Leitsatz (amtlich)
Überläßt eine Maklerfirma in der Rechtsform der GmbH ihrem Hauptgesellschafter und Geschäftsführer Überprovisionen als eigene Einkünfte, die in ihrer Entstehung von Provisionen für die Vermittlungsdienste der GmbH abhängig sind, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) ist eine GmbH. Gegenstand ihres Unternehmens ist „Werbung, Vermittlung, Verwaltung, Erwerb und Veräußerung von Versicherungen, Bausparverträgen und sonstigen Kreditverträgen”. Ihre Geschäftsanteile lagen im Streitjahr (1961) zu 90 v. H. bei ihrem Hauptgesellschafter und alleinigen Geschäftsführer E.
Nach § 13 des Gesellschaftsvertrages vom 26. September 1957 ist es den Gesellschaftern der Steuerpflichtigen bei Verwirkung einer Konventionalstrafe von 1 000 DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, ohne Zustimmung der Gesellschaft Konkurrenzgeschäfte für eigene oder fremde Rechnung, weder unmittelbar noch mittelbar, vorzunehmen. Mit besonderer Vereinbarung vom 2. Oktober 1957 wurde es E. von der Steuerpflichtigen gestattet, abweichend von § 13 des Vertrages von den Versicherer-Geschäftspartnern der Firma für die Vermittlung von Lebensversicherungen gewährte Bürokostenzuschüsse, Steigerungs- und Super-Provisionen als persönliche Einkünfte zu behandeln und zu vereinnahmen und die Versicherer-Geschäftspartner der Firma zu veranlassen, derartige Teil- und Sonder-Provisionen getrennt von den übrigen Provisionen, auf welche die Firma Anspruch hat, mit Herrn E. als Privatperson abzurechnen.
Auf diese Vereinbarung berief sich die Steuerpflichtige hinsichtlich der vom Revisionsbeklagten (dem FA) als verdeckte Gewinnausschüttung angesehenen 12 666 DM, jedoch ohne Erfolg. Auch Einspruch und Klage der Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus:
Zu Recht habe das FA in der Zuweisung der streitigen Ausgleichs-, Super- und Steigerungsprovisionen, Bürokosten- und sonstigen allgemeinen Zuschüsse an E., die die Geschäftspartner der Steuerpflichtigen neben den der Steuerpflichtigen zugeflossenen Abschluß- und Inkassoprovisionen gezahlt hätten, eine verdeckte Gewinnausschüttung gesehen. Da E. für die Steuerpflichtige tätig geworden sei, habe diese ihm gegenüber einen Anspruch auf Herausgabe alles dessen, was er aufgrund der Geschäftsführung erlange, im Streitfall mithin auf die ihm von den Versicherungsgesellschaften gutgebrachten Sonderprovisionen. Wenn die Steuerpflichtige diesen ihren Anspruch nicht geltend gemacht habe, so liege darin ein Verzicht, der einen aus dem Vermögen der Steuerpflichtigen dem E. gewährten Vorteil darstelle.
Zwar könne der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft auch außerhalb seiner Geschäftsführertätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen auf dem gleichen Gebiet, auf dem er für die Kapitalgesellschaft tätig sei, persönlich selbständig oder gewerblich tätig werden (Urteil des BFH I 181/63 U vom 15. Dezember 1965, BFH 84, 342, BStBl III 1966, 123). Erhalte jedoch für seine Tätigkeit die Kapitalgesellschaft – wie im Streitfall die Steuerpflichtige – die normale Abschlußprovision und sei die Zahlung der Sonderprovisionen davon abhängig, daß die Kapitalgesellschaft innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts der Versicherungsgesellschaft für mehr als 300 000 DM Neuabschlüsse bringe, so gehörten auch die Sonderprovisionen zu den Betriebseinnahmen der Kapitalgesellschaft. E. sei hier für die Steuerpflichtige nicht persönlich tätig geworden. Demgegenüber könne die Steuerpflichtige sich nicht auf die Vereinbarung vom 2. Oktober 1957 berufen. Diese enthalte keine Aufgabenabgrenzung im Sinne des BFH-Urteils I 181/63 U (a. a. O.).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Steuerpflichtigen, zu deren Begründung sie vortragen läßt:
Gegenstand des Unternehmens der Steuerpflichtigen sei nach dem Gesellschaftsvertrag u. a. zwar auch die Werbung für den Abschluß von Versicherungsverträgen, doch sei dieser Zweig ihres Unternehmens von ihr nicht wahrgenommen worden. Die Werbung für den Abschluß von Versicherungsverträgen, worunter sie den persönlichen Kontakt zu den (künftigen) Versicherungsnehmern verstehe, sei vielmehr allein durch E. erfolgt; E. sei insoweit als Akquisiteur für die Steuerpflichtige tätig geworden, die lediglich den Abschluß der Verträge durchgeführt, die Bestände verwaltet und das Inkasso besorgt habe. Demgemäß sei in der Vereinbarung vom 2. Oktober 1957 das Ergebnis einer mündlich vereinbarten Aufgabenteilung zu sehen (die Zuweisung der verschiedenen Provisionen an die Vertragschließenden). Das FG, das in den Gründen seiner Entscheidung nur die Vereinbarung über die Aufgabenteilung hinsichtlich des Abschlusses von Bausparverträgen vom gleichen Tage erwähne, habe diese Vereinbarung vom 2. Oktober 1957 offenbar übersehen oder nicht zutreffend gewürdigt. Ferner habe das FG die von ihm genannten Beträge für Normalprovisionen und Superprovisionen verwechselt und außer acht gelassen, daß in den Superprovisionen von 12 666 DM 3 600 DM enthalten seien, die E. von der M.-Versicherungsgesellschaft für die zeitweise Betreuung von Unteragenten erhalten habe.
Die Steuerpflichtige beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Steuer nach Maßgabe ihrer Steuererklärung festzusetzen, hilfsweise, die streitigen Beträge als zusätzliches Gehalt ihres Geschäftsführers anzusehen. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Wie der erkennende Senat wiederholt ausgesprochen hat, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung dann vor, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögenswert zuwendet, diese Zuwendung ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis hat und ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter diesen Vermögenswert einer Person, die nicht Gesellschafter ist, nicht zugewendet hätte (BFH-Urteile I 261/63 vom 16. März 1967, BFH 89, 208, BStBl III 1967, 626; I 187/64 vom 10. Mai 1967, BFH 88, 518, BStBl III 1967, 498). Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die genannten Entscheidungen Bezug. Es kommt somit für die Entscheidung, wie auch das FG zutreffend erkannt hat, darauf an, ob die streitigen, der Steuerpflichtigen zugerechneten 12 666 DM der Steuerpflichtigen oder ihrem Hauptgesellschafter und alleinigen Geschäftsführer E. zustanden.
2. Die Steuerpflichtige sieht im Streitfall keinen Anwendungsfall des BFH-Urteils I 181/63 U (a. a. O.), obgleich ihrer Ansicht nach die Vereinbarung vom 2. Oktober 1957 nur die Folge (finanzielle Regelung) einer mündlich vereinbarten echten Aufgabenabgrenzung beinhaltet. Der Senat kann ihr hierin nicht folgen. Wie das vom FG erwähnte Schreiben der B.-Lebensversicherung Aktiengesellschaft vom 28. November 1966 deutlich macht, hat E. seine Geschäftsverbindung zu dieser Versicherungsgesellschaft nach Gründung der Steuerpflichtigen in das Unternehmen der Steuerpflichtigen eingebracht. Er selbst wie auch die Steuerpflichtige haben der Versicherungsgesellschaft mitgeteilt, daß „eine Aufteilung der Geschäftstätigkeit” zwischen E. (als Versicherungsmakler) einerseits und der Steuerpflichtigen andererseits vereinbart worden sei. Dieser Vereinbarung gemäß sollten die Normalprovisionen der Steuerpflichtigen, die Sonderprovisionen und Sondervergütungen dagegen E. persönlich zustehen. Die Zahlung dieser letztgenannten Provisionen erfolgte seitens der Versicherungsgesellschaft in Anerkennung der von E. (früher) für sie geleisteten Vermittlungstätigkeit über den Normalsatz der Abschlußprovisionen hinaus.
a) Der Steuerpflichtigen ist darin zu folgen, daß eine Aufteilung der zum Abschluß von Lebensversicherungsverträgen erforderlichen Tätigkeit in Akquisition (Werbung) und Vermittlung (Abschluß) nicht unüblich, wenn auch im allgemeinen aus Gründen der Provisionsverteilung (der Akquisiteur erhält bis zu zwei Dritteln der Abschlußprovision) nur selten anzutreffen ist. Der Senat kann es dahingestellt lassen, ob auch in Fällen wie dem vorliegenden eine solche Aufteilung anzuerkennen ist, bei der der Geschäftsführer einer Maklerfirma als selbständiger Makler (hier als Akquisiteur) den einen Teil, die Maklerfirma (hier als Abschlußvermittler) den anderen Teil dieser an sich bei ihr einheitlich zu beurteilenden Tätigkeit wahrnimmt. Die zwischen der Steuerpflichtigen und E. getroffene Vereinbarung vom 2. Oktober 1957 zeigt – abgesehen vom Fehlen des Nachweises der behaupteten mündlichen Vereinbarung (BFH-Urteil I 181/63 U, a. a. O.) – auch nicht das Bild der Folgewirkung einer echten Aufgabenabgrenzung als vielmehr das einer Gewinnverteilungsabrede zwischen den Gesellschaftern.
b) Entscheidend ist jedoch nach Auffassung des Senats, daß die Überprovisionen an die Abschlußprovision anknüpfen. Diese standen der Steuerpflichtigen zu, deren geschäftlicher Erfolg auch die Überprovisionen auslöste. Daß ihr Anfall letzten Endes auf die Tätigkeit des E. zurückzuführen war, macht sie – trotz der Vereinbarung vom 2. Oktober 1957 – nicht zu unmittelbaren Erträgen der – als selbständig anzusehenden – akquisitorischen Tätigkeit des E.; dieser war vielmehr für die Steuerpflichtige als deren Geschäftsführer tätig, wie das FG zutreffend festgestellt hat. Hinzu kommt, daß ein selbständiger Akquisiteur sich niemals mit der Zuweisung der durch seine Vorarbeit etwa ausgelösten Überprovisionen des Abschlußvermittlers zufriedengeben könnte. Das macht auch das Zahlenverhältnis zwischen den erzielten Abschlußprovisionen und den Überprovisionen im vorliegenden Streitfall deutlich.
c) Dem Hilfsantrag der Steuerpflichtigen konnte aus den Gründen des BFH-Urteils I 164/62 U vom 31. Juli 1963 (BFH 77, 328, BStBl III 1963, 440) nicht entsprochen werden. Danach hat es die Rechtsprechung des BFH stets grundsätzlich abgelehnt, Geschäftsvorfälle, die vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen, mit Rückwirkung für die Vergangenheit ändern oder umgestalten zu lassen, um sodann aus ihnen die steuerrechtlichen Folgen zu ziehen, die bei rechtzeitiger entsprechender Gestaltung der Geschäftsvorfälle gegeben gewesen wären.
Die Revision kann daher insoweit keinen Erfolg haben.
3. Soweit die Steuerpflichtige eine dem FG unterlaufene Zahlenverwechslung rügt, ist diese für die Entscheidung ohne Bedeutung. Soweit sie sich gegen die Ermittlung des Betrages von 12 666 DM wendet, liegt hierin ein neues tatsächliches Vorbringen, mit dem sie in der Revisionsinstanz nicht mehr gehört werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 557425 |
BStBl II 1971, 68 |
BFHE 1971, 240 |