Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Die planmäßige Verwendung einer Arbeitsmaschine für Fahrschulzwecke schließt die Steuerbefreiung aus.
Verordnung über die Befreiung von Arbeitsmaschinen von der Kraftfahrzeugsteuer vom 21. Dezember 1936 (RGBl 1936 I S. 1140) § 1; KraftStG 1955 (in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Aufhebung
Normenkette
KraftStBefrVO 1; KraftStG § 1/1/3, § 10 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Der Bf. betreibt unter anderem die Kraftfahrzeuginstandsetzung, das Abschleppen von Kraftfahrzeugen und eine Kraftfahrzeugfahrschule. Zum Abschleppen verwendete er ab 11. Dezember 1958 einen für diesen Zweck umgebauten Lastkraftwagen. Da der Bf. dieses Fahrzeug auch für Fahrschulzwecke verwendete, forderte das Finanzamt, das zunächst eine Bescheinigung über die Steuerbefreiung nach § 5 der Verordnung über die Befreiung von Arbeitsmaschinen von der Kraftfahrzeugsteuer vom 21. Dezember 1936 (RGBl 1936 I S. 1140) für die Zeit vom 11. Dezember 1958 bis zum 10. Dezember 1960 erteilt hatte, mit Bescheid vom 28. August 1959 Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 1.296 DM für die Zeit vom 11. Dezember 1958 bis zum 10. Dezember 1959, wobei es der Berechnung der Steuer das bei der Steueranmeldung angegebene höchstzulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs von 10.800 kg zugrunde legte.
Das Finanzamt wies den vom Bf. gegen die Steuerfestsetzung der Höhe nach eingelegten Einspruch als unbegründet zurück. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG 1955 sei die Steuerberechnungsgrundlage das verkehrsrechtlich höchstzulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs. Dieses sei vom Bf. bei der Steueranmeldung mit 10.800 kg angegeben worden. Der Aufforderung des Finanzamts, eine gutachtliche äußerung der Technischen Prüfstelle über das höchstzulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs nach dem Umbau beizubringen, sei der Bf. trotz mehrfacher Erinnerung nicht nachgekommen. Folglich müsse es bei der Zugrundelegung von 10.800 kg für die Berechnung der Steuer verbleiben.
Das Finanzgericht wies die Berufung des Bf., der nunmehr völlige Freistellung von der Kraftfahrzeugsteuer begehrte, ebenfalls als unbegründet zurück.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist vom Bf. mit einem Tag Verspätung eingelegt worden. Die Rechtsmittelfrist war mit Ablauf des 17. April 1961 (Montag) abgelaufen, das Rechtsbeschwerdeschreiben ist dagegen erst am 18. April 1961 beim Finanzgericht eingegangen. Nach Prüfung der Sachlage hat der Senat keine Bedenken, der Versicherung des Bf., er habe das Rechtsbeschwerdeschreiben bereits am 15. April 1961 gegen 12 Uhr beim Postamt X. persönlich aufgegeben, Glauben zu schenken und damit die Voraussetzungen für die Gewährung von Nachsicht nach § 86 AO als gegeben anzusehen.
Die hiernach trotz verspäteter Einlegung zulässige Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.
Allerdings hat das Finanzgericht zu Recht die Anwendbarkeit der Verordnung über die Befreiung von Arbeitsmaschinen von der Kraftfahrzeugsteuer vom 21. Dezember 1936 verneint. Zwar sind Abschleppwagen von den Vorschriften über das Zulassungsverfahren für Kraftfahrzeuge ausgenommen (§§ 1 und 2 a. a. O. in Verbindung mit dem im Reichsverkehrsblatt B 1937 S. 1 veröffentlichten Erlaß des Reichsverkehrsministers vom 6. Januar 1937 und dem vom Bundesminister für Verkehr bekanntgegebenen Verzeichnis der nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung anerkannten Arten von selbstfahrenden Arbeitsmaschinen nach dem Stand vom 15. Oktober 1957, Verkehrsblatt 1957 S. 519, 520). Ein Abschleppwagen aber ist ein Fahrzeug, das ausschließlich zum Abschleppen verwendet wird. Ob ein Abschleppwagen vorliegt, hängt also nicht allein von der Beschaffenheit des Fahrzeugs ab, sondern von seiner bestimmungsgemäßen Verwendung zum Abschleppen als Grundlage für die Ausnahme von den Vorschriften für das Zulassungsverfahren und damit für die Steuerfreiheit. Die bestimmungsgemäße Verwendung gibt dem Fahrzeug seine Rechtsnatur (vgl. hierzu auch Müller, Straßenverkehrsrecht, Abschnitt Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung § 18 Anm. 12 vorletzter Absatz, 21. Auflage, S. 553). Auf § 4 Abs. 2 der erwähnten Verordnung vom 21. Dezember 1936, wonach es für die Steuerbefreiung unter anderem auf den Verwendungszweck ankommt, wird Bezug genommen. Dies hat der Senat in seiner Entscheidung II 137/59 U vom 8. Februar 1961 (BStBl 1961 III S. 166) ausgesprochen. Soweit der Senat in der vom Bf. erwähnten früheren, nicht zur Veröffentlichung bestimmten Entscheidung II 151/55 vom 31. August 1956 eine andere Meinung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest.
Wird nun ein als Abschleppwagen gebautes und eingerichtetes Fahrzeug, wie im Streitfall nicht bestritten ist, planmäßig nicht nur zum Abschleppen, sondern auch zu Fahrschulzwecken verwendet, dann ist das Fahrzeug seinem Verwendungszweck nach eben nicht nur ein Abschleppwagen, sondern auch ein Fahrschulwagen, der wie jeder andere Fahrschulwagen bei Benutzung öffentlicher Straßen der Kraftfahrzeugsteuer unterliegt. Auf das Ausmaß der Verwendung des Fahrzeugs als Fahrschulwagen im Verhältnis zu seiner Verwendung als Abschleppwagen kann es für die Steuerpflicht nicht ankommen. An der Verwendung des Fahrzeugs auch zu Fahrschulzwecken wird nichts dadurch geändert, daß das Fahrzeug bei dieser seiner Verwendung, wie der Bf. geltend macht, auch im Abschleppdienst eingesetzt wird. Ob in diesem Fall die Fahrschüler als Begleitmannschaften im Sinne des § 2 letzter Satz der Verordnung vom 21. Dezember 1936 angesehen werden könnten, wie der Bf. meint, kann dahingestellt bleiben, da nicht anzunehmen und vom Bf. auch nicht behauptet ist, daß die Verwendung des Fahrzeugs zu Fahrschulzwecken immer nur dann stattfindet, wenn das Fahrzeug zugleich im Abschleppdienst eingesetzt wird. Für die Beurteilung unerheblich ist auch, daß es, wie der Bf. ausführt, im Interesse der Verkehrssicherheit wünschenswert sei, daß Fahrschüler für die Führerscheinklasse II auf einem schwereren Fahrzeug, wie es das in Betracht kommende Fahrzeug ist, ausgebildet werden und daß bei Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer die Verwendung eines solchen schwereren Fahrzeugs für Fahrschulzwecke wirtschaftlich für das Fahrschulunternehmen nicht tragbar sein würde.
Obwohl hiernach dem Finanzgericht in der Frage der Steuerpflicht dem Grunde nach zuzustimmen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben, da sich das Finanzgericht nicht mit dem vom Bf. für den Fall der Verneinung der Steuerbefreiung erhobenen Einwand gegen die Höhe der festgesetzten Steuer befaßt hat. Zwar ist, da es sich im Streitfall nicht um ein unter § 10 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG 1955 fallendes Fahrzeug (Zwei- und Dreiradkraftfahrzeuge, ausgenommen Zugmaschinen, und Personenkraftwagen) handelt, für die Steuerberechnung die für alle anderen Fahrzeuge geltende Nr. 2 dieser Vorschrift maßgebend, wonach die Steuer nach dem verkehrsrechtlich höchstzulässigen Gesamtgewicht, nicht etwa - wie der Bf. anstrebt - nach dem Eigengewicht, berechnet wird. Der Bf. hat jedoch offenbar auch noch geltend machen wollen, daß das verkehrsrechtlich höchstzulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs nach seinem Umbau entgegen der Angabe in der Steueranmeldung geringer als 10.800 kg sei. Wenn auch kaum anzunehmen ist, daß durch den Umbau des Fahrzeugs eine änderung des verkehrsrechtlich höchstzulässigen Gesamtgewichts eingetreten ist, so erscheint doch eine dahingehende Aufklärung durch Einholung einer äußerung der hierfür zuständigen Stelle geboten, zumal auch das Finanzamt, wie sich aus seinen mehrfachen diesbezüglichen Schreiben an den Bf. ergibt, eine änderung für möglich hält. Die hiernach noch nicht spruchreife Sache war daher an das Finanzgericht zur Prüfung in dieser Hinsicht und zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 410212 |
BStBl III 1961, 508 |
BFHE 1962, 666 |
BFHE 73, 666 |