Leitsatz (amtlich)
1. Zur Auslegung von Ursprungsregeln in Freihandelsabkommen.
2. Die Ursprungsregeln im Protokoll Nr.3 zum Freihandelsabkommen EWG-Schweiz sind entsprechend ihrem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck des Abkommens strikt zu handhaben. Kommt es für die ursprungsbegründende ausreichende Be- oder Verarbeitung von Nichtursprungswaren auf deren "Tarifsprung" an, so muß dieser mangels einer gegenteiligen Bestimmung durch sämtliche Vorerzeugnisse, auch solche nebensächlicher Art, vollzogen werden.
Orientierungssatz
Ein völkerrechtlicher Vertrag ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen (Literatur).
Normenkette
EWGV 2840/72; EWGAbk CHE Art. 2, 11; EWGAbkProt CHE 3 Art. 1 Nr. 1 Buchst. a, Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 1 Nr. 1 Buchst. b
Verfahrensgang
FG München (Entscheidung vom 21.07.1982; Aktenzeichen III 163/81 Z) |
Tatbestand
I. Der Kläger stellt in seiner Puppen- und Spielwarenfabrik u.a. Lauf-Sing-Sprechpuppen her, zu deren Fertigung er auch Waren verwendet, die er aus Japan bezieht. Dabei handelt es sich um Laufwerke für die Puppenbeine sowie um Einlegesohlen für die Puppenschuhe (Schuhplatten). Die Schuhplatten bestehen aus mit Kunststoff umspritztem Metall und werden ohne feste Verbindung nach Art von Einlegesohlen in die Puppenschuhe gelegt. Mit ihnen soll ein herstellungsbedingter unterschiedlicher "Schwund" der Puppenbeine ausgeglichen werden. Zum Zweck des zollbegünstigten Exports der von ihm hergestellten Puppen in die Schweiz stellte der Kläger Warenverkehrsbescheinigungen (WVB) EUR 1 aus, die im Rahmen eines ihm bewilligten vereinfachten Verfahrens zollamtlich vorausbehandelt worden waren. Nach Prüfung der für eine Sendung ausgestellten WVB entschied das Hauptzollamt --HZA--, daß diese WVB hinsichtlich der darin aufgeführten Puppen zu Unrecht ausgestellt worden sei. Der hiergegen vom Kläger erhobene Einspruch blieb erfolglos.
Der Kläger erhob daraufhin Klage, der das Finanzgericht (FG) durch sein in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 1982, 373 (Leitsatz auch in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1983, 31) veröffentlichtes Urteil vom 21.Juli 1982 III 163/81 Z mit folgenden Erwägungen stattgab: Die streitbefangenen Puppen seien Ursprungserzeugnisse der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) i.S. der Verordnung (EWG) Nr.2840/72 (VO Nr.2840/72) des Rates vom 19.Dezember 1972 über den Abschluß eines Abkommens zwischen der EWG und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zu diesem Abkommen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- L 300/188 vom 31.Dezember 1972). Die Verwendung der aus Japan eingeführten Erzeugnisse bei der Puppenherstellung hindere nicht, daß die fertigen Puppen als Ursprungserzeugnisse der EWG gelten, weil die Laufwerke unter eine andere Tarifnummer des Brüsseler Zolltarifschemas fielen als die fertigen Puppen (97.02) und die Schuhplatten von so untergeordneter Bedeutung und im Verhältnis zur hergestellten Ware von so verschwindendem Wert seien, daß sie für die Beurteilung der Ursprungseigenschaft der Puppen unberücksichtigt bleiben könnten.
Zur Begründung seiner Revision trägt das HZA vor: Aus Art.1 Nr.1 Buchst.b des Protokolls Nr.3 zum Abkommen EWG-Schweiz ergebe sich, daß bei nicht vollständiger Erzeugung einer Ware in der EWG alle Vorerzeugnisse, die selbst wiederum nicht vollständig in der EWG erzeugt worden seien, ausreichend be- oder verarbeitet sein müßten, damit die Fertigware als präferenzberechtigtes Ursprungserzeugnis der EWG gelten könne. Art.5 des Protokolls Nr.3 diene ausschließlich der Auslegung des Begriffs "ausreichende Be- oder Verarbeitung" der in Betracht kommenden Vorerzeugnisse, könne also nicht zur Auslegung herangezogen werden, welche Vorerzeugnisse ausreichend be- oder verarbeitet sein müßten. Gemäß Art.1 Nr.1 Buchst.b i.V.m. Art.5 Abs.1 des Protokolls Nr.3 könne den in die Schweiz ausgeführten Puppen die Eigenschaft einer Ursprungsware der EWG nur dann verliehen werden, wenn auch die aus Japan stammenden Schuhplatten ausreichend be- oder verarbeitet worden wären, die Schuhplatten also bei der Puppenherstellung die Tarifnummer gewechselt hätten. Dies sei indessen nicht der Fall, da die Schuhplatten aufgrund der Vorschrift 4 zu Kapitel 97 in die Tarifnr. 97.02 gehörten, weil sie erkennbar ausschließlich zum Einbau in Puppen bestimmt seien.
Der Kläger führt im wesentlichen folgendes aus: Mit dem FG sei davon auszugehen, daß sich eine Auslegung nur nach dem Wortlaut der Art.1 und 5 des Protokolls Nr.3 verbiete. Die für die Herstellung des Fertigerzeugnisses nebensächliche Bedeutung der Schuhplatten ergebe sich schon daraus, daß diese Vorerzeugnisse nur in die Puppenschuhe eingelegt würden, wenn die Puppenbeine durch Ungenauigkeiten bei der Herstellung unterschiedliche Längen aufwiesen. Eine Zuweisung zur Tarifnr. 97.02 komme selbst bei überwiegender Verwendung der Schuhplatten in Puppenschuhen als Einlagen zum Ausgleich einer Längendifferenz oder zur Versteifung der Sohlen nicht in Betracht.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß im Streitfall gemäß der VO Nr.2840/72 das dort angeführte Abkommen zwischen der EWG und der Schweizerischen Eidgenossenschaft einschließlich der dazugehörigen Anhänge und Protokolle anzuwenden ist. Das Abkommen gilt, von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, nach seinem Art.2 Buchst.i für Ursprungserzeugnisse der EWG und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die unter die Kapitel 25 bis 99 des Brüsseler Zolltarifschemas fallen. Die Ursprungsregeln sind in Protokoll Nr.3 festgelegt (Art.11 des Abkommens). Nach ihm gelten neben den Erzeugnissen, die vollständig in der EWG erzeugt worden sind (Art.1 Nr.1 Buchst.a des Protokolls Nr.3), solche Erzeugnisse als Ursprungserzeugnisse der EWG, die in der EWG unter Verwendung anderer als der unter Art.1 Nr.1 Buchst.a des Protokolls Nr.3 genannten Erzeugnisse hergestellt worden sind, wenn diese Erzeugnisse, soweit nicht solche der Schweiz, i.S. von Art.5 des Protokolls Nr.3 in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet worden sind (Art.1 Nr.1 Buchst.b des Protokolls Nr.3). "Zur Anwendung" u.a. von Art.1 Nr.1 Buchst.b des Protokolls Nr.3 gelten nach Art.5 Abs.1 Buchst.a des Protokolls Nr.3 als ausreichende Be- oder Verarbeitungen grundsätzlich solche Arbeitsvorgänge, die zur Folge haben, daß die hergestellten Waren unter eine andere Tarifnummer einzureihen sind als sie für die verwendeten Erzeugnisse gilt; die Ausnahmen, bei denen der "Tarifsprung" nicht ausreichend (Anhang II - Liste A des Protokolls Nr.3) oder nicht erforderlich ist (Anhang III - Liste B des Protokolls Nr.3), spielen im Streitfalle keine Rolle. Diese Ursprungsregeln --solche einer Freihandelszone-- werden durch die gemeinschaftliche Ursprungsregelung nicht berührt (Art.2, 1.Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr.802/68 --VO Nr.802/68-- des Rates vom 27.Juni 1968 über die gemeinsame Begriffsbestimmung für den Warenursprung, ABlEG L 148/1 vom 28.Juni 1968, in der Fassung der Änderungsverordnung vom 21.Juni 1971, ABlEG L 139/6 vom 25.Juni 1971).
2. Im Streitfall liegt keine vollständige Erzeugung der Puppen in der EWG i.S. des Art.1 Nr.1 Buchst.a des Protokolls Nr.3 vor. Wie das FG richtig entschieden hat, ist wegen der Verwendung der Laufwerke und der Schuhplatten aus Japan zum Einbau in die Puppen Art.1 Nr.1 Buchst.b des Protokolls Nr.3 maßgebend. Die Laufwerke und die Schuhplatten sind andere als in Art.1 Nr.1 Buchst.a des Protokolls Nr.3 genannte Erzeugnisse, weil sie in einem Drittland hergestellt wurden.
a) Gegenstand einer ausreichenden Be- oder Verarbeitung i.S. von Art.1 Nr.1 Buchst.b i.V.m. Art.5 Abs.1 Buchst.a des Protokolls Nr.3 müssen nach dem Wortlaut von Art.1 Nr.1 Buchst.b des Protokolls Nr.3 alle Erzeugnisse sein, die nicht vollständig in der Gemeinschaft erzeugt worden sind und die zur Herstellung von Erzeugnissen in der Gemeinschaft verwendet werden. Die Wendung "diese Erzeugnisse" in Art.1 Nr.1 Buchst.b des Protokolls Nr.3 bezieht sich auf die anderen als die in Art.1 Nr.1 Buchst.a des Protokolls Nr.3 genannten Vorerzeugnisse. Sie umfaßt alle Vorerzeugnisse, die nicht vollständig in der EWG erzeugt wurden und die zur Herstellung anderer Erzeugnisse in der EWG verwendet werden. Die Fassung von Art.1 Nr.1 Buchst.b des Protokolls Nr.3 ist insoweit eindeutig. Art.5 Abs.1 Buchst.a des Protokolls Nr.3 trifft nach seinem Wortlaut ebenfalls insofern eine klare Regelung, als "die verwendeten Erzeugnisse" einer anderen Tarifnummer zuzuweisen sein müssen als die nach ihrer Be- oder Verarbeitung aus ihnen hergestellten Waren. Dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, daß nur ein Teil der zur Herstellung von Waren in der Gemeinschaft be- oder verarbeiteten Erzeugnisse in eine andere Tarifnummer einzureihen sein müsse als die hergestellten Waren. Der Ausdruck "die verwendeten Erzeugnisse" erfaßt positiv und ohne Unterschied alle bei der Herstellung einer Ware in der EWG verwendeten Erzeugnisse aus Drittländern. Allerdings läßt sich dieses Ergebnis entgegen der Auffassung des HZA nicht zusätzlich auf einen Gegenschluß aus der in der Liste B --Anhang III des Protokolls Nr.3-- enthaltenen 5 %-Klausel stützen, da diese sich lediglich auf Bearbeitungen und Verarbeitungen bezieht, die nicht zum Tarifsprung führen, jedoch gleichwohl ursprungsbegründend sind.
TEXTb) Dieses dem Wortlaut der maßgebenden Vorschriften zu entnehmende Ergebnis steht nach Auffassung des Senats nicht in Widerspruch, sondern in Einklang mit dem mit ihnen verfolgten Zweck einer genauen, die Vertragsparteien bindenden Ursprungsbestimmung. Auch die Auslegung völkerrechtlicher Verträge darf, wie der Kläger richtig hervorhebt, jedenfalls grundsätzlich nicht beim Wortlaut stehenbleiben. Vielmehr ist ein völkerrechtlicher Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen (so Art.31 Abs.1 des von der Bundesrepublik Deutschland noch nicht ratifizierten Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23.Mai 1969; vgl. Menzel/Ipsen, Völkerrecht, 2.Aufl., 1979 S.320; Berger, Lehrbuch des Völkerrechts, 1.Bd., 2.Aufl., 1975 S.478); dies gilt auch für das hier maßgebende Freihandelsabkommen EWG-Schweiz (vgl. Friedrich, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1237, 1238). Wesentlicher Zweck eines Abkommens zur Begründung einer Freihandelszone, deren Partner keinen gemeinsamen Außenzolltarif haben, ist die Bestimmung des Warenursprungs, insbesondere die des Ursprungs von Waren, die nicht vollständig in der Zone erzeugt worden sind. In bewußter Abkehr von der Wertzuwachsregel, die in der früheren Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) bei der Bestimmung des Ursprungs grundsätzlich maßgebend war (vgl. Art.4 Abs.1 Buchst.c des EFTA-Übereinkommens; dazu Dorsch in Bail/Schädel/Hutter, Kommentar Zollrecht, F IV/5 Rz.4; Gotschlich, ZfZ 1978, 2, 4), stellt das Freihandelsabkommen EWG-Schweiz, von Sonderregelungen abgesehen, die im Streitfall nicht einschlägig sind, bei nicht vollständig in der EWG oder in der Schweiz erzeugten Waren auf den sogenannten Tarifsprung von der Tarifnummer der verwendeten Vorerzeugnisse zur (anderen) Tarifnummer (für das hergestellte Erzeugnis) nach dem Brüsseler Zolltarifschema ab (vgl. auch Art.5 Abs.1, a.E. des Protokolls Nr.3). Der Vorteil dieses Systems liegt in seiner vergleichsweisen Genauigkeit, sein --in Kauf genommener-- Nachteil in seiner Schwierigkeit (vgl. Friedrich, a.a.O., S.1239), auch in seiner Starre und Formstrenge, die zwar durch Sonderregelungen für bestimmte, im Streitfall nicht maßgebende Bereiche gemildert, indessen --noch-- nicht aufgelockert ist durch eine obligatorische allgemeine Bagatellklausel, die es etwa zuließe, für die Ursprungsbegründung nur die wesentlichen Stoffe und Bestandteile zu berücksichtigen, nebensächliche Erzeugnisse aber, wie vom FG angenommen, außer Betracht zu lassen (näher Dorsch, a.a.O., F IV/5/5 Rz.3; derselbe in Regul, Gemeinschaftszollrecht, 1.Aufl., 1982, VO Nr.802/68, Art.2 Anm.3 a - 2 = S.487). Insoweit unterscheidet sich das System des Freihandelsabkommens grundlegend von der in der EWG, einer Zollunion, geltenden Regelung über den Ursprung einer nicht vollständig in einem Land hergestellten Ware (Art.5 VO Nr.802/68). Die elastisch gefaßte Begriffsbestimmung in der gemeinschaftlichen Ursprungsregelung verlangt eine im wesentlichen von den spezifischen stofflichen Eigenschaften der Verarbeitungsprodukte ausgehende Unterscheidung zwischen diesen Waren und den Ausgangserzeugnissen und setzt somit nicht voraus, daß nahezu jeder Bestandteil eines Erzeugnisses, selbst wenn er von geringem Wert ist, seinen Ursprung in der Gemeinschaft haben müsse (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften -EuGH-- vom 31.Januar 1979 Rs.114/78, EuGHE 1979, 151, 168 - Schieber von Reißverschlüssen). Das zum Abkommen gehörende Protokoll Nr.3, das auf der Grundlage gegenseitiger Verpflichtungen aufbaut (EuGH-Urteil vom 12.Juli 1984 Rs.218/83, Absatz 29 der Urteilsgründe --noch nicht veröffentlicht in EuGHE--), erfordert hingegen auch nach seiner Zielsetzung eine äußerst genaue Beachtung der Regel über den Tarifsprung, den sämtliche Vorerzeugnisse --auch solche nebensächlicher Art-- vollziehen müssen (ebenso Gotschlich, a.a.O., und ZfZ 1980, 258; 260; Ehmcke, ZfZ 1983, 55). Denn nur unter dieser Voraussetzung ist in einem Verhältnis strikter Bilateralität gewährleistet, daß die ausbedungenen Präferenzen gegenseitig auch tatsächlich gewährt und nicht von einer Seite in Frage gestellt werden.
Die vom FG vorgenommene Auslegung der in Betracht kommenden Bestimmungen des Protokolls Nr.3 ist auch mit deren vorstehend dargelegtem Sinn und Zweck nicht zu vereinbaren. Der Senat verkennt nicht, daß es zur Vermeidung unbefriedigender Ergebnisse wünschenswert wäre, bei der Ursprungsbestimmung auf "das wirtschaftliche Gewicht des auf die Gemeinschaft entfallenden Anteils an der Produktion einer Ware" abzuheben und nebensächliche Vorerzeugnisse zu vernachlässigen. Dazu bedürfte es jedoch einer entsprechenden Vereinbarung, etwa über eine allgemeine, genau definierte Bagatellklausel, zwischen den Vertragspartnern des Freihandelsabkommens und der Anwendung einer solchen Verabredung im Gemeinschaftsrecht. Solange eine solche Klausel nicht besteht, kann das geltende Recht nicht entgegen Wortlaut und Zweck im Sinne des für erstrebenswert Gehaltenen ausgelegt werden. Eine solche Auslegung läßt sich auch nicht darauf stützen, daß --entsprechend einer zwischenstaatlichen Absprache-- bei der Prüfung, ob eine "Minimalbehandlung" i.S. von Art.5 Abs.3 des Protokolls Nr.3 vorliegt, auf die hergestellte Ware insgesamt abgestellt wird. Eine solche Handhabung hat nur zur Folge, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen die Regel über den Tarifsprung --wieder-- eingreift, obwohl ein einzelnes Vorerzeugnis ohne Ursprungseigenschaft nur "minimal" behandelt worden ist, und begründet nicht, daß ein Abweichen von der Regel unter Vernachlässigung nebensächlicher Erzeugnisse zulässig sei. Dagegen spricht für die Auffassung des Senats, daß für Waren der Kapitel 84 bis 92 --nicht für solche des Kapitels 97, zu dem die von dem Kläger hergestellten Puppen gehören-- inzwischen alternative Prozentregeln eingeführt worden sind, die eine unschädliche Verwendung von Nichtursprungswaren bis zu einer bestimmten Wertgrenze ermöglichen (vgl. den nach der Verordnung (EWG) Nr.3633/82 des Rates vom 21.Dezember 1982, ABlEG L 385/67 vom 31.Dezember 1982, in Gemeinschaftsrecht transformierten oder jedenfalls innergemeinschaftlich anwendbaren Beschluß Nr.2/82 des Gemischten Ausschusses EWG-Schweiz), dies übrigens nur befristet und unter dem Vorbehalt einer Aussetzung der Alternativregelung im Falle der Schädigung der Erzeuger entsprechender Waren (Art.3 des Beschlusses). Für alle anderen Waren als solche der Kapitel 84 bis 92 gelten ausschließlich die strengen Regeln des Protokolls Nr.3).
c) Das Ergebnis, zu dem der Senat aufgrund des Wortlauts der maßgebenden Vorschriften, wie er durch ihren Sinn bestätigt wird, gelangen muß, ist auch nicht etwa wirtschaftlich völlig unvertretbar oder gar absurd und aus diesem Grunde abzuweisen, mag es auch, bezogen auf den Einzelfall, wenig befriedigen. Denn wie ausgeführt, garantiert gerade die strikte Beachtung der Regel über den Tarifsprung, daß die Zollpräferenzen für Ursprungserzeugnisse wirklich beiderseitig gewährt werden, und sichert damit das gute Funktionieren des Freihandelsabkommens.
Fundstellen
Haufe-Index 60889 |
BFHE 144, 297 |
BFHE 1986, 297 |
DStR 1985, 779-779 (S) |
HFR 1986, 25-26 (ST) |