Entscheidungsstichwort (Thema)
Konzessionsabgaben eines Betriebes gewerblicher Art gegenüber einer Trägerkörperschaft als verdeckte Gewinnausschüttungen
Leitsatz (amtlich)
1. Ob und inwieweit die von einer Trägerkörperschaft einem Betrieb gewerblicher Art berechneten Konzessionsabgaben verdeckte Gewinnausschüttungen sind, ist nach der Anordnung über die Zulässigkeit von Konzessionsabgaben der Unternehmen und Betriebe zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser an Gemeinden und Gemeindeverbände vom 4.März 1941 --KAE-- (Deutscher Reichsanzeiger 1941, Nr.57, 120, zuletzt geändert durch die Verordnung PR Nr.1/75 zur Änderung der KAE vom 7.März 1975, Bundesanzeiger --BAnz-- Nr.49 zu entscheiden).
2. Die Konzessionsabgaben bemessen sich nach bestimmten Prozentsätzen der Roheinnahmen.
3. Dabei wird ein höherer Prozentsatz zugrunde gelegt, soweit die Versorgungsleistungen zu allgemeinen Bedingungen und allgemeinen Tarifpreisen abgegeben werden.
4. Allgemeine Bedingungen und allgemeine Tarifpreise sind die nach § 6 Abs.1 des Gesetzes zur Förderung der Energiewirtschaft vom 13.Dezember 1935 --EnwG-- (RGBl I S.1451, zuletzt geändert durch das Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 10.März 1975, BGBl I, 685) öffentlich bekanntgegebenen Bedingungen und Tarifpreise.
5. Werden für ein Gasversorgungsunternehmen Kleinverbrauchstarife für Haushaltsbedarf und Gewerbe und Grundpreistarife für Haushaltsbedarf und Gewerbe bekannt gemacht, ist ein daneben bestehender Tarif kein allgemeiner Tarif. Dies gilt auch dann, wenn nach diesem Tarif auch mit Kunden abgerechnet wird, die keine Sonderabkommen abschlossen und dem Tarif ein standardisiertes Vertragsmuster zugrunde liegt.
Normenkette
KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2; GasTarifO § 1 Fassung: 1959-02-10; GasTarifO § 1 Fassung: 1963-06-26; GasTarifO § 1 Fassung: 1979-06-21; KAEAAnO § 2 Abs. 1 Buchst. a; EnWiG § 6 Abs. 1, § 7; KStR 1977 Abschn. 32 Abs. 2
Tatbestand
Der Betrieb, für den die streitige Körperschaftsteuer festgesetzt wurde, ist ein Eigenbetrieb der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Er versorgt einen Ortsteil mit Gas. Der Betrieb zahlt Konzessionsabgaben an die Klägerin.
Die Klägerin sah die Lieferung von Gas nach einem der folgenden Tarife vor:
Für Haushaltsbedarf
Kleinverbrauchtarif
Grundpreistarif I (H I)
Grundpreistarif II (H II)
für Gewerbe
Kleinverbrauchtarif
Grundpreis II
für Zentralheizung Tarif ZH 1.
Daneben lieferte die Klägerin Gas an Großabnehmer (Industrieunternehmen) aufgrund von Sonderverträgen mit individuell ausgehandelten Bedingungen.
Mit Kunden, die Gas zu dem Tarif ZH 1 beziehen wollten, wurden regelmäßig gleichlautende (standardisierte) Verträge, sogenannte Sonderabkommen ZH 1, geschlossen. Jedoch wurde auch nicht selten der Tarif ZH 1 bei Kunden angewandt, mit denen ein solches schriftliches Sonderabkommen nicht getroffen worden war. Andererseits berechnete die Klägerin bei Kunden, mit denen ein solches Sonderabkommen getroffen worden war, nicht den Tarif ZH 1, sondern den Tarif H II, wenn dies für den Kunden günstiger war.
Ab 1.Januar 1981 änderten sich bei der Klägerin die Gaspreise. Darüber faßte der Gemeinderat am 10.Dezember 1980 folgenden Beschluß:
"Der Gemeinderat beschließt die Allgemeinen Tarifpreise Erdgas zum
1.1.1981 wie sie in der Anlage 1 der Niederschrift beigefügt sind."
Nach der Anlage 1 bezog sich der Beschluß auf die Haushaltstarife (Kleinverbrauchtarif H I und H II) und Gewerbetarife (Kleinverbrauchtarif und Grundpreistarif), nicht aber auf den Tarif ZH 1. Die neuen Preise für den letzteren Tarif waren lediglich in einer Anlage aufgeführt.
Die Erhöhung der Erdgastarife ab 1.Januar 1981 wurde im Amtsblatt der Gemeinde öffentlich bekanntgemacht. Einleitend heißt es dort: "Mit Beschluß des Gemeinderates vom 10.12.1980 werden die Allgemeinen Erdgastarife ... zum 1.Januar 1981 wie folgt geändert:" Es folgen unter I. und II. die "Grundpreistarife für Haushaltsbedarf" und "Grundpreistarife für Gewerbe". Anschließend heißt es: "An dieser Stelle dürfen wir auf unsere Bestabrechnung aufmerksam machen. Wir sind bemüht, alle Kunden bei jeder Jahresabrechnung nach dem jeweils günstigsten Tarif abzurechnen." Nachfolgend ist unter III. bekanntgemacht: "Gleichzeitig mit den Allgemeinen Tarifen werden die Preise Zentralheizung 1 (ZH 1) - Sonderabnehmervertrag - wie folgt geändert:" (Es folgen die Angaben zum Arbeitspreis und Grundpreis.)
In gleicher Weise wurde bei späteren Gaspreisänderungen zum 1.Dezember 1981 und 1.Oktober 1983 verfahren. Der Beschluß des Gemeinderats über die "Allgemeinen Gastarife" erstreckte sich jeweils nicht auf den Tarif ZH 1. Die Preisänderung bei dem Tarif ZH 1 wurde auch gesondert von der Änderung der "Allgemeinen Tarife" bekanntgemacht.
Bei den Tarifänderungen für die Zeit vor 1981 war der Tarif ZH 1 hingegen in die Beschlußfassung durch den Gemeinderat über die Allgemeinen Tarife einbezogen worden.
Die Klägerin berechnete die Konzessionsabgaben mit 1,5 % von den Einnahmen von Sonderabnehmern und mit 10 % von den Einnahmen von Tarifabnehmern. Bei dieser Berechnung erfaßte sie auch die Kunden mit dem Tarif ZH 1 als Tarifabnehmer. Diese Berechnung ergab für 1981 eine Konzessionsabgabe von 480 218 DM. Die Klägerin berücksichtigte sie in ihrer Erfolgsrechnung in vollem Umfang gewinnmindernd. Für den Abzug der Konzessionsabgabe in diesem Umfang bei der Gewinnermittlung für Besteuerungszwecke stützte sich die Klägerin auf Abschn.32 Abs.2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR 1977). Danach wird der Abzug von Konzessionsabgaben nicht beanstandet, wenn u.a. bestimmte Höchstsätze nicht überschritten werden. Die Höchstsätze betragen 10 % der Roheinnahmen aus Versorgungsleistungen, die an letzte Verbraucher zu den Allgemeinen Bedingungen und Allgemeinen Tarifpreisen abgegeben werden (bei Gemeinden mit 25 000 oder weniger Einwohnern) --Leistungen an Tarifabnehmer-- und 1 1/2 % der Roheinnahmen aus Versorgungsleistungen, die an letzte Verbraucher nicht zu Allgemeinen Bedingungen oder nicht zu Allgemeinen Tarifpreisen abgegeben werden --Leistungen an Sonderabnehmer--.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hat die abzugsfähige Konzessionsabgabe gekürzt. Er hat die Abnehmer, die im Jahre 1981 Gas zu dem Tarif ZH 1 bezogen, nicht als Tarifabnehmer, sondern als Sonderabnehmer angesehen. Demgemäß hat er bei der Berechnung der Höchstsätze der Konzessionsabgaben nur 1 1/2 % statt 10 % der Einnahmen aus der Belieferung der Kunden berücksichtigt. Diese Differenz ergab 87 858 DM, um die sich die abzugsfähigen Konzessionsabgaben minderten. Auf dieser Grundlage erließ das FA einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 8 Abs.3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977).
Sie beantragt, das Urteil des FG dahin abzuändern, daß die Zurechnung von 87 858 DM unterbleibt und die Körperschaftsteuer 1981 entsprechend herabgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
FA und FG sind zu Recht davon ausgegangen, daß auf die Beziehungen zwischen der Klägerin und dem Betrieb gewerblicher Art die Vorschrift des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 Anwendung findet (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1.September 1982 I R 44/78, BFHE 136, 412, BStBl II 1982, 783). Entscheidend ist dabei, daß die Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) des Betriebs gewerblicher Art durch das Verhältnis zur Trägerkörperschaft veranlaßt ist (BFH-Urteil vom 9.August 1989 I R 4/84, BFHE 158, 510, BStBl II 1990, 237). Die Rechtsprechung hat die Prüfung, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben ist, anhand der Anordnung über die Zulässigkeit von Konzessionsabgaben der Unternehmen und Betriebe zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser an Gemeinden und Gemeindeverbände vom 4.März 1941 --KAE-- (Deutscher Reichsanzeiger 1941 Nr.57, 120, zuletzt geändert durch die Verordnung PR Nr.1/75 zur Änderung der KAE vom 7.März 1975, Bundesanzeiger --BAnz-- Nr.49) vorgenommen (vgl. die Nachweise im BFH-Urteil in BFHE 136, 412, BStBl II 1982, 783). Der Senat hält daran fest. § 2 Abs.1 Buchst.a KAE und damit übereinstimmend Abschn.32 Abs.2 KStR 1977 bemißt die Konzessionsabgabe nach bestimmten Prozentsätzen der Roheinnahmen. Dabei hängt der anzuwendende Satz davon ab, ob die Versorgungsleistungen zu Allgemeinen Bedingungen und Allgemeinen Tarifpreisen abgegeben werden. Höhere Prozentsätze werden zugrunde gelegt, soweit die Versorgungsleistungen an den Verbraucher zu Allgemeinen Bedingungen und Allgemeinen Tarifpreisen abgegeben werden. Diese Regelung geht davon aus, daß es zu einer unangemessen hohen Konzessionsabgabe käme, wenn bei der Berechnung hinsichtlich der an Sonderabnehmer (vgl. die Definition in § 4 der Verordnung 18/52 über Preise für elektrischen Strom, Gas und Wasser vom 26.März 1952, BAnz Nr.62) erbrachten Versorgungsleistungen dieselben Sätze zugrunde gelegt werden, wie bei Versorgungsleistungen, die zu den Allgemeinen Bedingungen und Allgemeinen Tarifpreisen abgegeben werden. Sonderabnehmer nehmen in höherem Umfange Versorgungsleistungen in Anspruch, ohne daß den höheren Roheinnahmen ein entsprechender höherer Aufwand des Konzessionsberechtigten gegenübersteht. Der insbesondere durch die Wegenutzung und den Wegebau entstehende Aufwand ändert sich grundsätzlich nicht, wenn ein bestimmer Abnehmer mehr als die durchschnittliche Abnahmemenge bezieht.
Die nach dem Tarif ZH 1 abgenommenen Mengen führten nicht zu Roheinnahmen aus Versorgungsleistungen, die an letzte Verbraucher zu den Allgemeinen Bedingungen und Allgemeinem Tarifpreis abgegeben werden; sie konnten daher im Streitjahr nicht mit 10 % der Berechnung der Konzessionsabgabe zugrunde gelegt werden.
Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Tarifpreise in diesem Sinne sind die nach § 6 Abs.1 des Gesetzes zur Förderung der Energiewirtschaft vom 13.Dezember 1935 --EnWG-- (RGBl I S.1451, zuletzt geändert durch das Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 10.März 1975, BGBl I, 685) öffentlich bekannt gegebenen Bedingungen und Tarifpreise. Gemäß § 6 Abs.1 EnWG ist ein Energieversorgungsunternehmen, das ein bestimmtes Gebiet versorgt, verpflichtet, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Tarifpreise öffentlich bekannt zu geben und zu diesen Bedingungen und Tarifpreisen jedermann an sein Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen. Auf Grund des § 7 EnWG erging die Verordnung über Allgemeine Tarife für die Versorgung mit Gas (Bundestarifordnung Gas --BTO-Gas--) vom 10.Februar 1959 (BGBl I, 46) in der Fassung der Verordnung vom 26.Juni 1963 (BGBl I, 442) und vom 21.Juni 1979 (BGBl I, 676).
Gemäß § 1 BTO-Gas sind Gasversorgungsunternehmen, für die die allgemeine Anschluß- und Versorgungspflicht nach § 6 EnWG besteht, verpflichtet, als Allgemeine Tarife mindestens einen Kleinverbrauchstarif und einen Grundpreistarif zu bilden und öffentlich bekannt zu machen.
Der Tarif ZH 1 im Streitfall ist kein Allgemeiner Tarifpreis.
Mit der Regelung in der BTO-Gas ist kein Verbot verbunden, neben den in § 1 BTO-Gas genannten Tarifen andere Tarife anzubieten und öffentlich bekannt zu geben, was sich insbesondere aus dem Wort "mindestens" in § 1 BTO-Gas ergibt (vgl. die amtliche Begründung zur BTO-Gas besonderer Teil --BRDrucks 2/59). Bei dem Tarif ZH 1 handelt es sich jedoch nicht um einen Allgemeinen Tarifpreis, der gemäß § 6 Abs.1 EnWG bekannt zu machen ist. Als Allgemeiner Tarifpreis ist nur der Tarif anzusehen, mit dem das Energieversorgungsunternehmen seiner Verpflichtung gemäß § 6 Abs.1 EnWG nachkommt; dies ist im Streitfall nur hinsichtlich der Kleinverbrauchstarife für Haushaltsbedarf und Gewerbe und der Grundpreistarife für Haushaltsbedarf und Gewerbe der Fall. Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin nach dem Tarif ZH 1 auch mit Kunden abrechnete, die kein Sonderabkommen abschlossen. Es handelt sich insoweit um ein Zugeständnis der Klägerin innerhalb des Allgemeinen Tarifs, das den Tarif ZH 1 nicht insgesamt zu einem Allgemeinen Tarif machte.
Der Tarif ZH 1 ist auch nicht deswegen als Allgemeiner Tarif anzusehen, weil ihm ein standardisiertes Vertragsmuster zugrunde lag und die Klägerin den Tarif ZH 1 veröffentlichte. Der Senat verweist insoweit auf Ziffer 17 Abs.2 der Durchführungsbestimmungen zur Konzessionsabgabenordnung und zu ihrer Ausführungsanordnung vom 17.Februar 1943 (Mitteilungsblatt des Reichskommissars für die Preisbildung 1943 S.228). Danach gelten als Entgelte für Lieferungen aus Sonderverträgen Entgelte für Lieferungen, deren Preisstellung sich zwar an die Allgemeinen Tarifpreise anlehnt, bei denen jedoch wegen der Besonderheit der Abnahmeverhältnisse ein Nachlaß auf die Allgemeinen Tarifpreise eingeräumt ist (vgl. auch Eiser/Riederer/Obernolte, Energiewirtschaft, Kommentar, § 6 EnWG I Anm.4 b). Der Senat weicht damit nicht von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.Dezember 1984 VIII ZR 295/83 (Monatsschrift für Deutsches Recht 1985, 928) ab. Das Urteil verneint einen Allgemeinen Tarif jedenfalls dann, wenn die Tarife eines möglichen Sonderabkommens nicht veröffentlicht wurden. Daraus kann nicht abgeleitet werden, daß das Urteil im Falle einer Veröffentlichung stets von einem Allgemeinen Tarif ausgeht.
Für die Ansicht des Senats ist entscheidend, daß im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auf die Regelungen in der KAE abgestellt wird. Es soll damit verhindert werden, daß die von den Sonderabnehmern bezogenen Roheinnahmen unverhältnismäßig hohe Unkosten und Konzessionsabgaben auslösen. Die Abgrenzung zwischen den Allgemeinen Tarifen und den Tarifen auf Grund von Sonderabkommen kann mangels Anhaltspunkten nur nach formalen Kriterien vorgenommen werden. Der Senat sieht --entgegen der Ansicht der Klägerin-- keine Möglichkeit, aus dem Kreis der Sonderabnehmer diejenigen auszuscheiden, die nicht als "echte" Sonderabnehmer anzusehen sind, weil sie nicht eine verhältnismäßig große Menge an Gas abnehmen.
Fundstellen
Haufe-Index 63128 |
BFH/NV 1991, 17 |
BStBl II 1991, 315 |
BFHE 163, 30 |
BFHE 1991, 30 |
BB 1991, 404-405 (L) |
DB 1991, 1151 (S) |
HFR 1991, 429 (LT) |
StE 1991, 74 (K) |