Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine AfaA während der Dauer der Pauschalierung des Nutzungswerts nach § 21a EStG; Abbruchkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Leitsatz (NV)
1. Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG sind - ebenso wie Absetzungen für Abnutzung (AfA) - während der Dauer der Pauschalierung des Nutzungswerts nach § 21a EStG vom Abzug ausgeschlossen.
2. Abbruchkosten für ein Gebäude, das ein Steuerpflichtiger zuvor zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt hatte, das dann aber technisch oder wirtschaftlich verbraucht war, sind Werbungskosten.
3. Die Abbruchkosten zählen nicht zu den Herstellungskosten eines anstelle des abgebrochenen Gebäudes errichteten Neubaues, es sei denn der Steuerpflichtige hat das alte Gebäude in Abbruchabsicht erworben.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1 S. 4, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 21a
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb im Jahre 1976 ein mit einem im Jahre 1949 errichteten Einfamilienhaus bebautes Grundstück für 120000 DM. Die Kläger bewohnten das Gebäude von 1976 bis Ende April des Streitjahres 1984. Nachdem sich eine grundlegende Renovierung als wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll erwiesen hatte, beantragte die Klägerin im März 1984 bei der Stadt die Genehmigung zum Abbruch des Einfamilienhauses mit der Begründung, das Haus befinde sich in einem sehr schlechten baulichen Zustand; es entspreche nicht mehr den üblichen Wohnbedürfnissen.
Nachdem sie das Einfamilienhaus Mitte 1984 abgerissen hatten, errichteten sie noch im Streitjahr an seiner Stelle ein Zweifamilienhaus zu Wohnzwecken.
Die Kläger machten den Restwert des Einfamilienhauses und die Abbruchkosten vergeblich als Werbungskosten für das Streitjahr geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte die strittigen Beträge weder als Werbungskosten noch rechnete er sie zu den Herstellungskosten des Zweifamilienhauses.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der die Kläger ihr Begehren weiterverfolgten, statt.
Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung von § 7 Abs. 1 Satz 4 und § 21a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil das FG rechtsfehlerhaft Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG in Höhe des Restwertes des Einfamilienhauses der Klägerin im Streitjahr als abziehbare Werbungskosten anerkannt hat.
1. Es kann für die Entscheidung des Falles dahinstehen, ob der gesetzliche Tatbestand der AfaA nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG erfüllt ist. Denn der Geltendmachung von AfaA steht jedenfalls die für das Einfamilienhaus der Klägerin während der Selbstnutzung bis Ende April 1984 maßgebliche Ermittlung des Nutzungswertes nach § 21a EStG entgegen. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift dürfen vom Grundbetrag im Sinne von Abs. 1 nur Schuldzinsen bis zur Höhe des Grundbetrages und erhöhte Absetzungen abgezogen werden. AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG hingegen sind - ebenso wie Absetzungen für Abnutzung (AfA) - während der Dauer der Pauschalierung des Nutzungswerts nach § 21a EStG vom Abzug ausgeschlossen (so der Bundesfinanzhof - BFH - in ständiger Rechtsprechung Urteil vom 6. März 1979 VIII R 48/78, BFHE 128, 185, BStBl II 1979, 627; Urteil vom 1. Dezember 1992 IX R 165/87, BFH/NV 1993, 410). Die wirtschaftliche Abnutzung i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG, die das Einfamilienhaus infolge seines schlechten baulichen Zustands und der fehlenden Eignung für übliche Wohnbedürfnisse erlitten hatte, fällt in den Zeitraum der Pauschalierung des Nutzungwerts bis zum Auszug der Kläger Ende April 1984. Die Klägerin hat die wirtschaftliche Abnutzung ihres Hauses vor dem Auszug Ende April 1984 der Stadt in ihrem Antrag auf Erteilung der Abbruchgenehmigung vom März 1984 geschildert.
Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.
2. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist teilweise stattzugeben. Den Klägern stehen zwar nicht die geltend gemachten AfaA zu; jedoch können sie als Werbungskosten die Abbruchkosten in der unstreitigen Höhe von ... DM und außerdem eine Erhöhung des dem Kläger zustehenden halben Kinderfreibetrags von 1000 DM abziehen.
a) Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 1. Dezember 1992 IX R 333/87 (BFHE 170, 113) Abbruchkosten für ein Gebäude, das ein Steuerpflichtiger zuvor zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt hatte, das dann aber technisch oder wirtschaftlich verbraucht war, als Werbungskosten angesehen. Er hat sie nicht zu den Herstellungskosten eines anstelle des abgebrochenen Gebäudes errichteten Neubaus gezählt, es sei denn der Steuerpflichtige hat das alte Gebäude in Abbruchabsicht erworben. Im einzelnen wird auf die Ausführungen im Urteil in BFHE 170, 113, Bezug genommen. Der Senat hält hieran fest.
Im vorliegenden Falle bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin ihr Einfamilienhaus im Jahre 1976 bereits in Abbruchabsicht erworben haben könnte, mit der Folge, daß die Abbruchkosten zu den Herstellungskosten des neu errichteten Zweifamilienhauses gezählt werden könnten. Die Kläger haben das Einfamilienhaus nahezu acht Jahre bewohnt. Vor seinem Abriß hatten sie zunächst einen grundlegenden Umbau erwogen.
Der Beurteilung der Abbruchkosten als Werbungskosten steht auch nicht etwa eine Aufgabe der Einkunftserzielungsabsicht durch die Kläger entgegen. Ihre Einkunftserzielungsabsicht bestand auch nach dem Abbruch des Einfamilienhauses fort; denn sie errichteten noch im Streitjahr an seiner Stelle ein Zweifamilienhaus, um damit durch Selbstnutzung oder Vermietung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen.
Schließlich sind die Abbruchkosten auch erst nach dem Ende des zeitlichen Anwendungsbereichs der Pauschalierung des Nutzungswerts des Einfamilienhauses nach § 21a EStG entstanden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG räumten die Kläger ihr Einfamilienhaus Ende April 1984. Sodann ließen sie es Mitte des Jahres 1984 abbrechen.
Fundstellen
Haufe-Index 64533 |
BFH/NV 1994, 232 |