Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Die Zinsen für ein Darlehen, das ein Stpfl. zur Finanzierung des Erwerbs einer Beteiligung an einer Personengesellschaft aufnimmt, sind keine Sonderausgaben, sondern Betriebsausgaben. Sie können bei der Einkommensteuer des Stpfl. nur abgesetzt werden, wenn sie bei der einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 215 AO als Betriebsausgaben abgesetzt sind.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 10 Abs. 1 Ziff. 1, § 15; AO § 215 Abs. 2 Nr. 2, § 218
Tatbestand
Der steuerpflichtige Ehemann (Steuerpflichtige - Stpfl. -) ist seit 1962 Kommanditist einer KG. Er hat diese Beteiligung mit Hilfe eines Darlehens von etwa 115.000 DM erworben, das als eine persönliche Schuld des Stpfl. in der Bilanz des Unternehmens nicht aktiviert wurde. Das Finanzamt (FA) hat bei der Einkommensteuerveranlagung für 1962 die für dieses Darlehen gezahlten Schuldzinsen nicht, wie die Stpfl. beantragt hatten, als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG) abgezogen.
Der Einspruch und die Berufung der Stpfl. hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat ebenso wie das FA die Auffassung, die streitigen Zinsen seien Betriebsausgaben, die bei der einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 215 AO zu berücksichtigen gewesen wären. Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG seien die Zinsen aber nicht als Betriebsausgaben des Stpfl. behandelt und seien infolgedessen auch in der Mitteilung des Gewinnanteils des Stpfl. an dessen Wohnsitz-FA nicht berücksichtigt worden. Diese Mitteilung sei für die Einkommensteuerveranlagung verbindlich. Die Befürchtungen der Stpfl., durch die Bekanntgabe der Zinszahlungen könnte die Stellung des Ehemanns bei der KG beeinträchtigt werden, seien nicht begründet. Sie hätten die Zinszahlung dem Betriebs-FA der KG mitteilen können, ohne daß damit ihre steuerlichen Verhältnisse den anderen Gesellschaftern der KG bekanntgeworden wären.
Die Stpfl. rügen mit ihrer nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnden Rb., das FG habe nicht ausreichend begründet, daß die Zinsen in die einheitliche Gewinnfeststellung nach § 215 AO hätten einbezogen werden müssen. Es habe den Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt. Andernfalls hätte sich ergeben, daß das Darlehen nur 115.000 DM, die Kommanditeinlage dagegen 150.000 DM betragen habe. Die aufgenommenen Geldmittel und die Kapitaleinlage seien also nicht identisch. Zur gewerblichen Betätigung gehörten nicht Vorgänge, die vor dem Eintritt in eine Gesellschaft lägen. Da der Stpfl. den Kommanditanteil erst nach Beschaffung des Darlehens erworben habe, berühre die Kreditaufnahme das Gesellschaftsverhältnis nicht. Die streitigen Zinsen seien darum Sonderausgaben.
Der Stpfl. beantragt: Das Urteil des FG aufzuheben und die Schuldzinsen mit 3.648 DM als Sonderausgaben anzuerkennen, hilfsweise die Sache an das FG zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Stpfl. hat einen Bankkredit von etwa 115.000 DM aufgenommen, um sich an der KG als Kommanditist zu beteiligen. Seine Auffassung, es handle sich um privates Darlehen, dessen Zinsen als Sonderausgaben abzugsfähig seien, trifft nicht zu. Das FG hat mit Recht angenommen, daß Vorbereitungshandlungen für eine gewerbliche Betätigung steuerlich Vorgänge im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind. Das gilt nicht nur für Einzelkaufleute, sondern auch für Beteiligungen an Personengesellschaften. Der vom Stpfl. aufgenommene Kredit steht in so engem Zusammenhang zu seiner Kommanditbeteiligung, daß die Zinsen Betriebsausgaben sind. Ohne Bedeutung ist, daß die Beteiligung des Stpfl. höher war als der Kredit. Anders wäre es, wenn die Kommanditeinlage niedriger gewesen wäre als der Kredit. Da sich der Zusammenhang zwischen dem Kredit und der Beteiligung des Stpfl. aus den eigenen Ausführungen der Stpfl. ergab und der Inhalt der Akten keinen Anlaß zu Zweifeln gab, bestand für das FG keine Veranlassung zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts.
Wenn danach die Schuldzinsen Betriebsausgaben sind, kommt der beantragte Abzug als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1 EStG nicht in Betracht.
Das FG und das FA nehmen auch ohne Rechtsirrtum an, daß die den Stpfl. persönlich betreffenden Betriebsausgaben bei seiner Einkommensteuerveranlagung nur berücksichtigt werden könnten, wenn sie zuvor bei der einheitlichen Feststellung des Gewinns der KG nach § 215 AO erfaßt wären. Das für die Einkommensteuer zuständige Wohnsitz-FA ist an die Höhe bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für die einzelnen Gesellschafter ermittelten Gewinnanteile gebunden und darf dabei nicht berücksichtigte Sonderbetriebsausgaben einzelner Gesellschafter bei deren Einkommensteuerveranlagung nicht abziehen (Urteil des Senats VI 202/60 U vom 25. August 1961, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 73 S. 619, BStBl III 1961, 491). Der von den Stpfl. angeführte Grund, die Kreditaufnahme hätte vor der KG geheimgehalten werden sollen, rechtfertigt keine Ausnahme. Das ergibt sich nicht nur aus der sogenannten "Bilanzbündeltheorie", sondern trägt auch der Notwendigkeit Rechnung, daß das für die Besteuerung der Gesellschafter zuständige Wohnsitz-FA nicht in der Lage ist, die Verhältnisse der Personengesellschaft zu beurteilen und von sich aus festzustellen, wieweit Betriebsausgaben bereits abgezogen sind. Daß es einem Gesellschafter unter Umständen nicht angenehm ist, wenn seine persönlichen Betriebsausgaben durch die Berücksichtigung bei der einheitlichen Gewinnfeststellung seinen Mitgesellschaftern bekannt werden, vermag hieran nichts zu ändern. Diese Möglichkeit gehört zu dem Risiko, das der Stpfl. mit der Beteiligung an einer Personengesellschaft eingeht.
Fundstellen
Haufe-Index 412177 |
BStBl III 1966, 582 |
BFHE 1966, 576 |
BFHE 86, 576 |