Leitsatz (amtlich)
Zur Anhörung des Schuldners vor Abweisung eines Gläubigerantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse.
Normenkette
InsO § 26 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 11.09.2002) |
AG Köln |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des LG Köln v. 11.9.2002 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 300 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Auf den Insolvenzantrag des Gläubigers beauftragte das Insolvenzgericht einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens, u. a. zu der Frage, ob eine kostendeckende Masse vorhanden sei. Das Gutachten v. 24.4.2002 gelangte zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall sei und der erforderliche Massekostenvorschuss mindestens 3.000 Euro betragen müsse.
Mit Beschluß v. 3.7.2002 hat das AG den Antrag des Gläubigers mangels Masse abgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde vom LG zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde macht die Schuldnerin erstmals geltend, sie sei vor der Ablehnung der Verfahrenseröffnung von dem Insolvenzgericht nicht besonders darauf hingewiesen worden, dass der Gläubiger den angeforderten Massekostenvorschuss nicht erbracht habe. Darin liege ein Gehörverstoß, weil sich die erforderliche Anhörung des Schuldners im Beschwerdeverfahren nicht nachholen lasse.
II.
Die nach § 7 InsO i.V. mit § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert, § 4 InsO i. V. m. § 574 Abs. 2 ZPO.
1. Die nach Auffassung der Rechtsbeschwerde als grundsätzlich anzusehende Rechtsfrage, in welcher Weise dem Schuldner vor Abweisung des Gläubigerantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gelegenheit gegeben werden muss, gem. § 26 Abs. 1 S. 2 InsO einen Vorschuss für die nicht gedeckten Verfahrenskosten zu leisten, kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Streitfall hat das Insolvenzgericht die verfassungsmäßigen Rechte der Schuldnerin auf rechtliches Gehör nach allen von der Rechtsbeschwerde hierzu zitierten Auffassungen gewahrt.
a) Schon aus dem der Schuldnerin übermittelten Beweisbeschluss ergibt sich, dass der Sachverständige zu der Frage der kostendeckenden Masse Stellung nehmen sollte. Er beantwortete die an ihn gestellte Beweisfrage auf S. 14 seines schriftlichen Gutachtens eindeutig dahin, dass die festgestellte freie Masse nach den derzeitigen Erkenntnissen nicht ausreiche, um die im Rahmen eines eröffneten Insolvenzverfahrens zu erwartenden Massekosten zu decken, und der Insolvenzantrag daher abgewiesen werden müsse, wenn nicht der Antragsteller einen Massekostenvorschuss leiste. Eine Abschrift dieses Gutachtens ist der Schuldnerin mit Begleitschreiben v. 2.5.2002 übermittelt worden, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass auch nach den Feststellungen des Gerichts, welches dem Gutachten zu folgen beabsichtige, das schuldnerische Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen werde, um nach Eröffnung die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Die Verfahrensbeteiligten erhielten Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen ab Zugang einen Vorschuss i. H. v. 3.000 Euro einzuzahlen. Das Insolvenzgericht kündigte an, den Eröffnungsantrag mangels Masse abzuweisen, wenn der Vorschuss nicht eingehe.
Einwendungen gegen die Vermögens- und Kostenermittlungen des Sachverständigen hat die Schuldnerin weder innerhalb der ihr gesetzten Frist noch in der Folgezeit bis zum Erlass der Entscheidung des Insolvenzgerichts erhoben. Unter diesen Umständen musste sie nach Fristablauf mit der Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse rechnen, wenn sie nicht selbst den auch von ihr angeforderten Vorschuss einzahlte. Damit war ihr - im Entscheidungszeitpunkt - effektives rechtliches Gehör gewährt worden. Darauf, dass der Gläubiger den Massekostenvorschuss einzahlen würde, durfte sie nicht vertrauen.
b) Nichts anderes ergibt sich für die hier gegebene Fallgestaltung aus den von der Rechtsbeschwerde zitierten Literaturstimmen (vgl. Hess/Weis/Wienberg, InsO, 2. Aufl., § 26 InsO Rz. 32; Haarmeyer in MünchKomm/InsO, § 26 InsO Rz. 24; Nerlich/Römermann/Mönning, InsO, § 26 InsO Rz. 46; Braun/Kind, InsO, § 26 InsO Rz. 29). Der dort im Kern aufgestellten Forderung, dass der Schuldner Gelegenheit haben müsse, auch zu dem Ergebnis der Ermittlungen gezielt Stellung zu nehmen, ist das Insolvenzgericht mit seinem Begleitschreiben v. 2.5.2002 gerecht geworden. Weiter gehende Hinweise nach Ablauf der gesetzten Fristen hatte das Insolvenzgericht nicht zu erteilen und werden im Schrifttum auch nicht gefordert.
2. Da bereits das Insolvenzgericht effektives rechtliches Gehör zu der beabsichtigten Abweisung mangels Masse nach § 26 Abs. 1 InsO gewährt hat, stellt sich die weitere als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage nicht, ob das rechtliche Gehör im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden kann (bejaht von BGH, Beschl. v. 16.10.2003 - IX ZB 475/02).
Fundstellen
Haufe-Index 1118758 |
BGHR 2004, 778 |
EBE/BGH 2004, 3 |
NJW-RR 2004, 926 |
EWiR 2004, 665 |
WM 2004, 595 |
WuB 2004, 435 |
ZIP 2004, 724 |
MDR 2004, 649 |
NZI 2004, 255 |
ZInsO 2004, 274 |
InsbürO 2004, 77 |
ZVI 2004, 97 |