Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Schadensersatz- bzw. Rückzahlungsansprüche des Auftraggebers bei mangelhafter Leistung bei Schwarzarbeit; Unterlassung der Inrechnungstellung der Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG vom 23.7.2004 nichtig, steht dem Besteller, der den Werklohn bereits gezahlt hat, gegen den Unternehmer kein Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung zu (Fortführung von BGH, Urt. v. 10.4.2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1).
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Unternehmer leistet Schwarzarbeit gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, wenn er für den mündlich vereinbarten Werklohn in Höhe von 10.000 EUR keine Umsatzsteuer verlangt und abführt. Erkennt dies der Auftraggeber und nutzt das bewusst zu seinem Vorteil, indem er mit dem Auftragnehmer ein Entgelt vereinbart, das keinen Umsatzsteueranteil enthält, ist das ausreichend, um einen zur Nichtigkeit des Vertrages führenden Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG anzunehmen.
2. Wer bewusst das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz enthaltene Verbot missachtet, soll nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben.
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 817 S. 2 Hs. 1; SchwarzArbG § 1 Abs. 2 Nr. 2; UStG § 14
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 28.08.2014; Aktenzeichen 6 U 49/14) |
LG Verden (Aller) (Urteil vom 14.03.2014; Aktenzeichen 8 O 3/11) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Celle vom 28.8.2014 teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 14.3.2014 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Verden teilweise abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger wird verurteilt, an den Beklagten 1.014,90 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 10.6.2011 zu zahlen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden dem Kläger auferlegt.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen Mängeln der vom Beklagten durchgeführten Ausbauarbeiten im Dachgeschoss seines Hauses. Der Beklagte fordert mit der Widerklage die Rückzahlung bereits an den Kläger geleisteter Schadensersatzzahlungen.
Rz. 2
Der Beklagte unterbreitete dem Kläger am 12.1.2007 einen "Kostenanschlag" für den Einbau von vier V. -Fenstern zu einem Preis von 2.120 EUR und für den Ausbau des Dachgeschosses mit Gipsbauplatten zu einem Preis von 10.531,90 EUR jeweils zzgl. Umsatzsteuer. Anschließend schlossen die Parteien mündlich einen Vertrag zu einem Pauschalpreis von 10.000 EUR, den der Kläger bar entrichtete. Am 21.2.2007 erteilte der Beklagte dem Kläger eine Rechnung "zum Festpreis von 10.000 EUR". Der Rechnungsvordruck enthält in den Spalten für "Rechnung Nr.", "Steuer-Nr. 2", "Rechnungs-Betrag netto", "+ % MwSt. = MwSt.-Betrag", "= Rechnungs-Endbetrag gesamt" keine Eintragungen.
Rz. 3
Der Kläger fordert Schadensersatz i.H.v. 11.901,53 EUR wegen Mängeln der vom Beklagten erbrachten Arbeiten. Der Beklagte, der der Auffassung ist, der Werkvertrag sei wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) nichtig, macht im Wege der Widerklage die Rückzahlung bereits gezahlter Schadensbeträge im Umfang von 1.392,76 EUR geltend. Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung auf einen Betrag von 8.300 EUR nebst Zinsen ermäßigt. Weiter hat es den Kläger auf die Widerklage hin verurteilt, an den Beklagten 1.014,90 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen.
Rz. 4
Mit der vom Berufungsgericht in Bezug auf die Klage zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision des Beklagten hat Erfolg.
I.
Rz. 6
Das Berufungsgericht führt - soweit für die Revision noch von Interesse - aus, der Kläger habe gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag. Dieser Vertrag sei wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 134 BGB). Der Beklagte habe, indem er dem Kläger eine Rechnung gestellt habe, die nicht den Anforderungen des § 14 UStG entspreche, Schwarzarbeit geleistet (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG). Der Kläger habe dieses bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt, indem er mit dem Beklagten ein Entgelt vereinbart habe, das keinen Umsatzsteueranteil enthalte. In der Rechnung des Beklagten fehlten, obwohl im Rechnungsvordruck vorgesehen, entgegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 4, 8 UStG Angaben zu Steuernummer, Rechnungsnummer und Steuersatz. Der Kläger habe eingeräumt, dass er erkannt habe, der Beklagte wolle keine Umsatzsteuer abführen, indem er vorgetragen habe, "wenn der Beklagte die Arbeiten 'schwarz' durchgeführt, keine Steuern an das Finanzamt abgeführt habe, sei dies seine Angelegenheit".
Rz. 7
Der Kläger könne von dem Beklagten jedoch Wertersatz i.H.v. 8.300 EUR aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangen. Dieser Anspruch beruhe auf keinem anderen Klagegrund als demjenigen, auf den der Kläger seinen Schadensersatzanspruch stütze. Der Beklagte habe 10.000 EUR erlangt. Dies beruhe auf einer Leistung des Klägers, der durch die Zahlung seine Werklohnschuld gegenüber dem Beklagten habe erfüllen wollen. Der Leistung fehle der rechtliche Grund. Der Beklagte habe auf sie keinen Anspruch. Der Vertrag, auf dem der Anspruch beruhe, sei nichtig. Die Saldierung des Wertes der Leistung, die der Beklagte empfangen habe, mit demjenigen des Werkes, das der Kläger erhalten habe, führe zu einem Überschuss zugunsten des Klägers i.H.v. 8.300 EUR. Die Werkleistung des Beklagten, die dieser für den Kläger erbracht habe, habe nur einen Wert von 1.700 EUR. Die Saldierung sei nicht, soweit sie den Beklagten begünstige, gem. § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB ausgeschlossen, weil der Beklagte wegen dieser Vorschrift von sich aus den Kläger nicht auf Wertersatz für sein Werk in Anspruch nehmen könnte. Die genannte Vorschrift sei einschränkend auszulegen. Das Gesetz, gegen das der Kläger verstoßen habe, solle auch ihn schützen. Die Folgen der Anwendung des § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB träfen ihn in unbilliger Weise ungleich härter als den Beklagten. Da der Besteller schon durch den Verlust der Gewährleistungsansprüche belastet sei, dürfe ihm nicht auch noch die volle Bezahlung eines wegen Mängeln minderwertigen Werkes aufgebürdet werden.
II.
Rz. 8
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Rz. 9
1. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kläger wegen Mängeln der vom Beklagten erbrachten Werkleistung kein Schadensersatzanspruch gem. §§ 634 Nr. 4, 633, 280, 281 BGB zusteht, weil der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig ist, § 134 BGB.
Rz. 10
a) § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt (BGH, Urt. v. 1.8.2013 - VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141 Rz. 13). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte hat Schwarzarbeit gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG geleistet, indem er für den mündlich vereinbarten Werklohn i.H.v. 10.000 EUR keine Umsatzsteuer verlangen und abführen wollte. Der Kläger hat dies erkannt und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt, indem er mit dem Beklagten ein Entgelt vereinbart hat, das keinen Umsatzsteueranteil enthielt. Dies ist ausreichend, um einen zur Nichtigkeit des Vertrages führenden Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG anzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 Rz. 13; Urt. v. 1.8.2013 - VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141 Rz. 23).
Rz. 11
b) Dem Kläger als Besteller stehen aufgrund eines Vertrages, der wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG i.V.m. § 134 BGB nichtig ist, keine Mängelansprüche gegen den Unternehmer zu (vgl. BGH, Urt. v. 1.8.2013 - VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141 Rz. 27).
Rz. 12
2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe wegen des gezahlten Werklohns gegen den Beklagten ein Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung i.H.v. 8.300 EUR gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu.
Rz. 13
a) Die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sind zwar erfüllt. Der Beklagte hat die Werklohnzahlung des Klägers im Hinblick auf den nichtigen Werkvertrag ohne Rechtsgrund erlangt.
Rz. 14
b) Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des an den Beklagten geleisteten Werklohns ist jedoch gem. § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB ausgeschlossen.
Rz. 15
aa) Nach § 817 Satz 1 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Satz 2 Halbs. 1 dieser Vorschrift schließt die Rückforderung aus, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes verstößt nicht nur die § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG widersprechende vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistungserbringung durch den Unternehmer. § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB ist daher nicht einschränkend auszulegen, wenn der Unternehmer für die von ihm aufgrund eines nichtigen Vertrags erbrachte Werkleistung einen Bereicherungsanspruch gegen den Besteller geltend macht (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 Rz. 20 ff.).
Rz. 16
bb) § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB findet auch dann Anwendung, wenn der Besteller in Ausführung eines solchen gem. § 134 BGB nichtigen Werkvertrags seine Leistung erbringt, indem er ohne Rechnung mit Steuerausweis den vereinbarten Betrag bezahlt (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 Rz. 19).
Rz. 17
Eine einschränkende Auslegung des § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Zwischen den Vertragsparteien erfolgt in einem solchen Fall ebenfalls kein Wertausgleich. Wer bewusst das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz enthaltene Verbot missachtet, soll nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 Rz. 27; Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 134/90, BGHZ 118, 182, 193, juris Rz. 40). Der Ausschluss eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs mit der ihm zukommenden abschreckenden Wirkung ist ein geeignetes Mittel, die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers mit den Mitteln des Zivilrechts zu fördern (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.2014 - VII ZR 241/13, a.a.O., Rz. 29 m.w.N.). Dies gilt sowohl für bereicherungsrechtliche Ansprüche des Werkunternehmers als auch des Bestellers, der sich auf den Abschluss eines gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßenden Werkvertrags eingelassen hat.
Rz. 18
3. Das Berufungsurteil kann danach, soweit es mit der Revision angefochten worden ist, keinen Bestand haben. Der Senat kann gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. Die Klage ist danach insgesamt abzuweisen.
III.
Rz. 19
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 8139886 |
BFH/NV 2015, 1326 |
BGHZ 2016, 69 |
DB 2015, 15 |
DB 2015, 1777 |
DB 2015, 6 |
DStR 2015, 13 |
HFR 2016, 169 |