versteuerten Alkohol ohne amtliche Abfertigung unmittelbar nach der Gewinnung in den steuerrechtlich freien Verkehr zur freien Verfügung des Brenners tritt.
Das Abfindungsbrennen stellt somit zunächst eine verschluß- und steuertechnische Vergünstigung gegenüber dem Verschlußbrennen dar (vgl. Jarsombeck, Das Brennen unter Abfindung, ZfZ 1980, 16). Es erspart dem Brenner die nicht unerheblichen Kosten der Einrichtung und Erhaltung einer Verschlußbrennerei und verschafft ihm weitere geldwerte Vorteile dadurch, daß auf die Besteuerung der beim Brennen etwa erzielten Überausbeuten verzichtet wird.
Zu den aufgezeigten Verfahrenserleichterungen, zu denen auch noch die Möglichkeit des sog. Brennens im Abschnitt (§ 41 BranntwMonG) gezählt werden kann, tritt ergänzend eine materielle Vorzugsbehandlung hinzu (vgl. zum folgenden neben Treu, a.a.O., und Jarsombeck, a.a.O., auch Hofbur, Das Gesetz über das Branntweinmonopol wird 70 Jahre alt, Die Branntweinwirtschaft 1992, 90, 95, sowie Schröer-Schallenberg, Steueraussetzung im Branntweinmonopol- und Branntweinsteuerrecht unter besonderer Berücksichtigung des ablieferungsfähigen Abfindungsbranntweins, ZfZ 1995, 162, 163).
Eine monopolrechtliche Vergünstigung liegt darin, daß der innerhalb der monopolbegünstigten Erzeugungsgrenze von 300 Liter Alkohol (bei neu zugelassenen Obstabfindungsbrennereien 50 Liter Alkohol gemäß § 116 Abs. 1 BO) ordnungsgemäß hergestellte Alkohol ablieferungsfrei ist (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 BranntwMonG) und vom Brenner selbst vermarktet werden kann, zumeist unter günstigeren Bedingungen als bei einer Ablieferung an die Bundesmonopolverwaltung. Wird ablieferungsfreier Alkohol von einer Abfindungsbrennerei gleichwohl an die Bundesmonopolverwaltung geliefert, wird ein vergünstigter Übernahmepreis gezahlt (§ 69 Nr. 2 BranntwMonG).
Eine steuerrechtliche Vergünstigung liegt in dem ermäßigten Steuersatz für Branntwein, der in einer Abfindungsbrennerei innerhalb der monopolbegünstigten Erzeugungsgrenze gewonnen worden ist. Er beträgt derzeit gegenüber dem Regelsteuersatz von 2 550 DM/100 Liter Alkohol (§ 131 Abs. 1 BranntwMonG) lediglich 2 175 DM/100 Liter Alkohol für Branntwein aus Kernobst und 2 000 DM/100 Liter Alkohol für Branntwein aus Steinobst, Beeren und Enzianwurzeln (§ 131 Abs. 2 BranntwMonG).
Zusammenfassend läßt sich das Abfindungsbrennen als Konglomerat von steuertechnischen, steuerverfahrensrechtlichen und monopol- und steuerrechtlichen Vergünstigungen charakterisieren. Daraus folgt aber kein eigenständiges Berufsbild eines Abfindungsbrenners, denn die bloße Inanspruchnahme steuerrechtlicher Vergünstigungen reicht für die Begründung eines solchen Berufsbildes nicht aus. Der Abfindungsbrenner ist ebenso wie der Verschlußbrenner nach dem Berufsbild (Obst-)Brenner. Demgemäß greift der dauernde Ausschluß von der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, nicht in das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl ein. Dem Kläger bleibt es unbenommen, seinen Beruf als (Obst-)Brenner --wenn auch in der Regelform des Brennens unter Verschluß-- fortzuführen. Hierauf hat er unter den Voraussetzungen der §§ 52 ff. BranntwMonG einen Rechtsanspruch.
bb) Sähe man § 116b Abs. 1 BO mithin im Ansatz als ledigliche Regelung der Berufsausübung an, so wäre damit gleichwohl noch nicht ausgeschlossen, daß auch die Freiheit der Berufswahl tangiert sein könnte. Denn eine Berufsausübungsregelung kann wegen ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen einer Regelung nahekommen, die die Berufswahl betrifft (vgl. BFHE 153, 179, 184). Ein Verstoß gegen das Recht auf freie Berufswahl kommt in solchen Fällen aber nur dann in Betracht, wenn infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen "die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung oder ... zur Grundlage ihrer unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen" (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17. Juli 1974 1 BvR 51/69 u.a., BVerfGE 38, 61, 85 f.).
Ein derartiger Sachverhalt ist im Streitfall nicht gegeben. Als wirtschaftliche Auswirkungen eines Ausschlusses von der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, sind, abgesehen von den dann nicht möglichen Vorteilen aus Überausbeuten, allein die zusätzlichen Kosten zu berücksichtigen, die durch die Einrichtung einer Verschlußbrennerei, insbesondere durch das Anbringen der Meß- und Verschlußvorrichtungen, entstehen würden. Denn die geldwerten Vorteile aus den monopol- und steuerrechtlichen Vergünstigungen stehen auch einer Obstverschlußkleinbrennerei mit einer Erzeugung bis 400 Liter Alkohol, die der Kläger ersatzweise einrichten könnte, zu (vgl. zur Ablieferungsfreiheit § 76 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 27 BranntwMonG; zur Ablieferungsfähigkeit § 76 Abs. 2 BrannwMonG; zum vergünstigten Übernahmepreis § 69 Nr. 4 BranntwMonG; zum ermäßigten Steuersatz § 131 Abs. 2 BranntwMonG). Entsprechendes gilt für eine Obstgemeinschaftsbrennerei, welche der Kläger gründen oder der er beitreten könnte. Zwar ist einzuräumen, daß die Einrichtung einer Verschlußbrennerei bzw. die Gründung einer Obstbrennerei oder der Beitritt zu einer solchen beträchtliche Investitionen erfordert, was die Rentabilität von kleineren, in Nebentätigkeit betriebenen Brennereien sicherlich beeinträchtigt. Hieraus einen unausweichlichen Zwang zur Aufgabe der Brennerei aus ökonomischen Gründen abzuleiten, wie das FG ohne weiteres unterstellt, erscheint dem Senat jedoch nicht angängig. Eine solche Annahme hätte substantiierter Darlegung und eingehender Begründung seitens des Klägers bedurft.
Abgesehen davon kommt es im Streitfall nach Auffassung des Senats maßgeblich darauf an, daß der Kläger die Obstbrennerei neben seinem Beruf als Landwirt nur nebenbei betreibt. Die Obstbrennerei des Klägers ist daher, ähnlich wie eine landwirtschaftliche Brennerei, aber in noch stärkerem Maße als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb zu qualifizieren. Sie ist für den Betrieb der Landwirtschaft, soweit selbstgewonnene Obststoffe verarbeitet werden (vgl. § 116 Abs. 4 Satz 2 BO), zwar nicht völlig unerheblich und mag auch der Erwerbssicherung dienen, wird aber nicht zwingend zur Grundlage der Lebensführung. Dabei können die aufgezeigten wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Lebensführung zumindest für den Regelfall als geringfügig angesehen werden. Im Streitfall zeigt sich dies daran, daß der Kläger in dem langen Zeitraum seines Ausschlusses vom Abfindungsbrennen auch ohne die Einkünfte aus seiner Brenntätigkeit ausgekommen ist. Jedenfalls aus diesem Grund kommt ein Schutz, wie er bei Eingriffen in die freie Berufswahl zu gewähren ist, nicht in Betracht (BFHE 153, 179, 185 m.w.N.).
cc) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sieht der Senat in dem dauernden Verlust der Abfindungsvergünstigung der Brennerei des Klägers ohne die Möglichkeit der Wiederzulassung keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch der Beschränkung des Grundrechts der Berufs- und Berufsausübungsfreiheit aufgrund des Gesetzesvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG Grenzen zieht (Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl. 1995, Art. 20 Rz. 57 a).
Allerdings folgt der Senat nicht der Auffassung des HZA, wonach im Falle des Entzugs von Traditionsrechten, die in sich bereits die Möglichkeit einer jederzeitigen Beendigung trügen, eine Prüfung am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips von vornherein auszuscheiden hätte. Unter der Geltung des GG kommt ein solchermaßen rechtsfreier Raum auch bei Traditionsrechten nicht in Betracht.
Die Regelung des § 116b Abs. 1 BO bezweckt die Verhinderung künftiger Steuerhinterziehung durch illegale Branntweinherstellung. Hierfür ist der dauernde Verlust der Abfindungsvergünstigung, wovon auch das FG ausgeht, ein geeignetes und auch erforderliches Mittel in dem Sinne, daß ein gleich wirksames, aber milderes Mittel zur dauernden Verhinderung von Mißbrauch nicht zur Verfügung steht. Der Eingriff ist nach Auffassung des Senats bei Abwägung der entgegenstehenden Interessen auch nicht unangemessen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Verordnungsgeber bei einer bloßen Berufsausübungsregelung, um die es sich im Streitfall --wie ausgeführt-- allenfalls handelt, einen breiten Gestaltungsspielraum hat, wobei auch Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit Berücksichtigung finden können.
Auch wenn das Interesse des Klägers an einer Wiederzulassung seiner Brennerei zum Brennen unter Abfindung nach einer längeren Sperrfrist als hoch veranschlagt wird, etwa weil der ihm anhaftende Makel der vormalig begangenen Steuerhinterziehung gerade durch den großen Zeitablauf von jetzt nahezu 20 Jahren seit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Ausschlusses stark an Gewicht verloren und für sich betrachtet keine wesentliche Bedeutung mehr hat, darf indessen doch nicht unbeachtet bleiben, daß das Interesse des Klägers nicht auf das Obstbrennen als solches, sondern allein auf das kostenmäßig rentablere und lukrativere Brennen unter Abfindung gerichtet ist. Letztlich handelt es sich also um ein rein wirtschaftliches Interesse, welches das Einkommen des Klägers wieder erhöhen oder dasjenige seiner Rechtsnachfolger verbessern soll.
Andererseits besteht an der Verhinderung künftiger Steuerhinterziehung in einer nicht verschlossenen Brennerei ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit. Dabei steht, entgegen der Betrachtung der Vorinstanz, nicht die Einnahmenerzielung des Monopols im Vordergrund --denn auf solche Einnahmen wird durch die Verweigerung der Wiederzulassung gerade verzichtet--, sondern die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und gerechten Steuererhebung im Bereich der Branntweinherstellung auch im Interesse der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der konkurrierenden kleinen Verschlußbrennereien (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Oktober 1953 V z 55/53 U, BFHE 58, 224, BStBl III 1954, 1). Mit Recht hat das HZA hierzu ausgeführt, eine weitere Liberalisierung des Abfindungsbrennens durch Nichtanwendung der vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen könne den kleinen Verschlußbrennereien nicht verständlich gemacht werden. Jede weitere Vergünstigung bei dieser Ausnahmeform des Brennens stelle das Recht dieser Verschlußbrennereien auf Gleichbehandlung (Art. 3 GG) in Frage.
Wenn der Verordnungsgeber bei der gebotenen Interessenabwägung für den Fall, daß der Inhaber der Abfindungsbrennerei wegen einer von ihm in der Brennerei begangenen Steuerhinterziehung rechtskräftig mit einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten bestraft worden ist, den Belangen der Allgemeinheit an einer ordnungsgemäßen und gerechten Steuererhebung den Vorrang eingeräumt hat und den Steuerhinterzieher für immer von der Teilhabe an den vereinfachten und steuerlich begünstigten Modalitäten des Abfindungsbrennens ausschließt, so ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Daß der Verordnungsgeber sich einer solchen Interessenabwägung nicht entzogen hat, zeigt die durch die Verordnung zur Änderung der Brennereiordnung vom 1. Oktober 1965 eingeführte Differenzierung der Sanktionen nach der Dauer der verhängten Freiheitsstrafe. Im Gegensatz zu dem bis dahin geltenden Recht, das bei Verhängung einer Freiheitsstrafe schlechthin den Dauerverlust der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, vorsah, gewährt die an die Dauer der verhängten Freiheitsstrafe anknüpfende Differenzierung des geltenden Rechts jedenfalls dem Steuerhinterzieher die Möglichkeit der Wiederzulassung zum Abfindungsbrennen, für dessen Tat der Strafrichter zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung zwar die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe ausnahmsweise für unerläßlich gehalten (vgl. § 47 Abs. 1 des Strafgesetzbuches --StGB--), sie angesichts der minderen Schwere der Tat aber in der Höhe auf eine Dauer von nicht mehr als zwei Monaten beschränkt hat.
Die Festlegung auf eine Dauer der Freiheitsstrafe von "mehr als zwei Monaten" in § 116b Abs. 1 BO als Anknüpfungspunkt für eine generelle Versagung der Wiederzulassung ohne die Möglichkeit einer Ausnahme, wofür der Verordnungsgeber in der vergleichbaren gesetzlichen Regelung des § 37 Abs. 3 BranntwMonG ein Vorbild hatte, mag zwar im Einzelfall hart und, wie das FG ausgeführt hat, auch kritikwürdig erscheinen. Es kann dem Verordnungsgeber jedoch nicht verwehrt werden, wenn er es vorzieht, der Steuerverwaltung eine Prüfung in jedem Einzelfall zu ersparen und stattdessen die eintretende Sanktion unmittelbar an das Erkenntnis des Strafrichters zu binden. Verhängt dieser ausnahmsweise eine kurze Freiheitsstrafe, so muß er die Notwendigkeit derselben eingehend und sorgfältig begründen (vgl. Lackner, Strafgesetzbuch, 21. Aufl. 1995, § 49 Rz. 7). Außerdem muß er bei der schuldangemessenen Strafzumessung die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, berücksichtigen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Dazu gehören auch die möglichen steuer- und monopolrechtlichen Folgen, die sich aus der Verurteilung zu einer bestimmten Strafe für den Täter ergeben können. Überzieht der Richter das Strafmaß, stehen dem Betroffenen die strafprozessualen Rechtsbehelfsmöglichkeiten offen. Läßt er diese ungenutzt, kann diese Frage wegen des kraft Gesetzes eintretenden Verlustes der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, im finanzgerichtlichen Verfahren bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses nicht mehr berücksichtigt werden (Senatsbeschluß vom 25. Februar 1992 VII B 125/91, BFH/NV 1993, 4).
Diese Bindungswirkung des Strafausspruchs gilt auch für das vorliegend betriebene Wiederzulassungsverfahren. Hier kann sich allenfalls noch die Frage stellen, ob bei einer tateinheitlichen Verurteilung (im Streitfall Monopolhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung) die Verletzung auch des milderen Gesetzes (Urkundenfälschung) bei der Strafzumessung schärfend ins Gewicht gefallen ist (vgl. Lackner, a.a.O., § 53 Rz. 3, § 46 Rz. 45), so daß die in § 116b Abs. 1 BO geforderte Voraussetzung der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten wegen der Steuerstraftat in Frage gestellt wird. Im Streitfall bestehen in dieser Hinsicht jedoch keine Bedenken, da eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, also weit über das vorausgesetzte Maß hinaus, verhängt worden ist und das strafrichterliche Urteil keine Anhaltspunkte dafür bietet, daß die Strafzumessung durch die begangenen Urkundenfälschungen überhaupt beeinflußt worden ist.
Soweit das FG zur Rechtfertigung seiner Entscheidung weiter darauf verweist, daß der Ausschluß vom Abfindungsbrennen nicht weiter reichen dürfe als die straf- und verwaltungsrechtlichen Vorschriften über Berufsverbote, die nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Regel ein Berufsverbot auf Dauer nicht oder allenfalls nur bei feststehender Wiederholungsgefahr zulassen, berücksichtigt es nicht genügend die mangelnde Vergleichbarkeit dieser Berufsverbote mit dem dauernden Verlust der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen. Diese Maßnahme stellt kein Verbot dar, einen bestimmten Beruf auszuüben, sondern schließt den Betroffenen, indem ihm die Möglichkeit des Verschlußbrennens rechtlich --ob er sich die Errichtung einer Verschlußbrennerei wirtschaftlich leisten kann, ist keine in diesem Zusammenhang relevante Frage-- offen gehalten wird, lediglich von der Teilhabe an steuer- und monopolrechtlichen Verfahrenserleichterungen aus. Daher können hinsichtlich des Übermaßverbots nicht die gleichen strengen Anforderungen wie etwa bei echten Berufsverboten gestellt werden. Ein Vertrauensschutz hinsichtlich einer Wiederzulassung der Abfindungsbrennerei, der nach Auffassung des FG zum Zuge kommt, ist für den Senat weder im allgemeinen noch nach der konkreten Sachlage im Streitfall ersichtlich.
dd) Schließlich sieht der Senat entgegen der Auffassung der Vorinstanz durch die für den Streitfall maßgebliche Regelung des § 116b Abs. 1 BO den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (das sog. Übermaßverbot) auch deshalb als nicht verletzt an, weil es sich bei der Einrichtung des Abfindungsbrennens um eine bloße Besitzstandsregelung handelt, bei der, wie die Revision zutreffend vorbringt, von einem noch größeren Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers als bei Berufsausübungsregelungen schlechthin auszugehen ist.
Das Abfindungsbrennen besteht seit 1887 als Ausnahmeform neben dem Verschlußbrennen zur Wahrung des Besitzstandes der in den damaligen süddeutschen Sonderrechtsstaaten Bayern, Württemberg und Baden ansässigen Kleinbrenner (vgl. Hoppe/Heinricht, Gesetz über das Branntweinmonopol, Bd.1, 1958, Anm. 2 zu § 57 BranntwMonG und Einleitung zum BranntwMonG, S.2 ff.). Da nachdem BranntwMonG von 1922 im wesentlichen nur die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgefundenen Brennereien --eben die in süddeutschen Staaten-- unter Abfindung brennen dürfen, hat sich eine regionale Konzentration des Abfindungsbrennens auf Süddeutschland ergeben (Jarsombeck, ZfZ 1980, 16). Zwar sind Neuzulassungen grundsätzlich möglich, in der Regel aber für den Brenner wegen der restriktiven Zulassungsbedingungen nicht interessant. Gemäß § 116 Abs. 1 und 2 BO muß eine Obstbrennerei nämlich betriebsfähig sein, darf aber nicht über bestimmte Brennereieinrichtungen verfügen, die für eine Alkoholerzeugung in größeren Mengen geeignet sind; außerdem erfolgt die Neuzulassung nur innerhalb einer für den jeweiligen Bezirk einer OFD festgesetzten Grenzzahl (§ 119 BO) und unter Gewährung einer Erzeugungsgrenze von lediglich 50 Liter Alkohol pro Betriebsjahr (gegenüber 300 Liter Alkohol bei den Altabfindungsbrennereien). Diese Restriktionen haben dazu geführt, daß auch heute noch --bis auf wenige Ausnahmen in den Bezirken der OFD Hannover, Münster und Köln-- die Abfindungsbrennereien nahezu ausschließlich in den süddeutschen Ländern angesiedelt sind. Auch hat sich die Gesamtzahl der Abfindungsbrennereien im Laufe der Zeit kontinuierlich vermindert. Während Hoppe/ Heinricht (a.a.O., Anm. 1 zu § 57 BranntwMonG) für das Jahr 1960 noch eine Gesamtzahl von 41 008 und Jarsombeck (ZfZ 1980, 16) für das Betriebsjahr 1977/78 eine Gesamtzahl von 33 492 (davon 25 735 in Betrieb) Abfindungsbrennereien angeben, bestanden ausweislich der Erhebungen des Statistischen Bundesamts (Fachserie 14: Finanzen und Steuern, Reihe 9.4 Branntweinmonopol, Betriebsjahr 1993/94, S.12 f.) am 30. September 1994 nur noch 30 713 Abfindungsbrennereien (davon 22 958 in Betrieb).
Berücksichtigt man weiter, daß in den neuen Bundesländern das Abfindungsbrennen gänzlich ausgeschlossen worden ist (§ 175 Abs. 7 i.V.m. § 57 BranntwMonG) und daß es der Bundesregierung anläßlich der Verbrauchsteuerharmonisierung auf EG-Ebene nur nach mühsamen Verhandlungen in Brüssel gelungen ist, die Erleichterungen des Abfindungsbrennens ("Pauschalbesteuerung zum ermäßigten Steuersatz") in Deutschland beibehalten zu dürfen (vgl. BMF-Finanznachrichten Nr. 97/92 vom 19. Oktober 1992, S.3 f. und dazu Art. 22 Abs. 1 bis 4 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 316/21; vgl. auch Jatzke, Das neue Verbrauchsteuerrecht in der Bundesrepublik Deutschland, Grüner Brief des Instituts "Finanzen und Steuern" Nr. 322, 1993, S.74 f.; Schröer-Schallenberg, ZfZ 1995, 162, 163), so ergibt sich aus all dem mit hinreichender Deutlichkeit der Ausnahme- und Besitzstandscharakter des Abfindungsbrennens.
So wie sich auf der einen Seite die Beibehaltung des Abfindungsbrennens eine kritische verfassungsrechtliche Überprüfung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes gefallen lassen muß --diese Frage braucht der Senat im vorliegenden Zusammenhang allerdings nicht zu entscheiden (vgl. kritisch dazu Wewel, Das Abfindungsbrennen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, ZfZ 1987, 130)--, so dürfen auf der anderen Seite, will man nicht mit dem verfassungsmäßigen Recht der Verschlußbrenner auf Gleichbehandlung in Konflikt geraten, an die Möglichkeiten der Verwaltung, bei Verstößen des Abfindungsbrenners gegen die mit dem Abfindungsbrennen verbundenen Pflichten die Vergünstigung zeitweise zu beenden und bei gravierenden Verstößen die Vergünstigung ein für allemal zu entziehen, keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Es gilt vielmehr, in diesem Konfliktbereich zwischen dem Schutz der Allgemeinheit im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Steuererhebung und der Verschlußbrenner in ihrem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) einerseits und dem Individualschutz nach Art. 12 Abs. 1 GG andererseits eine ausgewogene praktische Konkordanz zu finden. Weder der Kläger noch das FG haben dem Senat überzeugende Gründe anzuführen vermocht, weshalb die im Streitfall anzuwendende Regelung des § 116b Abs. 1 BO dieser Anforderung nicht gerecht werden soll. Dabei geht es nicht darum, ob der Verordnungsgeber die beste und gerechteste Lösung des Problems gefunden hat; es kommt nur darauf an, was der Senat im Ergebnis bejaht, daß diese Lösung für den Einzelnen noch zumutbar, erträglich und deshalb hinzunehmen ist, weil sein Individualinteresse nicht ersichtlich schwerer wiegt als das Interesse der Allgemeinheit (vgl. BVerfG-Beschluß vom 24. Mai 1977 2 BvR 988/75, BVerfGE 44, 353, 373).
Fundstellen
Haufe-Index 65462 |
BFH/NV 1996, 60 |
BFH/NV 1996, 60-63 (LT) |
BFHE 179, 491 |
BFHE 1996, 491 |
BB 1996, 1597 |
BB 1996, 1597-1600 (LT) |
BB 1996, 418 |
DB 1996, 360 (L) |
DStR 1996, 341-342 (K) |
HFR 1996, 180-181 (L) |
StE 1996, 8 (K) |