Leitsatz (amtlich)
Das Umpacken eingeführten Tees in Aufgußbeutel, die mit einem Faden zum Herausziehen aus dem fertigen Getränk versehen sind, ist nach § 12 Abs. 1 Satz 3 UStDB steuerlich unschädlich.
Normenkette
UStG 1934 § 4 Ziff. 2b; UStDB 1938 § 12 Abs. 1 S. 3
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) vertreibt eingeführten Tee nach Vermischen und Umpacken teils in normalen Handelspackungen, teils in aufgußfertigen Teebeuteln an gewerbliche Verbraucher (Gaststätten, Kaffeehäuser usw.) und an Einzelhandelsgeschäfte. Im Veranlagungszeitraum 1950 bestanden die Aufgußbeutel aus feindurchlöchertem und besonders präpariertem, siedefestem Papier und waren mit einem Faden versehen, an dessen Ende ein kleiner dünner Karton mit einem aufgedruckten oder ausgestanzten Bild befestigt war. Es wurden sogenannte X-beutel mit 1 1/2 und 3 g Tee für Gaststätten und sogenannte Y-beutel mit 1 1/4 und 2 1/2 g Tee für den Einzelhandel geliefert; die erstgenannten Beutel wurden in Blechdosen, die Y-beutel in bedruckten Papierumhüllungen zum Versand gebracht, die außer der Herstellerfirma den Inhalt nach Art, Menge und Preis erkennen ließen. Beide Arten von Beuteln sind dazu bestimmt, in Tassen oder Teekännchen mit kochendem Wasser hineingehängt zu werden. Sie können aus dem fertigen Getränk mühelos an dem über den Rand nach außen gelegten Kärtchen herausgezogen werden. Die Beutel geben dem Gaststättenbesucher und dem Letztverbraucher im Haushalt die Möglichkeit, ohne weiteres einen trinkfertigen Tee zu bereiten.
Die Bfin. hatte für die Lieferungen dieser Aufgußbeutel Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Ziff. 2 b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1934 in Anspruch genommen, während das Finanzamt in der Herstellung dieser Beutel eine Maßnahme sah, die über ein Umpacken im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen (UStDB) 1938 hinausgeht, und deshalb die Steuerbefreiung versagte. Die hiergegen eingelegte Sprungberufung blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist begründet.
Daß das Mischen ausländischer Teesorten im Inland und das Umpacken des gemischten Tees in normale Handelspackungen die Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Ziff. 2b UStG nicht ausschließt, hat die Vorentscheidung zutreffend angenommen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 221/33 vom 20. März 1934, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- S. 608). Streitig ist nur das Abfüllen des Tees in die beiden Arten der hier verwendeten Aufgußbeutel. Die Entscheidung hängt allein davon ab, ob diese Maßnahme noch zu dem im § 12 Abs. 1 Satz 3 UStDB als steuerlich unschädlich bezeichneten Vorgange des Umpackens rechnet. Ob der nunmehr in Aufgußbeutel abgefüllte Tee einen Gegenstand anderer Marktgängigkeit darstellt, ist rechtlich unerheblich; denn die Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen 1934 änderten im Gegensatz zu früher die Rechtslage dahin, daß seitdem, wenn es sich bei dem zu beurteilenden Vorgang um ein bloßes Kennzeichnen, Umpacken oder Umfüllen handelt, steuerliche Unschädlichkeit auch dann zugebilligt wird, wenn dadurch ein neues Verkehrsgut entsteht. Die hier anzuwendenden Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen 1938 haben insoweit keine sachliche Änderung gebracht (vgl. das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Bundesfinanzhofs V 25/51 U vom 13. November 1952). Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (vgl. z. B. Urteile V A 221/33 vom 20. März 1934, RStBl. 1934 S. 608, Slg. Bd. 35 S. 352, und V 181/40 vom 20. September 1940, RStBl. 1940 S. 940, Slg. Bd. 49 S. 160), der der erkennende Senat beitritt, kann der zu beurteilende Vorgang dann noch als Kennzeichnen, Umpacken oder Umfüllen angesehen werden, wenn die gesamte Behandlung nicht einen anderen wirtschaftlichen Vorgang darstellt, der einen selbständigen Sonderzweck verfolgt, dem der üblicherweise mit den genannten Vorgängen verfolgte Zweck nur untergeordnet ist. Dagegen kann es nicht als steuerlich schädlich angesehen werden, wenn mit dem Umpacken über das bloße Versandfähigmachen hinaus Nebenzwecke verfolgt werden, ohne daß Sprachgebrauch und Verkehrsauffassung etwas anderes annehmen als ein bloßes Umpacken, Umfüllen oder Kennzeichnen. So ist das Umpacken, wie auch im Streitfalle, vielfach mit einem Kennzeichnen verbunden, das als bloße Herkunftsbezeichnung zu werten ist, selbst wenn damit auch Werbezwecke verfolgt werden. Daß solche Nebenzwecke steuerlich unschädlich sind, hat die Rechtsprechung mehrfach entschieden (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V 162/40 vom 13. Juni 1941, RStBl. S. 557 unter II).
Bei der Prüfung der hiernach entscheidenden Gesichtspunkte ist davon auszugehen, daß das Umpacken von Tee auch in kleinste Packungen (Beutel oder Würfel) bei der hohen Empfindlichkeit dieser Ware gegen Gerüche, Staub und Schmutz keine andere Bedeutung hat, als ein bloßes Zurechtmachen handelsgängiger Kleinpackungen (vgl. auch Koch-Wirkau-Sölch-Ringleb, 5. Aufl. S. 366).
Das hat auch die Vorentscheidung nicht verkannt. Angesichts der dem Tee eigentümlichen Eigenschaften ist es deshalb aber nach der Verkehrsauffassung noch als bloßes Umpacken zu werten, wenn die Kleinstpackungen gerade die jeweils benötigten Portionsmengen enthalten. Es darf dabei nicht übersehen werden, daß sich der Sachverhalt in den Entscheidungen, die die Auffassung der Vorinstanz zu bestätigen scheinen, doch wesentlich von dem hier zu beurteilenden Vorgang unterscheidet, und daß jene Urteile aus mannigfachen Gesichtspunkten, die hier nicht in Betracht kommen können, zu einem für den Großhändler ungünstigen Ergebnis gelangen. So ist in dem letztgenannten Urteil vom 13. Juni 1941 entscheidend darauf abgestellt, daß die Ware selbst eine Behandlung erfuhr (Schokolade wurde in weichem Zustande bezogen, wieder teilbar gemacht und in Tafeln abgeteilt). In der Entscheidung V 181/40 vom 20. September 1940 (RStBl. 1940 S. 940, Slg. Bd. 49 S. 160) widersprach darüber hinaus der Sprachgebrauch, in der Entscheidung V 164/38 vom 23. Oktober 1939 (RStBl. 1940 S. 307) auch die Zugehörigkeit der Steuerpflichtigen (Stpfl.) zu der Wirtschaftsgruppe der Herstellerbetriebe der Annahme, daß es sich noch um dem Großhandel eigentümliche Verarbeitungsvorgänge handelte, die nach Sinn und Zweck des § 12 UStDB allein steuerlich begünstigt werden sollen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 22/37 vom 26. Februar 1937, Slg. Bd. 41 S. 110).
Die Sach- und Rechtslage ist aber hier eine andere. Die Ware hat -- abgesehen von dem vorangegangenen steuerlich unschädlichen Mischen -- eine Behandlung nicht mehr erfahren; Verkehrsauffassung und Sprachgebrauch sehen in den hier zu beurteilenden Vorgängen immer noch ein Umpacken; das Abfüllen in Aufgußbeutel ist heute im Teehandel durchaus üblich und wird in ganz ähnlicher Weise auch von ausländischen Teefirmen vorgenommen, die diese Tätigkeit jedoch außerhalb des deutschen Zollgebietes vornehmen und deshalb einen umsatzsteuerlichen Nachteil nicht erleiden. Schließlich fallen Tee in Aufgußbeuteln und Tee in größeren handelsüblichen Packungen unter die gleiche Zolltarifnummer 0902 A (Tee in Behältnissen mit einem Gewicht von 5 kg oder weniger) des jetzt gültigen Zolltarifs, der gerade auch, wie die Umsatzsteuer, an die Verkehrsauffassung anknüpft. Die gleiche zollrechtliche Behandlung ergibt sich nach dem für den Veranlagungszeitraum 1950 noch maßgeblichen Zolltarif von 1902 (vgl. Amtliches Warenverzeichnis unter dem Stichwort Tee, Zolltarif Nr. 65). Daß bei der Berechnung des Zolls das Gewicht der Papierumschließungen mitgerechnet wird -- dies würde auch bei den größeren handelsüblichen Packungen bis zu 5 kg der Fall sein -- ist dabei unerheblich. Zudem ergibt die durch das Finanzamt vorgenommene Kalkulationsprüfung, daß eine Verteuerung der Ware nicht durch die gewählte Umschließung, sondern im wesentlichen durch die bei Abgabe kleinster Mengen naturgemäß höheren Vertriebskosten eingetreten ist. Die Verpackung als solche wird also, da sie ja auch nur einmal verwendbar ist, nicht etwa zu einem Hauptbestandteil der Lieferung und damit auch nicht zum Selbstzweck.
Bei dieser hier gegebenen besonderen Sachlage hat der erkennende Senat keine Bedenken, auch in der durch Verwendung der Aufgußbeutel gegebenen Möglichkeit, den Tee unmittelbar mit dem Beutel zuzubereiten, nur einen Nebenzweck zu erblicken, der nicht über das hinausgeht, was nach der Verkehrsauffassung Zweck des Umpackens sein muß. Der Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise kommt aber gerade nach dem Gesetz entscheidende Bedeutung zu (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 437/35 vom 4. Oktober 1935, Slg. Bd. 38 S. 283). Die Vorentscheidung ist auch insoweit nicht frei von Irrtum, als sie dem Umstand, daß der Käufer die Benutzung eines Teesiebes oder eines Tee-Eies erspare, eine entscheidende Bedeutung beimißt, da heute bei sachgemäßer Teebereitung auch ohne Verwendung eines Aufgußbeutels weitgehend auf diese Hilfsmittel verzichtet wird. Wesentlicher Gesichtspunkt bleibt vielmehr auch bei der Verwendung der Aufgußbeutel, dem kaufkraftschwachen Konsumenten den Bezug kleinster Teemengen in einwandfreier Beschaffenheit zu ermöglichen.
Die Ausführungen des Beschwerdegegners (Bg.) in der mündlichen Verhandlung vermochten eine von dem Bescheid vom 16. Januar 1953 abweichende Beurteilung des Falles nicht zu rechtfertigen.
Wenn der Bg. bemängelt, daß der Bescheid einen wesentlichen Zweck des Tee-Aufgußbeutels darin erblicke, kaufkraftschwachen Konsumenten den Bezug kleinster Teemengen in einwandfreier Verpackung zu ermöglichen, damit aber bereits über die allein zulässigen Zwecke der mengenmäßigen Zuteilung und der Erleichterung des Versandes hinausgehe, weil der Großhändler hier nicht mehr eine Tätigkeit ausübe, die für den Warenvermittler typisch sei, so übersieht er dabei zweierlei:
Einmal erschöpft sich der Zweck des Aufgußbeutels nicht in der gedachten Richtung; Wünsche der Verbraucher nach Bequemlichkeit und Sauberkeit mögen gleichfalls mitbestimmend gewesen sein, ohne daß deshalb der Vorgang nicht mehr als Umpacken anzusehen wäre. Denn die bisherige Rechtsprechung ging, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, soweit Vorgänge des Umpackens, Umfüllens oder Kennzeichnens zu beurteilen waren, über das hinaus, was der Bg. allein als zulässigen Zweck eines solchen Vorgangs angesehen wissen will. Vor allem verkennt der Bg., daß es eine steuerliche Sonderregelung zugunsten typischer Großhandelsbearbeitungen gar nicht gibt. Ganz allgemein kommt es bei Beurteilung der Bearbeitungsfrage vielmehr auf die Einzelheiten des Tatbestandes an, so daß der vergleichsweisen Heranziehung von Urteilen, die "ähnliche" Tatbestände betreffen, enge Grenzen gezogen sind. Wenn der Senat deshalb bei der Eigenart und dem Verwendungszweck der umgesetzten Ware in der Verwendung der Aufgußbeutel nicht schon einen selbständigen Sonderzweck angenommen hat, so hält er sich durchausim Rahmen der bisherigen Rechtsprechung, soweit nach dem Gesagten überhaupt ein Vergleich mit anderen Waren oder Vorgängen möglich und zulässig ist.
Die relative Verteuerung der Ware, auf die der Bg. erneut hinweist, ist bei Kleinstpackungen eine allgemeine Erscheinung des Wirtschaftslebens. Der nunmehr vom Bg. angeführte Patentschutz des Aufgußbeutels macht diesen noch nicht zum Selbstzweck, wie auch die mit der Verwendung des Beutels verbundene Werbung und die Anbringung der Herkunftsbezeichnung als solche steuerlich nicht schädlich sind. Schließlich sei darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber bei Einführung des § 12 Abs. 1 Satz 3 UStDB 1938 bewußt von der Regelung abgewichen ist, wie sie sich auf dem Gebiete des Zollrechts für den Begriff des Umpackens gemäß § 16 des Zollgesetzes ergibt, und damit einer zu engen Auslegung dieses Begriffs vorbeugen wollte.
Wenn der Bg. nunmehr erstmalig behauptet, daß der Tee nach der Einfuhr auch noch einer schädlichen Bearbeitung unterzogen worden sei, so ist dies ein neues tatsächliches Vorbringen, das im Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 288, 296 der Reichsabgabenordnung nicht beachtet werden darf. Nach dem gesamten Akteninhalt und den Feststellungen der Vorinstanz muß der Senat davon ausgehen, daß der Tee als solcher eine Behandlung -- außer dem ausdrücklich zugelassenen Mischen ausländischer Teesorten -- nicht erfahren hat. An diese Feststellung ist der Senat gebunden. Hiernach war, wie geschehen, zu erkennen.
Fundstellen
BStBl III 1953, 203 |
BFHE 1954, 528 |