Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtvollstreckung. Mangelnde Zustimmung des Gläubigerausschusses. Rechtshandlungen des Verwalters, Wirksamkeit. Kostenfestsetzungsbeschluss. Vollstreckungsabwehrklage. Aufrechnung. Nach § 27 LPGG bestehengebliebenes Gebäudeeigentum seit der Wiedervereinigung unbeschränkt verkehrsfähig. Wie eine bewegliche Sache zu übertragen. Schuldhaft verursachter Gemeinschaftsschaden
Leitsatz (amtlich)
1. Das Erfordernis der Zustimmung des Gläubigerausschusses zu Rechtshandlungen des Verwalters im Verfahren der Gesamtvollstreckung ist für die Wirksamkeit der Handlungen ohne Bedeutung.
2. ZPO § 767 Abs 2 hindert grundsätzlich nicht, der Vollstreckung aus einem Vergütungsfeststellungsbeschluß im Wege der Vollstreckungsabwehrklage die Aufrechnung mit einem bereits vor der Festsetzung entstandenen Schadensersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter entgegenzuhalten.
3. Zur Heilung einer möglicherweise formunwirksamen Veräußerung von selbständigem Gebäudeeigentum nach LPGG § 27.
Normenkette
GesO § 8 Abs. 1 S. 2; KO § 136; ZPO § 767 Abs. 2; EGBGB Art. 233 § 2b Abs. 6, 2, 1; EGBGB § 4 Abs. 1, 3; BGB § 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1, §§ 929, 306; LPG-Gesetz § 27; ZGB-DDR § 292 Abs. 3; GG Art. 14
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Bezirksgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. November 1993 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Brandenburgische Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte veräußerte als Verwalter im Verfahren der Gesamtvollstreckung über das Vermögen der LPB im Jahre 1991 durch privatschriftliche Verträge mehrere Gebäude, die im selbständigen Eigentum der LP standen. Der anstelle des Beklagten als neuer Verwalter eingesetzte Kläger wirft dem Beklagten vor, die Gebäude weit unter ihrem Wert abgegeben zu haben. Als der Beklagte wegen seiner vom Kreisgericht festgesetzten Vergütung die Zwangsvollstreckung einleitete, hat der Kläger Vollstreckungsgegenklage erhoben und mit angeblichen Schadensersatzansprüchen aufgerechnet. Das Kreisgericht hat die Klage zum überwiegenden Teil abgewiesen. Da sich der Beklagte anschließend aus einer von dem Kläger gestellten Bürgschaft befriedigte, hat dieser Zahlung von insgesamt 60.000,45 DM begehrt, davon 53.747,45 DM aus dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung und weitere 6.253 DM als Schadensersatz. Das Bezirksgericht Frankfurt (Oder) hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat die Umstellung der Klage auf einen Zahlungsantrag in Höhe von 53.747,45 DM nach §§ 523, 264 Nr. 3 ZPO als sogenannte verlängerte Vollstreckungsabwehrklage für zulässig gehalten. Dies ist richtig (vgl. BGHZ 83, 278, 280; 99, 292, 294; 113, 169, 172; BGH, Urt. v. 25. Februar 1988 – III ZR 272/85, WM 1988, 845; BAG NJW 1980, 141 f) und wird von dem Beklagten nicht in Zweifel gezogen.
Gegen die Zulassung der Klageerweiterung um einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.253 DM ist nach §§ 523, 264 Nr. 2 ZPO ebenfalls nichts zu erinnern.
II.
Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner die Prozeßführungsbefugnis des Klägers bejaht, auch wenn der Gläubigerausschuß der Prozeßführung nicht zugestimmt haben und es sich bei der Einleitung und Durchführung des Rechtsstreits um eine Rechtshandlung handeln sollte, die erhebliche Auswirkungen auf den Bestand des verwalteten Vermögens hat (§ 15 Abs. 6 Satz 4 GesO). Die fehlende Mitwirkung des Gläubigerausschusses macht die Rechtshandlung nicht unwirksam. Dies ist für die nach §§ 133, 134 KO genehmigungsbedürftigen Rechtshandlungen in § 136 KO ausdrücklich bestimmt. § 15 Abs. 6 Satz 4 GesO vereinfacht in Anlehnung an den Vorschlag der Kommission für Insolvenzrecht (vgl. Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz 1985, Leitsatz 1.3.1.8. Abs. 2, S. 34, 137 f), der Eingang in § 160 der Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl I 2866) gefunden hat, die kasuistische Regelung der Konkursordnung und macht sie flexibler. Eine weitergehende Abweichung von der Konkursordnung ist mit § 15 Abs. 6 Satz 4 GesO nicht bezweckt (vgl. Landfermann, Elemente der Insolvenzrechtsreform in der Gesamtvollstreckungsordnung, Festschrift für Franz Merz 1992 S. 367, 379-381). Deswegen bestehen keine Bedenken, der (fehlenden) Zustimmung des Gläubigerausschusses auch im Geltungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten im Geschäftsverkehr ähnlich wie nach § 164 InsO (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 175 zu § 183) nur im Innenverhältnis Bedeutung beizumessen (vgl. Hess/Binz/Wienberg, GesO 2. Aufl. § 15 Rdn. 42).
III.
Schließlich ist dem Berufungsgericht in der Annahme zu folgen, der Kläger sei nicht gehindert gewesen, gegen die festgesetzte Vergütungsforderung des Beklagten mit einer bereits im Festsetzungszeitpunkt bestehenden Schadensersatzforderung aufzurechnen und dies im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machen.
Der gemäß § 20 GesO beschwerdefähige Beschluß des Kreisgerichts, durch den die Vergütung des Beklagten für seine Tätigkeit als Verwalter nach § 21 Abs. 1 GesO, § 6 VergVO festgesetzt wurde, ist ein Vollstreckungstitel im Sinn von § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 13. Juli 1964 – II ZR 218/61, WM 1964, 1125). Auf ihn findet § 767 ZPO entsprechende Anwendung (§ 795 Satz 1 ZPO). Gleichwohl hindert § 767 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht, gegen Vergütungsforderungen des Verwalters im Wege der Vollstreckungsabwehrklage mit Forderungen aufzurechnen, die schon vor Erlaß des Festsetzungsbeschlusses bestanden haben. Hier gelten die gleichen Gründe wie für die Aufrechnung mit Ansprüchen gegen Forderungen aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß nach § 104 ZPO. Insoweit ist anerkannt, daß § 767 Abs. 2 ZPO sich schon aus prozeßrechtlichen Erwägungen grundsätzlich nicht sinngemäß anwenden läßt. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist dem Rechtspfleger übertragen (§ 21 Nr. 1 RpflG), und dieser ist – ebenso wie früher der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle – nicht befugt, über eine nach Bestand und Höhe streitige Gegenforderung zu entscheiden (vgl. BGHZ 3, 381, 383; BGH, Urt. v. 10. Mai 1976 – III ZR 120/74, LM ZPO § 767 Nr. 44; v. 22. Juni 1994 – XII ZR 39/93, NJW 1994, 3292, 3293; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. § 104 Rdn. 14; Thomas/Putzo, ZPO 18. Aufl. § 104 Rdn. 12; Zöller/Herget, ZPO 19. Aufl. §§ 103, 104 Rdn. 21 Stichworte „Aufrechnung” und „Vollstreckungsgegenklage”; § 767 Rdn. 20).
Diese Erwägungen treffen auch auf das Verfahren zur Festsetzung der Vergütung eines Konkursverwalters nach § 85 KO, § 6 VergVO zu. Dieses ist ebenfalls dem Rechtspfleger übertragen (§ 3 Nr. 2 Buchst. e RpflG; vgl. Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 71 Rdn. 10; § 85 Rdn. 18; Kilger/Karsten Schmidt, KO 16. Aufl. § 71 Anm. 3; § 85 Anm. 1 h; Eickmann, VergVO § 6 Rdn. 18), so daß der Aufrechnung des neuen Konkursverwalters gegen den Vergütungsanspruch des alten mit einer streitigen Schadensersatzforderung die gleichen prozessualen Hindernisse entgegenstehen wie einer Aufrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren (zutreffend Eickmann aaO vor § 1 Rdn. 15-17).
Das gleiche gilt für die Festsetzung der Vergütung eines Verwalters nach § 21 Abs. 1 GesO, § 6 VergVO. Das Vergütungsfestsetzungsverfahren liegt gemäß Einigungsvertrag Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 3 in Verbindung mit § 3 Nr. 2 Buchst. e RpflG, § 1 Abs. 4 Satz 2 GesO ebenfalls in der Kompetenz des Rechtspflegers (vgl. Uhlenbruck in Gottwald, Nachtrag „GesamtvollstreckungsO” zum Insolvenzrechtshandbuch 1993 II B Rdn. 2 = S. 5; Kilger/Karsten Schmidt aaO § 1 GesO Anm. 4; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO 2. Aufl. § 1 Rdn. 147; Smid, GesO § 1 Rdn. 42), so daß auch im Geltungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung eine Aufrechnung mit bestrittenen Schadensersatzansprüchen im Vergütungsfestsetzungsverfahren ausgeschlossen ist.
Daß für eine Übergangszeit, solange und soweit Rechtspfleger mit einer den Erfordernissen des § 2 RpflG entsprechenden Ausbildung nicht oder nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, gemäß Einigungsvertrag Anlage I aaO Nr. 3 Buchst. a Abs. 1 die den Rechtspflegern übertragenen Aufgaben der Rechtspflege von Richtern und vom im Staatlichen Notariat tätig gewesenen Notaren wahrgenommen werden (vgl. dazu Haarmeyer/Wutzke/Förster aaO § 1 Rdn. 149), ändert daran nichts. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist nicht darauf abzustellen, ob im Einzelfall der Richter oder der Rechtspfleger die Vergütung festsetzt. Entscheidend ist, daß das Vergütungsverfahren auch im Geltungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung grundsätzlich an Rechtspfleger übertragen ist und auch in der Übergangszeit keinesfalls nur von Richtern wahrgenommen wird. Vielmehr kann es – außer Rechtspflegern und früheren Notaren – auch Gerichtssekretären (vgl. dazu Smid aaO § 1 Rdn. 42-44) und anderen Personen mit einem hinreichenden Wissens- und Leistungsstand zugewiesen sein (Einigungsvertrag Anlage I aaO Nr. 3 Buchst. a Abs. 2; Buchst. b).
IV.
1. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet gehalten, weil die Gebäude jedenfalls nicht privatschriftlich hätten veräußert werden können, so daß sie noch im Eigentum der Schuldnerin stünden und es an einem Schaden wegen der Vereinbarung von zu geringen Kaufpreisen fehle.
2. Mit dieser Begründung läßt sich ein Schadensersatzanspruch des Klägers jedenfalls nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung sachenrechtlicher Bestimmungen (Sachenrechtsänderungsgesetz – SachenRÄndG) vom 21. September 1994 (BGBl I 2457) nicht verneinen.
Durch Art. 2 § 5 Nr. 2 Buchst. b, cc SachenRÄndG – nach seinem Art. 3 in Kraft getreten am 1. Oktober 1994 – wurde Art. 233 § 2b EGBGB ein neuer Absatz 6 angefügt (BGBl 1994 I 2495, 2520). Danach ist – soweit nicht, was hier ausscheidet, eine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht – eine bis zum Ablauf des 21. Juli 1992 vorgenommene Übereignung des nach § 27 des Gesetzes über die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 2. Juli 1982 (GBl-DDR I Nr. 25 S. 443; fortan LPGG) oder nach § 459 Abs. 1 Satz 1 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik (ZGB-DDR) entstandenen selbständigen Gebäudeeigentums nicht deshalb unwirksam, weil sie nicht nach den für die Übereignung von Grundstücken geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgenommen worden ist. Gleiches gilt für das Rechtsgeschäft, mit dem die Verpflichtung zur Übertragung und zum Erwerb begründet wurde. Diese Regelung wurde im Regierungsentwurf des Sachenrechtsänderungsgesetzes wie folgt begründet (BT-Drucks. 12/5992 S. 184 f):
„Die Bestimmung dient der Heilung evtl. nicht wirksamer Übereignungen des in Art. 233 § 2b Abs. 1 EGBGB bezeichneten selbständigen Gebäudeeigentums.
Dies betrifft vor allem Verfügungen über das nach der Aufhebung des gesetzlichen Nutzungsrechts der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften fortbestehende selbständige Gebäudeeigentum.
Vor dem Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes war streitig, ob dieses Eigentum wie eine bewegliche Sache oder – wie das nach Bestellung eines Nutzungsrechts entstandene Gebäudeeigentum – wie das Eigentum am Grundstück zu übertragen ist.
Durch Art. 233 § 2b Abs. 2 und 6 EGBGB ist festgelegt worden, daß auf dieses Gebäudeeigentum vom Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes an die Vorschriften des Immobiliarsachenrechts anzuwenden sind. Nach Anlegung eines Gebäudegrundbuchblatts konnte das Gebäudeeigentum vom Inkrafttreten des Gesetzes an durch Auflassung und Umschreibung im Grundbuch übereignet werden (§ 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1 BGB).
Vor dem Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes wurden indessen viele Gebäude wie bewegliche Sachen durch Einigung und Besitzverschaffung (§§ 929 ff. BGB) übereignet. Eine Übergangsvorschrift wurde im Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz nur für den besonderen Fall der Sicherungsübereignung aufgenommen (Art. 233 § 2b Abs. 6 EGBGB).
Die Wirksamkeit anderer Übereignungen wird daher zum Teil in Frage gestellt. Absatz 7 bestimmt nun, daß die dort genannten nach §§ 929 ff. BGB vorgenommenen Gebäudeübereignungen formwirksam sind.”
In Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Regierungsentwurf wird insoweit ausgeführt (BT-Drucks. 12/7425 S. 92):
„Die Vorschrift … enthält eine Heilungsvorschrift für eventuell formunwirksame Übereignungen von Gebäuden der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, an denen nach § 27 des LPG-Gesetzes von 1982 selbständiges Gebäudeeigentum entstanden war.
Diese Gebäude wurden bis zum Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes meist nicht wie Grundstücke durch Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch, sondern wie bewegliche Sachen übertragen. Die Wirksamkeit solcher Übereignungen war aufgrund der Regelungen im Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz zweifelhaft geworden, das die Verfügungen auch über diese Gebäude den Vorschriften des Immobiliarsachenrechts unterstellt hat. Im übrigen wird auf die Begründung zum Regierungsentwurf … verwiesen.”
Danach kann kein Zweifel bestehen, daß nach dem im Wortlaut von Art. 233 § 2b Abs. 6 EGBGB n.F. klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers die von dem Beklagten im Jahre 1991 vorgenommenen Übereignungen von Gebäuden der Schuldnerin und die entsprechenden schuldrechtlichen Verträge nicht wegen Formmangels unwirksam sind.
Die neue Vorschrift ist vom Revisionsgericht anzuwenden, auch wenn sie erst im Laufe des Revisionsverfahrens in Kraft getreten ist und vom Berufungsgericht noch nicht berücksichtigt werden konnte. Seit der Entscheidung BGHZ 9, 101 ist es ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, daß das Revisionsgericht grundsätzlich jedes nach Erlaß des Berufungsurteils ergangene neue Gesetz zu beachten hat, sofern es – was hier fraglos zutrifft – nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfaßt (vgl. BGHZ 26, 239, 240; 36, 348, 350 f; 37, 233, 236; 104, 215, 221; Stein/Jonas/Grunsky aaO §§ 549, 550 Rdn. 17, 18 m.w.N.).
3. Die Revisionserwiderung führt demgegenüber aus: Wegen des den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften ursprünglich zustehenden uneingeschränkten Bodennutzungsrechts an allen ihnen zur Nutzung überlassenen oder übergebenen Flächen sei für das ihnen nach § 27 LPGG zustehende selbständige Gebäudeeigentum eine allgemeine Verkehrsfähigkeit nicht vorgesehen gewesen. Deshalb sei für dieses Gebäudeeigentum – anders als für sonstiges selbständiges Gebäudeeigentum – kein besonderes Gebäudegrundbuchblatt angelegt worden. Durch die im Juni 1990 erfolgte gesetzliche Aufhebung des Bodennutzungsrechts der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften sei das Gebäudeeigentum nicht berührt worden. Auch der Einigungsvertrag habe insoweit keine Änderung gebracht. Das selbständige Eigentum der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften nach § 27 LPGG sei erst durch die Einfügung des Art. 233 § 2b EGBGB durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz miteinbezogen worden. Daraus ergebe sich, daß dieses Gebäudeeigentum bis dahin nicht übertragbar gewesen sei. Es sei an die wirtschaftliche Zweckbestimmung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften gebunden gewesen; eine Überführung in persönliches Eigentum anderer mit freier Zweckbestimmung sei dem Wesen dieses Eigentums bis zu der neuen Wertung des Gesetzgebers durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz fremd gewesen. Solange sei der nach dem Recht der ehemaligen DDR geltende Rechtszustand fehlender Verkehrsfähigkeit aufrechterhalten worden. Die von dem Beklagten im Jahre 1991 geschlossenen Veräußerungsverträge seien deshalb auf eine unmögliche Leistung gerichtet gewesen und damit nach § 306 BGB nichtig. Das Sachenrechtsänderungsgesetz beziehe sich nur auf die notwendige Form für den Verkauf von selbständigem Gebäudeeigentum, regele aber nicht die Verkehrsfähigkeit, so daß es bei der Unwirksamkeit der Veräußerung der Gebäude durch den Beklagten bleibe.
Diesen Erwägungen ist nicht zu folgen. Es mag auf sich beruhen, ob die allgemeine Verkehrsfähigkeit des selbständigen Gebäudeeigentums nach § 27 LPGG bereits mit der Aufhebung des in § 18 LPGG niedergelegten Bodennutzungsrechts der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften durch § 7 Nr. 6 des Gesetzes vom 28. Juni 1990 (GBl-DDR I Nr. 38 S. 483) und des in § 20 Abs. 3 Satz 1 ZGB-DDR enthaltenen Verfügungsverbots durch Nr. 12 der Anlage zum 1. Zivilrechtsänderungsgesetz vom 28. Juni 1990 (GBl-DDR I Nr. 39 S. 524) hergestellt wurde. Ferner bedarf es keiner Entscheidung, ob eine Aufrechterhaltung von Beschränkungen der Verkehrsfähigkeit dieses Gebäudeeigentums über den Tag der Wiedervereinigung hinaus für die in Art. 143 Abs. 1 GG n.F. vorgesehene Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1992 mit Art. 14 GG vereinbar gewesen wäre. Denn nach Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB in der Fassung des Einigungsvertrages (Anlage I Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 1) finden auf das am Tage des Wirksamwerdens des Beitritts bestehende Eigentum an Sachen von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, soweit nicht in den nachstehenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. Für das – wie jede Art von selbständigem Gebäudeeigentum – nach Art. 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB bestehengebliebene Gebäudeeigentum nach § 27 LPGG fehlt es an einer Bestimmung, die eine Verfügungsbeschränkung aufrechterhält. Aus diesem Grund ist mit der Wiedervereinigung auch dieses Gebäudeeigentum gemäß § 903 Satz 1 BGB unbeschränkt verkehrsfähig geworden.
Fraglich konnte deshalb von diesem Zeitpunkt an nur sein, in welcher Form die Übertragung dieses Gebäudeeigentums zu erfolgen hatte, das heißt, ob es den Vorschriften über die Veräußerung beweglicher Sachen oder – wie gemäß Art. 233 § 4 Abs. 1 und 3 EGBGB in der Fassung des Einigungsvertrages insbesondere das Gebäudeeigentum nach § 288 Abs. 4 oder § 292 Abs. 3 ZGB-DDR – den sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterlag. Im letztgenannten Fall stand einer Übertragung freilich entgegen, daß es an entsprechenden Gebäudegrundbuchblättern und an einer Vorschrift fehlte, für Gebäudeeigentum nach § 27 LPGG ein Gebäudegrundbuchblatt anzulegen. Dieser eher rechtstechnische Umstand änderte an der grundsätzlichen Verkehrsfähigkeit dieses Gebäudeeigentums indessen nichts. Vielmehr führte er in der Praxis zu der rechtlich umstrittenen, nun vom Gesetzgeber unterstützten Annahme, daß Gebäudeeigentum nach § 27 LPGG wie eine bewegliche Sache zu übertragen sei (vgl. auch Art. 233 § 2b Abs. 6 EGBGB in der Fassung des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 14. Juli 1992, BGBl I 1257).
Verfassungsrechtliche Bedenken – etwa aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Rückwirkung – gegen Art. 233 § 2b Abs. 6 EGBGB n.F. bestehen nicht und werden auch von dem Beklagten nicht erhoben. Da die Vorschrift nur solche Verträge erfaßt, deren Ungültigkeit nicht rechtskräftig festgestellt ist, greift sie nicht ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein. Vielmehr verhindert sie, daß von den Vertragsparteien gewollte und in aller Regel bereits vollzogene Veräußerungsgeschäfte sich aufgrund eines bestimmten Verständnisses der mit dem Einigungsvertrag begründeten Rechtslage als unwirksam erweisen und rückabgewickelt werden müssen. Die Regelung klärt eine unsichere Rechtslage und dient dem Vertrauensschutz und der Rechtssicherheit; sie belastet die Vertragsschließenden nicht unangemessen, sondern trägt ihrem geäußerten Willen Rechnung. Die Norm hält sich mithin im Rahmen gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit und verstößt insbesondere nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (vgl. BVerfGE 11, 139, 145 ff; 13, 261, 270 ff; 30, 392, 401 ff; 76, 256, 347 ff; 88, 384, 403 f).
V.
Bei einer Wirksamkeit der Veräußerung der Gebäude hat der Kläger den von ihm als neuernanntem Verwalter geltend gemachten Anspruch auf Ersatz eines vom Beklagten schuldhaft verursachten Gemeinschaftsschadens, für den der Beklagte nach § 8 Abs. 1 Satz 2 GesO einzustehen hat (vgl. BGH, Urt. v. 5. Oktober 1989 – IX ZR 233/87, WM 1989, 1781, 1783; v. 28. Oktober 1993 – IX ZR 21/93, WM 1994, 33, 34, insoweit in BGHZ 124, 27 nicht abgedruckt; Kuhn/Uhlenbruck aaO § 82 Rdn. 5; auch Haarmeyer/Wutzke/Förster aaO § 8 Rdn. 36; Kilger/Karsten Schmidt aaO § 82 Anm. 3 a), schlüssig dargelegt. Das Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben. Die Zurückverweisung, die nach Art. 1 §§ 4, 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuordnung der ordentlichen Gerichtsbarkeit und zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes im Land Brandenburg vom 14. Juni 1993 (GVBl I 198) an das Brandenburgische Oberlandesgericht zu erfolgen hat, gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, im einzelnen zu prüfen, ob der Beklagte die Gebäude der Schuldnerin unter Wert veräußert und dadurch seine Pflicht, als Verwalter im Verfahren der Gesamtvollstreckung das Vermögen der Schuldnerin bestmöglich zu verwerten, schuldhaft verletzt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 650069 |
ZIP 1995, 290 |