Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anwendungsbereich des Ausschlusses erhöhter Absetzungen nach § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EStG
Leitsatz (NV)
§ 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EStG muß einschränkend dahin ausgelegt werden, daß er im Falle wechselseitiger Anschaffungen nicht anwendbar ist, wenn der Zweck des Erwerbs nicht vornehmlich auf die Erlangung der erhöhten Absetzungen gerichtet ist, sondern von sinnvollen wirtschaftlichen Erwägungen getragen wird (Anschluß an BFH-Urteil vom 26. 3. 1985 IX R 41/80 BFHE 143, 554, BStBl II 1985, 692).
Normenkette
EStG § 7b
Verfahrensgang
Tatbestand
Der verheiratete Kläger und Revisionskläger (Kläger) tauschte aufgrund notariellen Vertrages vom 5. Mai 1977 sein Einfamilienhaus gegen dasjenige seiner Tochter ein. Die Tochter leistete dem Kläger eine Zuzahlung.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 1977 begehrte der Kläger erhöhte Absetzungen nach § 7 b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1977 (EStG) für das erworbene Einfamilienhaus in Höhe von 4 969 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte dem Kläger die erhöhten Absetzungen unter Bezugnahme auf § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EStG.
Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, sein Anschaffungsgeschäft falle nicht unter § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EStG, da es auf sinnvollen wirtschaftlichen Erwägungen beruhe. Sein veräußertes Einfamilienhaus sei für ihn und seine Ehefrau zu groß geworden, nachdem ihre Kinder eines nach dem anderen ausgezogen seien. Seine Tochter hingegen habe das Haus für ihre größer gewordene Familie besser nutzen können als ihr kleines Einfamilienhaus.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der Wortlaut des § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EStG gestatte nicht, hiervon Tauschgeschäfte auszunehmen, die auf sinnvollen wirtschaftlichen Erwägungen beruhten.
Mit seiner vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung des § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EStG. Diese Vorschrift müsse einschränkend dahin ausgelegt werden, daß sie nur für mißbräuchliche wechselseitige Anschaffungsgeschäfte gelte.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG durfte dem Kläger die erhöhten Absetzungen nach § 7 b Abs. 1 EStG für das von ihm mit Tauschvertrag vom 5. Mai 1977 angeschaffte Einfamilienhaus nicht mit der Begründung versagen, durch § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EStG seien sämtliche wechselseitigen, in zeitlichem Zusammenhang stehenden Anschaffungen von den erhöhten Absetzungen ausgenommen.
Nach dieser Vorschrift ist § 7 b Abs. 1 Satz 1 EStG nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige das Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, die Eigentumswohnung oder einen Anteil an einem dieser Gebäude oder einer Eigentumswohnung anschafft und in zeitlichem Zusammenhang mit der Anschaffung an den Veräußerer ein Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung oder einen Anteil an einem dieser Gebäude oder an einer Eigentumswohnung veräußert. § 7 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EStG muß jedoch nach Ansicht des Senats einschränkend dahin ausgelegt werden, daß er im Falle wechselseitiger Anschaffungen nicht anwendbar ist, wenn der Zweck des Erwerbs nicht vornehmlich auf die Erlangung der erhöhten Absetzungen gerichtet ist, sondern von sinnvollen wirtschaftlichen Erwägungen getragen wird. Der erkennende Senat nimmt hierzu auf seine Ausführungen im Urteil vom 26. März 1985 IX R 41/80 (BFHE 143, 554) Bezug.
Die Sache geht an das FG zurück, damit dieses tatsächliche Feststellungen dazu nachholt, ob der Kläger mit seinem Tausch einen sinnvollen wirtschaftlichen Zweck verfolgte und ob auch im übrigen die Voraussetzungen für die geltend gemachten erhöhten Absetzungen nach § 7 b Abs. 1 EStG dem Grunde und der Höhe nach gegeben sind.
Fundstellen
Haufe-Index 422932 |
BFH/NV 1986, 451 |