Leitsatz (amtlich)
Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei langer Trennungszeit und bei sog. phasenverschobener Ehe.
Normenkette
BGB § 1587c Nr. 1
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Beschluss vom 12.12.2002; Aktenzeichen 16 UF 90/01) |
AG Heidelberg |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerden der Antragsgegnerin und des weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des 16. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des OLG Karlsruhe v. 12.12.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 4.958 EUR
Gründe
I.
Die Parteien haben am 28.1.1966 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 26.3.1925) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 10.3.1939) am 31.3.2000 zugestellt worden. Das AG - FamG -, das von einer Trennung der Parteien im Jahre 1997 ausgegangen ist, hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin gehend geregelt, dass es zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV; weiterer Beteiligter zu 1) im Wege des Quasisplittings nach § 1587b Abs. 2 BGB auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 942,46 DM, bezogen auf den 29.2.2000, begründet hat. Dem Antrag der Ehefrau, den Versorgungsausgleich für die Zeit ab 1.9.1988 auszuschließen, hat es nicht stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau hat das OLG mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Ausgleichsbetrag 435,94 EUR (852,62 DM) betrage.
Dabei ist das OLG nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) von ehezeitlichen (1.1.1966 bis 29.2.2000; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der Antragsgegnerin beim LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001i.H.v. monatlich 3.778,69 DM und bei der BfA i.H.v. monatlich 203,99 DM, bezogen auf den 29.2.2000, sowie bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 3) i.H.v. (dynamisiert) monatlich 7,36 DM ausgegangen. Ausweislich der jeweiligen Auskünfte hat die Antragsgegnerin die Anwartschaften bei der BfA und der VBL für Zeiten bis einschließlich Juli 1971 erworben. Der Antragsteller bezieht seit 1.9.1988 eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung - zunächst wegen Erwerbsunfähigkeit, ab 1.4.1990 Vollrente wegen Alters - bei der BfA, deren Ehezeitanteil monatlich 1.182,06 DM beträgt. Darüber hinaus bezieht der Antragsgegner ebenfalls seit 1988 eine Versorgungsrente von der VBL, deren Ehezeitanteil das OLG mit 1.102,73 DM zu Grunde gelegt hat.
Gegen die Entscheidung des OLG haben sowohl das LBV als auch die Antragsgegnerin (zugelassene) Rechtsbeschwerde eingelegt. Das LBV macht geltend, das OLG habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Antragsgegnerin verfolgt ihren Antrag, den Versorgungsausgleich (teilweise) auszuschließen, weiter. Die BfA und die VBL haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die Rechtsbeschwerden führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
A. Die nach §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 2 S. 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde des LBV ist lediglich in geringem Umfang begründet.
1. Das OLG, das am 12.12.2002 entschieden hat, hat den Versorgungsausgleich auf der Grundlage des (neuen) § 14 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 durchgeführt. Dies ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1.1.2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gem. § 14 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1.1.2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 75/02, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 378; Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 30/03, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 379 = FamRZ 2004, 256 ff. [259 ff.]). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag ggf. später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 30/03, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 379 = FamRZ 2004, 256 ff. [261]).
Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für den Antragsteller durch das Quasisplitting - auf Grund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit v. 1.7.2001 bis zum 1.7.2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255e SGB VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, dass der Antragsgegnerin unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte ihrer ihr tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese ggf. der Abänderung nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.
2. Eine Änderung ergibt sich insoweit lediglich aus der nunmehr erforderlichen Anwendung des baden-württembergischen Bemessungsfaktors von 5,33 % monatlich für 2004 hinsichtlich der Sonderzuwendung (Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften v. 10.9.2003 - BGBl. I, 1798 - i.V.m. § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Sonderzahlungen in Baden-Württemberg - Landesanteil Besoldung ≪LANDESSONDERZAHLUNGSGESETZ -- LSZG≫ v. 29.10.2003 - GBl. S. 693, 694; zur Anwendung des jeweils zur Zeit der Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - XII ZB 130/98, BGHReport 2003, 69 = FamRZ 2003, 437 ff., m.w.N).
B. Dagegen erweist sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin als begründet, soweit ihr Antrag auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs für die Zeit ab 1.9.1988 zurückgewiesen wurde.
1. Das OLG hat ausgeführt, das Vorbringen der Ehefrau rechtfertige weder einen Ausschluss noch eine Kürzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587c BGB. Das FamG habe zu Recht auf die Anhörung der Ehefrau v. 22.11.2000 hingewiesen, wonach erst seit 1997 auch die wirtschaftliche Gemeinschaft der Parteien nicht mehr fortgeführt worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt sei offensichtlich noch Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe vorhanden gewesen, auch wenn sich die Ehefrau berufsbedingt nach wie vor in Deutschland aufgehalten habe, während der Ehemann das gemeinsame Ferienhaus in Frankreich bewohnt habe. Die Anhörung der Ehefrau durch den beauftragten Richter habe keine andere Beurteilung ergeben. Bis zum Umzug des Ehemannes in ein Zweites von ihm auf dem Feriengrundstück errichtetes Haus in Frankreich hätten die Parteien nahezu sämtliche Schulferien unter einem Dach - lediglich in getrennten Schlafzimmern - verbracht. Bis zu diesem Zeitpunkt und darüber hinaus hätte sich die Ehefrau nach eigenem Bekunden vorstellen können, die Zeit nach ihrer Pensionierung dort zu verbringen. Die Trennung sei jedenfalls noch nicht soweit verfestigt gewesen, dass sie auf eine Scheidung hinausgelaufen sei. Eine solche sei nach ihren Angaben erstmals im Jahr 1999 ins Gespräch gekommen, also ein Jahr vor der Zustellung des Scheidungsantrags. Eine Trennungszeit von nicht einmal drei Jahren rechtfertige aber keine Einschränkung der gesetzlichen Regelung, wonach der Versorgungsausgleich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben sei. Selbst bei Berücksichtigung der unstreitigen Beendigung der Versorgungsgemeinschaft der Parteien (mit Ausnahme der Ferienzeit) im Jahr 1988 sei die Dauer von nicht ganz zwölf Jahren bis zur Zustellung des Scheidungsantrags im Hinblick auf die Dauer der Ehezeit von insgesamt 34 Jahren nicht so lang, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs als grob unbillig zu bewerten wäre. Ebensowenig könne der beantragte Ausschluss des Versorgungsausgleichs auf die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und gesetzlichen Renten gestützt werden. Schließlich führe auch die Tatsache, dass der Ehemann seit 1988 mietfrei im gemeinsamen Anwesen in Frankreich gewohnt habe, zu keiner anderen Beurteilung.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
2. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin rügt zu Recht, das OLG habe die Angaben der Ehefrau bei ihrer erneuten Anhörung vor dem OLG protokollwidrig gewürdigt.
Ausweislich der Terminsniederschrift v. 10.7.2002 hat die Antragsgegnerin erklärt, bis 1997, sogar bis 1999, habe ein freundschaftlicher Umgang miteinander bestanden, wie er bei getrennt lebenden Eheleuten möglich sein könne. Die Eheleute hätten schon seit 1988 nicht mehr zusammengelebt. Damals sei der Ehemann, als sie sich in Frankreich aufgehalten habe, aus der ehegemeinsamen Wohnung ausgezogen und habe sich eine Wohnung in Mannheim genommen. Noch im selben Jahr sei er dann nach Frankreich in das gemeinsame Anwesen verzogen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei eine deutliche Trennung in wirtschaftlicher Hinsicht vorhanden gewesen. Vor dem FamG habe sie das Jahr 1997 wohl deswegen angegeben, da zu diesem Zeitpunkt das zweite Haus von ihrem Mann erstellt worden sei und er in das zweite Haus auf dem gemeinsamen Grundstück in Frankreich umgezogen sei. Dieses Jahr 1997 habe mit der grundsätzlichen Trennung nichts zu tun. Bis 1997 habe sie ihre Ferien in dem gemeinsamen Haus in Frankreich verbracht, wobei man aber innerhalb dieses Hauses getrennt gelebt habe. Von einer Scheidung sei erstmals 1999 die Rede gewesen, als ein unfreundlicher Ton in die Beziehung gekommen sei. Beide Parteien hätten immer die Einstellung gehabt, dass jeder von seinem Geld leben solle.
Diese Angaben der Antragsgegnerin stimmen mit den - zu keinem Zeitpunkt widerrufenen - Angaben des Antragstellers vor dem FamG überein. Ausweislich des Protokolls v. 22.11.2000 hatte der Antragsteller - wie zuvor bereits schriftsätzlich vorgetragen - erklärt, er sei 1988 aus der letzten gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Die insoweit übereinstimmenden Angaben der Parteien durfte das OLG - wie auch die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - ohne Angabe von Gründen nicht dahingehend würdigen, die Parteien hätten sich erst 1997 getrennt.
3. Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, soll der Versorgungsausgleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 11.2.2004 - XII ZR 265/02, MDR 2004, 573 = BGHReport 2004, 516 = FamRZ 2004, 601 [605], das ausführt, dass der Versorgungsausgleich seiner Zielrichtung nach als ein vorweggenommener Altersunterhalt verstanden werden kann). Aus diesem Grund werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung der Eheleute aufgehoben ist (vgl. etwa BGH v. 21.3.1979 - IV ZB 142/78, BGHZ 74, 38 [47, 83]; v. 7.11.1979 - IV ZB 159/78, BGHZ 75, 241 [269 ff.] = MDR 1980, 292; Beschl. v. 12.11.1980 - IVb ZB 503/80, FamRZ 1981, 130 [131]; Beschl. v. 9.12.1981 - IVb ZB 569/80, MDR 1982, 655 = FamRZ 1982, 475 [477]; Beschl. v. 13.10.1982 - IVb ZB 648/80, MDR 1983, 117 = FamRZ 1983, 36 [38]; Beschl. v. 15.2.1984 - IVb ZB 577/80, MDR 1984, 829 = FamRZ 1984, 467 [469 f.]; Beschl. v. 12.12.1984 - IVb ZB 928/80, MDR 1985, 829 = FamRZ 1985, 280 [281]; Beschl. v. 28.10.1992 - XII ZB 42/91, MDR 1993, 147 = FamRZ 1993, 302 [303], in dieser Entscheidung erstmals ausdrücklich für Trennungszeiten nach dem 1.7.1977≫). Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben (§ 1587 BGB). Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Insbesondere sollte dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit genommen werden, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren (vgl. BGH v. 7.11.1979 - IV ZB 159/78, BGHZ 75, 241 [269] = MDR 1980, 292; BT-Drucks. 7/4361, 36). Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit mit einer wirtschaftlichen Verselbstständigung von - wie hier - 11 1/2 Jahren schon für sich genommen den (teilweisen) Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587c Nr. 1 BGB rechtfertigen (vgl. bereits BGH v. 7.11.1979 - IV ZB 159/78, BGHZ 75, 241 [271] = MDR 1980, 292; Beschl. v. 12.12.1984 - IVb ZB 928/80, MDR 1985, 829 = FamRZ 1985, 280 [282]; Beschl. v. 28.10.1992 - XII ZB 42/91, MDR 1993, 147 = FamRZ 1993, 302 [303]). Entgegen der Auffassung des OLG ist insoweit mangels anderweitiger Feststellungen auf die von den Parteien übereinstimmend angegebene Trennung im Jahre 1988, verbunden mit der wirtschaftlichen Verselbstständigung, die auch nach den Feststellungen des OLG unstreitig im Jahr 1988 erfolgte, abzustellen, da nach der wirtschaftlichen Trennung der Parteien keine ehebedingten Auswirkungen auf die Versorgungssituation mehr eintreten konnten. Ob die lange Trennungszeit von 11 1/2 Jahren bei einer Ehezeit von 34 Jahren für sich alleine den beantragten Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde, braucht indessen hier nicht abschließend entschieden zu werden. Als weiterer Umstand ist vorliegend nämlich zu berücksichtigen, dass es sich auf Grund des Altersunterschiedes der Parteien um eine sog. "phasenverschobene Ehe" handelt. Der Antragsteller bezieht bereits seit September 1988 - und damit seit Trennung der Parteien - Rente. Mit Beginn des Rentenbezuges konnte er keine Versorgungsanwartschaften für die eheliche Lebensgemeinschaft mehr erwerben. Der ausgleichspflichtige Überschuss, den die Antragsgegnerin bei ihren Versorgungsanrechten erzielt hat, beruht also nicht auf einer höheren wirtschaftlichen Leistung der Antragsgegnerin während der Ehezeit, sondern auf der Tatsache, dass der Antragsteller seit September 1988 wegen seiner Erwerbsunfähigkeit und seit April 1990 auf Grund seines Alters - und damit nicht ehebedingt - keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben hat. Müsste die Antragsgegnerin formal auch die von ihr nach der Trennung 1988 bis zum Ende der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte ausgleichen, würde dies im Zusammenhang mit der langen Trennungszeit jedenfalls zu einer groben Unbilligkeit i.S.v. § 1587c Nr. 1 BGB führen (so auch OLG Köln v. 4.12.1987 - 4 UF 153/87, FamRZ 1988, 849). Der Versorgungsausgleich ist daher teilweise, nämlich für die Zeit ab 1.9.1988, auszuschließen.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kommt dagegen ein vollständiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs, den sie auf die steuerliche Ungleichbehandlung von Pensionen und gesetzlichen Renten sowie auf ein mietfreies Wohnen des Antragstellers im gemeinsamen Anwesen in Frankreich ab 1988 stützt, bei der gebotenen Gesamtabwägung nicht in Betracht. Anhaltspunkte dafür, dass durch den Ausgleich, der auf die Zeit bis zur Trennung beschränkt bleibt, ein grob unbilliges wirtschaftliches Ungleichgewicht zu Lasten der Antragsgegnerin eintreten könnte, sind weder festgestellt noch ersichtlich.
C. Der Senat ist nicht in der Lage, auf Grund der Feststellungen des OLG in der Sache selbst abschließend zu entscheiden. Die Ehefrau hat in der Zwischenzeit das 65. Lebensjahr vollendet, so dass für die Durchführung des Versorgungsausgleichs insoweit nicht mehr die Versorgungsanwartschaften der Ehefrau, sondern die tatsächlich gezahlte Versorgung maßgebend ist. Die Sache war daher an das OLG zurückzuverweisen, damit der (teilweise) Ausschluss des Versorgungsausgleichs auf der Grundlage neuer Auskünfte für die Ehefrau durchgeführt werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 1171413 |
NWB 2004, 2780 |
BGHR 2004, 1281 |
FamRZ 2004, 1181 |
FuR 2004, 522 |
NJW-RR 2004, 1231 |
ZAP 2004, 863 |
FPR 2004, 500 |
FPR 2005, 364 |
MDR 2004, 1185 |
FF 2004, 225 |
FamRB 2004, 352 |
ZFE 2004, 278 |