Leitsatz (amtlich)
›Für die Anfechtung genügt nicht jede mittelbare Benachteiligung der Konkursgläubiger, sondern nur eine solche, die sich aus der Veräußerung, Weggabe oder Aufgabe von Werten des Schuldnervermögens ergibt.‹
Verfahrensgang
LG Fulda |
OLG Frankfurt am Main |
Tatbestand
Der Kläger ist Verwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma D. B. KG in L. (im folgenden: Gemeinschuldnerin). Er macht gegen die Beklagte in erster Linie Ansprüche aus einer Konkursanfechtung geltend, hilfsweise Ansprüche der Sparkasse U., die ihm diese - wie er meint - abgetreten habe.
Die Gemeinschuldnerin betrieb eine Lederfabrik. Sie stand in Geschäftsbeziehung zur Beklagten, die ihr einen erheblichen Teil ihrer Ware abnahm und in die DDR weiterverkaufte. Am 12./14. Dezember 1977 trafen die Gemeinschuldnerin und die Beklagte folgende Vereinbarung über ihren Zahlungsverkehr:
"Wir ... bestätigen, daß zwischen unseren Häusern ein Kontokorrent-Verhältnis besteht, so daß die gegenseitigen Forderungen ständig miteinander verrechnet werden.
Die Unterzeichneten bestätigen weiterhin, daß Forderungen der Firma D. B. aus an die Firma N. & Co. Handelsgesellschaft KG berechneten Warenlieferungen für die DDR nicht an Dritte abgetreten sind und in Zukunft auch nicht abgetreten werden dürfen.
Die Zahlungen der DDR an die Firma N. & Co. Handelsgesellschaft dürfen nach der Verrechnung der gegenseitigen Forderungen nur zur Einlösung der für die Vorfinanzierung der Warenlieferungen an die DDR ausgestellten Wechsel - Aussteller N., Bezogener B. - verwendet werden. ..."
Die Gemeinschuldnerin arbeitete mit Krediten der Sparkasse U. Durch schriftlichen Vertrag vom 15. August 1979 übertrug sie der Sparkasse zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen aus der Geschäftsverbindung im Wege der sogenannten Raumsicherungsübertragung ihr Warenlager mit seinem wechselnden Bestand. Die Sparkasse gestattete ihr widerruflich, das Sicherungsgut im eigenen Namen, aber im Interesse der Sparkasse zu verkaufen. Die Gemeinschuldnerin verpflichtete sich, den beim Verkauf erzielten Erlös, soweit er dem bei der Übertragung zugrunde gelegten Beleihungswert der entnommenen Waren entsprach, an die Sparkasse abzuführen. Soweit der Kaufpreis nicht Zug um Zug in bar geleistet wurde, trat die Gemeinschuldnerin die ihr zustehenden Kaufpreisforderungen an die Sparkasse ab.
Im Jahre 1980 befand sich die Gemeinschuldnerin in finanziellen Schwierigkeiten. Die Beklagte gewährte ihr Kredit. Unter anderem gab sie ihr am 28. Januar 1980 ein verzinsliches Darlehen von 680.065 DM, das spätestens am 30. April 1980 zurückgezahlt werden sollte. Zur Sicherung der Darlehensschuld traten die Ehefrau und die Kinder des Komplementärs der Gemeinschuldnerin, M. E., der Beklagten mehrere Eigentümergrundschulden ab, mit denen ihre Grundstücke belastet waren. Im Juni 1980 zahlte die Gemeinschuldnerin einen Teil des Darlehens von 250.000 DM zurück und bat wegen Liquiditätsschwierigkeiten um Stundung des Restes.
Am 10. Juli 1980 bestellte die Beklagte bei der Gemeinschuldnerin 11.000 qm Rindlederseiten, die zum Weiterverkauf in die DDR bestimmt waren. Die Auftragsbestätigung vom 10. und 16. Juli 1980 enthalten unter anderem folgende Zahlungs- und Lieferbedingungen:
"Zahlbar: 30 Tage nach Grenzübergang der Ware netto Kasse
Lieferung: 4.300 qm bis 20.10.1980
5.800 qm bis 20.11.1980
2.900 qm bis 15.12.1980"
Die erste Teillieferung wurde schon am 15. Juli 1980 ausgeführt. Auf den Rechnungsbetrag von 117.888,26 DM zahlte die Beklagte 50.000 DM durch Scheck; den Rest abzüglich Skonto verrechnete sie mit Gegenforderungen.
Am 23. oder 25. Juli 1980 - der genaue Zeitpunkt ist streitig - lieferte die Gemeinschuldnerin der Beklagten eine zweite Teilmenge zum Preis von 111.845,26 DM, die inzwischen in die DDR weitergeleitet worden ist. Unter dem 26. Juli 1980 schrieb die Gemeinschuldnerin an die Beklagte:
"Wir bestätigen Ihnen unsere telefonische Anfrage, ob wir den laufenden Liefervertrag an Rindlederseiten auch weiterhin vorfristig ausliefern dürfen, was Sie uns zugestanden haben. Wir waren uns einig, daß die Bezahlung bzw. Verrechnung dieser Warenlieferungen im Rahmen unseres Vertrages vom 12.12.1977 vorgenommen wird."
Die Beklagte erklärte durch ein am 28. Juli 1980 um 12.15 Uhr aufgegebenes Fernschreiben an die Gemeinschuldnerin, daß sie den Rechnungsbetrag von 111.845,76 DM abzüglich 5 % Zinsen für Vorablieferung (5.592,29 DM) "gemäß der zwischen uns bestehenden Vereinbarung" mit folgenden Gegenforderungen verrechne: einer im Auftrag der Gemeinschuldnerin an die Firma W., E., erfolgten Zahlung von 11.753,69 DM, Frachtkosten für Lieferungen von insgesamt 4.239,08 DM, Darlehenszinsen von 25.026,17 DM sowie einem Teilbetrag ihres Darlehens vom 28. Januar 1980 von 65.234,53 DM.
Am selben Tage beantragte die Gemeinschuldnerin die Eröffnung des Konkursverfahrens, die am 29. Juli 1980 angeordnet wurde.
Durch Fernschreiben vom 31. Juli 1980 teilte die Beklagte der Gemeinschuldnerin mit, daß der Vertrag vom 10. Juli 1980 hinfällig sei; sie sei jedoch bereit, höchstens 2.000 qm Rindlederseiten zu neuen Bedingungen zu kaufen. Der Kläger erklärte sich durch Fernschreiben vom selben Tage mit der Abwicklung dieses Auftrages einverstanden. Der Auftrag wurde vereinbarungsgemäß ausgeführt.
Durch Schreiben vom 25. August 1980 verlangte der Kläger von der Beklagten die Zahlung des Kaufpreises für die zweite Teillieferung von 111.845,76 DM. Er machte geltend, die Gemeinschuldnerin habe sich mit der Auslieferung der Ware am 25. Juli 1980 über Weisungen der Sparkasse U. hinweggesetzt, und berief sich außerdem auf Konkursanfechtung. Die Beklagte wies die Forderung zurück.
Durch Vereinbarung vom 1./3. August 1980 beauftragte die Sparkasse U., die noch hohe Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin hat, den Kläger, die ihr sicherungsübereignete Ware - teilweise nach Weiterverarbeitung - treuhänderisch für sie zu verkaufen; der Konkursmasse sollten dafür 20 % - bei weiterverarbeiteter Ware 25 % - des Erlöses zufließen. Nachdem der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit einen Mahnbescheid gegen die Beklagte erwirkt hatte, vereinbarte er am 26. Februar/10. März 1981 mit der Sparkasse, daß diese 80 %, die Konkursmasse 20 % des Prozeßkostenrisikos tragen solle; entsprechend solle bei einem Erfolg des Rechtsstreits der Erlös verteilt werden.
Mit der der Beklagten am 2. Mai 1981 zugestellten Klagebegründung focht der Kläger den Kaufvertrag vom 10./16. Juli 1980, die Vereinbarung über die vorzeitige Auslieferung der zweiten Teilmenge, die Auslieferung selbst sowie die zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten in Abweichung vom Kaufvertrag getroffene Aufrechnungsvereinbarungen gemäß § 3o Nr. 2 KO an. Er macht geltend, der Komplementär E. der Gemeinschuldnerin habe der Beklagten noch kurz vor Konkurseröffnung die Möglichkeit verschaffen wollen, ihre Darlehensforderung mit Ansprüchen der Gemeinschuldnerin zu verrechnen; er habe dadurch die Haftung seiner Angehörigen mit ihrem Grundvermögen verringern wollen. Er habe erkannt, daß der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin nur noch eine Frage von wenigen Tagen gewesen sei.
Außerdem stünden ihm, dem Kläger, abgetretene Rechte der Sparkasse U. zu. Angestellte der Sparkasse hätten dem Komplementär E. der Gemeinschuldnerin am 24. Juli 1980 erklärt, daß die Gemeinschuldnerin ohne Zustimmung der Sparkasse nicht mehr über das Warenlager verfügen dürfe. Verfügungen seien nur noch gestattet, wenn die jeweilige Auftragsbestätigung die Bestimmung enthalte, daß Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung nur auf das Konto der Gemeinschuldnerin bei der Sparkasse U. möglich seien. Über diese Weisung habe sich E. hinweggesetzt, indem er die zweite Teillieferung am 25. Juli 1980 an die Beklagte ausgeliefert habe. Der Beklagten sei die hohe Verschuldung der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen; es dürfe deshalb unterstellt werden, daß sie davon ausgegangen sei, das Warenlager sei zumindest dem einen oder anderen Kreditgeber sicherungsübereignet. Sie hafte daher auch nach § 812 oder § 826 BGB.
Das Landgericht gab der Klage auf Zahlung von 111.845,76 DM nebst gestaffelten Zinsen seit 26. August 1980 statt. Das Oberlandesgericht wies sie ab und verurteilte den Kläger gemäß § 717 Abs. 2 ZPO, der Beklagten den zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil gezahlten Betrag von 143.642,50 DM nebst gestaffelten Zinsen seit 2. August 1983 zu ersetzen.
Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung des Zwischenantrages der Beklagten aus § 717 Abs. 2 ZPO. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I. Der Berufungsrichter verneint einen Rückgewähranspruch nach § 37 KO. Durch keine der angefochtenen Rechtshandlungen seien die Konkursgläubiger benachteiligt worden. Es lasse sich nicht feststellen, daß schon der Kaufvertrag in der Absicht geschlossen worden sei, der Beklagten zum Nachteil der anderen Gläubiger eine Verrechnungsmöglichkeit für ihre Darlehensforderung gegen die Gemeinschuldnerin zu verschaffen. Der Inhalt des Kaufvertrages spreche gegen eine solche Absicht. Die Lieferungen hätten erst lange Zeit nach Vertragsschluß erfolgen sollen. Außerdem sei Zahlung "netto Kasse" 30 Tage nach Grenzübergang der Ware vereinbart worden, also gerade keine Verrechnung. Wäre diesen vertraglichen Vereinbarungen entsprechend verfahren worden, wäre für die Konkursgläubiger kein Nachteil entstanden, und die Beklagte hätte für ihre bereits bestehenden Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin keine Sicherung oder Befriedigung erlangt. Befriedigung habe sie erst dadurch gefunden, daß die Gemeinschuldnerin die zweite Teillieferung wenige Tage vor Konkurseröffnung an die Beklagte geleistet und die Beklagte im Einverständnis mit der Gemeinschuldnerin die Kaufpreisforderung mit der Darlehensschuld verrechnet habe. Durch diese Rechtshandlungen seien aber nicht die Konkursgläubiger, sondern allein die Sparkasse U. als Absonderungsberechtigte benachteiligt worden. Die Waren, die die Beklagte mit der zweiten Teillieferung erhalten habe, hätten nämlich im Sicherungseigentum der Sparkasse gestanden. Da die Forderungen der Sparkasse unstreitig den Wert des sicherungsübereigneten Warenlagers bei weitem überstiegen hätten, wäre der Erlös vollständig der Sparkasse zugeflossen. Durch die Auslieferung der Ware sei somit die Konkursmasse nicht geschmälert worden. Der unmittelbare Besitz der Gemeinschuldnerin an der Ware sowie die ihr von der Sparkasse eingeräumte Befugnis, die Waren im eigenen Namen zu verkaufen, stellten keine vermögenswerten Rechtspositionen dar, durch deren Entzug die Konkursgläubiger benachteiligt worden wären. Der Besitz der Waren habe keinen zusätzlichen Vermögenswert neben dem Eigentum dargestellt, das der Sparkasse zugestanden habe. Die Gemeinschuldnerin habe die Ware nicht zur Nutzung, sondern zum Verkauf besessen; bei einem Verkauf habe der Erlös der Sparkasse zufließen sollen. Außerdem sei die Sparkasse nach dem Sicherungsübereignungsvertrag berechtigt gewesen, bei einem Konkurs der Gemeinschuldnerin die sicherungsübereigneten Waren selbst in Besitz zu nehmen. Da dem Kläger somit zur Zeit der Konkurseröffnung kein Anfechtungsrecht zugestanden habe, habe dieses auch nicht durch die spätere Vereinbarung mit der Sparkasse geschaffen werden können, das noch vorhandene Sicherungsgut gegen eine Beteiligung der Konkursmasse am Erlös treuhänderisch für die Sparkasse zu verkaufen. Ebensowenig könne die Vereinbarung, daß der Konkursmasse bei einem Obsiegen im vorliegenden Rechtsstreit 20 % der Urteilssumme zufließen solle, nachträglich ein Anfechtungsrecht begründen.
Der Berufungsrichter verneint ferner Ansprüche aus dem Recht der Sparkasse U. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Sparkasse dem Kläger solche Rechte abgetreten oder ihn wenigstens zu deren Geltendmachung ermächtigt habe. Ihr hätten nämlich keine Ansprüche gegen die Beklagte zugestanden. Die Gemeinschuldnerin habe die Ware mit der Auslieferung der zweiten Teillieferung wirksam an die Beklagte übereignet. Falls die Gemeinschuldnerin dazu aufgrund der Vereinbarungen mit der Sparkasse nicht mehr berechtigt gewesen sei, habe die Beklagte das Eigentum jedenfalls gutgläubig nach § 932 BGB erworben. Der Kläger habe keine Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt, aus denen sich ergeben könnte, der Beklagten sei zur Zeit der zweiten Teillieferung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen, daß die Waren der Sparkasse sicherungsübereignet gewesen seien. Hierfür reiche nicht aus, daß die Beklagte die schwierige finanzielle Lage der Gemeinschuldnerin gekannt habe. Die Übereignung sei auch nicht nach § 138 BGB nichtig gewesen. Eine etwaige Absicht der Gemeinschuldnerin, ihre Gläubiger zu benachteiligen, und eine etwaige Kenntnis der Beklagten davon, könnten für sich allein allenfalls die Anfechtung begründen. Erst das Hinzutreten weiterer Umstände könne den Vorwurf der Sittenwidrigkeit rechtfertigen; hierfür habe der Kläger nichts vorgetragen. Ansprüche der Sparkasse aus dem Eigentum (§ 985 ff. BGB) schieden deshalb aus. Auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung bestünden nicht. Die Beklagte habe das Eigentum an der Ware nicht ohne Rechtsgrund erlangt, sondern aufgrund des wirksamen Kaufvertrages mit der Gemeinschuldnerin. Der Sparkasse stehe auch kein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des Kaufpreises für die zweite Teillieferung zu. Die Kaufpreisforderung sei dadurch erloschen, daß die Beklagte durch Fernschreiben vom 28. Juli 1980 mit Gegenforderungen aufgerechnet habe. Für die Wirksamkeit dieser Aufrechnung spiele es keine Rolle, ob die Gemeinschuldnerin ihre Kaufpreisforderung durch den Sicherungsübertragungsvertrag vom 15. August 1979 wirksam an die Sparkasse abgetreten habe oder ob diese Abtretung gemäß § 399 BGB unwirksam gewesen sei, weil ihr die Vereinbarung zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten vom 12. Dezember 1977 entgegengestanden habe. Selbst wenn die Sparkasse die Kaufpreisforderung gegen die Beklagte erworben habe, müsse sie nach § 407 BGB die Aufrechnung, die die Beklagte der Gemeinschuldnerin gegenüber erklärt habe, gegen sich gelten lassen. Für die Sparkasse sei auch kein Schadenersatzanspruch aus § 826 BGB entstanden. Es lasse sich nicht feststellen, daß die Beklagte sittenwidrig gehandelt habe, als sie die zweite Teillieferung vorzeitig in Empfang genommen und den Kaufpreis mit ihren Gegenforderungen verrechnet habe. Schließlich könne der Kläger seine Klage auch nicht auf ein abgetretenes Anfechtungsrecht der Sparkasse nach dem Anfechtungsgesetz stützen. Ein etwaiges Anfechtungsrecht könne nämlich ohne die Hauptforderung der Sparkasse gegen die Gemeinschuldnerin nicht abgetreten werden; die Sparkasse habe aber ihre Hauptforderung nicht an den Kläger abgetreten und habe dies auch gar nicht tun können, weil sich die Hauptforderung gegen die Gemeinschuldnerin richte und der Kläger nicht in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter Ansprüche gegen die Gemeinschuldnerin erwerben könne. Darüber hinaus seinen auch die Voraussetzungen eines Anfechtungsrechts nach dem Anfechtungsgesetz nicht nachgewiesen.
II. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.
1. Der Berufungsrichter stellt fest, daß die Ware, die die Gemeinschuldnerin mit der zweiten Teillieferung vom 23. oder 25. Juli 1980 an die Beklagte auslieferte, der Sparkasse U. sicherungsübereignet war. Er läßt jedoch offen, ob auch die im Sicherungsübereignungsvertrag vom 15. August 1979 vereinbarte Vorausabtretung der Kaufpreisforderung für die zweite Teillieferung wirksam oder wegen Verstoßes gegen ein zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten vereinbartes Abtretungsverbot unwirksam war. Die rechtliche Prüfung hat deshalb für alle vom Kläger geltend gemachten Ansprüche beide möglichen Sachverhaltvarianten zu berücksichtigen, deren Richtigkeit jeweils zu unterstellen ist. Diese Prüfung hat der Berufungsrichter nicht vollständig vorgenommen. Seine Tatsachenfeststellungen genügen aber, um die Sache abschließend zu entscheiden.
2. War die Abtretung der Kaufpreisforderung wirksam, sind die Klageansprüche unbegründet.
a) Ein Anfechtungsrecht nach § 29 ff. KO steht dem Kläger dann nicht zu. Zutreffend verneint der Berufungsrichter die Anfechtbarkeit des Kaufvertrages und der zweiten Teillieferung an die Beklagten.
Durch den Kaufvertrag wurden die Konkursgläubiger nicht benachteiligt. Das Vermögen der späteren Gemeinschuldnerin wurde zwar mit der Verpflichtung belastet, die im Vertrag bezeichnete Ware zu liefern. Dafür erwarb die Gemeinschuldnerin aber eine dem Warenwert entsprechende Kaufpreisforderung, die die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch Zahlung zu begleichen hatte. Die mit der Sparkasse U. vereinbarte Vorausabtretung konnte die Kaufpreisforderung nur erfassen, soweit der Kaufvertrag durch die Lieferung von Sicherungsgut erfüllt wurde, das der Sparkasse gehörte. Auch in diesem Fall wurde also durch den Kaufvertrag das Vermögen der Gemeinschuldnerin nicht vermindert.
Für die zweite Teillieferung an die Beklagte verwendete die Gemeinschuldnerin unstreitig Sicherungsgut, das der Sparkasse U. gehörte. Durch die Rechtshandlung wurde also das Vermögen der Gemeinschuldnerin nicht betroffen. Wie sich aus § 37 Abs. 1 KO ergibt, setzt jede Anfechtung voraus, daß durch die angefochtene Handlung etwas aus dem Vermögen des Gemeinschuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist. Daran fehlt es hier. Das Eigentum an der Ware stand der Gemeinschuldnerin nicht zu. Im Falle einer Verwertung des Sicherungsgutes durch die Sparkasse hätte die Gemeinschuldnerin auch keinen Anspruch auf einen Übererlös erlangt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts überstiegen nämlich die gesicherten Forderungen der Sparkasse bei weitem dem Wert des Sicherungsgutes. Entgegen der Meinung der Revision waren der unmittelbare Besitz der Ware und die der Gemeinschuldnerin im Sicherungsübereignungsvertrag eingeräumte Befugnis, das Sicherungsgut im Rahmen des Geschäftsbetriebs zu veräußern, keine eigenständigen Zugriffswerte, die der Konkursmasse entzogen worden sind. Das Besitzrecht und die Veräußerungsbefugnis der Gemeinschuldnerin endeten, sobald die Sparkasse zur Verwertung des Sicherungsgutes berechtigt war; das war nach Nr. 6 des Sicherungsübereignungsvertrages spätestens mit Konkurseröffnung der Fall. Die Rechte, die sich für die Konkursmasse aus späteren Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Sparkasse hinsichtlich des Sicherungsgutes ergaben, gehörten im Zeitpunkt der zweiten Teillieferung nicht zum Vermögen der Gemeinschuldnerin. Da mithin deren Vermögen durch die angefochtene Rechtshandlung nicht betroffen wurde, kommt es auf die von der Revision aufgeworfenen Frage nicht an, ob die Auslieferung des Sicherungsgutes an die Beklagte aufgrund der späteren Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Sparkasse sich mittelbar nachteilig für die Konkursmasse ausgewirkt hat. Für die Anfechtung genügt nicht jede mittelbare Benachteiligung der Konkursgläubiger, sondern nur eine solche, die sich aus der Veräußerung, Weggabe oder Aufgabe von Gegenständen des Schuldnervermögens ergibt.
Nicht geprüft hat der Berufungsrichter, ob die Verrechnungsabrede der Gemeinschuldnerin mit der Beklagten vom 26. Juli 1980 und die darauf beruhende Verrechnung der Kaufpreisforderung für die zweite Teillieferung mit Gegenforderungen der Beklagten vom 28. Juli 1980 anfechtbar sind. Auch das ist zu verneinen, wenn die Kaufpreisforderung wirksam an die Sparkasse U. abgetreten war. In diesem Falle wurde nämlich durch die Verrechnungsvereinbarung und die nachfolgende Verrechnung wiederum nicht das Vermögen der Gemeinschuldnerin, sondern das der Sparkasse U. betroffen. Der Hinweis der Revision, nach dem Sicherungsübereignungsvertrag habe die Gemeinschuldnerin den beim Verkauf von Sicherungsgut erzielten Erlös nur insoweit an die Sparkasse abführen müssen, als er dem bei der Übertragung zugrunde gelegten Beleihungswert der entnommenen Waren entsprach, verfängt nicht. Diese Einschränkung galt nach Nr. 2.2 des Sicherungsübereignungsvertrages, den das Revisionsgericht selbst auslegen kann, nur für Verkaufserlöse, die die Gemeinschuldnerin aufgrund einer erlaubten Veräußerung von Sicherungsgut berechtigterweise eingezogen hatte. Die Vorausabtretung der Kaufpreisforderungen erfolgte dagegen in voller Höhe. Nach Eintritt der Verwertungsreife durfte sich die Sparkasse daraus ebenso wie aus dem Sicherungsgut bis zum vollen Betrag ihrer gesicherten Forderungen befriedigen. Durch die Verrechnungsvereinbarung und die darauf beruhende Verrechnung ist also auch die Kaufpreisforderung für die zweite Teillieferung nicht aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin veräußert, aufgegeben oder weggegeben worden.
b) Auch Ansprüche aus dem Recht der Sparkasse U. hat der Berufungsrichter mit Recht für den Fall verneint, daß die Kaufpreisforderung für die zweite Teillieferung wirksam an die Sparkasse U. abgetreten war.
Soweit das Berufungsgericht Ansprüche der Sparkasse wegen des Verlustes des mit der zweiten Teillieferung ausgelieferten Sicherungsgutes abgelehnt hat, greift die Revision das Berufungsurteil nicht an.
Die Kaufpreisforderung für die zweite Teillieferung ist entgegen der Auffassung der Revision durch die Aufrechnung der Beklagten mit Gegenforderungen, die unstreitig sind, auch dann erloschen, wenn sie wirksam an die Sparkasse U. abgetreten war. Nach § 407 Abs. 1 BGB muß der neue Gläubiger jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt. Diese Vorschrift ist bei Vorausabtretungen von Forderungen zumindest entsprechend anwendbar. Die Verrechnungsabrede zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten sowie die darauf beruhende Aufrechnung der Beklagten sind Rechtsgeschäfte im Sinne des § 407 Abs. 1 BGB. Davon geht der Berufungsrichter zutreffend aus. Entgegen der Meinung der Revision ist hier nicht § 406 BGB einschlägig; denn diese Vorschrift behandelt den Fall, daß der Schuldner gegenüber dem neuen Gläubiger mit einer Forderung aufrechnet, die ihm gegen den bisherigen Gläubiger zusteht. Hier hat aber die Beklagte gegenüber der bisherigen Gläubigerin der Kaufpreisforderung aufgerechnet. Diesen Fall regelt § 407 Abs. 1 BGB. Bei dessen Anwendung geht der Berufungsrichter davon aus, daß der Beklagten bei der Aufrechnung die Vorausabtretung der Kaufpreisforderung unbekannt gewesen sei. Die dagegen erhobene Verfahrensrüge aus § 286 ZPO hat der Senat geprüft; sie greift nicht durch. Von einer Begründung wird abgesehen (§ 565 a Satz 1 ZPO).
Zutreffend und von der Revision unbeanstandet nimmt der Berufungsrichter weiter an, daß durch die Aufrechnung auch sonstige Ansprüche der Sparkasse U. gegen die Beklagte nicht begründet worden sind.
3. Falls die Abtretung der Kaufpreisforderung für die zweite Teillieferung an die Sparkasse U. unwirksam war, sind die Klageansprüche ebenfalls nicht gerechtfertigt.
a) Auch bei dieser Sachverhaltsvariante sind der Kaufvertrag und die zweite Teillieferung an die Beklagte aus den bereits oben dargestellten Gründen nicht anfechtbar.
b) Ebenso stehen dem Kläger keine Ansprüche aus dem Recht der Sparkasse U. zu. Wie bereits erwähnt, greift die Revision das Berufungsurteil nicht an, soweit Ansprüche wegen des Verlustes von Sicherungsgut verneint worden sind. Den Kaufpreisanspruch hat die Sparkasse U. nach dem hier unterstellten Sachverhalt nicht erworben. Er ist durch Aufrechnung gegenüber der Gemeinschuldnerin, die Gläubigerin geblieben war, erloschen. Da die Sparkasse U. die Kaufpreisforderung nicht erworben hat, können ihr wegen der Verrechnung auch keine sonstigen Ansprüche gegen die Beklagte erwachsen sein.
c) Der Berufungsrichter hat nicht erörtert, ob bei dem hier unterstellten Sachverhalt eine Anfechtung der Verrechnungsabrede vom 26. Juli 1980 und der nachfolgenden Verrechnung vom 28. Juli 1980 möglich ist. Die Frage ist zu verneinen. War die Vorausabtretung der Kaufpreisforderung an die Sparkasse U. unwirksam, betrafen diese Rechtshandlungen zwar das Vermögen der Gemeinschuldnerin. Sie führten dazu, daß deren Kaufpreisforderung gegen die Beklagte erlosch; dadurch wurde das Aktivvermögen der Gemeinschuldnerin vermindert. Dennoch wurde die Konkursmasse im Ergebnis nicht zu Lasten der Konkursgläubiger verkürzt.
Wäre die Kaufpreisforderung in die Konkursmasse gelangt, hätte nämlich die Sparkasse U. in entsprechender Anwendung des § 46 KO verlangen können, daß sie aus dem Erlös wegen ihrer Ansprüche gegen die Gemeinschuldnerin vorzugsweise befriedigt wird. Die mit der zweiten Teillieferung ausgelieferte Ware stand im Sicherungseigentum der Sparkasse. Im Falle des Konkurses hätte sie gemäß § 48 KO abgesonderte Befriedigung aus dem Sicherungsgut wegen ihrer gesicherten Ansprüche fordern können. Dieses Recht hat sie dadurch verloren, daß die Gemeinschuldnerin die Ware vor Konkurseröffnung an die Beklagte veräußerte. Die Veräußerung war unberechtigt. Dabei kann offen bleiben, ob die Gemeinschuldnerin die Ware unter verstoß gegen am 24. Juli 1980 erteilte Weisungen der Sparkasse am 25. Juli 1980 ausgeliefert hat oder schon am 23. Juli 1980. Die Veräußerung der Ware war nämlich schon deshalb unberechtigt, weil die Gemeinschuldnerin - wie hier zu unterstellen ist - der Sparkasse nicht die Kaufpreisforderung für die veräußerte Ware verschafft hat. Die der Gemeinschuldnerin im Sicherungsübereignungsvertrag vom 15. August 1979 erteilte Ermächtigung, das Sicherungsgut im Interesse der Sparkasse zu verkaufen, kann bei einer den §§ 133, 157 BGB entsprechenden Vertragsauslegung nur solche Fälle umfaßt haben, in denen die Sparkasse im Einzelfall die von ihr mit der im Sicherungsübereignungsvertrag ebenfalls vereinbarten Vorausabtretung erstrebte Sicherung erhielt (vgl. BGHZ 30, 176, 181). Die Gemeinschuldnerin war mithin nicht befugt, das Sicherungsgut an einen (nicht sofort zahlenden) Käufer zu veräußern, mit dem sie ein Verbot, die Kaufpreisforderung abzutreten, vereinbart hatte. Die unberechtigte Vereitelung des Absonderungsrechts hätte für die Sparkasse ein Ersatzabsonderungsrecht begründet (vgl. BGH, Urt. v. 9. Dezember 1970 - VIII ZR 52/69, MDR 1971, 208, 209; Böhle-Stamschräder/Kilger, KO 14. Aufl. § 46 Anm. 9, 10 m.w.N.; Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht 11. Aufl. Rz. 1088), das den Kläger verpflichtet hätte, den Verkaufserlös für die zweite Teillieferung an die Sparkasse auszukehren.
Da die Aufrechnung der Beklagten auch die Schuldenmasse der Gemeinschuldnerin im Ergebnis nicht erhöht hat, ist mithin auch bei dem hier unterstellten Sachverhalt die Gesamtheit der Konkursgläubiger nicht benachteiligt worden.
4. Da die Klage unbegründet ist, hat das Berufungsgericht zur Recht der Berufung der Beklagten und ihrem Zwischenantrag aus § 717 Abs. 2 ZPO stattgegeben. Die Revision wird deshalb zurückgewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 2992823 |
ZIP 1986, 452 |
MDR 1986, 404 |