Leitsatz (amtlich)
Der VIII. Senat hält auch unter Berücksichtigung des Urteils des BFH I R 30/69 vom 30. Juni 1971 (BFH 103, 328, BStBl II 1972, 112) an den Grundsätzen seines Urteils VIII R 24/66 vom 29. Juli 1971 (BFH 103, 67, BStBl II 1971, 732) fest, nach denen der steuerrechtlichen Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses eines Ehegatten der darlehnsweise Rückfluß von Teilen des Arbeitslohns nicht entgegensteht, wenn von den Ehegatten klare und eindeutige Vereinbarungen zumindest über angemessene Verzinsung und Rückzahlung des Darlehens getroffen sind.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist für die Einkommensteuer 1962 und 1963 die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten.
Die Revisionsbeklagten (Steuerpflichtige) sind Eheleute. Der Steuerpflichtige betreibt eine Bäckerei und Konditorei, der ein Café und ein Lebensmitteleinzelhandel angeschlossen sind. Die steuerpflichtige Ehefrau, die schon vor der Eheschließung als Buchhalterin im Betrieb tätig gewesen war, arbeitet im Geschäft des Ehemannes mit.
Aufgrund eines mündlich vereinbarten Arbeitsverhältnisses zahlte der Steuerpflichtige seiner Ehefrau als Arbeitslohn ab 1. Januar 1962 im Wege der Überweisung auf deren Bankkonto in den Streitjahren folgende Beträge: Am 26. Juni 1962 erstmals 4 500 DM und monatlich fortlaufend ab 1. Juli 1962 750 DM. Die Ehefrau gewährte dem Ehemann aus diesen Zahlungen folgende Darlehen: Am 12. Juli 1962 4 000 DM, am 17. September 1962 1 900 DM, am 12. Dezember 1962 2 300 DM, im Kalenderjahr 1963 jeden zweiten Monat 1 500 DM, am 2. Oktober 1963 1 550 DM; insgesamt im Kalenderjahr 1962 8 200 DM und im Jahr 1963 9 050 DM. Der Steuerpflichtige machte die Zahlungen an seine Ehefrau in den bei dem Revisionskläger (FA) eingereichten Gewinn- und Verlustrechnungen als Betriebsausgabe geltend und passivierte in seinen Bilanzen die von seiner Ehefrau für den Betrieb darlehnsweise überlassenen Beträge als Schulden. Das FA erkannte für die Streitjahre 1962 und 1963 das Arbeitsverhältnis zwischen den Eheleuten wegen der nachträglichen Auszahlung des Arbeitsentgelts für das erste Halbjahr 1962 und der Darlehnsgewährung seitens der Ehefrau auch in der Einspruchsentscheidung steuerlich nicht an.
Das FG hingegen ließ die Gehaltszahlungen an die Ehefrau für die Zeit ab 1. Juni 1962 zum Abzug als Betriebsausgabe zu und minderte die Einkünfte der Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit um Weihnachtsfreibetrag und Werbungskostenpauschbetrag von je 664 DM jährlich. Das FG ging hierbei davon aus, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Ehegatten ernsthaft vereinbart und dementsprechend mit den monatlichen Gehaltszahlungen ab 1. Juni 1962 auch tatsächlich durchgeführt worden sei. Dem stehe auch nicht entgegen, daß die Ehefrau dem Steuerpflichtigen ihre Ersparnisse, die sie aus dem verdienten Gehalt habe bilden können, als Darlehen zur Verfügung gestellt habe. Es habe im Rahmen vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen gelegen, wenn die Ehefrau, anstatt das Gehalt als Bankguthaben mit einer niedrigeren Verzinsung stehenzulassen, ihre Ersparnisse dem Steuerpflichtigen im gemeinsamen Interesse ihrer ehelichen Lebensbeziehungen als Darlehen zur Verfügung gestellt habe. Anhaltspunkte dafür, daß eine echte Rückzahlungsverpflichtung aus der darlehnsweisen Rückzahlung der Ersparnisse nicht habe begründet werden sollen, seien nicht ersichtlich. Die Ernsthaftigkeit der Darlehen ergebe sich auch daraus, daß der Steuerpflichtige sie verzinse. Der Ernsthaftigkeit der Darlehnshingabe stehe nicht entgegen, daß die Beteiligten nähere Vereinbarungen über den Zeitpunkt der Rückzahlung nicht getroffen hätten. Mangels besonderer Absprachen würden die allgemeinen Vorschriften des BGB gelten.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache vom FG zugelassene Revision des FA-Vorstehers, mit der sich dieser gegen die steuerrechtliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten wendet, führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Die ständige Rechtsprechung des BFH geht dahin, Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten steuerlich nur dann anzuerkennen, wenn die getroffenen Vereinbarungen klar und eindeutig sind und dementsprechend auch tatsächlich vollzogen werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die vereinbarte Monatsvergütung auch tatsächlich regelmäßig monatlich geleistet wird (vgl. u. a. Urteil des BFH IV 98/63 S vom 5. Dezember 1963, BFH 78, 335, BStBl III 1964, 131, und die dort angeführte Rechtsprechung). Unter diesem Gesichtspunkt bestehen gegen die von der Vorinstanz für die Zeit ab 1. Juni 1962 ausgesprochene Anerkennung des Arbeitsverhältnisses zwischen den steuerpflichtigen Ehegatten insoweit keine Bedenken, als ab diesem Zeitpunkt die Gehaltsbezüge regelmäßig am Ersten eines jeden Monats auf das Konto der Ehefrau überwiesen und vom Steuerpflichtigen in seiner Buchführung als Betriebsausgabe verbucht worden sind. Im Streitfall tritt aber hinzu, daß die Ehefrau dem Steuerpflichtigen die an sie in den beiden Streitjahren ausgezahlten Arbeitsvergütungen ausnahmslos als "Darlehen" zur Verfügung stellte. In seinem Urteil VIII R 24/66 vom 29. Juli 1971 (BFH 103, 67, BStBl II 1971, 732) hat hierzu der erkennende Senat dahin Stellung genommen, daß einem sonst ordnungsgemäß vereinbarten und durchgeführten Ehegatten-Arbeitsverhältnis die steuerrechtliche Anerkennung nicht schon deshalb versagt werden darf, weil Teile des ordnungsgemäß ausgezahlten Arbeitslohnes als Darlehen in den Betrieb des Ehemannes zurückfließen. Der Senat geht hierbei davon aus, daß der Arbeitnehmerehegatte in der Verwendung seines Einkommens grundsätzlich frei ist. Es bestehen dann auch keine Bedenken dagegen, daß der Arbeitnehmerehegatte die empfangene Arbeitsvergütung dem Arbeitgeberehegatten in vollem Umfang als Darlehen wieder zur Verfügung stellt. Es müssen jedoch hinsichtlich derartiger Darlehen die Rechtsverhältnisse zwischen Ehegatten klar, eindeutig und leicht nachprüfbar vereinbart und gemäß den Vereinbarungen auch vollzogen sein. Diese Forderung muß aufgestellt werden, um steuerliche Manipuliermöglichkeiten zwischen Ehegatten soweit wie möglich auszuschließen und eine Abgrenzung wirklicher geschäftlicher Beziehungen zwischen den Ehegatten gegenüber Vorgängen zu finden, die nur den Anschein von Geschäftsbeziehungen erwecken sollen, während sich in Wahrheit die Beziehung zwischen den Ehegatten im Rahmen gegenseitiger ehelicher Hilfeleistung abspielen. Deshalb müssen insbesondere bei Hingabe von empfangenen Arbeitsvergütungen als Darlehen - und nicht als Rückgängigmachung des Vollzugs des Arbeitsverhältnisses - mindestens Vereinbarungen über Verzinsung und Rückzahlung des Darlehens getroffen werden. Insoweit sind an die Vereinbarungen eines Darlehens und dessen Vollzug Anforderungen wie zwischen Fremden üblich zu stellen. An diesen Grundsätzen hält der Senat auch für den Streitfall fest. Er befindet sich insoweit im Einklang mit den Grundsätzen des BFH-Urteils I R 30/69 vom 30. Juni 1971 (BFH 103, 328, BStBl II 1972, 112). In dieser Entscheidung ist allerdings von den Modalitäten des Darlehens nicht ausdrücklich die Rede. Lediglich hinsichtlich der Verzinsung wird ausgeführt, daß sie nachträglich mit Wirkung auf den Beginn des Darlehnsverhältnisses vereinbart worden sei. Doch ist davon auszugehen, daß auch der I. Senat von der ständigen Rechtsprechung des BFH, nach der Rechtsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen - so auch zwischen Ehegatten - eindeutig und leicht nachprüfbar vereinbart und dementsprechend vollzogen sein müssen, nicht abgehen wollte.
Im Streitfall fehlt es bei Anlegung dieses Maßstabs schon an einer klaren und eindeutigen Vereinbarung über die Darlehnsmodalitäten. Es sind nach dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt keinerlei Vereinbarungen zwischen den Ehegatten über die Rückzahlbarkeit der Darlehen getroffen worden. Insoweit genügt jedenfalls nicht der Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift für die Zeit der Rückzahlung (§ 609 Abs. 1 BGB). Denn bei Darlehen zwischen einander fremden Personen ist neben einer Vereinbarung über die Zahlung von Zinsen auch eine solche über Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens die Regel. Eine solche ist dann aber auch grundsätzlich bei Darlehen zwischen Ehegatten zu fordern (vgl. insbesondere BFH-Urteil VI 325/65 vom 23. Februar 1968, BFH 91, 67, BStBl II 1968, 289), um eine klare und eindeutige Trennung der Einkommens- und Vermögenssphäre der Ehegatten herbeizuführen und die Hingabe der Darlehnsbeträge nicht als für den Vollzug des Arbeitsverhältnisses schädlich ansehen zu müssen.
Die Vorentscheidung muß daher aufgehoben werden. Die Sache ist spruchreif. Unter Berücksichtigung der Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Ehegatten ist die Klage der Steuerpflichtigen gegen die Einspruchsentscheidung des FA vom 28. April 1965 als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 413170 |
BStBl II 1972, 533 |
BFHE 1972, 263 |