Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Befreiung von der Soforthilfeabgabe wegen Gemeinnützigkeit bei einem Kurheim.
Normenkette
SHG § 5 Ziff. 8; GemV § 18; StAnpG § 17 Abs. 3 Ziff. 1; GemV § 7; GemV § 10; GemV § 8; GemV § 9; GemV § 11; GemV § 12
Tatbestand
Der beschwerdeführende Verein (Beschwerdeführer - Bf. - ) betrieb in X. ein Kurfremdenheim für Herzkranke.
In der Zeit vom August 1939 bis 1952 war der Heimbetrieb durch die Beschlagnahme der Wehrmacht, später der amerikanischen Besatzungsmacht unterbrochen. Das Heim stand vor und nach dieser Periode jedermann offen und nahm Personen, die von Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, Versicherungsträgern und ähnlichen Organisationen unterstützt oder mit einem Zuschuß bedacht waren, wie auch selbstzahlende Kurgäste zu Pensionspreisen auf, die durchweg, zum Teil erheblich, unter den vom Hotel- und Beherbergungsgewerbe im allgemeinen erhobenen Pensionspreisen lagen.
Der Bf. hat beantragt, ihn von der Soforthilfeabgabe wegen Gemeinnützigkeit freizustellen.
Das Finanzamt hat den Antrag abgelehnt und den Einspruch des Bf. als unbegründet zurückgewiesen, weil der Heimbetrieb schon vor der Beschlagnahme steuerpflichtig gewesen und zur Körperschaftsteuer herangezogen worden sei, ohne Steuerbefreiung zu beantragen. Der in der Satzung vorgeschriebene Zweck sei bisher durch die tatsächliche Geschäftsführung nicht verwirklicht worden.
Mit der Berufung hat der Bf. seinen Antrag aufrechterhalten. Der Betrieb sei nach § 1 seiner Satzung gemeinnützig und mildtätig. Nach § 12 der Satzung falle sein Vermögen im Falle der Auflösung an den Bischöflichen Stuhl in M. zur Verwendung für karitative Zwecke. Vor der Beschlagnahme, unter der nationalsozialistischen Herrschaft, habe der Bf. Anträge auf Steuerbefreiung bewußt nicht gestellt, damit das Heim nicht in die NSV überführt werde; die Steuerpflicht sei das kleinere übel gewesen. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung hätten die sogenannten Gleichschaltungsdrohungen, ab 1939 die Beschlagnahme den Bf. gehindert, die tatsächliche Geschäftsführung des Heims im Sinne des § 1 der Satzung durchzuführen. Anläßlich der Wiedereröffnung des Heims im Jahre 1953 habe der Bf. mit dem Bundesbahnsozialamt in Frankfurt/Main, der Landesversicherungsanstalt Münster und der Verwaltung des Provinzialverbandes Westfalen Verträge geschlossen, nach denen von den etwa 100 Betten des Heims dauernd etwa 75 mit Sozialversicherten belegt würden. Im übrigen habe der Bf. die Geschäftsführung seit dem 10. Juni 1954 durch überlassungsvertrag an die Genossenschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung in M. für die Zeit bis Ende 1959 mit der ausdrücklichen Verpflichtung übertragen, das Heim als gemeinnützige Einrichtung im Sinne des § 1 der Satzung des Bf. zu führen, nämlich vorwiegend Minderbemittelten durch Darbietung einer verbilligten Pension eine Kur in X. zu ermöglichen.
Der Vorsitzende des Finanzgerichts hat in den Räumen des Finanzamts, in Anwesenheit auch des Bevollmächtigten des Bf., die Schwester Oberin H. und Schwester J. aus dem Heim zur Sache gehört und den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert.
Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Wohlfahrtseinrichtungen mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb seien nur dann als gemeinnützig zu erachten, wenn sie nach ihrer Satzung wie ihrer tatsächlichen Geschäftsführung in besonderem Masse bedürftigen oder minderbemittelten Personen dienten. In diesem Sinne müßten mindestens zwei Drittel der Leistungen des Betriebs diesem Personenkreis zugute kommen.
Diese Voraussetzungen müßten, um die Befreiung von der Soforthilfeabgabe zu bewirken, an sich am Währungsstichtage vorgelegen habe. Wenn die Wohlfahrtseinrichtung jedoch, wie hier, am Stichtage von der Besatzungsmacht beschlagnahmt und die abgabepflichtige Körperschaft vorübergehend verhindert gewesen sei, ihren satzungsmäßigen Zweck zu erfüllen, genüge der einwandfreie Nachweis, daß Satzung und tatsächliche Geschäftsführung vor dem Eintritt der Behinderung sowie in der Zeit alsbald nach ihrem Wegfall den Befreiungsvoraussetzungen entsprochen hätten. Doch hieran fehle es im Falle des Bf. Dieser habe auch in der Zeit vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten, also zu einer Zeit, als noch nicht die Eingliederung in die NSV zu befürchten gewesen sei, nicht beantragt, wegen Gemeinnützigkeit von der Besteuerung ausgenommen zu werden. Dies spreche gegen die Annahme, daß damals beim Bf. die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit vorgelegen hätten. Ferner spreche die Tatsache dagegen, daß der Heimleiterin bei übernahme der Verwaltung im Jahre 1934 ihre Vorgängerin gesagt habe, sie habe drei Jahre vorher bei übernahme der Leitung rund 28 000 RM Steuerschulden vorgefunden.
Doch auch abgesehen von diesen Erwägungen fehle ein Nachweis dafür, daß der Bf. "in besonderem Masse" Bedürftige und Minderbemittelte in das Heim aufgenommen habe. Schwester J. habe aus dem Gedächtnis, im Wege der Schätzung, angegeben, im Jahre 1939 hätten sich die Heimgäste zu etwa 40 v. H. aus selbstzahlenden Privatgästen und im übrigen aus Personen zusammengesetzt, die von Organisationen und Verbänden einen Zuschuß oder eine Unterstützung empfangen hätten. Diese Angabe sei - abgesehen von der Unzulänglichkeit des Hundertsatzes von 60 im Vergleich zu den von der Gemeinnützigkeits-Verordnung (GemV) 1953 geforderten 66 2/3 v. H. - lediglich auf Grund der in den Tagebüchern aufgeführten Zimmerpreise - für Selbstzahler in voller Höhe - und der Namen der Gäste - ohne Beruf oder Anschrift - gemacht. Der Bf. habe aus der Zeit vor dem Kriege keinen von einem Gast zur Erlangung der Kurermäßigung ausgefüllten Fragebogen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gastes, für die Zeit nach der Wiedereröffnung (Mai 1953) nur einen einzigen ausgefüllten Vordruck dieser Art vorgelegt. Wenn der Bf. dies damit zu erklären versuche, nach der Wiedereröffnung hätten weit überwiegend die Landesversicherungsanstalt Münster, das Bundesbahnsozialamt Frankfurt/Main und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe in das Heim Gäste eingewiesen, die - auch zum Beispiel Inspektoren und Bundesbahnräte - der Bf. ohne weiteres durchgängig als bedürftig oder minderbemittelt angesehen habe, so fehle die erforderliche Gewähr dafür, daß die vom Bf. als bedürftig oder minderbemittelt angesehenen Personen tatsächlich bedürftig oder minderbemittelt gewesen seien. Eine weitere Fehlerquelle in der Einordnung von Gästen als "bedürftig" oder "minderbemittelt" liege bei den nach Angabe des Bf. von den "Krankenkassen" entsandten Personen. Tatsächlich habe keine Ortskrankenkasse Gäste in das Heim eingewiesen. Vielmehr verstehe der Bf. unter "Krankenkassen" Privatkranken- oder Ersatzkassen; die Bestreitung von Kurkosten durch derartige Institute berechtige als solche nicht zu dem Schluß, es handle sich um Bedürftige oder Minderbemittelte.
Insoweit seien die vom Bf. für die Jahre 1937 bis 1939 eingereichten Aufstellungen über das Zahlenverhältnis zwischen den Minderbemittelten (oder Bedürftigen) und den Selbstzahlern entwertet. Es komme hinzu, daß in diesen nach dem Gedächtnis gefertigten Aufstellungen die Stichmonate und die Eingruppierungen - in solche für selbstzahlende und in solche für andere Gäste - hinsichtlich der Zimmer variierten.
Die vorgelegten, allgemein gehaltenen Bescheinigungen der Caritasverbände in Freiburg und für die Diözese Trier sowie der Schwester A. über die Einweisung minderbemittelter Herzkranker in der Zeit vor dem Kriege reichten für den vorgeschriebenen Nachweis nicht aus.
Auch für die Zeit nach Wiedereröffnung sei ein Anteil der minderbemittelten Gäste in Höhe von 66 2/3 v. H. nicht nachgewiesen. Von den 115 Betten seien zwar:
45 mit Patienten der Landesversicherungsanstalt Münster,
35 mit Patienten des Bundesbahnsozialamts Frankfurt/Main,
10 mit Patienten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in den Jahren 1953 und 1954 belegt gewesen. Unbedenklich seien die Gäste zu c) - fürsorgebedürftige Frauen und Mütter - als minderbemittelt zu rechnen. Bei den Gästen zu a) sei jedoch zu bedenken, daß sie vorwiegend aus der handarbeitenden Bevölkerung stammten; während die Fürsorgerichtsätze (einschließlich Mietbeihilfe) damals durchschnittlich kaum 70 bis 80 DM überschritten hätten, habe bei manchem Facharbeiter das Monatseinkommen 400 DM oder darüber betragen, also die Minderbemitteltengrenze des Dreifachen des Fürsorgesatzes überschritten. Noch stärker sei bei den Gästen zu b), zu denen auch Beamte des gehobenen und des höheren Dienstes gehörten, mit der überschreitung der genannten Minderbemitteltengrenze zu rechnen. Die Minderbemitteltengrenze des dreifachen Fürsorgesatzes ergebe sich aus § 8 Abs. 3 GemV (n. F.), der mindestens für 1954 gelte.
Der Bf. habe es unterlassen, wenigstens nach Wiedereröffnung des Heims Aufzeichnungen nach § 15 Abs. 3 GemV (n. F.) zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit, das heißt solche Aufzeichnungen der Einnahmen und Ausgaben zu führen, die auch Stand, Beruf, Anschrift und wirtschaftliche Verhältnisse der Gäste erkennen ließen.
Mangels Nachweises des Vorliegens der Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit sei der Bf. nicht von der Soforthilfeabgabe zu befreien.
Im übrigen sei das durch Kriegseinwirkung im Jahre 1944 zerstörte Hausgrundstück L-Straße 13 in X. bis dahin als Altersheim an die Genossenschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung vermietet gewesen, ohne danach von dem Bf. selbst für seine satzungsmäßigen Zwecke benutzt worden zu sein.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.). Der Bf. wendet sich gegen die Schlußfolgerungen des Finanzgerichts aus der Tatsache des früher unterlassenen Antrags auf Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit. Er begründet diese Unterlassung für die Zeit vor 1933 mit den hohen Verlusten, die einen derartigen Antrag erübrigt hätten, und mit mangelnder Kenntnis des Steuerrechts, für die folgende Zeit mit der Besorgnis, in die NSV übernommen zu werden.
Die Bemerkung der früheren Heimleiterin über rund 28 000 RM Steuerschulden beruhe offenbar auf einem Mißverständnis.
Für die Vorkriegszeit könne heute ein Nachweis der Gemeinnützigkeit nicht mehr erbracht werden. Für die damalige Zeit müsse man sich mit Feststellungen des Gesamtbildes des Betriebs, des Besucherkreises und der damals geforderten Entgelte begnügen.
Die Feststellungen des Finanzgerichts hinsichtlich der Zeit ab Wiedereröffnung widersprächen der Entscheidung des Finanzamts, mit der es Steuerbefreiung für diese Steuerabschnitte gewährt habe.
Nachweise über die wirtschaftlichen Verhältnisse der aufgenommenen Kranken könnten auch für die Zeit ab Mai 1953 nicht erwartet werden.
Was die von der Landesversicherungsanstalt Münster oder dem Bundesbahnsozialamt Frankfurt/Main eingewiesenen Patienten angehe, so bestünden hier nur zwischen den einweisenden Stellen und dem Heim Vertragsbeziehungen, dagegen nicht zwischen den Patienten und dem Heim. Das letztere könne daher keine Einkommensnachweise von den Patienten fordern.
Der Bf. gibt zu, daß von der Landesversicherungsanstalt eingewiesene Patienten Facharbeiter mit mehr als 400 DM Monatsbezügen sein könnten. Sie würden indessen unter Umständen verheiratet sein und mehrere Kinder haben, so daß der für sie geltende Fürsorgerichtsatz 80 DM übersteige. Entsprechend liege es bei den Patienten vom Bundesbahnsozialamt. Vorsorglich habe der Bf. nunmehr die einweisenden Stellen gebeten, nur Arbeiter bzw. Unterbeamte einzuweisen, damit die Gemeinnützigkeit des Bf. gewährleistet sei.
Entscheidungsgründe
Die Satzung des Bf. vom 20. Februar 1929 sowie die Neufassung vom 17. Dezember 1954 befinden sich bei den Akten des Finanzgerichts. § 5 Ziff. 8 des Soforthilfegesetzes (SHG) ist die Gesetzesgrundlage für die Befreiung einer Körperschaft von der Soforthilfeabgabe wegen Gemeinnützigkeit. Unterhält sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, so sind die einschlägigen Vorschriften der GemV anzuwenden. Die GemV hat ihre maßgebliche Fassung durch die Verordnung vom 16. Oktober 1948 zu änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 181) erhalten. Unter dem 24. Dezember 1953 ist auf Grund der Ermächtigung des § 19a des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) eine neue GemV (n. F.) ergangen (Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 I S. 6 ff.). Diese ist mit dem 31. Dezember 1953 in Kraft getreten. Jedoch gibt sie sich für Tatbestände, die vor ihrem Inkrafttreten verwirklicht worden sind, rückwirkende Kraft, es sei denn, daß das bisherige Recht zu einem für den Abgabepflichtigen günstigeren Ergebnis führt (ß 21).
Für die Soforthilfeabgabepflicht, also auch für die Frage der Gemeinnützigkeit, sind die Verhältnisse vom Währungsstichtage maßgebend. Am Währungsstichtage ist in der vorliegenden Sache das Kurheim von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt gewesen. Der Bf. ist am Stichtage daher vorübergehend nicht in der Lage gewesen, seine satzungsmäßigen Zwecke zu erfüllen. Aus solchen besonderen Umständen ist ein Wegfall der steuerlichen Vergünstigungen nicht herzuleiten (vgl. Erlaß des Hessischen Finanzministers S 1291 - 51 - II/22 vom 22. April 1954 - BStBl 1954 II S. 56 -).
In solchen Fällen ist die steuerliche Prüfung vielmehr auf die Frage zu erstrecken, ob die Körperschaft, deren Gebäude beschlagnahmt worden ist, außerhalb der Beschlagnahmeperiode ihre Geschäftsführung einschließlich der Nachweisführung über diese auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke in übereinstimmung mit der Satzung und den Gemeinnützigkeitsvorschriften nachhaltig ausgerichtet hat. Hierbei wird - im Gegensatz zu der engeren Auffassung des Finanzgerichts - entscheidend in Betracht kommen, wie es sich in dieser Beziehung mit der tatsächlichen Geschäftsführung des Bf. in der Zeit nach Ablauf der Beschlagnahme ab 1953 verhalten hat. Dagegen wird es auf die Zeit vor Beginn der Beschlagnahmeperiode wegen der Länge der bis zum Währungsstichtag und seitdem abgelaufenen Zeit nicht ankommen, sofern die Körperschaft, in großen Zügen gesehen, damals eine etwa gleichartige Tätigkeit entfaltet hat. Deshalb erübrigt es sich auch, auf die schon an sich nicht unbedenklichen Schlußfolgerungen einzugehen, die das Finanzgericht aus der Unterlassung von Steuerbefreiungsanträgen in der Zeit vor dem Kriege und aus dem vermeintlichen Bericht der früheren Heimleiterin an ihre Nachfolgerin über eine im Jahre 1931 vorhanden gewesene Steuerschuld von 28 000 RM gezogen hat.
Ebenso erübrigt es sich, auf die im bisherigen Verlauf des Steuerrechtsstreits unerörtert gebliebene Frage einzugehen, ob es erheblich ist, wie der Bf. die Einnahmen verwandt hat, die ihm während der Beschlagnahmeperiode zugeflossen sind.
Was die Zeit ab Wiederaufnahme des Kurheimbetriebs - Mai 1953 - betrifft, so ist gegenüber dem Hinweis des Bf. auf die seine Gemeinnützigkeit bejahende Entscheidung des Finanzamts klarzustellen, daß die einschlägige Entscheidung des Finanzamts zur Körperschaftsteuer und ausdrücklich nur unter Vorbehalt des Widerrufs und lediglich zu dem Zwecke ergangen ist, um die Abzugsfähigkeit von Spenden an den Bf. vom Einkommen der Spender zu bescheinigen. Deshalb kann sich der Bf. auf diese Entscheidung in der vorliegenden Sache nicht berufen.
§ 5 Ziff. 8 SHG verlangt zur Abgabebefreiung des Bf. wegen Gemeinnützigkeit, daß er nach seiner Satzung und nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient.
Der Bf. verfolgt nach seiner Satzung vom 17. Dezember 1954 (ß 1) ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke im Sinne der GemV (n. F.), und zwar insbesondere durch Unterhaltung des Heims in X., "in dem überwiegend minderbemittelten Herzkranken Kuren zu verbilligten Preisen gewährt werden". Nach § 3 a. a. O. sind Gewinne nur für die satzungsmäßigen Zwecke zu verwenden. Die Mitglieder des Bf. erhalten keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln des Bf. Nach § 12 a. a. O. fällt das verbleibende Vermögen des Bf. bei seiner Auflösung oder Aufhebung oder bei Wegfall seines bisherigen Zweckes an den Bischöflichen Stuhl, der es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige und mildtätige Zwecke zu verwenden hat. Nach § 18 GemV (n. F.) gelten die Mängel der früheren Satzung durch die Neufassung vom 17. Dezember 1954 rückwirkend als behoben und können deshalb unerörtert bleiben. Die neue Fassung begegnet jedenfalls, wie auch das Finanzgericht ausgeführt hat, keinen schwerwiegenden Bedenken. Zwar ist darin nur von der "überwiegenden" Widmung des Kurheims für die Aufnahme minderbemittelter Kranker die Rede; aber nach der überzeugenden Auffassung des Finanzgerichts ist der Bf. sichtlich bestrebt gewesen, mit dieser Neufassung den steuerlichen Befreiungserfordernissen für Wohlfahrtseinrichtungen zu genügen.
Was die tatsächliche Geschäftsführung des Bf. betrifft, so bestimmt sich seine Abgabepflicht nach der ausdrücklichen Regelung des § 5 Ziff. 8 SHG für den Fall, daß ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird, nach der GemV.
In der vorliegenden Sache handelt es sich um den Betrieb eines Kurfremdenheims. Der Betrieb eines derartigen Heims kann geeignet sein, der öffentlichen Gesundheitspflege zu dienen. Dient er der öffentlichen Gesundheitspflege, so kommt nach § 17 Abs. 3 Ziff. 1 StAnpG Gemeinnützigkeit wegen Förderung der Allgemeinheit in Betracht.
Nach § 7 GemV (n. F.) bedingt die Abgabebefreiung der Werte eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, wie zum Beispiel eines Kurfremdenheims, allgemein, daß er in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft, der er angehört, zu verwirklichen. Diese Zwecke müssen nur durch diesen Geschäftsbetrieb erreicht werden können. Schließlich darf der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfange in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidlich ist (steuerlich unschädlicher Geschäftsbetrieb). § 7 Abs. 2 a. a. O. stellt klar, daß diese steuerbegünstigenden Grundsätze auch dann gelten, wenn die Körperschaft, wie in dem hier zur Entscheidung stehenden Falle, nur den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält und daneben keine andere Tätigkeit ausübt.
Daß das Kurheim des Bf. in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Bf. zu verwirklichen, hat schon das Finanzgericht ohne Rechtsirrtum festgestellt. Auch die weitere Voraussetzung, daß der Bf. den Zweck, nämlich die Heilung von Herzkranken, und zwar unter besonders leichten und tragbaren finanziellen Bedingungen für die Kranken, nur durch eine Einrichtung nach Art seines Heims erreichen kann, kann nach den Feststellungen des Finanzgerichts als gegeben angenommen werden. Schließlich wird die letzte Voraussetzung, nämlich daß der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben ähnlicher Art nicht in größerem Umfange in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist, nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls dann in der Regel anzunehmen sein, wenn einer der Sondertatbestände des § 8 oder des § 10 GemV (n. F.) erfüllt ist.
Nach § 8 GemV (n. F.) sind die Voraussetzungen des § 7 für die Steuerbefreiung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs insbesondere bei Einrichtungen der Wohlfahrtspflege gegeben, die in besonderem Masse bedürftigen oder minderbemittelten Personen dienen. Das "besondere Maß" ist erfüllt, wenn den genannten Personen mindestens zwei Drittel der Leistungen der Einrichtung zugute kommen. Zur Wohlfahrtspflege gehört auch die planmäßige, zum gesundheitlichen Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbes wegen ausgeübte Sorge für gefährdete Mitmenschen - § 8 Abs. 2 GemV (n. F.) -. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts, die einen Rechtsirrtum in den wesentlichen Punkten nicht erkennen lassen, ist das Vorliegen dieser Voraussetzungen indessen auch für die Jahre 1953 und 1954 vom Bf. nicht nachgewiesen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 119/52 U vom 17. August 1954 - Slg. Bd. 59 S. 294 ff., besonders S. 302, BStBl 1954 III S. 324 -).
Es wird daher, was bisher nicht geschehen ist, zu prüfen sein, ob die Bestimmungen der früheren GemV (GemV a. F.) - vgl. § 9 Abs. 4 - nicht unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der Gemeinnützigkeit eines zur Erreichung der steuerbegünstigten Zwecke unentbehrlichen Hilfsbetriebs die Abgabebefreiung des Bf. zulassen würden. Ist dies der Fall, so sind diese Vorschriften nach § 21 GemV (n. F.) auf den vorliegenden Fall anzuwenden, weil sie für den Bf. insoweit günstiger sind. Ein für die Abgabebefreiung unschädlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 9 Abs. 4 a. a. O. ist anzunehmen, wenn sich der vom Bf. verfolgte Zweck mit der Unterhaltung des Kurheims deckt und in diesem unmittelbar seine Erfüllung findet (vgl. zum Beispiel Urteil des Bundesfinanzhofs I 33/51 U vom 24. Februar 1953 - Slg. Bd. 57 S. 277, BStBl 1953 III S. 109 -). Nach dem Wortlaut des § 21 a. a. O. gilt das dem Abgabepflichtigen günstigere Recht zwar nur für die Tatbestände, die zeitlich vor dem Inkrafttreten der GemV (n. F.), das heißt vor dem 31. Dezember 1953, liegen. Darüber hinaus wird indessen den abgabepflichtigen Körperschaften eine kurze übergangszeit einzuräumen sein, innerhalb deren sie ihren Betrieb den neuen Bestimmungen anpassen können, die ihnen ja frühestens Ende 1953 bekanntgeworden sind.
Deshalb wird im vorliegenden Falle kein Bedenken dagegen zu erheben sein, daß die alten Gemeinnützigkeitsvorschriften auch für 1954 angewandt werden.
Geht man hiervon aus, dann kann die Gemeinnützigkeit des Bf. jedenfalls nicht unter Bezugnahme auf § 8 GemV (n. F.) mit der Begründung verneint werden, daß nicht die Widmung von mindestens zwei Dritteln der Leistungen des Bf. an Minderbemittelte nachgewiesen sei.
Ist eine Abgabenbefreiung jedoch auch auf Grund des § 9 Abs. 4 GemV (a. F.) abzulehnen, so bleibt, was bisher ebenfalls unterblieben ist, weiterhin zu prüfen, ob der Bf. nicht die steuerlichen Vergünstigungen einer Krankenanstalt beanspruchen kann (vgl. § 10 GemV n. F.).
§ 10 GemV (n. F.) - vgl. § 11 GemV (a. F.) - gibt besondere Bestimmungen für Körperschaften mit Krankenanstalten. Die Besonderheit liegt vor allem darin, daß es hier zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit genügt, wenn:
die Pflegesätze in allen Verpflegungsklassen nicht die Beträge überschreiten, die vergleichbare Kreis- oder Gemeindekrankenanstalten erheben,
mindestens 40 v. H. der jährlichen Verpflegungstage auf Kranke der Sozialversicherung, der Kriegsopferversorgung und der öffentlichen Fürsorge oder auf solche Selbstzahler entfallen, die nicht mehr als den niedrigsten Pflegesatz im Sinne von a) entrichten, und bei denen die ärztlichen Gebühren nachweislich nicht höher als die Mindestsätze der staatlichen Gebührenordnung sind. Auf diese Voraussetzungen kann verzichtet werden, wenn die Voraussetzungen von § 10 Abs. 3 a. a. O. als vorliegend nachgewiesen werden.
Eine Krankenanstalt ist eine Anstalt, in der durch ärztliche Hilfeleistung erstrebt wird, Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festzustellen, zu heilen oder zu lindern (vgl. Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 25. April 1939 - Reichssteuerblatt 1939 S. 639 -). Eine wesentliche Voraussetzung ist, daß in der Anstalt die Heilung oder Besserung der Leiden durch ständige ärztliche Hilfeleistung, Betreuung und überwachung, durch körperliche oder seelische Beeinflussung erstrebt wird, die teils vom Arzt, teils von der ganz auf den Kranken eingestellten Umwelt des Anstaltsbetriebs und seiner diagnostisch-therapeutischen Hilfsmittel ausgeht (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs III 167/42 vom 25. Februar 1943 - Slg. Bd. 53 S. 60 ff. - und Urteil des Bundesfinanzhofs V 258/54 U vom 21. Dezember 1955 - Slg. Bd. 62 S. 152, BStBl 1956 III S. 56 ff. -). Die Begriffsabgrenzung einer Krankenanstalt ist auf den Anstaltscharakter abzustellen. Die Kranken müssen in der Anstalt untergebracht sein. Die Unterbringung muß notwendig oder wenigstens zweckmäßig oder üblich sein. Es muß ferner, damit sich die Krankenanstalt von einem Erholungsheim unterscheidet, ständig eine den einzelnen Kranken individuell gewidmete ärztliche Tätigkeit stattfinden, die gegenüber vorhandenen natürlichen Hilfsfaktoren im Vordergrund steht. Wesentlich ist die individuelle Betreuung der Kranken durch ärzte, die Feststellung von Veränderungen im Krankheitsbild, die zu besonderen ärztlichen Maßnahmen nötigen könnten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 258/54 U vom 21. Dezember 1955). Hierbei kann es keinen wesentlichen Unterschied bedeuten, ob die ärztliche Betreuung durch in der Krankenanstalt Angestellte oder durch auf andere Weise - allgemein vertraglich - von der Anstalt verpflichtete ärzte ausgeübt wird (vgl. auch Sölch-Ringleb, Umsatzsteuergesetz 6. Auflage, Anmerkung 237 zu § 4), so wenig, wie es für den Begriff der ärztlichen Behandlung einen Unterschied bedeutet, ob ein Privatpatient sich in einem Krankenhaus mit angestellten ärzten oder von einem ihm vertraglich verpflichteten Arzt in seinem Heim behandeln läßt, soweit es die Art der Erkrankung zuläßt. Wesentlich würde nur sein, daß trotz einer nur vertraglichen Verpflichtung der ärzte durch die Anstalt die ordnungsmäßige Durchführung ihrer Anordnungen in der Anstalt gesichert ist. Nach den Angaben des Bf. hat das Heim keine angestellten ärzte. Die Betreuung der Insassen erfolgt durch drei selbständige ärzte in X. Hiervon betreut Dr. Fr. in erster Linie die Sozialversicherten, die die Bundesbahn in das Heim einweist. Er kommt täglich in das Haus, um festzustellen, ob Sonderfälle für ärztliche Behandlung vorliegen. Der weitere Arzt Dr. Ro. betreut die Versicherten, die durch die Landesversicherungsanstalt Münster eingewiesen werden, während der dritte Arzt Dr. Re. die Insassen behandelt, die von Fürsorgeverbänden eingewiesen sind; der letztere hält außerdem in der Woche dreimal feste Sprechstunden im Hause ab. Die Insassen haben sich bei Aufnahme in das Heim und bei Entlassung ärztlich untersuchen zu lassen und werden außerdem während ihres Aufenthalts durchschnittlich zweimal wöchentlich ärztlich untersucht. Zwar hat der Bf. selbst in seinem Schriftsatz vom 20. August 1955 angezweifelt, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Krankenanstalt hinsichtlich seines Heims erfüllt sind. Er hat aber darauf hingewiesen, daß es sich nicht um ein bloßes Sanatorium handelt, und hat jedenfalls die oben angeführten Angaben über die ärztliche Betreuung in dem Heim gemacht.
Es muß also im vorliegenden Falle geprüft werden, ob die ärztliche Behandlung gegenüber der Unterbringung und Verpflegung selbst in dem Heim im Vordergrund steht, oder ob in dem Heim auch Personen untergebracht zu werden pflegen, bei denen das Hauptgewicht auf die Raumzuweisung und Verpflegung fällt, oder die vielleicht überhaupt nicht einer ärztlichen Behandlung unterzogen werden. Ferner ist festzustellen, ob dem Erfordernis einer Gewerbekonzession (ß 10 Abs. 1 Ziff. 2 GemV - n. F. -) im vorliegenden Falle genügt ist. Alle diese Punkte bedürfen noch der Aufklärung. Hat das Heim ausgesprochenen Anstaltscharakter im vorstehenden Sinne, so ist weiterhin zu prüfen, ob die Voraussetzungen von § 10 Abs. 2 oder gegebenenfalls von Abs. 3 GemV (n. F.) erfüllt sind. Dies ist bisher nicht geschehen.
Ist der Charakter des Heims als Krankenanstalt im Sinne der steuerlichen Vorschriften nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu verneinen, so wird eine Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit entfallen.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Sache geht im Sinne der obigen Ausführungen an das Finanzgericht zurück. Das Finanzgericht wird auch des näheren zu prüfen haben, ob der Grundsatz der Unmittelbarkeit, wie in § 11 GemV - n. F. - (vgl. § 12 GemV - a. F. -) statuiert, bei dem Bf. erfüllt ist. Der wesentliche Inhalt des Grundsatzes der Unmittelbarkeit ist, daß der Bf. die gemeinnützigen Zwecke selbst verwirklicht. Wie er selbst vorgetragen hat, hat er durch Vertrag vom 10. Juni 1954 die gesamte Führung des Heims an die Genossenschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung in M. mit der ausdrücklichen Verpflichtung übertragen, das Heim als gemeinnützige Einrichtung im Sinne des § 1 seiner Satzung zu führen. Da er selbst gebeten hat, seine Geschäftsführung aus den Jahren 1953 und 1954 der Beurteilung der Verhältnisse vom Währungsstichtage zugrunde zu legen, weil er durch die damalige Beschlagnahme an einer gemeinnützigen Geschäftsführung verhindert gewesen ist, wird nicht zu umgehen sein, für 1954 auch die Frage zu prüfen, ob durch die übertragung der gesamten Führung des Heims an die genannte Schwestern-Genossenschaft nicht der Grundsatz der Unmittelbarkeit verletzt ist. Es wird also zu prüfen sein, ob sich der Bf. noch eine hinreichende unmittelbare Einwirkung auf die Geschäftsführung trotz der übergabe an die Schwestern-Genossenschaft gewahrt hat, so daß diese im Verhältnis zu ihm nur eine Hilfestellung einnimmt (ß 11 Abs. 2 GemV - n. F. -).
Hinsichtlich des Grundstücks L-Straße 13 in X. ist § 15 der Ersten Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes in Verbindung mit § 5 Ziff. 8 Sätze 2 und 3 SHG zu beachten.
Fundstellen
Haufe-Index 408909 |
BStBl III 1958, 170 |
BFHE 1958, 438 |
BFHE 66, 438 |