Leitsatz (amtlich)

Werden Vermögensgegenstände, die einer Kapitalgesellschaft entzogen waren, den Gesellschaftern zurückerstattet und von diesen in die Kapitalgesellschaft eingebracht, so ist auf den Erwerb von Gesellschaftsrechten gegen diese Einbringung die Steuerbefreiung des Artikels 91 des Gesetzes Nr 59 der amerikanischen Militärregierung (Rückerstattungsgesetz) anwendbar.

 

Normenkette

Gesetz Nr. 59 der amerikanischen Militärregierung (Rückerstattungsgesetz) Art. 91

 

Tatbestand

Gegenstand des Steuerstreites ist die Frage, ob der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer Kapitalgesellschaft gegen Sacheinlage in folgendem Falle gemäß Artikel 91 des Gesetzes Nr 59 der amerikanischen Militärregierung (Rückerstattungsgesetz -- REG --) von der Gesellschaftsteuer befreit ist.

Eine Aktiengesellschaft verkaufte 1938 den größten Teil ihres Betriebsvermögens an die jetzigen Rückerstattungsverpflichteten (RV), setzte ihr Kapital herab, verwandelte sich in eine GmbH und trat bald darauf in Liquidation.

Im Jahre 1949 wurden die Betriebsvermögen von den RV den beiden einzigen Gesellschaftern übertragen und von diesen, nachdem der Beschluß über die Liquidation der GmbH aufgehoben worden war, in die GmbH eingebracht. Das Stammkapital der GmbH wurde entsprechend erhöht, und die Gesellschaft wurde in eine AG zurückverwandelt.

Das Finanzgericht hat die Gesellschaft von der Gesellschaftsteuer freigestellt. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Nach Artikel 91 Absatz 1 REG werden Steuern aus Anlaß der Rückerstattung nicht erhoben. Voraussetzung der Steuerbefreiung ist einmal, daß es sich um Vorgänge handelt, die im Rückerstattungsgesetz vorgesehen sind, und ferner, daß das Rechtsgeschäft, für das Steuerfreiheit begehrt wird, im Einzelfall auch wirklich im Zuge der Rückerstattung vorgenommen wurde. Bezüglich der ersten Voraussetzung gibt der vorliegende Fall keinen Anlaß zu Bedenken. Die AG hatte Vermögen veräußert, die gleiche Gesellschaft, wenn auch in eine GmbH umgewandelt, erhält das Vermögen zurück. Das Vorliegen der zweiten Voraussetzung wird von der Rb. verneint. Eine Prüfung der Ausführungen ergibt folgendes:

Es ist richtig, daß der Rückerstattungsvergleich selbst die Einbringung des erstatteten Vermögens in die GmbH nicht enthält. Welche Schlüsse sind hieraus zu ziehen? Vorweg ist zu bemerken, daß die Aufnahme des dinglichen Vollzugsgeschäfts in einen Rückerstattungsvergleich nicht Vorbedingung für seine Steuerfreiheit ist; ist das Verpflichtungsgeschäft Bestandteil des Vergleichs, so genügt das, um seine Vollziehung steuerfrei zu machen, wenn die sonstigen Voraussetzungen hierfür gegeben sind.

Seinem Wortlaut nach enthält der Vergleich zwei Erklärungen der RV, in deren einer sie in den Übergang des Rückerstattungsvermögens auf die beiden Gesellschafter, in deren zweiter sie in den Übergang desselben Vermögens auf die "in Gründung befindliche" GmbH oder AG willigen und sich verpflichten, alle zum Vollzug dieser Übertragung notwendigen Handlungen vorzunehmen. Die beiden Einwilligungserklärungen sind also nicht gegeneinander abgestimmt, auch wird von einer in Gründung befindlichen GmbH oder AG gesprochen, obwohl die GmbH schon bestand, wenn auch noch in Liquidation, noch nicht unter der später wieder aufgenommenen Firma und noch nicht wieder als AG. Für die Erforschung des wahren Willens der Vertragschließenden kann der Wortlaut der Urkunde nur im Zusammenhang mit den gesamten Umständen des Falles als Unterlage dienen. Ohne Rechtsirrtum gelangt die Vorentscheidung zu der Auslegung, der Vergleich sei als Anfang der Rückerstattung zu betrachten, dem nach Beseitigung von rechtlichen Schwierigkeiten und Bedenken die endgültige Regelung folgen sollte. Nun ist es allerdings richtig, daß zunächst in Vollzug der ersten Erklärung das Vermögen auf die beiden Gesellschafter und später von diesen -- ohne Mitwirkung der RV -- auf die GmbH übertragen wurde. Aber hieraus ist in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung nicht zu schließen, daß die Einbringung in die GmbH eine außerhalb der Rückerstattung sich vollziehende Neuordnung der Verhältnisse gewesen sei. Vielmehr war es so, daß z. Zt. des Vergleichs den Gesellschaftern noch nicht klar war, auf welchem rechtlichen Wege es zu bewerkstelligen sei, daß die Gesellschaft wieder in den Besitz des Vermögens gelange. Das war aber das Ziel, und die Erreichung dieses Ziels sollte durch den Vergleich so gesichert werden, daß keine Lösung verbaut wurde. Hierfür spricht auch, daß der Liquidator der GmbH mitwirkte und dem Vergleich zustimmte.

Was für den Vermögenserwerb gilt, gilt auch für die Ausgleichzahlung. Auch für diese bestanden Zweifel an der Berechtigung der Liquidationsgesellschaft, zu handeln. Deshalb wurde die Zahlungsverpflichtung von den Gesellschaftern übernommen; deren Sache war es, dafür zu sorgen, daß die Gesellschaft, sobald die durch den Liquidationsbeschluß verursachte Hemmung beseitigt war, in die Schuld eintrat, was denn auch geschah.

Ob die Feststellung des Finanzgerichts, die Gesellschafter hätten sich im Vergleich zur Einbringung des Vermögens in die Gesellschaft verpflichtet, nach dem Akteninhalt gerechtfertigt ist, kann dahingestellt bleiben. Es genügt, daß der Vergleich die Vorbedingungen dafür schuf, daß das Vermögen, wie beabsichtigt, in die Gesellschaft gelangte. Daß die Art, wie das geschehen würde, im Vergleich nicht geregelt ist, spricht nicht gegen die Annahme, die Rückerstattung sei erst mit der Einbringung abgeschlossen gewesen. Der Entschluß über das einzuschlagende Verfahren liegt nach dem Vergleich, der Entschluß über das wirtschaftliche Ziel der Rückerstattung vorher.

Die Rb. das Finanzamts-Vorstehers war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407183

BStBl III 1951, 41

BFHE 1952, 104

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