Verfahrensgang
OLG Köln (Entscheidung vom 10.07.1973) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Revision im übrigen wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Juli 1973 insoweit aufgehoben, als die Berufung in Höhe von 37.946,81 DM zurückgewiesen und über die Kosten des Rechtsstreits entschieden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein Sohn aus erster Ehe und alleiniger Erbe des am 26. Oktober 1966 verstorbenen Wilhelm R. Die bis zu ihrem Tod am 7. April 1972 beklagte Toni R. war die zweite Ehefrau des Erblassers und Stiefmutter des Klägers. Der Kläger hat sie nach dem Tod des Erblassers auf Ergänzung seines Pflichtteils und wegen eines Restbetrages aus einer Steuerrückzahlung in Anspruch genommen. Diese Ansprüche verfolgt er jetzt weiter gegen ihren aus einer früheren Ehe stammenden Sohn und Erben.
Im November 1945 brachte der Erblasser ein von ihm bis dahin allein betriebenes Baugeschäft zu einem angenommenen Wert von 55.000 RM in eine mit dem Kläger gegründete OHG ein. Der Kläger beteiligte sich mit einem von ihm in bar eingebrachten Kapital von 30.000 RM. 1956 schied der Erblasser gegen eine Rente und einen Gewinnanteil aus der OHG aus. Im Jahr 1957 schloß er bei der G. Lebensversicherungs AG unter der Vers.Nr. 705 559 eine Lebensversicherung ab, für die er bis zu seinem Tod die Prämien zahlte. Im Juli 1963 übertrug er die Lebensversicherung auf den Kläger. Danach zahlte die Versicherung in den Jahren 1963 und 1967 insgesamt 59.311,20 DM an den Kläger aus.
Frau Toni R. erwarb während der Ehe mit dem Erblasser, mit dem sie in Gütertrennung lebte, mehrere Grundstücke. Auf einem davon wurde von der Firma R. ein Wohnhaus mit einem Neubauwert von 130.000,00 DM errichtet.
Die Eheleute R. wurden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Die Steuern sind zum Teil vom Erblasser oder zu seinen Gunsten vom Kläger gezahlt worden. Nach dem Tod des Erblassers überwies das Finanzamt überzahlte Steuern in Höhe von 36.441,95 DM auf ein Anderkonto des Rechtsanwalts K., den die Eheleute R. mit der Bearbeitung ihrer steuerlichen Angelegenheiten beauftragt hatten. Für seine Tätigkeit stellte Rechtsanwalt K. Kostenrechnungen aus, die zum Teil die gemeinsame Steuerveranlagung der Eheleute R., zum anderen Angelegenheiten des Erblassers und des Klägers als dessen Alleinerben betrafen. Frau Toni R. hat diese Rechnungen teils vor, teils nach dem Tod des Erblassers beglichen. Von der Steuererstattung erhielt der Kläger bisher 28.616,13 DM inklusive aufgelaufener Zinsen in Höhe von 359,08 Den Restbetrag von 8.184,90 DM stellte Rechtsanwalt K. dem Kläger unter Bezugnahme auf die Kostenrechnungen in zwei Teilabrechnungen vom 5. August und 9. Dezember 1968 als Honorar in Rechnung.
Der Kläger behauptet, Toni R. habe die ihr gehörenden Grundstücke mit Mitteln des Erblassers erworben. Der Erblasser habe ihr das Geld geschenkt, weil ihn ein mit seiner verstorbenen ersten Ehefrau geschlossener Erbvertrag gehindert habe, zu Gunsten seiner zweiten Ehefrau testamentarisch zu verfügen. Da der Nachlaß des Erblassers neben wertloser persönlicher Habe nur aus einem Sparguthaben in Höhe von 35.068,31 DM bestand, dem Verbindlichkeiten in Höhe von 151.352,77 DM bei der Firma R. gegenüberstanden, ist der Kläger der Ansicht, daß ihm ein Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von 37.946,81 DM zustehe. Außerdem meint er, Frau Toni R. sei aus der Steuerrückzahlung um 4.090,18 DM bereichert gewesen, da diese Steuern allein von ihm oder dem Erblasser gezahlt worden seien. Nach dem Tod des Erblassers sei Rechtsanwalt K. allein im Auftrag von Toni R. tätig gewesen, diese sei daher allein Kostenschuldnerin der nach dem Tod des Erblassers angefallenen Honorare. Durch die von Rechtsanwalt K. vorgenommene Verrechnung seiner Kostenforderung mit der Steuererstattung sei Toni R. von ihrer Kostenschuld frei geworden.
Der Beklagte bestreitet, daß Frau Toni R. die Grundstücke mit ihr von dem Erblasser geschenkten Mitteln erworben habe. Außerdem bringt er vor, der Kläger habe seinerseits Geschenke von dem Erblasser in solcher Höhe erhalten, daß ihm kein Pflichtteilsergänzungsanspruch zustehen könne. Frau Toni R. sei auch nicht um einen Teil der Steuerrückzahlung ungerechtfertigt bereichert gewesen. Sie habe entsprechende Beträge für Steuerschulden des Erblassers verauslagt und daher Gegenansprüche gegen den Erblasser bzw. gegen den Kläger gehabt.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein in beiden Vorinstanzen erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter. Der Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat teilweise Erfolg.
1.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß dem Kläger wegen der Steuerrückzahlung kein Anspruch gegen den Beklagten zusteht. Nach den von ihm (BU S. 14/15) getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat die Mutter des Beklagten aus der Steuererstattung 7.283,93 DM erhalten. Dieser Betrag stand dem Erblasser und damit jetzt dem Kläger zu, weil im Verhältnis zwischen den in Gütertrennung lebenden Ehegatten R. die Steuererstattungen demjenigen Ehegatten zustehen sollten, der die Steuern gezahlt hat. Das Berufungsgericht hat jedoch dem Kläger den geltend gemachten Anspruch in Höhe von 4.090,18 DM. nicht zuerkannt, weil dieser durch Aufrechnung erloschen sei. Hierzu hat es ausgeführt: Dem Beklagten stehe ein Anspruch aus übergegangenem Recht auf Zahlung der von Rechtsanwalt K. erstellten und von der Mutter des Beklagten beglichenen Rechnungen gegen den Kläger zu, soweit es sich um Verbindlichkeiten handelte, die den Erblasser und damit den Kläger als seinen Alleinerben treffen. Die Eheleute R. hätten im Innenverhältnis die Kostenforderungen aus der Steuerveranlagung zu je 1/2 tragen müssen. Soweit Rechtsanwalt K. nur für einen Ehegatten tätig gewesen sei, ergebe sich aus der Natur der Sache, daß nur dieser Ehegatte die Kosten zu tragen gehabt habe. Aus den Kostenrechnungen des Rechtsanwalts K. ergebe sich, daß es sich bei dem an die Mutter des Beklagten überwiesenen Betrag um Honoraranteile gehandelt habe, die ausschließlich den Erblasser betroffen hätten. Da diese Zahlungen der Mutter des Beklagten aus deren Vermögen erfolgt seien, habe dem Beklagten ein aufrechenbarer Gegenanspruch zugestanden. Die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung habe daher den von dem Kläger noch geltend gemachten Anspruch in Höhe von 4.090,18 DM zum Erlöschen gebracht.
Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision gehen fehl.
Wie der Kläger in der Berufungsinstanz selbst eingeräumt hat, ist von den der Mutter des Beklagten ausgezahlten 7.283,93 DM der von ihr auf die Vermögensabgabe gezahlte Betrag von 3.193,75 DM in Abzug zu bringen. Es verbleiben daher noch 4.090,18 DM Hiervon sind die Beträge abzuziehen, welche von der Mutter des Beklagten für Schulden des Erblassers entrichtet und von dem Beklagten zur Aufrechnung gestellt worden sind. Nach den von dem Berufungsgericht insoweit getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die auch von der Revision nicht angegriffen werden, ergibt sich folgende Abrechnung: Auszugehen ist von dem nach Abzug der Zahlung auf die Vermögensabgabe noch umstrittenen Betrag von ... 4.090,18 DM.
Die Mutter des Beklagten hat bezahlt:
1. |
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Vor dem Tode des Erblassers |
2.333,24 DM |
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Davon entfallen |
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a) |
auf den Erblasser allein |
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1.716,00 DM |
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b) |
auf die gemeinsame Steuerveranlagung |
617,24 DM |
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hiervon Hälfteanteil des Erblassers |
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308,62 DM |
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2. |
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Nach dem Tode des Erblassers |
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a) |
für gemeinsame Steuerveranlagung |
2.422,67 DM |
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hiervon Hälfteanteil des Erblassers |
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1.211,33 DM |
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b) |
für Erblasserschuld |
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719,88 DM |
3.955,83 DM |
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Es verbleiben demnach |
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134,35 DM. |
Auch insoweit hat die Mutter des Beklagten nach den von dem Berufungsgericht (BU S. 18) getroffenen Feststellungen, die von der Revision nicht angegriffen werden, Honoraranteile bezahlt, die ausschließlich den Kläger als Rechtsnachfolger des Erblassers betrafen. Da diese Zahlungen aus dem Vermögen der Mutter des Beklagten erfolgt sind, standen der Mutter des Beklagten gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 BGB aufrechenbare Gegenforderungen in Höhe dieses Teils der Klageforderung zu.
2.
Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht darin zugestimmt werden, daß dem Kläger schon deswegen der jetzt noch geltend gemachte Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von 37.946,81 - DM nicht zustehe, weil er sich auf einen solchen Anspruch die ihm von der Gladbacher Lebensversicherung gezahlten 59.311,20 DM anrechnen lassen müsse. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt: Als Pflichtteil könne der Kläger als eines von zwei Kindern, deren Eltern in Gütertrennung lebten, nach §§ 1924 Abs. 1, 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB 3/16 des Nachlaßwertes verlangen. Folge man dem Klägervortrag über die Schenkungen an die Mutter des Beklagten, so ergebe sich ein Aktivnachlaß von 202.382,99 DM. Rechne man die dem Kläger aus der Lebensversicherung zugeflossenen 59.311,20 DM hinzu, komme man über einen Nachlaßwert von 261.964,19 DM zu einer Pflichtteilsergänzung in Höhe von 49.067,65 DM. Hierauf müsse sich der Kläger die 59.311,20 DM aus der ihm 1963 als Schenkung übertragenen Lebensversicherung anrechnen lassen. Da dieser Betrag den Wert seines Pflichtteilsanspruchs übersteige, stehe ihm kein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Es sei daher unerheblich, ob der Erblasser die von dem Kläger behaupteten Schenkungen an die Mutter des Beklagten vorgenommen habe und sich der Kläger seinerseits seine Beteiligung an dem Baugeschäft des Erblassers und die später erfolgte Übernahme dieses Geschäfts als gemischte Schenkung anrechnen lassen müsse.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind hinsichtlich der Anrechenbarkeit der dem Kläger zugeflossenen Leistungen aus dem Versicherungsvertrag nicht frei von Rechtsirrtum.
Auf Grund der Feststellung des Berufungsgerichts (BU S. 4), im Juli 1963 sei die Lebensversicherung auf den Kläger übertragen worden, ist für die Revisionsinstanz davon auszugehen, daß der Erblasser nicht weiterhin Versicherungsnehmer blieb und dem Kläger das Bezugsrecht einräumte, sondern als Versicherungsnehmer ausschied und an seine Stelle der Kläger trat. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß bei einer Lebensversicherung zu Gunsten eines Dritten nicht die Versicherungssumme, sondern die gezahlten Prämien als Gegenstand der Schenkung anzusehen sind (vgl. hierzu BGHZ 7, 142 f; RGZ 128, 129 sowie die Übersicht über den Stand der Meinungen bei Staudinger/Ferid, BGB 10./11. Aufl. § 2325 Rdn. 16). Dies gilt umsomehr im hier vorliegenden Fall. Denn da bei Übergang des Versicherungsverhältnisses auf den Kläger noch kein Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme bestand und der Erblasser als Versicherungsnehmer ausschied, kommt die Versicherungssumme von vornherein als Vermögensbereicherung des Klägers und Vermögensminderung des Erblassers im Sinne von § 516 BGB nicht in Betracht. Das Berufungsgericht hätte daher bei der nach §§ 2327 in Verbindung mit 2325 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz BGB vorzunehmenden Feststellung des Wertes der Schenkung des Erblassers nur von den vom Erblasser aufgewendeten Prämien ausgehen dürfen, die der Kläger ohne die von dem Berufungsgericht für erwiesen erachtete Schenkung hätte selbst aufwenden müssen, um den Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme bei Fälligkeit der Versicherung zu erlangen. Nur sie können als Bereicherung des Klägers in Betracht kommen (vgl. RGZ 128, 190, 191). Da das Berufungsgericht auf Grund des von ihm eingenommenen Standpunktes keine Feststellungen über die Höhe der von dem Erblasser gezahlten Prämien getroffen hat und die Höhe der Prämienzahlungen nicht feststeht, kann der Rechtsstreit in der Revisionsinstanz nicht in vollem Umfang zum Abschluß gebracht werden. Das Berufungurteil war daher hinsichtlich des geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsanspruches aufzuheben und der Rechtsstreit insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, ohne daß es auf die weiteren Revisionsrügen ankam, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, daß eine Schenkung vorliege und auch die danach fällig gewordenen Prämien von dem Erblasser bis zu seinem Tode bezahlt worden seien.
Fundstellen