Entscheidungsstichwort (Thema)
Sanierungseignung bei einer GmbH & Co. KG; Kredite für die Finanzierung des Erwerbs eines zum Verkauf bestimmten Grundstückskomplexes als Schulden des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs
Leitsatz (NV)
1. Ein Schulderlaß ist nicht geeignet, eine GmbH & Co. KG vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen, wenn er voraussetzt, daß die Gesellschaft den Grundstückskomplex, der ihr gesamtes Umlaufvermögen ausmacht, mit Verlust veräußert.
2. Bei den Krediten, die zur Finanzierung eines solchen Grundstückskomplexes aufgenommen worden sind, handelt es sich nicht um Dauerschulden, wenn eine enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Kredit und dem finanzierten Geschäft besteht und nach außen sichtbar gemacht ist.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 66; GewStG § 8 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde im Jahre 1974 gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens war dem Gesellschaftsvertrag zufolge der Erwerb, die Veräußerung, die Verwaltung, die Verwertung sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Anlaß zur Gründung des Unternehmens waren der Erwerb und die Verwertung der bis 1974 der Fa. A-AG gehörenden Grundstücke in B. Die Verwertung dieser Grundstücke, die mit einem Fabrikations- und einem Verwaltungsgebäude bebaut waren, war bis einschließlich des Streitjahres 1978 Hauptgegenstand des Unternehmens. Der Kaufpreis für den Grundbesitz hatte 40 Mio. DM (Zahlen geändert) betragen, der Verkaufswert der Gebäude sollte sich nach dem Gutachten eines vereidigten Sachverständigen auf 90 Mio. DM belaufen. Allerdings lagen die Gebäude in einem Sanierungsgebiet, so daß die Verwertbarkeit der Grundstücke nicht abschließend beurteilt werden konnte.
Persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin waren nacheinander mehrere Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die nach dem Gesellschaftsvertrag keine Einlage zu leisten hatten.
Kommanditisten der Klägerin waren in der Zeit vom 1. Januar 1977 bis zum 31. Dezember 1978 die C-KG mit einer Einlage von . . . DM und die D-Bank mit einer Einlage von . . . DM. Daneben hielt die D-Bank treuhänderisch für die C-KG eine atypische stille Beteiligung in Höhe von . . . DM. Mit Wirkung zum 31. Dezember 1978 erwarb die C-KG die Anteile der D-Bank und beendete die stille Gesellschaft mit der Klägerin.
Zur Finanzierung des Grundstückskaufpreises nahm die Klägerin bei der D-Bank zwei Darlehen in Höhe von 28 und 9 Mio. DM auf. Der restliche Kaufpreis in Höhe von 3 Mio. DM wurde zunächst gestundet. In den Jahren 1975 und 1976 gewährte die D-Bank der Klägerin unter anderem zur Tilgung des gestundeten Kaufpreisanteils zwei weitere Kredite in Höhe von 4 Mio. und 2 Mio. DM.
Mit Erklärungen vom 8. und 21. November 1974 übernahmen die Kommanditistin C-KG sowie der an ihr mehrheitlich beteiligte E jeweils selbstschuldnerische Bürgschaften für die Schulden der Klägerin gegenüber der D-Bank.
Mit Wirkung zum 31. Dezember 1976 übertrug die D-Bank die gesamte Darlehensschuld der Klägerin, die sich mittlerweile einschließlich der angefallenen Zinsen auf 45 Mio. DM belief, auf die F-Bank. Die F-Bank unterbreitete Herrn E persönlich unter dem Datum vom 20. Juni 1978 ein Angebot zur Beendigung der Darlehensverträge. Unter der Bedingung, daß es zum bereits durch die F-Bank vorbereiteten Verkauf der A-Grundstücke an die Stadt B komme, daß die E-Gruppe die Beteiligungen der D-Bank an der Klägerin und ihrer Komplementär-GmbH übernehme und daß der zwischen der C-KG und der D-Bank geschlossene Treuhandvertrag aufgehoben werde, wollte die F-Bank in Höhe von 10 Mio. DM auf ihre Forderung verzichten. Außerdem erklärte sie sich bereit, die dann noch verbleibende Restschuld unverzinslich zu stunden. E stimmte dieser Regelung zu.
Am 13. September 1978 veräußerte die Klägerin die Grundstücke für 30 Mio. DM an die Stadt B. Die Kaufpreiszahlung verwendete sie zur teilweisen Tilgung der Darlehensschuld bei der F-Bank. Die F-Bank teilte der Klägerin daraufhin unter dem Datum vom 27. Dezember 1978 mit, daß sie vereinbarungsgemäß in Höhe von 10 Mio. DM auf die Restschuld verzichte. Sie werde auch auf den dann noch verbleibenden Betrag in Höhe von 5 Mio. DM verzichten, sofern die C-KG und E ihr Besserungsscheine aushändigten. Nach Abgabe dieser Besserungsscheine wurde der Forderungsverzicht in Höhe von insgesamt 15 Mio. DM am 30. Dezember 1978 wirksam.
Gleichzeitig verzichtete die C-KG auf eine Forderung gegen die Klägerin in Höhe von 3 Mio. DM und gewährte ihr einen Rechtsanspruch auf einen verlorenen Zuschuß in Höhe von 100 000 DM.Die Forderungsverzichte machten 99,7 v. H. der gesamten Schulden der Klägerin aus.
Die Ertragslage der Klägerin war in den Jahren seit Gründung (1974) bis 1978 einschließlich negativ gewesen.
Nach der Veräußerung der A-Grundstücke im September 1978 begannen die wirtschaftlichen Aktivitäten der Klägerin erneut mit dem Erwerb von Miteigentumsanteilen an einem Ladenzentrum in G am 7. Juni 1979. Im Jahre 1980 wurden Generalübernehmer- und Generalunternehmerverträge geschlossen, aus denen weitere Erträge flossen. Die Klägerin war allerdings nicht in der Lage, die vertraglichen Leistungen selbst zu erbringen, sondern beauftragte damit andere Gesellschaften.
In der Gewerbesteuererklärung für den Erhebungszeitraum 1978 behandelte die Klägerin den Ertrag aus dem Forderungsverzicht als steuerfreien Sanierungsgewinn i. S. des § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) einen Gewerbesteuermeßbescheid 1978, in dem er neben dem Sanierungsgewinn, den er als steuerpflichtig ansah, die für die Finanzierung der A-Grundstücke aufgewandten Darlehenszinsen als Dauerschulden i. S. des § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes 1978 (GewStG) behandelte.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
I. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen greifen allerdings nicht durch. Von einer Begründung wird insoweit gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) abgesehen.
II. In materiell-rechtlicher Hinsicht reichen die Feststellungen des FG für eine Entscheidung des Rechtsstreits nicht aus.
1. Steuerfreier Sanierungsgewinn
Das FG konnte ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, daß die Voraussetzungen für einen steuerfreien Sanierungsgewinn nicht erfüllt waren.
a) Eine Betriebsvermögensmehrung durch Schulderlaß ist als Sanierungsmaßnahme gemäß § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei, wenn das Unternehmen sanierungsbedürftig ist, die Gläubiger in Sanierungsabsicht handeln und der Schulderlaß sanierungsgeeignet ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Februar 1985 IV R 177/ 83, BFHE 143, 531, BStBl II 1985, 504). Fehlt es an einer der Voraussetzungen, ist der Schulderlaß kein solcher ,,zum Zwecke der Sanierung" und die Betriebsvermögensmehrung nicht steuerfrei (ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 14. März 1990 I R 64/85, BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810).
b) Im Streitfall fehlt es nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des FG am Erfordernis der Sanierungseignung. Sanierungseignung bedeutet, daß der Schulderlaß geeignet ist, das Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Dieses Erfordernis folgt aus dem primären wirtschafts- und sozialpolitischen Zweck und der sachlichen Rechtfertigung der Steuerbefreiung, das Unternehmen als Faktor des Wirtschaftslebens, insbesondere als Einkunftsquelle des Unternehmers und seiner Arbeitnehmer und mittelbar auch seiner Geschäftspartner, ,,am Leben zu erhalten" (vgl. Senatsurteil in BFHE 143, 531, BStBl II 1985, 504 m. w. N.).
c) Wird der Forderungserlaß einem Einzelunternehmer gewährt, so ist nach dem BFH-Urteil in BFHE 161, 28, BStBl II 1990, 810 die Sanierungseignung auch dann gegeben, wenn dem Unternehmer dadurch ermöglicht wird, sein Unternehmen aufzugeben, ohne von weiterbestehenden Schulden beeinträchtigt zu sein. Entsprechendes gilt, wenn durch die Sanierung dem persönlich haftenden Gesellschafter einer OHG eine solche Möglichkeit geboten wird (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 40/86, BFHE 163, 200, BStBl II 1991, 232).
Handelt es sich bei dem Schuldnerunternehmen dagegen um eine GmbH & Co. KG, so hat der BFH die Steuerfreiheit des durch einen Forderungsverzicht entstehenden Gewinns verneint, wenn die Gesellschaft ihre werbende Tätigkeit eingestellt und nicht spätestens in zeitlichem Zusammenhang mit dem Schulderlaß wieder aufgenommen hatte (BFH-Urteile vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501; in BFHE 143, 531, BStBl II 1985, 504). Eine ,,unternehmerbezogene" Sanierung scheidet in einem solchen Fall aus, weil eine unbeschränkt haftende natürliche Person, der durch den Schulderlaß ein wirtschaftliches Bestehen als Angestellter oder in irgendeiner anderen Form ermöglicht werden könnte, nicht vorhanden ist. Es kann dahinstehen, ob möglicherweise etwas anderes gilt, wenn ein Kommanditist (hier die C-KG) die Bürgschaft für die Schulden der GmbH & Co. KG übernimmt. Denn nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des FG war der streitige Schulderlaß zur Sanierung der E-Gruppe, die im wesentlichen aus der C-KG bestand, ebenfalls nicht geeignet.
d) Die Anwendung dieser Grundsätze führt auch im Streitfall dazu, daß der durch den Schulderlaß der F-Bank ausgelöste Gewinn nicht nach § 3 Nr. 66 EStG als steuerfrei anzusehen ist. Allerdings hatte die Klägerin vor dem Schulderlaß ihre werbende Tätigkeit nicht eingestellt. Vielmehr war sie nach wie vor bestrebt, die A-Grundstücke zu veräußern. Voraussetzung für den Schulderlaß war jedoch, daß der einzige Komplex von Wirtschaftsgütern, mit dem der Klägerin eine Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr möglich war, veräußert wurde. Mithin hatte der Schulderlaß nicht zur Folge, daß das Unternehmen der Klägerin wieder ertragsfähig wurde. Vielmehr mußte sie ihr bislang einziges Ziel, nämlich die A-Grundstücke mit Gewinn zu verkaufen, aufgeben. Der Schulderlaß war Teil einer Schadensbegrenzung, durch die nicht nur ein fehlgeschlagenes Projekt, sondern auch das Unternehmen, das sich vier Jahre lang nahezu ausschließlich der Verfolgung dieses Projekts gewidmet hatte, durch Verlust seines Betriebsvermögens wirtschaftlich beendet wurde. Zu Recht weist das FG darauf hin, daß die Klägerin nach dem Schulderlaß nur noch als Firmenmantel bestand, und daß es - ungeachtet des im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Unternehmenszwecks - allein im Belieben des Konzernherrn lag, ob sie wieder wirtschaftliche Aktivitäten entfalten würde. Bei dieser Sachlage wurde die Klägerin nicht als Faktor des Wirtschaftslebens, insbesondere nicht als Einkunftsquelle des Unternehmers (Gesellschafters), der Angestellten und mittelbar der Geschäftspartner am Leben erhalten, so daß die sachliche Rechtfertigung der durch den Schuldenerlaß verursachten Gewinnerhöhung entfällt (s. oben unter b).
Etwas anderes mag gelten, wenn das Unternehmen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Schulderlaß neue wirtschaftliche Aktivitäten aufnimmt. Das war hier jedoch nicht der Fall. Der erste Akt einer erneuten Teilnahme der Klägerin am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, der Erwerb der Miteigentumsanteile an einem Ladenzentrum in G, lag nach den Feststellungen des FG erst im Juni 1979, also rund 8 Monate nach dem Verkauf der A-Grundstücke und rund 5 Monate nach dem förmlichen Ausspruch des Forderungsverzichts. Dieser Vorgang ist wirtschaftlich nicht anders zu werten, wie wenn eine neu gegründete Gesellschaft innerhalb des Konzerns die von der Klägerin ab 1979 entfalteten Tätigkeiten übernommen hätte.
2. Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen
a) Nach § 8 Nr. 1 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die bei seiner Ermittlung abgezogenen Zinsen für sog. Dauerschulden wieder hinzugerechnet. Voraussetzung ist, daß die Schulden mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen - erste Tatbestandsgruppe - oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen - zweite Tatbestandsgruppe -.
b) Ein Kredit hat indessen nur dann Dauerschuldcharakter, wenn die Valuta zur Schaffung des eigentlichen Dauerkapitals dient, das der Betrieb seiner Eigenart und seiner besonderen Anlage und Gestaltung nach ständig zur Verfügung haben muß. Das gilt sowohl für solche Kredite, die ansonsten der ersten Tatbestandsgruppe zuzuordnen wären (BFH-Urteil vom 30. Juni 1971 I R 55/68, BFHE 103, 80, BStBl II 1971, 750), als auch für solche, bei denen lediglich eine Einordnung in die zweite Tatbestandsgruppe in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 18. August 1959 I 137/58 U, BFHE 69, 453, BStBl III 1959, 430).
c) Demgegenüber sind vorübergehende Verbindlichkeiten, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr des Unternehmens regelmäßig eingegangen und aus den laufenden Geschäftseinnahmen abgedeckt zu werden pflegen, keine Dauerschulden, sondern laufende Schulden, deren Zinsen nicht dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen sind. Das gilt insbesondere für einen Kredit, den ein Unternehmer zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines bestimmten Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens aufnimmt und der aus dem bei der Veräußerung dieses Wirtschaftsguts erzielten Erlös zu tilgen ist. Denn ein solcher Kredit kann infolge seiner Objektgebundenheit nicht als Dauerkapital dienen, das der Betrieb seiner Eigenart und seiner besonderen Anlage und Gestaltung nach ständig zur Verfügung haben muß.
Das gilt selbst dann, wenn sich die Veräußerung des Wirtschaftsguts - insbesondere eines Grundstücks - infolge konjunktureller Umstände verzögert und das Wirtschaftsgut zwischenzeitlich vermietet wird (BFH-Urteil vom 7. August 1990 VIII R 423/83, BFHE 162, 117, BStBl II 1991, 23).
d) Wendet man die vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall an, so bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen, um entscheiden zu können, ob die streitigen Zinsen dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen sind.
Das FG ist davon ausgegangen, daß die A-Grundstücke zum Weiterverkauf bestimmt waren und mithin zum Umlaufvermögen der Klägerin gehörten. Es hat den Dauerschuldcharakter der von der Klägerin eingegangenen Verbindlichkeiten gleichwohl mit der Begründung bejaht, daß mit Hilfe des kreditierten Erwerbs der A-Grundstücke die Aufnahme der geplanten Geschäftstätigkeit erst ermöglicht worden sei und daß es sich bei diesem Erwerb um einen einmaligen ,,Geschäftsvorfall" gehandelt habe. Beide Gesichtspunkte greifen nicht durch.
aa) Bei nahezu jedem Unternehmen wird die Aufnahme der Geschäftstätigkeit erst durch die Kreditierung des Umlaufvermögens ermöglicht. Dieser Umstand kann daher kein Kriterium für die Beantwortung der Frage sein, wann Schulden, die zur Finanzierung von Umlaufvermögen dienen, den Dauerschulden zuzurechnen sind. Allerdings hat der Reichsfinanzhof in seinem Urteil vom 10. Oktober 1939 I 38/39 (RStBl 1940, 357) beiläufig die Auffassung geäußert, es könne für die Dauerschuldeigenschaft der von einer Grundstückshandels- und Baugesellschaft aufgenommenen Hypothekendarlehen sprechen, wenn das Unternehmen nicht ausreichend mit Betriebskapital ausgestattet, also sein neben dem Anlagekapital erforderliches umlaufendes Kapital zu gering sei. Derartige Feststellungen hat das FG jedoch nicht getroffen. Allein der Umstand, daß die Klägerin nicht in der Lage war, ihre bis Ende 1978 entstandenen Schulden aus eigenen Mitteln zu tilgen, zwingt nicht zu dem Schluß, daß dieses Ergebnis von Anfang an abzusehen gewesen wäre. Vielmehr war der Verlust darauf zurückzuführen, daß sich der erworbene Grundbesitz nicht schnell genug und nicht zu dem erwarteten Preis verwerten ließ. Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob sich allgemeingültige Aussagen dazu treffen lassen, unter welchen Bedingungen ein Grundstückshandelsunternehmen nicht ausreichend mit Betriebskapital ausgestattet ist.
bb) Auch die Tatsache, daß der kreditierte Erwerb für mehrere Jahre den einzigen ,,Geschäftsvorfall" darstellte, ist als Abgrenzungskriterium nicht geeignet. Laufende Geschäftsvorfälle sind nicht nur solche, die nebeneinander vorkommen. Vielmehr gehören bei einem Handelsunternehmen An- und Verkäufe auch dann zu den laufenden Geschäftsvorfällen, wenn ein solcher Vorgang nach dem anderen abgewickelt wird. Die Dauer des einzelnen Geschäfts ist - wie oben unter c) dargelegt - unbeachtlich, wenn sich der geplante Verkauf aufgrund konjunktureller Umstände verzögert.
e) Die Sache ist nicht entscheidungsreif.
Ein zur Finanzierung von Umlaufvermögen aufgenommener Kredit gehört nur dann zu den laufenden Verbindlichkeiten, wenn eine enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Kredit und dem finanzierten Geschäft besteht und nach außen hin sichtbar gemacht ist (ständige Rechtsprechung des BFH, zuletzt Urteil vom 7. August 1990 VIII R 40/87, BFHE 162, 122, BStBl II 1990, 1077; Glanegger / Güroff, Gewerbesteuergesetz, 1988, § 8 Nr. 1, Rdnr. 24 m. w. N.). Diese Voraussetzung ist bei Warenschulden nur dann erfüllt, wenn vertraglich vereinbart ist, daß die Schuld aus dem Erlös zu tilgen ist. Das gilt auch, wenn es sich bei den ,,Waren", deren Kauf kreditiert wird, um zum Verkauf bestimmte Grundstücke handelt (so wohl auch BFH-Urteil in BFHE 162, 117, BStBl II 1991, 23).
Hierzu hat das FG - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
Zudem ist nicht sicher, ob die streitigen Darlehen überhaupt der Finanzierung von Umlaufvermögen dienten. In den Akten befinden sich Verträge über zwei der insgesamt vier Kredite, auf die das FG in seinem Urteil nicht Bezug genommen hat und an deren Auslegung der erkennende Senat daher gehindert ist. In dem über das Darlehen in Höhe von 28 Mio. DM abgeschlossenen Vertrag heißt es, daß Tilgungen für die ersten drei Jahre zunächst nicht vereinbart seien und daß die Umwandlung des Kredits je nach Verwendung des Grundstücks in einen Grundstücksankaufskredit oder in ein echtes langfristiges Darlehen möglich sei. Das läßt darauf schließen, daß bei Abschluß dieses Darlehensvertrages noch nicht feststand, ob es sich bei den A-Grundstücken um Umlauf- oder Anlagevermögen handelte. Angesichts einer derartigen Unsicherheit hätte dieses Darlehen - wenn der sich aus den Akten ergebende Eindruck zutrifft - nicht zu den laufenden Verbindlichkeiten gehört. Das gleiche würde für das Darlehen in Höhe von 9 Mio. DM gelten, wenn es zur gleichen Zeit eingegangen sein sollte. Das FG wird dieser Frage nachgehen und durch Einsichtnahme in die übrigen Darlehensverträge prüfen müssen, ob sie Aussagen darüber zulassen, ob die Darlehen der Finanzierung von Umlauf- oder Anlagevermögen dienen sollten, und ob, falls die Finanzierung von Umlaufvermögen geplant war, vereinbart war, daß die Schuld aus den Erlösen zu tilgen sei.
Fundstellen
Haufe-Index 417597 |
BFH/NV 1991, 821 |