Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschreibung eines derivativ erworbenen Praxiswerts durch eine Steuerberatungs-GmbH - Geschäftswert folgt Betrieb - Aktivierungsverbot nach § 5 Abs.2 EStG
Leitsatz (amtlich)
1. Überträgt ein Steuerberater den Praxiswert oder den Mandantenstamm seiner bisherigen Steuerberatungspraxis auf eine von ihm mitgegründete Steuerberatungs-GmbH, so erwirbt die GmbH ein abnutzbares und abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut (Einschränkung zum BFH-Urteil vom 28.Februar 1990 I R 144/87, BFHE 160, 237, BStBl II 1990, 595).
2. Für die Bemessung der Nutzungsdauer kann es von Bedeutung sein, wenn der den Praxiswert oder den Mandantenstamm übertragende Gesellschafter in der Kapitalgesellschaft eine herausgehobene Stellung einnimmt.
Orientierungssatz
1. Wird ein Betrieb auf eine GmbH übertragen, so geht auch der Geschäftswert auf die GmbH über. Entsprechendes gilt, wenn eine freiberufliche Praxis auf eine GmbH übertragen wird (Festhaltung an BFH-Rechtsprechung).
2. Das in § 5 Abs. 2 EStG für unentgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter bestehende Aktivierungsverbot findet keine Anwendung, wenn es sich um Wertbewegungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern handelt, die ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis haben (Festhaltung an BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 7 Abs. 1, § 5 Abs. 1-2
Verfahrensgang
FG des Saarlandes (Entscheidung vom 30.03.1993; Aktenzeichen 1 K 168/92) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts --GbR-- (Steuerberatersozietät), die durch Umwandlung einer Steuerberatungs-GmbH (kurz: GmbH) gemäß § 24 Abs.1 i.V.m. §§ 21, 3 bis 8 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) entstanden ist. Die Umwandlung wurde nach dem 31.Dezember 1990 im Handelsregister eingetragen. Das Revisionsverfahren betrifft die Körperschaftbesteuerung der GmbH für die Streitjahre 1985 und 1986.
Die GmbH war durch notariellen Vertrag mit einem Stammkapital in Höhe von 50 000 DM bar gegründet worden. Gesellschafter wurden A zu 55 v.H., B, C und D zu je 15 v.H. Die Beteiligungsverhältnisse bestanden in den Streitjahren unverändert fort. Alle Gesellschafter waren auch zu Geschäftsführern bestellt. Schriftliche Geschäftsführerverträge bestanden jedoch nicht.
Bereits am 5.Januar 1981 hatte die GmbH mit A zwei Verträge abgeschlossen. Nach dem einen Vertrag übertrug A den Kundenstamm seiner bisherigen Einzelpraxis auf die GmbH. Dafür sollte die GmbH monatlich 11 000 DM zuzüglich Umsatzsteuer an A zahlen. Die Vereinbarung war bis zum 31.Dezember 1990 befristet. Der zweite Vertrag war ein "Beratervertrag". Danach sollte A für die "ordnungsmäßige Geschäftsführung" (Betreuung der Mandanten) monatlich 11 160 DM erhalten. Dieser Betrag wurde durch Beschluß der Gesellschafterversammlung der GmbH vom 16.Januar 1984 auf 12 160 DM monatlich angehoben. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) behandelte die entsprechenden Aufwendungen als ein von der GmbH an A gezahltes Geschäftsführergehalt.
Die GmbH zahlte an A, B, C und D in den Jahren 1981 bis 1986 folgende Jahrestätigkeitsvergütungen:
1981 1982 1983 1984 1985 1986
DM DM DM DM DM DM
A 133 920 133 920 141 920 154 920 156 920 156 920
B 96 000 96 000 104 000 134 000 153 800 153 800
C 96 000 96 000 104 000 134 000 153 800 153 800
D 113 760 113 760 121 760 135 760 147 800 147 800
Der Umsatz der GmbH entwickelte sich in den genannten Jahren wie folgt:
1981 1982 1983 1984 1985 1986
DM DM DM DM DM DM
1,35 Mio 1,48 Mio 1,54 Mio 1,64 Mio 1,75 Mio 1,83 Mio
Die GmbH erzielte folgende Gewinne bzw. Verluste im steuerlichen Sinne:
1981 1982 1983 1984 1985 1986
DM DM DM DM DM DM
./.20 996 ./.15 367 ./.6 973 ./.42 693 ./.45 376 +88 419
Das FA vertrat im 1.Rechtszug die Rechtsauffassung, daß die Gesamtgeschäftsführerbezüge unangemessen hoch seien. Es behandelte für die Streitjahre jeweils einen Betrag von 192 320 DM sowohl als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 als auch als andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977. Die Klage gegen die entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1985 und 1986 wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Auf die Revision der GmbH hob der Bundesfinanzhof (BFH) die Vorentscheidung durch Urteil vom 11.Dezember 1991 I R 152/90 (BFHE 167, 42, BStBl II 1992, 690) auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Im 2.Rechtszug erließ das FA am 14.Juli 1992 geänderte Körperschaftsteuerbescheide 1985 und 1986. Darin behandelte es die Tätigkeitsvergütungen als angemessen. Statt dessen beurteilte es die Pachtzahlungen der GmbH an A für die Überlassung des Kundenstammes in Höhe von jährlich 132 000 DM sowohl als vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 als auch als andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977. Es minderte also sowohl die vorher angesetzten vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 als auch die vorher angesetzten anderen Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 um jeweils den Differenzbetrag zwischen 192 320 DM ./. 132 000 DM = 60 320 DM. Die Klägerin leitete die an sie gerichteten geänderten Körperschaftsteuerbescheide gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in das Klageverfahren über.
Das FG gab der Klage der Klägerin statt. Sein Urteil ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 119 veröffentlicht.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung von § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977.
Es beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG des Saarlandes vom 30.März 1993 1 K 168/92 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).
1. Das FG hat in der Vorentscheidung nicht in vollem Umfang über das Klagebegehren der Klägerin entschieden. Dies ist ein Verfahrensfehler, der die Grundordnung des Verfahrens betrifft und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten ist (BFH-Urteil vom 26.April 1966 I 18/64, BFHE 86, 114, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Einkommensteuergesetz --bis 1974--, § 5 Rückst., Rechtsspruch 1).
a) Ein auf der Grundlage des KStG 1984 erlassener Körperschaftsteuerbescheid enthält neben der Festsetzung der Körperschaftsteuerschuld gemäß § 47 Abs.2 KStG 1984 auch die fingierte Feststellung des Einkommens und der Tarifbelastung. Obwohl sich aus den Entscheidungsgründen der Vorentscheidung unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe des fingiert festzustellenden Einkommens und auch auf die Höhe der Tarifbelastung ergeben, hat das FG über die entsprechenden Änderungsverpflichtungen des FA nicht entschieden. Damit hat es über das Klagebegehren der Klägerin, wie es durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln war, nicht in vollem Umfang entschieden. Es hätte auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung im übrigen das FA verpflichten müssen, auch geänderte Steuerbescheide über die fingierten Feststellungen der Einkommen und der Tarifbelastungen zu erlassen.
b) Das FG hat ferner unbeachtet gelassen, daß die Behandlung der Pachtzahlungen als Ratenzahlungen auf eine Kaufpreisverbindlichkeit auch Auswirkung auf die Änderung der Körperschaftsteuer gemäß §§ 27 bis 43 KStG 1984 hat. Das FG hätte deshalb entweder in tatsächlicher Hinsicht die für die Änderungen der Körperschaftsteuer maßgeblichen Bemessungsgrundlagen feststellen oder aber eine entsprechende Änderungsverpflichtung des FA aussprechen müssen. Beides ist nicht geschehen. Die fehlenden Feststellungen sind auch aus den geänderten Körperschaftsteuerbescheiden vom 14.Juli 1992 nicht ersichtlich.
2. Das FG hat im übrigen die Konsequenzen aus seiner in der Vorentscheidung vertretenen Rechtsauffassung nicht zutreffend bedacht. Deshalb ist die Vorentscheidung materiell-rechtlich fehlerhaft.
a) Geht man --wie das FG in der Vorentscheidung-- davon aus, daß die Zahlungen der GmbH an A in Höhe von jährlich 132 000 DM keine vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1984, sondern Ratenzahlungen auf einen Kaufpreis waren, den die GmbH für den Erwerb eines "Mandantenstammes" zahlte, so hätte die GmbH den erworbenen "Mandantenstamm" spätestens in ihrer Handelsbilanz zum 31.Dezember 1981 aktivieren und die mutmaßliche Kaufpreisschuld passivieren müssen. Die jährlichen Zahlungen an A hätten mit den jährlichen Minderungen der Kaufpreisverbindlichkeit erfolgsmäßig saldiert werden müssen.
b) Zwar hätte die GmbH in ihrem Wirtschaftsjahr 1981 und in den Folgejahren auch Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf den entgeltlich erworbenen "Kundenstamm" in Anspruch nehmen können. Möglicherweise entsprach auch die für 1985 und 1986 anzusetzende AfA in etwa den Pachtzahlungen der GmbH an A. Jedoch lassen die tatsächlichen Feststellungen des FG insoweit keine abschließende revisionsrechtliche Überprüfung zu.
aa) Das FG ist davon ausgegangen, daß A nur seinen "Mandantenstamm" als ein isoliertes immaterielles Wirtschaftsgut auf die Klägerin übertrug. Eine solche Annahme wäre nur dann möglich, wenn der "Mandantenstamm" nicht als Teil eines allgemeinen Praxiswertes übergegangen sein sollte. Zwar hat die Rechtsprechung sowohl den Praxiswert als auch den Mandantenstamm jeweils als abnutzbare immaterielle Wirtschaftsgüter beurteilt (vgl. BFH-Urteile vom 15.April 1958 I 61/57 U, BFHE 67, 151, BStBl III 1958, 330, und vom 16.September 1970 I R 196/67, BFHE 101, 76, 79, BStBl II 1971, 175). Dies muß auch dann gelten, wenn der Praxiswert bzw. der Mandantenstamm auf eine Kapitalgesellschaft übertragen wird (vgl. BFH-Urteil vom 1.April 1982 IV R 2-3/79, BFHE 136, 83, 85, BStBl II 1982, 620, m.w.N.). Ein Unterschied besteht jedoch im Hinblick auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der beiden immateriellen Wirtschaftsgüter. Dem Mandantenstamm ist in der Regel eine deutlich kürzere Nutzungsdauer beizumessen (vgl. Oberfinanzdirektion --OFD-- Münster, Verfügung vom 12.August 1987, Betriebs-Berater --BB-- 1987, 1779). Da der Praxiswert jeweils an die frühere Steuerberaterpraxis gebunden ist und nicht ohne diese übertragen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 24.November 1982 I R 123/78, BFHE 137, 59, 60 ff., BStBl II 1983, 113; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 12.Aufl., § 5 Anm.23 a), ist in tatsächlicher Hinsicht zu klären, ob A den Praxiswert oder aber nur den Mandantenstamm auf die GmbH übertrug. Die Annahme einer Praxisübertragung insgesamt wird dabei nicht durch die denkbare Tatsache ausgeschlossen, daß der Mandantenstamm den bedeutendsten Wertfaktor für den Praxiswert bildete. Von einer Übertragung des Praxiswertes kann allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn der Mandantenstamm in seinem organisatorischen und sachlichen Zusammenhang zu anderen Wirtschaftsgütern der Steuerberaterpraxis des A auf die GmbH überging (z.B. Übernahme der Praxisräume, der Praxiseinrichtung und des Büropersonals).
bb) Der erkennende Senat folgt nicht der von Seeger (in Schmidt, a.a.O., § 18 Anm.30 c) vertretenen Rechtsauffassung, wonach eine GmbH zu Mandanten kein auf persönlicher Arbeitsleistung beruhendes Vertrauensverhältnis herstellen könne. Zu unterscheiden ist insoweit zwischen dem Wert der höchstpersönlichen Arbeitsleistung/Schaffenskraft des Praxisinhabers, seines Rufes und seiner individuellen Fähigkeiten einerseits und dem verkehrsfähigen Praxiswert als Wirtschaftsgut andererseits. Die höchstpersönliche Arbeitsleistung/Schaffenskraft, der Name, der Ruf und die individuellen Fähigkeiten kann der Freiberufler nicht verkaufen. Der verkehrsfähige Praxiswert wird dagegen wesentlich von den Dauermandaten, der örtlichen Lage der Praxis und den tatsächlich vorhandenen Beratungsmöglichkeiten geprägt. Er ist grundsätzlich übertragbar. Der Praxiswert ist grundsätzlich verkehrsfähig. In der Praxis erwerben viele als Kapitalgesellschaften geführte Steuerberatungsgesellschaften die Praxis eines Einzelberaters. Sie bezahlen für den Praxiswert üblicherweise dann ein zusätzliches Entgelt, wenn auch ein übertragbarer Mandantenstamm vorhanden ist. Das Vorhandensein eines verkehrsfähigen Mandantenstammes ist deshalb ein wesentliches Indiz für die Annahme eines verkehrsfähigen Praxiswertes. Auch unabhängig davon kann eine GmbH Inhaber eines übertragbaren Mandantenstammes sein. Sie handelt durch ihre Organe. Zu diesen kann ein besonderes Vertrauensverhältnis aufgebaut werden. Die GmbH kann durch die Auswahl ihrer Mitarbeiter, deren Spezialisierung und Fortbildung sowie durch ein breit gefächertes Beratungsangebot Mandate an sich binden. Sie kann auch an bestimmten Orten eine beherrschende Beratungsposition innehaben. Insoweit bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Zuordnung eines erworbenen Praxiswertes bzw. Mandantenstammes gegenüber einer GmbH.
cc) Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat bisher für einen in eine Sozietät eingebrachten "Praxiswert" dessen Beurteilung als abnutzbares Wirtschaftsgut verneint (vgl. BFH-Urteile vom 23.Januar 1975 IV R 166/71, BFHE 115, 102, BStBl II 1975, 381; in BFHE 136, 83, BStBl II 1982, 620, und vom 23. Mai 1985 IV R 81/83, BFH/NV 1985, 31). Der erkennende Senat muß nicht darüber entscheiden, ob er dieser Auffassung beipflichtet. Sie ist dann nicht anwendbar, wenn ein Gesellschafter einen Mandantenstamm oder einen Praxiswert auf eine Kapitalgesellschaft überträgt. Der Mandantenstamm und der Praxiswert werden wegen ihrer besonderen Personenbezogenheit als abschreibbare Wirtschaftsgüter behandelt. Im Falle ihrer Einbringung in eine Sozietät wird lediglich angenommen, daß ihr Wert sich nicht verflüchtige, sondern im Regelfall noch zunehme (vgl. BFH in BFHE 115, 102, BStBl II 1975, 381; in BFHE 136, 83, BStBl II 1982, 620, und in BFH/NV 1985, 31). Insoweit ist jedoch die Situation bei einer Kapitalgesellschaft eine wesentlich andere. Das Trennungsprinzip bewirkt, daß die auf die Kapitalgesellschaft übertragenen Werte dort eine eigenständige Entwicklung nehmen. Das Vertrauensverhältnis zu dem den Mandantenstamm bzw. den Praxiswert übertragenden Gesellschafter verflüchtigt sich mit der Zeit und wird auf Dauer durch ein solches zu der Kapitalgesellschaft, ihren Organen und sonstigen Angestellten ersetzt. Dieser Umstand zwingt zu der Annahme eines abnutzbaren Wirtschaftsgutes, wobei es für die Bemessung der Nutzungsdauer von Bedeutung sein kann, wenn der den Mandantenstamm bzw. den Praxiswert übertragende Gesellschafter in der Kapitalgesellschaft eine herausgehobene Stellung einnimmt.
Bei dieser Sachlage ist in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären, ob im Januar 1981 ein Mandantenstamm oder ein Praxiswert bestand, den A auf die Klägerin übertrug. Bejahendenfalls ist für das übertragene Wirtschaftsgut die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu ermitteln (§ 7 Abs.1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Ggf. sind für die Streitjahre AfA-Beträge anzusetzen. Sollte dagegen die Klägerin ein Nutzungsentgelt nur bezahlt haben, um sich den Namen des A, dessen individuelle Fähigkeiten, Ruf und persönliche Schaffenskraft nutzbar zu machen, dann muß das an A gezahlte Gesamtentgelt auf seine Angemessenheit hin überprüft werden.
dd) Insoweit bedarf auch die von dem erkennenden Senat im Urteil vom 28.Februar 1990 I R 144/87 (BFHE 160, 237, BStBl II 1990, 595) vertretene Rechtsauffassung der Einschränkung. Ihr ist nur dann zu folgen, wenn eine GmbH Zahlungen für den Wert der höchstpersönlichen Arbeitsleistung und Schaffenskraft eines Praxisinhabers, seinen Ruf und seine individuellen Fähigkeiten, d.h. für ein nicht einlagefähiges Wirtschaftsgut leistet. Wird dagegen ein verkehrsfähiger Praxiswert auf die GmbH übertragen, so ist von einem Wirtschaftsgut auszugehen, das einlagefähig und übertragbar ist. Bei der Unterscheidung zwischen höchstpersönlicher Arbeitsleistung/Schaffenskraft und verkehrsfähigem Praxiswert kann an die Zivilrechtsprechung angeknüpft werden (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 9.März 1977 IV ZR 166/75, Der Betrieb --DB-- 1977, 1843, und vom 24.Oktober 1990 XII ZR 101/89, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1991, 1547), die auf die objektive Realisierbarkeit des Praxiswertes abstellt (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 52.Aufl., § 1376 Rdnr.6). Aus dem Gesagten folgt:
Wird ein Steuerberater Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH, so schuldet er dieser nur eine Dienstleistung, nicht aber gleichzeitig die Übertragung des ihm gehörenden Praxiswertes/Mandantenstammes. Er kann diese Werte an einen Dritten übertragen, ohne deshalb seine Pflichten als Gesellschafter oder Geschäftsführer zu verletzen. Überträgt er den Praxiswert/Kundenstamm entgeltlich oder unentgeltlich auf seine GmbH, so tritt in der Einzelpraxis Gewinnrealisierung nach Maßgabe allgemeiner Realisationsgrundsätze bzw. nach Maßgabe des BFH-Urteils vom 24.März 1987 I R 202/83 (BFHE 149, 542, BStBl II 1987, 705) ein. Die GmbH hat den Praxiswert/Mandantenstamm entweder mit den Anschaffungskosten oder mit dem Teilwert zu aktivieren. Der Senat hält insoweit daran fest, daß das in § 5 Abs.2 EStG für unentgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter bestehende Aktivierungsverbot keine Anwendung findet, wenn es sich um Wertbewegungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern handelt, die ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis haben (vgl. BFH-Urteil vom 20.August 1986 I R 150/82, BFHE 149, 25, BStBl II 1987, 455; Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26.Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, 539, BStBl II 1988, 348). Dagegen kann der Praxiswert/Kundenstamm nicht Gegenstand eines Darlehensvertrages sein, weil es aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist, einen Praxiswert/Kundenstamm gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten (vgl. § 607 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--). Steuerlich gesehen ist es auch nicht möglich, z.B. Teile des Geschäftsführergehaltes als ein durch die Übertragung des Praxiswertes/Kundenstammes veranlaßtes Entgelt zu behandeln.
ee) Der erkennende Senat hält auch an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach der Geschäftswert dem Betrieb folgt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 137, 59, BStBl II 1983, 113, und vom 28.Juni 1989 I R 25/88, BFHE 158, 97, BStBl II 1989, 982). Wird deshalb der Betrieb auf eine GmbH übertragen, so geht auch der Geschäftswert auf die GmbH über. Entsprechendes gilt, wenn eine freiberufliche Praxis auf eine GmbH übertragen wird. Auch dann wird die GmbH in der Regel Träger des Praxiswertes/Mandantenstammes. Dem steht das BFH-Urteil vom 12.März 1993 IV R 29/91 (BFHE 168, 405, BStBl II 1993, 36, 40) nicht entgegen. Die GmbH kann den Praxiswert/Mandantenstamm nur dann pachten, wenn davon ausgegangen werden kann, daß die frühere Einzelpraxis als solche fortbesteht und die GmbH fremde Mandate betreut. Unbeschadet der in tatsächlicher Hinsicht nicht geklärten Fragen, ob überhaupt ein verkehrsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut bei Gründung der GmbH vorhanden war und ob es sich dabei um den Praxiswert oder den Mandantenstamm handelte, ist im übrigen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das FG von einer Übertragung des immateriellen Wirtschaftsgutes auf die GmbH ausgegangen ist. Dem steht nicht entgegen, daß die Übertragung möglicherweise zugleich als verschleierte Sachgründung zu beurteilen ist.
3. Die Vorentscheidung entspricht nicht in vollem Umfang den hier wiedergegebenen Rechtsgrundsätzen. Sie kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Es sind weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen. Es ist insbesondere zu klären, ob und welches immaterielle Wirtschaftsgut auf die GmbH übertragen wurde. Ggf. ist dessen objektiver Wert unter Berücksichtigung der behaupteten Rückgabeverpflichtung und dessen voraussichtliche Nutzungsdauer zu ermitteln. Unter diesem Gesichtspunkt wird das FG das Vorliegen einer vGA i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1984 und einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1984 insgesamt neu zu beurteilen haben. Die fehlenden Feststellungen zu treffen, ist die Aufgabe des FG. Deshalb war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 64952 |
BFH/NV 1994, 81 |
BStBl II 1994, 903 |
BFHE 175, 33 |
BFHE 1995, 33 |
BB 1994, 2042 |
BB 1994, 2042-2043 (LT) |
DB 1994, 2168-2169 (LT) |
DStR 1994, 1533-1535 (KT) |
DStZ 1994, 750-751 (KT) |
HFR 1994, 729-731 (LT) |
StE 1994, 587 (K) |