Entscheidungsstichwort (Thema)
Kommanditistenhaftung in der Insolvenz
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Kommanditist haftet für die durch den Verkauf der Fondsschiffe entstandene und als Masseverbindlichkeit geltend gemachte Gewerbesteuerforderung.
2. Der Kommanditist kann gegen seine Inanspruchnahme entsprechend § 422 Abs. 1 Satz 1, § 362 Abs. 1 BGB einwenden, dass durch Zahlungen anderer Kommanditisten der zur Deckung der von der Haftung erfassten Gesellschaftsschulden nötige Betrag bereits aufgebracht wurde.
Normenkette
HGB §§ 129, 171-172; EStG § 5a Abs. 4 S. 3 Nr. 2; GewStG § 5 Abs. 1; InsO §§ 38-39, 55; AO § 191; BGB § 422 Abs. 1 S. 1, § 362 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Januar 2020 durch Beschluss gemäß § 552a ZPO auf seine Kosten zurückzuweisen.
2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 17.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
A.
Rz. 1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer Schiffsfondsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen mit Beschluss vom 21. Februar 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger bezahlte eine durch den Verkauf der Fondsschiffe entstandene und als Masseverbindlichkeit geltend gemachte Gewerbesteuerforderung in Höhe von ca. 2.000.000 EUR.
Rz. 2
Der Beklagte, der mit einer Einlage von 50.000 EUR als Kommanditist an der Schuldnerin beteiligt ist, erhielt in den Jahren 2004 bis 2008 gewinnunabhängige Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 24.500 EUR. Im Rahmen eines Sanierungsprogramms zahlte der Beklagte im Februar 2010 7.500 EUR an die Schuldnerin zurück. Der Kläger verlangt von dem Beklagten die noch offene Differenz in Höhe von 17.000 EUR.
Rz. 3
Der Kläger hat unter Vorlage einer Tabellenstatistik und später einer Kopie der amtlichen Insolvenztabelle vorgetragen, Forderungen in Höhe von 7.762.706,73 EUR seien festgestellt worden, davon 6.176.666,37 EUR im Rang des § 38 InsO und 1.586.040,36 EUR im Rang des § 39 InsO. Die freie Masse betrage zum 18. Oktober 2019 4.854.014,77 EUR. Von anderen Kommanditisten habe er zum 21. Oktober 2019 Zahlungen in Höhe von 7.056.004,22 EUR eingezogen.
Rz. 4
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung in Höhe von 17.000 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
B.
Rz. 5
Die Revision ist durch Beschluss zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor und die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a ZPO).
Rz. 6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, wie folgt begründet:
Rz. 7
Die Klage sei zulässig. Die Klageforderung sei bereits unter Berücksichtigung der durch den Kläger vorgelegten, als „Tabellen nach § 175 InsO” bezeichneten Aufstellung hinreichend bestimmt. Der Kläger habe zudem die gerichtliche Insolvenztabelle vorgelegt. Diese reiche wie die vom Kläger erstellten Tabellen im Sinne von § 175 InsO zur Individualisierung der Klageforderung aus. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genüge es, wenn der Anspruch identifizierbar sei, wobei die Individualisierung durch eine konkrete Bezugnahme auf anderweitige Schriftstücke erfolgen könne. Dem genüge die vorgelegte Forderungsaufstellung. Die Vorlage eines beglaubigten Tabellenauszugs im Sinne von § 178 InsO sei nicht erforderlich.
Rz. 8
Die Haftsumme werde zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger benötigt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden könnten, überstiegen die Summe aller Ausschüttungen. Einer Insolvenzmasse von gerundet 4.850.000 EUR stünden Forderungen in Höhe von gerundet 7.760.000 EUR gegenüber. Allein die Forderung der C. Bank als Rechtsnachfolgerin der H.bank betrage 6.017.082,40 EUR, darauf bezogene Zinsen beliefen sich auf 1.578.291,55 EUR. Für die substantiierte Darlegung einer Forderung aus §§ 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB sei es ausreichend, eine Insolvenztabelle mit festgestellten Insolvenzforderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden könnten, vorzulegen und hierauf zu verweisen. Widersprüche gegen einzelne Forderungen habe der Beklagte nicht vorgetragen. Die widerspruchslose Feststellung sei daher unstreitig. Sie entfalte gem. § 201 InsO Rechtskraftwirkung gegenüber der Schuldnerin, weshalb der Kommanditist mit materiell-rechtlichen Einwendungen nach § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB ausgeschlossen sei. Dem stehe die fehlende Spezifizierung des Schuldgrunds in der Tabelle nicht entgegen, da diese mit der Forderungsanmeldung erfolgt sei.
Rz. 9
Die Erlöse der Schiffe seien ausweislich der amtlichen Tabelle durch Minderung der Forderungen berücksichtigt und die Beschränkung auf den Ausfall zurückgenommen worden. Ob der Kommanditist für Massekosten und Masseverbindlichkeiten hafte, bedürfe keiner Entscheidung. Bei der zu bildenden Sondermasse handle es sich nicht um ein Sondervermögen. Die rechnerische Berücksichtigung sei ausreichend. Es bestehe keine Verpflichtung des Insolvenzverwalters, aus der vorhandenen Masse vorrangig diejenigen Forderungen zu bedienen, für die eine Haftung des Kommanditisten bestehe. Ob der Insolvenzverwalter gegen seine Pflichten verstoßen habe, könne erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens in einem Verfahren über Ansprüche gemäß § 60 InsO geprüft werden. Vor dem Hintergrund der in das Verfahren eingeführten und nicht prozessual erheblich bestrittenen Kontoauszüge sei es darüber hinaus unerheblich, dass nach Beklagtenvorbringen Masseverbindlichkeiten betreffend Steuerforderungen in einer Größenordnung von 2.000.000 EUR erfüllt worden sein sollen, da der Massebestand – unabhängig von rückständigen Einlageforderungen – ausgereicht habe, um diese Forderungen zu bedienen. Für die Beurteilung der Unterdeckung sei die Zinsforderung relevant. Die unter der laufenden Nummer 33 festgestellte Forderung zuzüglich der maßgeblichen Zinsforderung übersteige den Betrag der beigetriebenen Einlagen.
Rz. 10
Die Klageforderung sei auch nicht verjährt. Die Verjährung sei jedenfalls durch Zustellung der hinreichend bestimmten Anspruchsbegründung unter Vorlage einer Eigentabelle des Klägers gehemmt worden.
Rz. 11
II. Das Berufungsgericht hat die Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und wegen Grundsatzbedeutung zugelassen. Es hat ausgeführt, eine Reihe von Fragestellungen würden in der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet, darunter die Erforderlichkeit der Vorlage einer amtlichen (gerichtlichen) Tabelle, die Erforderlichkeit einer weitergehenden Spezifizierung des Schuldgrunds, die Relevanz von bestrittenen und für den Ausfall festgestellten Forderungen, die Berücksichtigungsfähigkeit von Massekosten (und Masseverbindlichkeiten) bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Inanspruchnahme sowie die Berücksichtigung von Zinsforderungen im Rang des § 39 InsO.
Rz. 12
III. Ein Zulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO besteht nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Rz. 13
1. Bei Erlass der angefochtenen Entscheidung möglicherweise bestehende Zulassungsgründe sind im Wesentlichen durch das nachfolgende Urteil des Senats vom 21. Juli 2020 weggefallen.
Rz. 14
a) Der Senat hat mit seinem Urteil vom 21. Juli 2020 (II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869) in einem ähnlich gelagerten Fall wesentliche, auch im vorliegenden Rechtsstreit erhebliche Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Kommanditistenhaftung durch den Insolvenzverwalter nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB beantwortet. Das betrifft zum einen die Frage, wie der Insolvenzverwalter den Klagegrund den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechend bezeichnet und substantiiert darlegt, dass Forderungen von Gesellschaftsgläubigern mindestens in Höhe der Klageforderung bestehen. Zudem hat der Senat geklärt, dass der Kommanditist gegen seine Inanspruchnahme entsprechend § 422 Abs. 1 Satz 1, § 362 Abs. 1 BGB einwenden kann, dass durch Zahlungen anderer Kommanditisten der zur Deckung der von der Haftung erfassten Gesellschaftsschulden nötige Betrag bereits aufgebracht wurde. Die vorliegende Rechtssache kann weder grundsätzliche Bedeutung haben, noch kann die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, soweit sich stellende Rechtsfragen in der vorgenannten Senatsentscheidung geklärt wurden. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne des § 552a Satz 1 ZPO vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 – I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 Rn. 7 – SIM-Lok II; Beschluss vom 9. September 2014 – IV ZR 99/12, VersR 2015, 126; Beschluss vom 16. Oktober 2018 – I ZR 38/18, VersR 2019, 483 Rn. 6). Insoweit entfällt zudem der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, wenn das Berufungsgericht rechtlich in Übereinstimmung mit der nachfolgenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs entschieden hat (BGH, Beschluss vom 24. September 2019 – II ZR 248/17, ZIP 2020, 1239 Rn. 8).
Rz. 15
b) Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob die vom Kläger mit der Anspruchsbegründung vorgelegte Tabellenstatistik zur Identifizierung des Streitgegenstands im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht ausreiche, weshalb die Verjährung durch ihre Einreichung nicht gehemmt worden sei, entfaltet danach keine Zulassungsrelevanz mehr. Dasselbe gilt, soweit die Revision rügt, die vom Kläger vorgelegte amtliche Insolvenztabelle genüge nicht den Anforderungen an eine wirksame Klageerhebung, da sie die Gläubigerforderungen nur stichwortartig bezeichne und nicht hinreichend individualisiere. Entfallen ist danach auch die Zulassungsrelevanz der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Zulassungsentscheidung aufgeworfenen Fragestellungen nach der Erforderlichkeit der Vorlage einer amtlichen (gerichtlichen) Tabelle, der Erforderlichkeit einer weitergehenden Spezifizierung des Schuldgrunds und der Relevanz von bestrittenen und für den Ausfall festgestellten Forderungen. Die letztgenannte Frage wäre zudem nicht entscheidungserheblich, weil das Berufungsgericht seiner Entscheidung bestrittene oder für den Ausfall festgestellte Forderungen nicht (mehr) zugrunde gelegt hat, da es nicht auf sie ankam oder sie endgültig abgerechnet waren.
Rz. 16
2. Soweit das Berufungsgericht seine Zulassungsentscheidung auf die Berücksichtigung von Zinsforderungen im Rang des § 39 InsO gestützt hat, besteht kein Zulassungsgrund.
Rz. 17
a) Forderungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind Insolvenzforderungen und keine Masseverbindlichkeiten. Sie unterliegen wie die Hauptforderung der Haftung der Gesellschafter. Diese Frage ist in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum nicht umstritten (vgl. OLG Hamm, ZInsO 2019, 2648, 2652; OLG München, ZInsO 2019, 2319, 2323; OLG Stuttgart, ZIP 2020, 136, 137; MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl., §§ 171, 172 Rn. 111; vgl. Uhlenbruck/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 39 Rn. 8, 18).
Rz. 18
Soweit das Amtsgericht Völklingen (ZInsO 2020, 430, 432) unter Verweis auf eine Stimme im Schrifttum (MünchKommInsO/Riedel, 3. Aufl., § 174 Rn. 38) ohne nähere Begründung das Gegenteil vertritt, begründet dies weder Divergenz, noch grundsätzliche Bedeutung. Aus der zitierten Fundstelle ergibt sich Entsprechendes nicht. Eine Zulassung der Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung setzt voraus, dass das Berufungsgericht von einer Entscheidung eines gleich- oder übergeordneten Gerichts abweicht (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2002 – V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 45; Beschluss vom 1. Oktober 2002 – XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 186; Beschluss vom 27. März 2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 293 mwN; Beschluss vom 9. Juli 2007 – II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Rn. 2). Dies ist nicht der Fall. Grundsätzlich klärungsbedürftige Unklarheiten bestehen zudem dann nicht, wenn abweichende Ansichten vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 – II ZR 156/09, ZIP 2010, 1080 Rn. 3).
Rz. 19
b) Ein Zulassungsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass das Berufungsgericht für die Substantiierung nachrangiger Forderungen die Vorlage der Insolvenztabelle hat genügen lassen. Dass der Bundesgerichthof eine Rechtskrafterstreckung auf den Kommanditisten bislang nur in dem Fall angenommen hat, in dem der Kommanditist die Möglichkeit hatte, Informationsrechte geltend zu machen und auf Widersprüche gegen die Feststellung der Forderungen zur Tabelle hinzuwirken (BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 35 ff.), spielt für die Darlegung der Gläubigerforderungen keine Rolle. Für die Darlegung ist es nach ständiger Rechtsprechung ausreichend, wenn der Kläger die Insolvenztabelle vorlegt mit festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können (BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 15 mwN). Die nachrangigen Forderungen sind vom Beklagten nicht substantiiert bestritten worden, sodass es auf die Wirkungen der Rechtskraft nicht entscheidungserheblich ankommt.
Rz. 20
3. Ein Zulassungsgrund ergibt sich auch nicht aus der von Berufungsgericht und Revision aufgeworfenen Frage, inwieweit Forderungen nach §§ 54, 55 InsO in die Berechnung der Erforderlichkeit der Inanspruchnahme einfließen können, da der Kläger eine als Masseverbindlichkeit geltend gemachte Gewerbesteuerforderung in Höhe von 2.000.000 EUR und Kosten beglichen habe. Die Frage ist nicht entscheidungserheblich.
Rz. 21
Denn das Berufungsgericht stellt auch darauf ab, schon die unter der laufenden Nummer 33 festgestellte Forderung in Höhe von 6.017.082,40 EUR zuzüglich der maßgeblichen Zinsforderung in Höhe von 1.578.291,55 EUR übersteige den Betrag der von den Kommanditisten beigetriebenen Beträge (in Höhe von 7.056.004,22 EUR). Da offene Gläubigeransprüche gegen die Sondermasse in die Klageforderung übersteigender Höhe bestehen, ist die Frage, ob der Beklagte über diese Gläubigerforderungen hinausgehend in Anspruch genommen werden kann, nicht zu entscheiden. Zudem hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Massebestand – unabhängig von rückständigen Einlageforderungen – ausgereicht habe, um die nach Beklagtenvorbringen eine Masseverbindlichkeit betreffende Steuerforderungen in einer Größenordnung von 2.000.000 EUR zu bedienen.
Rz. 22
IV. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Kläger gemäß § 171 Abs. 1, 2, § 172 Abs. 4 HGB einen Anspruch auf Zahlung von 17.000 EUR gegen den Beklagten hat.
Rz. 23
1. Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revision zutreffend angenommen, dass der Kläger den Klagegrund den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechend bezeichnet und substantiiert dargelegt hat, dass Forderungen von Gesellschaftsgläubigern mindestens in Höhe der Klageforderung bestehen, die vom Beklagten nicht substantiiert bestritten wurden.
Rz. 24
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Klageanspruch durch Bezugnahme auf die vom Kläger vorgelegte Insolvenztabelle hinreichend individualisiert und substantiiert dargelegt ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 15, 17). Dass die angemeldeten Forderungen dort nur schlagwortartig (z.B. „Warenlieferung”, „Dienstleistung” o.ä.) ohne Bezugnahme auf eine konkrete Berechnung oder einen Leistungszeitraum bezeichnet wurden, steht dem nicht entgegen (BGH, Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869 Rn. 11 mwN). Nichts Anderes gilt für die Zinsforderung. Auch hier ist ein Vortrag zum Rechtsgrund, ob Vertrags- oder Verzugszinsen geltend gemacht werden, wie es zur Fälligstellung kam und wie sich die Forderung berechnet, zur Darlegung nicht erforderlich. Dass der Beklagte hiergegen erhebliche Einwände vorgetragen hätte, zeigt die Revision nicht auf.
Rz. 25
2. Rechtsfehlerfrei ist die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Inanspruchnahme des Beklagten erforderlich ist. Die Zweitbegründung, schon die Forderung der C. Bank (Forderung Nr. 33) nebst Zinsen ergebe eine die Haftsumme des Beklagten übersteigende Unterdeckung der Sondermasse, trägt die Verurteilung des Beklagten. Da eine Zuordnung der Klagesumme zu einer konkreten Gläubigerforderung nicht erforderlich ist, konnte sich das Berufungsgericht insoweit alleine auf die Forderung der C. Bank stützen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869 Rn. 17 f.).
Rz. 26
Die von der Revision geforderte Darlegung, welche Zahlungen der Kläger aus der Masse vorgenommen habe, ist nicht erheblich. Der Kläger hat, ohne dass der Beklagte dies substantiiert bestritten hätte, die von anderen Kommanditisten beigetriebenen Beträge mit 7.056.004,22 EUR dargelegt und damit seiner sekundären Darlegungslast genügt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869 Rn. 25 f.).
Rz. 27
3. Die Forderung ist nicht verjährt. Zutreffend führt das Berufungsgericht aus, dass die Verjährung der Forderung jedenfalls durch Einreichung der Anspruchsbegründung gehemmt wurde, obwohl der Schuldgrund der Gläubigerforderungen in der mit der Anspruchsbegründung vorgelegten Tabelle nicht näher dargelegt ist.
Rz. 28
a) Zwar ist nur die wirksam erhobene Leistungsklage geeignet, die Verjährung zu hemmen, weil die unwirksame Klage, die insbesondere den Mindestanforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO nicht entspricht, nicht als Klage im Sinne des Gesetzes angesehen werden kann. Im Gegensatz dazu löst aber eine wirksame, wenn auch mit Fehlern behaftete Klageschrift die Hemmung aus, gleich ob sie unzulässig oder unbegründet ist. Denn auch sie macht für den Schuldner den Rechtsverfolgungswillen des Gläubigers deutlich (BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 – XII ZR 12/13, NJW 2014, 920 Rn. 21 mwN). Auf die Schlüssigkeit kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1968 – VII ZR 35/66, VersR 1969, 60).
Rz. 29
Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V.m. § 167 ZPO voraus, dass der Zahlungsanspruch hinreichend individualisiert wird. Dazu ist erforderlich, dass er durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn geltend gemacht werden, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will. Bei der Geltendmachung einer Mehrzahl von Einzelforderungen muss deren Bezeichnung dem Beklagten ermöglichen, die Zusammensetzung des verlangten Gesamtbetrages aus für ihn unterscheidbaren Ansprüchen zu erkennen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2000 – XI ZR 312/99, WM 2000, 2375, 2376 f. mwN; Urteil vom 21. Oktober 2008 – XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rn. 17 f.; Urteil vom 19. November 2019 – II ZR 233/18, ZIP 2020, 318 Rn. 35 mwN).
Rz. 30
b) Dem genügt schon die Bezeichnung des Anspruches als „Anspruch aus §§ 171, 172 Abs. 4 HGB vom 21.02.13” im Mahnbescheid, jedenfalls aber die mit der Anspruchsbegründung unter Bezugnahme auf das Insolvenzverfahren vorgelegte Liste der zur Tabelle festgestellten Forderungen auch ohne die Angabe des Forderungsgrunds. Mit der durch Angabe des Datums der Insolvenzeröffnung und der Haftungsgrundlagen erkennbaren Bezugnahme auf das Insolvenzverfahren wird dem Schuldner verdeutlicht, dass er aus seiner Haftung auf Grundlage der zur Insolvenztabelle festgestellten oder noch festzustellenden Gläubigerforderungen in voller Höhe in Anspruch genommen werden soll. Unter Einsichtnahme in die Insolvenzakten gemäß § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO kann der Kommanditist auch beurteilen, ob er sich gegen die Inanspruchnahme zur Wehr setzen will, wenn er glaubt, eine Forderung in der Anmeldung sei, etwa im Hinblick auf Forderungen desselben Gläubigers, nicht hinreichend individualisiert. Einer Darlegung, in welcher Reihenfolge bzw. Zusammensetzung der Insolvenzverwalter die Gläubigerforderungen einklagt, bedarf es nicht, da die nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter einzuziehende Hafteinlage nur noch zur gleichmäßigen (anteiligen) Befriedigung der berechtigten Gläubiger verwendet werden darf (BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 17; Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869 Rn. 27, beide mwN).
Rz. 31
4. Die Revision rügt ohne Erfolg, Insolvenzforderungen im Rang des § 39 InsO seien erst nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht worden und deshalb verjährt. Gemäß § 217 BGB verjährt der Anspruch auf die von dem Hauptanspruch abhängigen Nebenleistungen mit dem Hauptanspruch. Warum dies hier anders sein sollte, legt die Revision nicht dar. Etwas Anderes ergibt sich nicht daraus, dass zur Verfahrensvereinfachung die Anmeldung solcher Forderungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 174 Abs. 3 Satz 1 InsO erst nach besonderer Aufforderung durch das Insolvenzgericht erfolgt.
Unterschriften
Drescher, Wöstmann, Born, Bernau, V. Sander
Fundstellen