Leitsatz (amtlich)
Auf die Frist des § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB, wonach der Ausgleichsanspruch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen ist, ist die Vorschrift des § 207 BGB entsprechend anzuwenden.
Umsatzfördernde Aufwendungen des Unternehmers mindern regelmäßig den Ausgleichsanspruch nicht; Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen können, hat der Unternehmer darzulegen (Ergänzung zu BGHZ 56, 242).
Normenkette
HGB § 89b Abs. 4 S. 1; BGB § 207; HGB § 89b Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 29.03.1977) |
LG Mönchengladbach |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. März 1977 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger verlangen als Erben des am 14. Februar 1975 verstorbenen Handelsvertreters F.K. G. von den Beklagten Zahlung eines Ausgleichs nach § 89 b HGB in Höhe von 150.000,– DM.
Guse war aufgrund des Vertrages vom 21. November 1963 für die Beklagte zu 1 als Handelsvertreter tätig.
Im Jahre 1965 setzten er und seine damalige Frau Dorothea sich gegenseitig und ihre Kinder, die Kläger, zu Erben des Letztversterbenden ein. Nach dem Tod von Dorothea G. heiratete F.K. G. wieder; in einem Testament bestimmte er, daß die Kläger seine Erben seien, seine zweite Ehefrau jedoch gewisse Zuwendungen aus der Erbmasse erhalten sollte, darunter auch den Ausgleich nach § 89 b HGB gegen die Beklagten.
Nach seinem Tod meldete die zweite Ehefrau am 20. Februar 1975 den Anspruch auf Ausgleich bei den Beklagten an. Sie verständigte sich mit ihnen oder jedenfalls mit der Beklagten zu 1 dahin, daß sie die Vertretung ihres verstorbenen Mannes noch kurzfristig weiterführen sollte. Sie erhielt dafür rund 100.000,– DM Provision und vereinbarte mit den Beklagten eine Ausgleichszahlung von 75.000,– DM. Für den Kläger zu 1 und die von ihm vertretenen Klägerinnen zu 2 und 3 meldete Rechtsanwältin L. mit Schreiben vom 12. Mai 1975 bei der Beklagten zu 1 den Ausgleichsanspruch an; dieses Schreiben erhielt bei der Beklagten zu 1 den Eingangsstempel vom 15. Mai 1975.
Die Beklagten haben die Berechtigung des Anspruchs bestritten und in erster Linie geltend gemacht, der Ausgleichsanspruch sei verspätet geltend gemacht worden (§ 89 Abs. 4 Satz 2 HGB), er sei aber auch zu hoch angesetzt.
Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen die Beklagten zur Zahlung von 133.200,– DM verurteilt.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Kläger die Verurteilung auf den vollen Klageantrag = 150.000,– DM erweitert.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage erstreben. Die Kläger bitten, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. 1. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Ausgleichsanspruch rechtzeitig, d.h. innerhalb der Frist des § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB angemeldet worden, weil auf diese Frist die Hemmungsvorschrift des § 207 BGB anzuwenden sei; da der Erblasser am 14. Februar 1975 gestorben sei, könnten die Kläger die Erbschaft nicht vor dem 15. Februar 1975 angenommen haben; die Frist des § 207 BGB sei deshalb nicht vor dem 15. Mai 1975 abgelaufen.
2. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß der Ausgleichsanspruch dann, wenn das Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter durch den Tod des Handelsvertreters sein Ende gefunden hat, den Erben zusteht (BGHZ 24, 214, 223 st. Rspr.). Für die Erben gilt daher auch grundsätzlich die Regelung des § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB, wonach der Anspruch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend gemacht werden muß. Zutreffend geht das Berufungsgericht ebenso wie die Revision davon aus, daß diese Frist eine Ausschlußfrist ist, auf die die Vorschrift des § 207 BGB nicht ohne weiteres anwendbar ist. Die frühere, einheitliche Auffassung in Schrifttum und Rechtsprechung ging dahin, auf Ausschlußfristen seien die Vorschriften für Verjährungsfristen nicht anwendbar, weil es sich nach Gegenstand und Wirkung um völlig verschiedene Begriffe handele (vgl. RGZ 158, 137, 140; BGHZ 33, 360, 363 m.w.N.). Diese Auffassung ist jedoch dahin modifiziert worden, die Wesensverschiedenheit von Ausschlußfrist und Verjährungsfrist schließe die entsprechende Anwendung einzelner für die Verjährung geltender Regelungen nicht schlechthin aus. So hat der II. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 8. Februar 1965 (II ZR 171/62 = BGHZ 43, 235 ff) zur Frage, ob der Versicherer sich nach Treu und Glauben auf den Ablauf der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG nicht berufen könne, ausgeführt (a.a.O. 237), die getroffenen Regelungen der Ausschlußfrist seien verschieden je nach der Art und dem Inhalt des Rechts, das nach Fristablauf erlöschen solle; hiernach richte sich, welcher Zweck mit einer Ausschlußfrist verfolgt werde und welche Interessen dabei berücksichtigt werden müßten oder doch berücksichtigt werden könnten. Auch die Frage, ob ein nicht fristgemäß ausgeübtes Recht nur bei verschuldeter Fristversäumung erlösche oder zumindest die Hemmungsgründe der §§ 203, 206, 207 BGB zu beachten seien, könne nicht aus dem Begriff der gesetzlichen Ausschlußfrist, sondern aus der jeweiligen Einzelvorschrift, ihrem Sinn und Zweck beantwortet werden. Im gleichen Sinn hat der VI. Zivilsenat in seinem Urteil vom 24. Februar 1970 (VI ZR 123/68 = BGHZ 53, 270 ff) dargelegt (a.a.O.), Ausschlußfristen unterschieden sich zwar in ihrem Wesen von Verjährungsfristen; dies schließe jedoch die entsprechende Anwendung einzelner für die Verjährung geltender Regelungen nicht schlechthin aus; inwieweit diese Vorschriften auf Ausschlußfristen auch dann anzuwenden seien, wenn nicht ausdrücklich auf sie verwiesen sei, lasse sich daher nicht allgemein aus dem Begriff der gesetzlichen Ausschlußfrist beantworten, sondern nur von Fall zu Fall nach Sinn und Zweck der jeweiligen Einzelvorschrift entscheiden (so im Grundsatz auch BSG vom 28.11.73 – 4 RJ 159/72 – NJW 74, 519 a.A. noch BSG v. 19.6.63 – AP Nr. 1 zu § 206 BGB).
An dieser Auffassung ist festzuhalten. Danach ist für die Entscheidung, ob die Hemmungsvorschrift des § 207 BGB anwendbar ist, maßgeblich Sinn und Zweck der Regelung des § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB.
Die Vorschrift des § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB bezweckt, dem Unternehmer alsbald Klarheit zu verschaffen, ob der Handelsvertreter einen Ausgleichsanspruch geltend macht (vgl. BGH NJW 58, 23; BGHZ 50, 86, 88); dazu genügt, daß der Handelsvertreter seinen Anspruch dem Unternehmer gegenüber eindeutig und unmißverständlich anmeldet; die Geltendmachung ist an keine besondere Form gebunden; es bedarf auch innerhalb der Frist keiner Bezifferung des Anspruchs (vgl. BGHZ 50, 86, 88); die Erklärung muß auch nicht die Gesetzesworte enthalten.
Im Regelfall des § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB ist nach Sinn und Zweck des Gesetzes davon auszugehen, daß nur die Erklärung des Handelsvertreters oder seines Vertreters als des Berechtigten die Frist wahrt. Denn die vom Gesetz gewollte Klarheit über die Inanspruchnahme des Unternehmers kann nur der Anspruchsberechtigte schaffen. Ist der solchermaßen zur Entscheidung und Mitteilung nach § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB Legitimierte aber ein Erbe, dann ist erst nach Klärung der Erbverhältnisse und nach Annahme der Erbschaft die dem Unternehmer Klarheit schaffende Mitteilungsmöglichkeit als gegeben anzusehen. Demnach rechtfertigt sich die entsprechende Anwendung des § 207 BGB, wonach die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlaß gehört, nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt vollendet wird, in welchem die Erbschaft von dem Erben angenommen wird; ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate; für die Frist des § 89 b Abs. 4 S. 2 HGB gilt demnach, daß der Rechtsverlust drei Monate nach Annahme der Erbschaft eintritt. Das tatsächliche Verhalten der Beklagten zu 1 entspricht dieser rechtlichen Beurteilung; denn sie hat mit Schreiben vom 18. April 1975 dem anwaltlichen Vertreter der Erbengemeinschaft mitgeteilt, solange die Testamentseröffnung noch nicht vorliege, könne dieser gar nicht bekannt sein, welche Erbengemeinschaft bestehe und welche Ansprüche aufgrund des Testaments gestellt werden könnten. Es sei den (späteren) Klägern auch genau bekannt, daß bei den z.Zt. bestehenden unklaren Verhältnissen jedwede Zahlung nicht mit befreiender Wirkung erfolgen könne. Die Beklagten vertraten damit die zutreffende Auffassung, vor einer Klärung der Frage, wer Erbe sei, könne nichts verbindlich geregelt werden. Daß für den Unternehmer die Klarstellung, ob ein Ausgleichsanspruch geltend gemacht werde, im Falle der Vertragsbeendigung durch den Tod des Handelsvertreters gewisse Erschwernisse, insbesondere eine zeitliche Verzögerung mit sich bringen kann, ist durch die erbrechtlichen Vorschriften bedingt und hinzunehmen. Der Unternehmer wird dadurch auch nicht unzumutbar beschwert, denn er kann feststellen, mit welcher Höhe des Ausgleichsanspruchs er in etwa rechnen muß, und entsprechende Rückstellungen vornehmen.
Nach allem hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß festgestellt, daß die Kläger die Frist des § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB gewahrt haben.
II. Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des Anspruchs lassen keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.
1. Die Vorteils- und Verlustprognose nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HGB wie auch die Billigkeitsprüfung nach Nr. 3 obliegen dem Tatrichter und sind in der Revisionsinstanz nur beschränkt nachprüfbar (BGHZ 41, 129, 134, 135; 56, 242, 244; BGH NJW 74, 1242). Das Revisionsgericht kann dessen Entscheidung nur darauf nachprüfen, ob sie einen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen Erfahrungssätze enthält oder ob wesentliches Vorbringen der Parteien außer Betracht gelassen worden ist.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten sich im Rahmen dieses tatrichterlichen Beurteilungsspielraums.
2. Mit dem Landgericht kommt das Berufungsgericht zu der Feststellung, daß die Beklagte zu 1 auch nach der Beendigung des Vertrages mit dem Erblasser erhebliche Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit den von diesem geworbenen Kunden gehabt habe. Dazu werten Landgericht und Berufungsgericht die von den Beklagten vorgelegte Umsatz- und Kundenanalyse aus. Es ist nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht aus eigener Kenntnis feststellt, daß jeder Hersteller bestimmte Eigentümlichkeiten habe und die Kunden auch in der Modebranche sich zunächst an den wenden, mit dem sie schon Geschäftsbeziehungen unterhalten und dessen Produktion ihren Vorstellungen schon bisher am nächsten kam. Ein völlig davon abweichendes Verhalten der Kunden in ihrem besonderen Fall hätten die Beklagten, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, darlegen müssen. Auch die Umsatzausweitung bei insgesamt weniger Kunden hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß dem Handelsvertreter zugerechnet (vgl. BGHZ 56, 242, 245). Dabei kann regelmäßig davon ausgegangen werden, daß eine Umsatzsteigerung auf die Bemühungen des Handelsvertreters zurückzuführen ist, wenn nicht der Unternehmer besondere Umstände darlegt, auf die die Umsatzsteigerungen zurückzuführen sind. Die Revision meint nun, hier sei der Umsatz durch besondere Werbeaufwendungen des Unternehmens (hier 1,6 Mio. DM für 1970 – 1974 insgesamt) zumindest mitveranlaßt und daher nicht dem Handelsvertreter zuzurechnen. Dem Berufungsgericht kann aber auch insoweit gefolgt werden, als es Bedenken hat, jedenfalls im Streitfall eine Verknüpfung zwischen Werbeaufwand und Höhe des Ausgleichsanspruchs herzustellen. Der Werbeaufwand unterstützt sicher regelmäßig die Tätigkeit des Handelsvertreters und damit seine Abschlüsse. Es ist jedoch naheliegend, daß der Unternehmer die Provisionen seiner Handelsvertreter von vornherein auch nach Art und Umfang ihrer Tätigkeit bemißt und eine besondere Hilfe durch seine Werbung provisionsmindernd berücksichtigt. Es kann daher im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß die Arbeitslast des Handelsvertreters, seine Provision und die Stützung durch den Unternehmer (Werbeaufwand usw.) in einem wohlabgewogenen Verhältnis zueinanderstehen, so daß für eine zusätzliche ausgleichsmindernde Berücksichtigung der Werbeaufwendungen des Unternehmers im allgemeinen kein Raum ist (vgl. BGHZ 56, 242, 245). Eine andere Beurteilung könnte nur dann in Betracht kommen, wenn der Unternehmer darlegt, daß außergewöhnliche Umstände dieses Verhältnis gestört haben und es deshalb der Billigkeit entspreche, Abstriche vorzunehmen.
Das Berufungsgericht weist auch rechtsirrtumsfrei darauf hin, daß die bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung verstrichene Zeit den Beklagten keine Veranlassung gegeben habe, anhand der weiteren Entwicklung mit den vom Erblasser geworbenen Kunden darzulegen, daß diese Kunden nicht mehr oder nur zu einem geringen Teil und mit geringfügigen Umsätzen bei ihnen kauften. Das Berufungsgericht kommt nach allem ohne Rechtsverstoß zu der Feststellung, die Beklagten hätten erhebliche Vorteile im Sinne des § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB.
3. Für die Berechnung des Provisionsverlustes des Erblassers (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB) schätzen Landgericht und Berufungsgericht die für die Jahre 1975 – 1977 entgangenen Vorteile auf 250.000,– DM. Dazu führt das Berufungsgericht aus, daß diese Schätzung nicht zu hoch gegriffen sei, werde schon aus dem Umstand deutlich, daß die zweite Ehefrau allein aus dem Verkauf der Winterkollektion 1975 in zwei Monaten rund 100.000,– DM Provision habe verdienen können. Es sei nicht zu verkennen, daß die Provisionseinnahmen nicht in allen Monaten gleich hoch hätten sein können, sondern jedenfalls ihre Spitze bei dem Verkauf der Sommer- und Winterkollektionen erreicht habe. Aber selbst wenn man unterstelle, daß der Betrag von 100.000,– DM aus dem Verkauf einer ganzen Halbjahreskollektion erzielt worden sei, sei dieser Betrag erheblich. Es könne auf sich beruhen, ob bei der Bewertung der entgangenen Vorteile ein Abzug für ersparte Aufwendungen zu machen sei. Denn jedenfalls liege der hiernach verbleibende Betrag immer noch deutlich über dem eingeklagten Ausgleichsbetrag. Die gezahlten Erfolgsprovisionen seien mit in die Berechnung einzubeziehen.
Gegen diese Erwägungen sind aus Rechtsgründen Bedenken nicht zu erheben. Auch die Einschätzung des Zeitraums der Provisionsverluste des Handelsvertreters ist im wesentlichen Sache des Tatrichters und der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur beschränkt zugänglich (vgl. BGH LM Nr. 46 zu § 89 b HGB Bl. 2 insoweit in BGHZ 61, 112 nicht abgedruckt); es muß sich nur um eine überschaubare, in ihrer Entwicklung noch einschätzbare Zeitspanne handeln. Die vom Berufungsgericht angenommene Zeit von drei Jahren entspricht dem; die Revision hat insoweit auch keine Einwendungen erhoben, die zu einer anderen Bewertung führen. Auch der Vergleich mit der Höhe der an die zweite Ehefrau gezahlten Provision begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken.
Das Berufungsgericht durfte auch entgegen der Ansicht der Revision die Erfolgsprovision einbeziehen. Es ist allerdings richtig, daß zu den Provisionen, für deren Verlust dem Vertreter ein Ausgleich zusteht, nur die Abschlußprovisionen, nicht dagegen Provisionen, die für die Verwaltung des Bestandes gewährt werden, gehören (BGHZ 59, 125, 128). Die hier fraglichen Erfolgsprovisionen sind aber solche, die für den Abschluß gewährt wurden und nur daneben noch eine Sicherungsfunktion für den Unternehmer bis zum Eingang der Verkaufserlöse hatten, ohne damit, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß festgestellt hat, echte Delcredereprovisionen zu sein.
Das Berufungsgericht hat schließlich einen Abzug von ersparten Aufwendungen berücksichtigt, ohne sich allerdings angesichts der Differenz zwischen der entgangenen Provision und dem verlangten Ausgleich im einzelnen damit auseinanderzusetzen. Die Revision greift diese Ausführungen an und verweist auf den Vortrag der Beklagten, der Aufwand des Erblassers betrage etwa 60 %, der der Einkommensteuer zugrundezulegende Betrag etwa 40 – 50 %.
Die Berücksichtigung von Werbungskosten des Handelsvertreters erfolgt unter Billigkeitsgesichtspunkten; dabei ist ein Unkostensatz von 50 % noch nicht als so hoch angesehen worden, um bei der Festsetzung als mindernd berücksichtigt zu werden (vgl. BGHZ 41, 129, 135, 136; BGH NJW 71, 1611, 1613). Wenn das Berufungsgericht angesichts der hohen Provisionsverluste von einer näheren Bestimmung abgesehen hat, so kann das bei dem von den Beklagten vorgetragenen Unkostensatz nicht als fehlerhaft angesehen werden.
4. Das Berufungsgericht hat schließlich geprüft, ob weitere Umstände nach Billigkeitsgesichtspunkten eine Minderung des Ausgleichsanspruchs, wie er sich aufgrund der Ausführungen zu § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB darstellt, rechtfertigen (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB).
Das Berufungsgericht will nicht den Umstand ausspruchsmindernd berücksichtigen, daß die Witwe des Handelsvertreters von den Beklagten 100.000,– DM Provision ausgezahlt erhalten hat. Es sei nicht zulässig, in irgendeiner Form Provisionen, die nach dem durch Tod oder in anderer Weise beendeten Handelsvertreterverhältnis noch in Verfolg des von dem Ausgeschiedenen schon Angebahnten verdient werden, auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen, nur weil der Begünstigte ein Familienmitglied sei. Die Rechtslage sei keine andere, als wenn die Beklagten für den Erblasser einen Fremden eingestellt hätten. Die Behauptung der Beklagten, sie hätten das Gebiet des Erblassers leicht zunächst durch Angestellte bereisen lassen können, entziehe sich der Nachprüfung und sei nicht entscheidend. Selbst wenn die Beklagten die Entscheidung zugunsten der zweiten Ehefrau getroffen haben sollten, um ihr etwas Gutes zu tun, dürfte das nicht zu einer Minderung des auf die Erben übergegangenen Ausgleichsanspruchs führen.
Auch insoweit ist dem Berufungsgericht zu folgen. Mit dem Hinweis, wenn die Provision nicht der Witwe überlassen worden wäre, hätten eigene Angestellte den Bezirk bearbeitet, können die Beklagten schon deshalb nicht durchdringen, weil die Witwe nicht Erbin und damit nicht anspruchsberechtigt ist, der Fall demnach nicht anders liegt, als wenn die Beklagten die Stelle des Handelsvertreters neu besetzt hätten. In einem solchen Fall ist aber nicht ersichtlich, warum die Billigkeit eine Minderung des Ausgleichs erfordert.
III. Das Berufungsgericht stellt nach § 89 b Abs. 2 HGB fest, daß der geforderte Betrag von 150.000,– DM erreicht oder überschritten wird, wenn alle vom Erblasser bezogenen Provisionen in die Durchschnittsberechnung einbezogen werden. Entgegen der Auffassung der Revision sind bei der Berechnung des Durchschnittsjahresbetrages nach § 89 Abs. 2 HGB, wie zu Ziff. II 3 ausgeführt, alle Provisionen zugrunde zu legen, die dem Vertreter in den in § 89 Abs. 2 HGB genannten Zeiträumen gezahlt worden sind, und nicht nur der Teil der Provisionen, der als Vergütung für die eigentliche Abschluß- und Vermittlungstätigkeit des Handelsvertreters anzusehen ist (vgl. BGHZ 56, 242, 249, 250).
Schließlich begegnet es auch keinen Bedenken, daß das Berufungsgericht den Ausgleichsanspruch als einheitlichen Anspruch zuerkannt hat, und zwar auf der Grundlage von Bruttoprovisionen; die in ihnen enthaltene Umsatzsteuer darf nicht außer Ansatz bleiben (BGHZ 61, 112).
IV. Der im ersten Rechtszug zur Aufrechnung gestellte Anspruch in Höhe von 211,68 DM ist im landgerichtlichen Urteil nicht beschieden worden. Im zweiten Rechtszug sind die Beklagten nicht darauf zurückgekommen. Es bestand daher für das Berufungsgericht kein Anlass, sich mit diesem im übrigen nicht spezifiziert dargelegten Anspruch zu befassen.
V. Da auch im übrigen keine Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennbar sind, war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
v. Gamm, Alff, Merkel, Schönberg, RiBGH Rebitzki ist in Urlaub und deshalb an der Unterzeichnung verhindert. v. Gamm
Fundstellen
BGHZ |
BGHZ, 99 |
NJW 1979, 651 |
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