Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält daran fest, daß bei der Ermittlung des Gewerbeertrags und des Gewerbekapitals eines Pächters keine Hinzurechnungen wegen Nutzung immaterieller Wirtschaftsgüter in Betracht kommen, wenn solche Wirtschaftsgüter nicht durch von der Raumpacht klar abgrenzbare Pachtzahlungen konkretisiert sind. Diese Voraussetzung ist bei in Vomhundertsätzen des Umsatzes bemessenen Pachtzahlungen selbst dann nicht erfüllt, wenn im Falle eines Untermietverhältnisses die auf die Raumnutzung entfallende Miete vom Pächter in einem Festbetrag unmittelbar an den Eigentümer der Betriebsräume entrichtet wird und der auf das Inventar entfallende Pachtzinsanteil auf einer nachträglichen Schätzung beruht.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 7, § 12 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist bei der Gewerbesteuerveranlagung 1964, ob bei der Ermittlung des Gewerbeertrags und des Gewerbekapitals Hinzurechnungen aufgrund Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter vorzunehmen sind (§ 8 Nr. 7, § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG).
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein approbierter Apotheker, pachtete durch Vertrag vom ... 1962 die dem Apotheker A gehörige Apotheke in X, die in gemieteten Räumen betrieben wird. Ausgehend von den während der letzten drei Jahre vor Abschluß des Pachtvertrages erzielten durchschnittlichen Jahresumsätzen von 495 000 DM wurden für die Zeit ab 1. Februar 1963 als Pachtzins 8,5 v. H. des Gesamtumsatzes vereinbart. In § 3 des Pachtvertrages wurde festgelegt, daß von dem Pachtzins auf die dem Apothekenbetrieb dienenden Räume z. Zt. (d. h. im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) 10 200 DM entfallen, die vom Pächter auf ein vom Verpächter zu bestimmendes Konto kostenfrei gesondert abzuführen sind. Für den Erhebungszeitraum 1964 erklärte der Kläger einen gewerblichen Gewinn von 83 094 DM. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags rechnete er die Hälfte der um die Raumpacht gekürzten Pachtzinsen (51 318 DM) in Höhe von 25 659 DM hinzu. Das Gewerbekapital erklärte er in Höhe der Summe aus dem Einheitswert seines gewerblichen Betriebs (38 000 DM) und den Verbindlichkeiten i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG (29 850 DM) mit 67 850 DM.
Bei der Veranlagung erhöhte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) das Gewerbekapital um die Werte gepachteter Wirtschaftsgüter, und zwar 30 000 DM für das Inventar und 309 000 DM für den vom Verpächter überlassenen Geschäftswert.
Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger Klage, mit der er sich gegen die Annahme eines Firmenwerts richtete. Die Pachtzinsen, die sowohl für die Nutzung der gewerblichen Räume (10 200 DM) und der Betriebseinrichtung (2 v. H. = 15 130 DM) geleistet worden seien, hätten darüber hinausgehend der Versorgung der Witwe des inzwischen verstorbenen Apothekers A gedient. Der Kläger wandte sich ferner dagegen, daß dem Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 7 GewStG zu hohe Beträge hinzugerechnet worden seien. Mit Rücksicht auf die Versorgung der Frau A sei nur die Hälfte der Entgelte für die Nutzung der Betriebseinrichtung, also 7 565 DM, dem Gewerbeertrag zuzurechnen. Er beantragte eine Minderung des Gewerbeetrags um 18 094 DM und des Gewerbekapitals um 309 000 DM.
Das FG wies die Klage mit der Maßgabe zurück, daß es den vom FA beim Gewerbekapital angesetzten Firmenwert von 309 000 DM auf 226 000 DM ermäßigte.
Das FG ging hierbei im wesentlichen davon aus, daß bei Abschluß des Pachtvertrages der Versorgungsgedanke nicht ausschlaggebend gewesen sei, daß vielmehr zwischen den Vertragschließenden ein echter Leistungsaustausch vorgenommen und der vereinbarte Pachtzins nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt worden sei. Gegenstand der Verpachtung habe daher nur die Apotheke selbst mit allen ihren immateriellen und ideellen Gegenständen sein können, zu denen neben den verpachteten Räumen die Apothekeneinrichtung sowie der Geschäftswert gehörten. Das FA habe daher zutreffend die Pachtzinsen, soweit sie nicht als Entgelt für die Nutzung der überlassenden Geschäftsräume gezahlt worden seien, gemäß § 8 Nr. 7 GewStG dem Gewerbeertrag hinzugerechnet.
Dieser Firmenwert sei gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GewStG auch dem Gewerbekapital des Klägers hinzuzurechnen. Er sei jedoch nur insoweit zu erfassen, als er durch Verpachtung und Pachtzahlungen als geldwerte Realität in Erscheinung getreten sei. Bei der Errechnung des Geschäftswerts sei daher nicht von dem Ertrag der Apotheke, sondern nur von dem für den Geschäftswert geleisteten Pachtzins auszugehen. Ein etwa vorhandener weiterer Geschäftswert sei nicht bewertungsfähig, da er nicht Gegenstand des Leistungsaustausches zwischen dem Kläger und dem Verpächter geworden sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung des FA vom 17. September 1968 sowie zur anderweiten Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge.
1. Nach der Vorschrift des § 8 Nr. 7 GewStG ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb i. S. des § 7 GewStG die Hälfte der als Betriebsausgaben abgezogenen Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden, in dem Eigentum eines anderen stehenden Güter des Anlagevermögens hinzuzurechnen. Entscheidend ist hierbei, ob dem Kläger vom Verpächter neben den materiellen Wirtschaftsgütern (Inventar), deren Wert der Nutzung im Rahmen der genannten Vorschrift unbestritten ist, immaterielle. Wirtschaftsgüter als dem Betrieb dienend überlassen wurden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann hiervon aber nur dann ausgegangen werden, wenn ein klar abgrenzbarer Teil der Pachtzinsen für diese Überlassung bezahlt wurde. Bei einem einheitlich vereinbarten Pachtzins fehlt es in der Regel an der klaren Trennbarkeit eines auf einen Geschäftswert entfallenden Pachtzinsanteils, auch wenn die Pachtzahlungen im Verhältnis zum Wert der überlassenen materiellen Wirtschaftsgüter zu hoch erscheinen sollten. Der Ansatz eines Geschäftswerts kommt daher grundsätzlich nur in Betracht, wenn entweder schon die Vertragsparteien eine Aufteilung der Pachtzahlung vorgenommen hatten oder andere Umstände eine klare und eindeutige Aufteilung ermöglichten (vgl. BFH-Urteile vom 22. März 1972 I R 179/70, BFHE 105, 490, BStBl II 1972, 632; vom 6. August 1971 III R 9/71, BFHE 102, 573, BStBl II 1971, 677; vom 29. April 1970 IV R 20/67, BFHE 99, 485, BStBl II 1970, 726, und vom 5. Oktober 1971 VIII R 19/68, BFHE 103, 437, BStBl II 1972, 62). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung auch für den vorliegenden Fall fest. In diesem ist ein auf einen Firmenwert entfallender klar ausscheidbarer Pachtzinsanteil weder im Pachtvertrag erwähnt, noch kann er den sonstigen Umständen eindeutig konkretisiert entnommen werden. Klar ausscheidbar ist allerdings der auf die Raummiete entfallende Teil von 10 200 DM, der nach den vertraglichen Vereinbarungen (§ 3 des Pachtvertrages) offensichtlich unmittelbar an den Eigentümer der Betriebsräume weitergegeben wurde. Dies reicht jedoch nach der erwähnten Rechtsprechung des BFH noch nicht für die Annahme eines Geschäftswerts aus. Denn hieraus folgt jedenfalls nicht zwingend, daß der jährlich schwankende, weil umsatzabhängige Differenzbetrag zur Gesamtpacht auf einen Firmenwert entfällt (vgl. auch rechtskräftiges Urteil des FG München vom 22. Juni 1972 VI 67/69, Entscheidungen der Finanzgerichte 1972 S. 554). Keinesfalls ist es möglich, lediglich durch Subtraktion des auf die Raummiete entfallenden Pachtzinsanteils von 10 200 DM sowie des auf das Inventar entfallenden, ohnehin geschätzten Pachtzinsanteils von 15 130 DM vom Gesamtpachtbetrag in Höhe von 61 518 DM auf einen für die Überlassung eines Firmenwerts entfallenden Pachtzinsanteil von 36 188 DM zu schließen. Ob dieser Differenzbetrag, wie vom Kläger behauptet, einen Beitrag zum standesgemäßen Unterhalt des verpachtenden Apothekers bzw. seiner Witwe enthält, braucht nicht entschieden zu werden. Denn es besteht durchaus die Möglichkeit, daß auch Ertragsaussichten die Höhe der Raumpacht, die den auf die Untermiete entfallenden Pachtzinsanteil erheblich übersteigen kann, entscheidend beeinflußt haben. Es liegt gerade im Wesen der Pacht gewerblicher Räume, daß deren Überlassung bereits als unmittelbare Quelle von Erträgnissen eingeschätzt und bezahlt. wird (vgl. auch BFH-Urteile vom 14. Oktober 1970 I R 94/70, BFHE 100, 407, BStBl II 1971, 28, und I R 179/70). Schließlich ist auch zu berücksichtigen, daß der auf das Inventar entfallende Pachtzinsanteil nicht im Pachtvertrag ausdrücklich bestimmt worden ist, sondern auf einer nachträglichen Schätzung der Beteiligten beruht. Erscheidet infolgedessen als klarer und eindeutiger Abgrenzungsfaktor desgleichen aus. Danach fehlt es im Streitfall an der für die Anwendung des § 8 Nr. 7 GewStG erforderlichen Konkretisierung eines (immateriellen) Wirtschaftsgutes. Ob eine Hinzurechnung schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil insoweit begrifflich kein Wirtschaftsgut anzunehmen ist (BFH-Urteil vom 31. Juli 1962 I 283/61 U, BFHE 75, 571, BStBl III 1962, 476) kann hier unerörtert bleiben.
2. Da schon bei der Anwendung des § 8 Nr. 7 GewStG das Vorliegen eines Wirtschaftsguts zu verneinen ist, kommt auch eine Hinzurechnung nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG nicht in Betracht (BFH-Urteile I R 94/70, VIII R 19/68). Die Bewertungsfähigkeit i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG reicht nicht weiter, als für die Annahme eines Wirtschaftsguts i. S. der Vorschrift des § 8 Nr. 7 GewStG Raum wäre.
Die Hinzurechnungen nach dem Urteil des FG wegen des Ansatzes eines Firmenwerts sind daher um 18 094 DM beim Gewerbeertrag und um 226 000 DM beim Gewerbekapital herabzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 71860 |
BStBl II 1976, 463 |
BFHE 1976, 470 |